Pneumologie
DOI: 10.1055/a-2194-6914
Leitlinie

Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen – Update 2023 (AWMF-Register-Nr. 161/001)

Medical clinical diagnostics for indoor mould exposure – Update 2023 (AWMF Register No. 161/001)
Julia Hurraßab
 1   Sachgebiet Hygiene in Gesundheitseinrichtungen, Abteilung Infektions- und Umwelthygiene, Gesundheitsamt der Stadt Köln
,
Birger Heinzowa
 2   Ehemals: Landesamt für soziale Dienste (LAsD) Schleswig-Holstein, Kiel
,
Sandra Walser-Reichenbachab
 3   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit München
,
Ute Aurbacha
 4   Labor Dr. Wisplinghoff
 5   ZfMK – Zentrum für Umwelt, Hygiene und Mykologie, Köln
,
Sven Beckera
 6   Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Tübingen
,
Romuald Bellmanna
 7   Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Innsbruck
,
Karl-Christian Bergmannab
 8   Institut für Allergieforschung, Charité – Universitätsmedizin Berlin
,
Oliver A. Cornelya
 9   Translational Research, CECAD Cluster of Excellence, Universität zu Köln
,
Steffen Engelhartab
10   Institut für Hygiene und Public Health, Universitätsklinikum Bonn
,
Guido Fischera
11   Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart
,
Thomas Gabrioa
12   Ehemals: Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart
,
Caroline E. W. Herrab
 3   Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit München
13   Ludwig-Maximilians-Universität München, apl. Prof. „Hygiene und Umweltmedizin“
,
Marcus Joesta
14   Allergologisch-immunologisches Labor, Helios Lungen- und Allergiezentrum Bonn
,
Christian Karagiannidisab
15   Fakultät für Gesundheit, Professur für Extrakorporale Lungenersatzverfahren, Universität Witten/Herdecke
16   Lungenklinik Köln Merheim, Kliniken der Stadt Köln
,
Ludger Klimekab
17   Zentrum für Rhinologie und Allergologie, Wiesbaden
,
Martin Köberleab
18   Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Technische Universität München
,
Annette Kolka
19   Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Bereich Biostoffe, Sankt Augustin
,
Herbert Lichtneckera
20   Medizinisches Institut für Umwelt- und Arbeitsmedizin MIU GmbH Erkrath
,
Thomas Lob-Corziliusab
21   Wissenschaftliche AG Umweltmedizin der GPAU, Aachen
,
Norbert Mülleneisenab
22   Asthma und Allergiezentrum Leverkusen
,
Dennis Nowakab
23   Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Mitglied Deutsches Zentrum für Lungenforschung, Klinikum der Universität München
,
Uta Rabeab
24   Zentrum für Allergologie und Asthma, Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen
,
Monika Raulfab
25   Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
,
Jörg Steinmanna
26   Institut für Klinikhygiene, Medizinische Mikrobiologie und Klinische Infektiologie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Klinikum Nürnberg
,
Jens-Oliver Steißab
27   Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Gießen
28   Schwerpunktpraxis Allergologie und Kinder-Pneumologie Fulda
,
Jannik Stemlera
 9   Translational Research, CECAD Cluster of Excellence, Universität zu Köln
,
Ulli Umpfenbacha
29   Arzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Kinderpneumologie, Umweltmedizin, klassische Homöopathie, Asthmatrainer, Neurodermitistrainer, Viersen
,
Kerttu Valtanena
30   FG II 1.4 Mikrobiologische Risiken, Umweltbundesamt, Berlin
,
Barbora Werchana
31   Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID), Berlin
,
Birgit Willingerab
32   Klinisches Institut für Labormedizin, Klinische Abteilung für Klinische Mikrobiologie – MedUni Wien
,
Gerhard A. Wiesmüllerab
 4   Labor Dr. Wisplinghoff
 5   ZfMK – Zentrum für Umwelt, Hygiene und Mykologie, Köln
33   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die von der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) federführend aktualisierte Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen – Update 2023“ ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Schimmelwachstum im Innenraum ist als ein potenzielles Gesundheitsrisiko zu betrachten, auch ohne dass ein quantitativer und/oder kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorkommen einzelner Arten und Gesundheitsbeschwerden gesichert werden kann. Es liegt keine Evidenz für einen kausalen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelschäden und Krankheiten des Menschen vor. Wesentliche Gründe dafür sind das ubiquitäre Vorkommen von Schimmelpilzen und und bislang unzureichende diagnostische Methoden. Es liegt lediglich ausreichende Evidenz für folgende Assoziationen von Feuchte-/Schimmelschäden und folgenden Erkrankungen vor: allergische Atemwegserkrankungen, allergische Rhinitis, allergische Rhinokonjunktivitis, Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA), andere Allergische bronchopulmonale Mykosen (ABPM), Aspergillom, Aspergillus-Bronchitis, Asthma (Manifestation, Progression, Exazerbation), Begünstigung von Atemwegsinfekten, Bronchitis (akut, chronisch), Community-acquired Aspergillus-Pneumonie, Exogen-allergische Alveolitis (EAA), invasive Aspergillosen, Mykosen, Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) [Arbeitsplatzexposition], pulmonale Aspergillose (subakut, chronisch) und Rhinosinusitis (akut, chronisch invasiv oder granulomatös, allergisch). Dabei ist das sensibilisierende Potenzial von Schimmelpilzen im Vergleich zu anderen Umweltallergenen deutlich geringer einzuschätzen. Aktuelle Studien zeigen europaweit eine vergleichsweise geringe Sensibilisierungsprävalenz von 3–22,5 % gemessen an der Gesamtbevölkerung. Eingeschränkte oder vermutete Evidenz für eine Assoziation liegt vor hinsichtlich des atopischen Ekzems (atopische Dermatitis, Neurodermitis, Manifestation), Befindlichkeitsstörungen, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Geruchswirkungen, Mucous Membrane Irritation (MMI) und Sarkoidose. Inadäquate oder unzureichende Evidenz für eine Assoziation liegt vor für akute idiopathische pulmonale Hämorrhagie bei Kindern, Arthritis, Autoimmunerkrankungen, chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS), Endokrinopathien, gastrointestinale Effekte, Krebs, luftgetragen übertragene Mykotoxikose, Multiple chemische Sensitivität (MCS), Multiple Sklerose, neuropsychologische Effekte, neurotoxische Effekte, plötzlicher Kindstod, renale Effekte, Reproduktionsstörungen, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen, Sick-Building-Syndrom (SBS), Teratogenität und Urtikaria. Das Infektionsrisiko durch die in Innenräumen regelmäßig vorkommenden Schimmelpilzarten ist für gesunde Personen gering, die meisten Arten sind in die Risikogruppe 1 und wenige in 2 (Aspergillus fumigatus, Aspergillus flavus) der Biostoffverordnung eingestuft. Nur Schimmelpilze, die potenziell in der Lage sind, Toxine zu bilden, kommen als Auslöser einer Intoxikation in Betracht. Ob im Einzelfall eine Toxinbildung im Innenraum stattfindet, entscheiden die Umgebungs- und Wachstumsbedingungen und hier vor allem das Substrat. Von Geruchswirkungen und/oder Befindlichkeitsstörungen kann bei Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum grundsätzlich jeder betroffen sein. Hierbei handelt es sich nicht um eine akute Gesundheitsgefährdung. Prädisponierende Faktoren für Geruchswirkungen können genetische und hormonelle Einflüsse, Prägung, Kontext und Adaptationseffekte sein. Prädisponierende Faktoren für Befindlichkeitsstörungen können Umweltbesorgnisse, -ängste, -konditionierungen und -attributionen sowie eine Vielzahl von Erkrankungen sein. Besonders zu schützende Risikogruppen bezüglich eines Infektionsrisikos sind Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI), Personen mit schwer verlaufender Influenza, Personen mit schwer verlaufender COVID-19 und Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose), bezüglich eines allergischen Risikos Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose) und Personen mit Asthma bronchiale. Die rationale Diagnostik beinhaltet die Anamnese, eine körperliche Untersuchung, eine konventionelle Allergiediagnostik einschließlich gegebenenfalls Provokationstests. Zum Vorgehen bei Schimmelpilzinfektionen wird auf die entsprechenden Leitlinien verwiesen. Hinsichtlich der Mykotoxine existieren zurzeit keine brauchbaren und validierten Testverfahren, die in der klinischen Diagnostik eingesetzt werden könnten. Präventivmedizinisch ist wichtig, dass Schimmelpilzbefall in relevantem Ausmaß aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden darf. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes und zum Vorgehen wird auf den „Schimmelpilzleitfaden“ des Umweltbundesamtes verwiesen.


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Abstract

This article is an abridged version of the updated AWMF mould guideline “Medical clinical diagnostics in case of indoor mould exposure – Update 2023”, presented in July 2023 by the German Society of Hygiene, Environmental Medicine and Preventive Medicine (Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin, GHUP), in collaboration with German and Austrian scientific medical societies, and experts. Indoor mould growth is a potential health risk, even if a quantitative and/or causal relationship between the occurrence of individual mould species and health problems has yet to be established. There is no evidence for a causal relationship between moisture/mould damage and human diseases, mainly because of the ubiquitous presence of fungi and hitherto inadequate diagnostic methods. Sufficient evidence for an association between moisture/mould damage and the following health effects has been established for: allergic respiratory diseases, allergic rhinitis, allergic rhino-conjunctivitis, allergic bronchopulmonary aspergillosis (ABPA), other allergic bronchopulmonary mycosis (ABPM), aspergilloma, Aspergillus bronchitis, asthma (manifestation, progression, exacerbation), bronchitis (acute, chronic), community-acquired Aspergillus pneumonia, hypersensitivity pneumonitis (HP; extrinsic allergic alveolitis (EEA)), invasive Aspergillosis, mycoses, organic dust toxic syndrome (ODTS) [workplace exposure], promotion of respiratory infections, pulmonary aspergillosis (subacute, chronic), and rhinosinusitis (acute, chronically invasive, or granulomatous, allergic). In this context the sensitizing potential of moulds is obviously low compared to other environmental allergens. Recent studies show a comparatively low sensitization prevalence of 3–22,5 % in the general population across Europe. Limited or suspected evidence for an association exist with respect to atopic eczema (atopic dermatitis, neurodermatitis; manifestation), chronic obstructive pulmonary disease (COPD), mood disorders, mucous membrane irritation (MMI), odor effects, and sarcoidosis. (iv) Inadequate or insufficient evidence for an association exist for acute idiopathic pulmonary hemorrhage in infants, airborne transmitted mycotoxicosis, arthritis, autoimmune diseases, cancer, chronic fatigue syndrome (CFS), endocrinopathies, gastrointestinal effects, multiple chemical sensitivity (MCS), multiple sclerosis, neuropsychological effects, neurotoxic effects, renal effects, reproductive disorders, rheumatism, sick building syndrome (SBS), sudden infant death syndrome, teratogenicity, thyroid diseases, and urticaria.

The risk of infection posed by moulds regularly occurring indoors is low for healthy persons; most species are in risk group 1 and a few in risk group 2 (Aspergillus fumigatus, A. flavus) of the German Biological Agents Act (Biostoffverordnung). Only moulds that are potentially able to form toxins can be triggers of toxic reactions. Whether or not toxin formation occurs in individual cases is determined by environmental and growth conditions, water activity, temperature and above all the growth substrates.

In case of indoor moisture/mould damage, everyone can be affected by odor effects and/or mood disorders.

However, this is not an acute health hazard. Predisposing factors for odor effects can include genetic and hormonal influences, imprinting, context and adaptation effects. Predisposing factors for mood disorders may include environmental concerns, anxiety, condition, and attribution, as well as various diseases. Risk groups to be protected particularly regarding infection risk are immunocompromised persons according to the classification of the German Commission for Hospital Hygiene and Infection Prevention (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, KRINKO) at the Robert Koch-Institute (RKI), persons suffering from severe influenza, persons suffering from severe COVID-19, and persons with cystic fibrosis (mucoviscidosis); with regard to allergic risk, persons with cystic fibrosis (mucoviscidosis) and patients with bronchial asthma must be protected. The rational diagnostics include the medical history, physical examination, and conventional allergy diagnostics including provocation tests if necessary; sometimes cellular test systems are indicated. In the case of mould infections, the reader is referred to the specific guidelines. Regarding mycotoxins, there are currently no useful and validated test procedures for clinical diagnostics. From a preventive medical point of view, it is important that indoor mould infestation in relevant magnitudes cannot be tolerated for precautionary reasons.

For evaluation of mould damage in the indoor environment and appropriate remedial procedures, the reader is referred to the mould guideline issued by the German Federal Environment Agency (Umweltbundesamt, UBA).


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Abkürzungsverzeichnis

Abb.: Abbildung
ABPA: Allergische bronchopulmonale Aspergillose
ABPM: Allergische bronchopulmonale Mykosen
ACE: Angiotensin Converting Enzyme
ACOS: Asthma-COPD-Overlap-Syndrom
ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung
aeCOPD: Akut exazerbierte COPD
AeDA: Ärzteverband Deutscher Allergologen e. V.
AFRS: Allergic Fungal RhinoSinusitis
AG: Arbeitsgruppe
AGAS: Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V.
AGIHO: Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie
AIDS: Acquired Immune Deficiency Syndrome
AIPH: Akute Idiopathische Pulmonale Hämosiderose
AIT: Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest
ALL: Akute lymphatische Leukämie
alloSZT: Allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation
AMA: Antimitochondrialer Antikörper
AML: Akute myeloische Leukämie
apl.: außerplanmäßig
APPA: Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneumologie und Allergologie e. V.
AR: Allergische Rhinitis
ARIA: Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma
ARS: Akute Rhinosinusitis
Asp.: Aspergillus
aw : Aktives Wasser
AWMF: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.
BÄK: Bundesärztekammer
BAL: Bronchoalveoläre Lavage
BAPP: Bundesarbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneumologie e. V.
BAT: Basophilen-Aktivierungstest
BBS: Bundesverband für Schimmelpilzsanierung e. V.
BdP: Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner e. V.
BioStoffV: Biostoffverordnung
BK: Berufskrankheit
BPT: Bronchialer Provokationstest
Β-Tub: Zielgen: Beta-Tubulin
BVDD: Berufsverband Deutscher Dermatologen e. V.
BV-HNO: Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V.
BVKJ: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V.
bzw.: beziehungsweise
CaM: Zielgen: Calmodulin
CAP: Carrier-Polymer-System
CAST: Cellular-Antigen-Stimulation-Test
CCPA: Chronisch-cavitäre pulmonale Aspergillose
CDC: Centers for Disease Control and Prevention
CECAD: Exzellenzcluster Cellular Stress Responses in Aging-Associated Diseases
CF: Cystische Fibrose
CFPA: Chronisch-fibrosierende pulmonale Aspergillose
CFS: Chronic Fatigue Syndrome
CLL: Chronische lymphatische Leukämie
CO: Kohlenmonoxid
COPD: Chronic Obstructive Pulmonary Disease
COVID-19: Corona Virus Disease 2019
CPA: Chronische pulmonale Aspergillose
CPAnet: Chronic Pulmonary Aspergillosis Research Network
CRS: Chronische Rhinosinusitis
CRSwNP: CRS mit Nasenpolypen
CRSsNP: CRS ohne Nasenpolypen
CSM: Cholestyramin
CT: Computertomografie
DBPC: double-blind placebo-controlled
DDG: Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V.
DEGAM: Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.
DGAKI: Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
DGAUM: Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V.
DGHNO-KHC: Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V.
DGHO: Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
DGI: Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V.
DGIIN: Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin e. V.
DGKH: Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V.
DGKJ: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.
DGP: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.
DGPI: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V.
DGPM: Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e. V.
DGRh: Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V.
DGSM: Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V.
DGUV: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
DIN: Deutsche Institut für Normung e. V.
DIVI: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V.
DKPM: Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin e. V.
DLCO: Diffusing capacity or transfer factor of the lung for carbon monoxide
DMykG: Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft e. V.
DNA: Deoxyribonucleic Acid
DNCG: Di-Natrium-Cromoglicat
DON: Deoxynivalenol
EAA: Exogen-allergische Alveolitis
EAACI: European Academy of Allergology and Clinical Immunology
EBM: Evidenzbasierte Medizin
ECP: Eosinophiles Cationisches Protein
EDTA: Ethylendiamintetraessigsäure
EF-1α: Zielgen: Elongation factor 1-alpha 1
EG: Europäische Gemeinschaft
ELISA: Enzyme-linked Immunosorbent Assay
EN: Europäische Norm
Eos: Eosinophile
EP3OS: European Position Paper on Polyps and Sinusitis
ERS: European Respiratory Society
e. V.: eingetragener Verein
evtl.: eventuell
FEIA: Fluorimetric Enzyme-linked Immunoassay
FG: Fachgruppe
FEV1 : Forciertes exspiratorisches Volumen innerhalb 1 Sekunde
FFP: Filtering Face Piece
ggf.: gegebenenfalls
GHUP: Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin e. V.
GmbH: Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GPAU: Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.
GPOH: Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie
GPP: Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V.
GVHD: Graft-versus-Host-Disease
HBM: Human-Biomonitoring
HEPA: High-Efficiency Particulate Air/Arrestance
HIV: Humanes Immundefizienz-Virus
HLT: Histamin-Liberations-Test
HNO: Hals Nasen Ohren
HP: Hypersensitivity Pneumonitis
HSP: Heat Shock Protein
HT: Hauttest
IFA: Institut für Arbeitsschutz
IgA: Immunglobulin A
IgE: Immunglobulin E
IgG: Immunglobulin G
IL: Interleukin
IOM: Institute of Medicine
IPA: Institut für Prävention und Arbeitsmedizin
IPA: (angio-)invasiven bronchopulmonalen Aspergillose
ISHAM: International Society for Human and Animal Mycology
ITS: Internal transcribed spacer
IU: International Unit
IUIS: International Union of Immunological Societies
KBE: Kolonie bildende Einheit
KBV: Kassenärztliche Bundesvereinigung
KI: Konfidenzintervall
KMT: Knochenmarktransplantation
KPT: Konjunktivaler Provokationstest
KRINKO: Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
LAR: Lokale Allergische Rhinitis
LAsD: Landesamt für soziale Dienste
LST: Lymphozytenstimulationstest
LTT: Lymphozytentransformationstest
MCS: Multiple Chemical Sensitivity/Sensitivities
MD: Mean Difference
MDHS: Mould and Dampness Hypersensitivity Syndrome
MedUni: Medizinische Universität
MIU: Medizinisches Institut für Umweltmedizin
MMI: Mucous Membrane Irritation
MMIS: Mucous Membrane Irritation Syndrome
MnSOD: Manganese Superoxide Dismutase
MVOC: Microbial Volatile Organic Compounds
mx: Mix
NLM: National Library of Medicine
NNH: Nasennebenhöhlen
NO: Stickstoffmonoxid
NOx : Stickstoffoxide
NPT: Nasaler Provokationstest
NRW: Nordrhein-Westfalen
NVL: Nationale Versorgungsleitlinie
ODTS: Organic Dust Toxic Syndrome
ÖGAI: Österreichische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie
ÖGMM: Österreichische Gesellschaft für Medizinische Mykologie
o. g.: oben genannt
OP: Operation
OR: Odds Ratio
OTA: Ochratoxin A
OVOC: Odour Active Volatile Organic Compounds
PAMP: Pathogen-assoziierte molekulare Muster
PBSCT: Periphere Blutstammzelltransplantation
pCAP: Pediatric Community Acquired Pneumonia
PCR: Polymerase Chain Reaction
PEF: Peak-exspiratorischer Fluss
PEG: Paul-Ehrlich-Gesellschaft
PEI: Paul-Ehrlich-Institut
pH: Potenzial des Wasserstoffs
PID: Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst
PM: Particulate Matter
PN: Provokations- und Neutralisationstest
ppb: part-per-billion
ppt: part-per-trillion
PubMed: Englischsprachige textbasierte Meta-Datenbank mit Referenzen auf medizinische Artikel bezogen auf den gesamten Bereich der Biomedizin der nationalen medizinischen Bibliothek der Vereinigten Staaten
RIA: Radioimmunoassay
RKI: Robert Koch-Institut
RPB1: Zielgen: RNA-Polymerase 1
RPB2: Zielgen: RNA-Polymerase 2
RWTH: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
S2k: Konsensbasierte Leitlinie („k“), die einen strukturierten Prozess der Konsensfindung durchlaufen hat
SBS: Sick Building Syndrome
SCIT: Subcutane Immunotherapy
SGAI: Schweizerische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie
SGB: Sozialgesetzbuch
SIDS: Sudden Infant Death Syndrome
sIgE: Allergenspezifische IgE-Antikörpern
SIT: Spezifische Immuntherapie
SLIT: Sublinguale Immuntherapie
s. o.: siehe oben
sp.: Spezies (Singular)
spp.: Spezies (Plural)
Std.: Stunde
Tab.: Tabelle
TAV: Therapie-Allergene-Verordnung
TIP: Total Inflammatory Potential
TLR: Toll-like Receptor
TRBA: Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe
TSLP: Thymic Stromal Lymphopoietin
TÜV: Technischer Überwachungsverein
u. a.: unter anderem
UBA: Umweltbundesamt
v. a.: vor allem
V. a.: Verdacht auf
VBT: Vollbluttest
VCS: Visual Contrast Sensitivity
VDB: Berufsverband Deutscher Baubiologen e. V.
VDI: Verein Deutscher Ingenieure e. V.
vgl.: vergleiche
VOC: Volatile Organic Compounds
WAO: World Allergy Organization
WHO: World Health Organization
z. B.: zum Beispiel
ZfMK: Zentrum für Umwelt, Hygiene und Mykologie Köln e. V.
z. T.: zum Teil

Leitlinienkoordination:
Dr. rer. nat. Julia Hurraß, Sachgebiet Hygiene in Gesundheitseinrichtungen, Abteilung Infektions- und Umwelthygiene, Gesundheitsamt der Stadt Köln, Neumarkt 15–21, 50667 Köln, E-Mail: julia.hurrass@stadt-koeln.de

Leitliniensteuerungsgruppe:
Dr. med. Birger Heinzow, Dr. rer. nat. Julia Hurraß (GHUP),
Dr. rer. nat. Sandra Walser-Reichenbach (GHUP),
Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller (GHUP)

Wissenschaftliche Medizinische Fachgesellschaften und Mandatsträger*in:
Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin e. V. (GHUP) –
Prof. Dr. med. Steffen Engelhart, Prof. Dr. med. Caroline E.W. Herr, Dr. rer. nat. Julia Hurraß, Dr. rer. nat. Sandra Walser-Reichenbach, Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V. (DDG)
Dr. rer. nat. Martin Köberle
Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI) –
Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM) –
Prof. Dr. med. Dennis Nowak, Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf
Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC)
Priv.-Doz. Dr. med. Sven Becker
Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. (DGKH) –
Prof. Dr. med. Steffen Engelhart
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) –
Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann, Norbert Mülleneisen,
Prof. Dr. med. Dennis Nowak

Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft e. V. (DMykG)
Prof. Dr. med. Birgit Willinger
Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V. (GPA) –
Dr. med. Thomas Lob-Corzilius

Österreichische Gesellschaft für Medizinische Mykologie (ÖGMM) und Mandatsträger*in:
Prof. Dr. med. Romuald Bellmann, Prof. Dr. med. Birgit Willinger

Ärzteverbände und Mandatsträger*in:
Ärzteverband Deutscher Allergologen e. V. (AeDA)
Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Dr. med. Uta Rabe
Bundesarbeitsgemeinschaft Pädiatrische Pneumologie e. V. (BAPP)
Prof. Dr. Jens-Oliver Steiß

Expert*innen:
Dr. med. Ute Aurbach, Prof. Dr. med. Oliver A. Cornely, Dr. rer. nat. Guido Fischer, Dr. rer. nat. Thomas Gabrio, Dr. med. Birger Heinzow, Dr. med. Marcus Joest, Prof. Dr. med. Christian Karagiannidis, Dr. rer. nat. Annette Kolk, Dr. med. Dipl.-Chem Herbert Lichtnecker, Dr. med. Jannik Stemler, Prof. Dr. med. Jörg Steinmann, Dr. med. Ulli Umpfenbach, Dr. rer. nat. Kerttu Valtanen, Dr. rer. medic. Barbora Werchan

0 Formalien

Adressat*innen

Die Leitlinie richtet sich an Allergolog*innen, Arbeitsmediziner*innen, HNO-Ärzt*innen, Hygieniker*innen, Immunolog*innen, Krankenhaushygeniker*innen, Medizinische Mykolog*innen, Pneumolog*innen/Pulmonolog*innen und Umweltmediziner*innen und dient zur Information von Allgemeinmediziner*innen, Hausärzt*innen, Infektiolog*innen, Internist*innen und Kinderärzt*innen sowie allen anderen interessierten medizinischen Kolleg*innen sowie allen von Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum Betroffenen und betroffenen Patient*innen.

Darüber hinaus steht für von Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum Betroffenen und betroffenen Patient*innen eine eigene Information zur Verfügung (https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001).


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Patient*innenvertretung

Aufgrund der Komplexität der Thematik, die unterschiedliche medizinische Fachrichtungen betrifft, konnte auch bei der Aktualisierung der Leitlinie keine geeignete übergeordnete Patient*innen- bzw. Betroffenenvertretung ermittelt werden. Seit der Erstveröffentlichung der Leitlinie hat sich keine Patient*innenvertretung an die Leitliniengruppe gewandt, und trotz mehrfachen Anschreibens von übergeordneten Patient*innenvertretungen konnte aus diesem Kreis niemand zur Mitarbeit gewonnen werden. Erst nach der Konsensuskonferenz und der weitgehenden Fertigstellung dieser aktualisierten Version der Leitlinie konnte der gemeinnützige Verein „Mukoviszidose e. V. – Bundesverband Cystische Fibrose (CF)“ dafür gewonnen werden, die Leitlinie zu prüfen. Damit konnte zumindest die Interessenvertretung der Personen, die an Mukoviszidose erkrankt sind und damit einem erhöhten Risiko bzgl. Schimmelexpositionen in Innenräumen unterliegen, miteinbezogen werden. Die Anregungen dieser Interessenvertretung, den Begriff „CF-Patient*innen“ durch „Menschen/Personen mit Mukoviszidose“ zu ersetzen und überall dort, wo möglich und passend, den Begriff „Patient*innen“ durch „Menschen oder Personen“ zu ersetzen, wurde umgesetzt. Gleiches gilt für die Anregung, eine Patienteninformation zu erstellen. Diese liegt vor und kann wie die Leitlinie auf der Homepage der AWMF heruntergeladen werden.


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Konsensstärke

Die Konsensstärke wurde nach den Vorgaben der AWMF festgelegt: > 95 % = starker Konsens, > 75 % bis ≤ 95 % = Konsens, > 50 % bis ≤ 75 % = mehrheitliche Zustimmung, ≤ 50 % = keine mehrheitliche Zustimmung.

Die Konsensstärke der gesamten Leitlinie liegt bei > 95 % (starker Konsens).


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Finanzierung der Leitlinie

Die Erstellung der Leitlinie erfolgte ohne irgendeine finanzielle Unterstützung.


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Gültigkeitsdauer

Stand der Leitlinie: 05. September 2023
Gültigkeit der Leitlinie bis: 04. September 2028


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1 Zu dieser Leitlinie

Schimmel(pilze) in Innenräumen ist (sind) in Deutschland nach wie vor ein bedeutendes Gesundheitsthema.

In einer Studie zu Feuchte und Schimmel in 7127 Wohnungen in 22 Zentren quer durch Europa (einschließlich Deutschland) mit Vor-Ort-Inspektionen in 3118 Wohnungen lag die selbstberichtete Häufigkeit von Wasserschäden (10 %), feuchten Stellen (21 %) und Schimmel (16 %) im Verlauf des vergangenen Jahres in einer vergleichbaren Größenordnung wie beobachtete Feuchtigkeit (19 %) und beobachteter Schimmel (14 %) [1].

Die Problematik ist bei den Betroffenen oft mit starker Verunsicherung verbunden.

Zum Nachweis, zur Bewertung, zur Ursachensuche und zur Sanierung von Schimmelwachstum in Innenräumen liegt der „Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes vor [2]. Vor der ersten Veröffentlichung der AWMF-Leitlinie im April 2016 und deren vorliegender Aktualisierung hat die RKI-Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ zur gesundheitlichen Bewertung 2007 bereits Stellung genommen [3]. Zudem liegen Antworten zu häufigen Fragestellungen zur gesundheitlichen Risikobewertung von Schimmelpilzexpositionen im Innenraum der Arbeitsgruppe Bioaerosole der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) vor [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14].

Gesicherte wissenschaftliche Kenntnisse zu dem Thema „Gesundheitliche Wirkung von Schimmel“ sind gegenwärtig in vielen Bereichen noch gering, und nur wenige Ärzt*innen besitzen das notwendige Fachwissen über die von Schimmel ausgehenden gesundheitlichen Wirkungen und Vorsorgemaßnahmen gegen eine Schimmelexposition.

Diese Leitlinie wurde mit dem Ziel 2016 erstellt und 2023 aktualisiert, den geforderten sachlichen Umgang mit der Problematik zu verbessern, der wegen der zum Teil ungeklärten Nosologie und des Fehlens einer umfassenden diagnostischen Leitlinie nach wie vor erschwert ist.

Mit dieser aktualisierten Leitlinie soll Ärzt*innen eine Hilfe an die Hand gegeben werden, Patient*innen, die einer erhöhten Schimmelexposition in einem typischen Innenraumszenario – also nicht an besonders exponierten Arbeitsplätzen – unterliegen (umgangssprachlich: „Schimmelpilzbelastungen“), aus medizinischer Sicht zu beraten und zu behandeln. Die Diagnostik und Behandlung von Mykosen (Infektionen durch Pilze) sind nicht Gegenstand dieser Leitlinie.

„Schimmel“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene Schimmelpilze, Bakterien, Hefen und andere Mikroorganismen. Auf befallenen Materialien können Schimmelschäden in Innenräumen sichtbar werden [2].

Schimmelpilze sind ein natürlicher, ubiquitärer Teil unserer Umwelt. Voraussetzung für die Entstehung und das Wachstum von Schimmel ist eine ausreichende Feuchtigkeit im Material oder an Oberflächen, und das Schimmelwachstum wird daher durch eine hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Belüftung und kalte Bauteiloberflächen (Folge: Kondensation durch Taupunktunterschreitung) begünstigt. Bauliche Bedingungen, Wasserschäden, aufsteigende Feuchtigkeit, Leckagen, Havarien, etc. führen ebenfalls zu einer erhöhten Feuchtigkeit und können Entstehen und Wachstum von Schimmel fördern. Schimmel in Innenräumen kann auf einer Vielzahl von Materialien (z. B. Holz, Tapeten, Pappe, Kunststoffe, Gummi, Teppichböden) und in einem weiten Temperaturbereich entstehen und wachsen [3] [15]. Schimmelentstehung und -wachstum in Innenräumen sind immer ein Feuchtigkeitsproblem und zur dauerhaften Expositionsvermeidung der Nutzer*innen ist primär diese Ursache zu beheben.

Feuchte-/Schimmelschäden, von denen eine gesundheitlich relevante Exposition und damit ein potenzielles Gesundheitsrisiko für gesunde Personen ausgehen kann, betreffen sichtbare oder nicht sichtbare Schadensfälle mit mikrobiologischer Besiedlung, insbesondere Schimmelbefall mit aktivem Schimmelwachstum (viable) oder mit abgetrocknetem (non-viable) Schimmel, bei denen eine erhöhte Freisetzung von Schimmelpilzbestandteilen (Sporen, Myzel, etc.) und anderen Biostoffen wahrscheinlich ist.

Da die individuelle Empfindlichkeit und die Exposition gegenüber Schimmelpilzsporen stark variieren und auch andere, bisher nicht messbare Parameter (u. a. pathogenassoziierte molekulare Muster (PAMP)) vermutlich eine Rolle spielen, können keine gesundheitsbezogenen Richtwerte (KBE/m3) festgelegt werden. Eine quantitative gesundheitliche Risikobewertung ist nicht möglich. Allerdings sind aufgrund des potenziellen Gesundheitsrisikos von Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen aus hygienisch-präventiver Sicht solche Schäden als bedenklich einzustufen [3] und stets sachgerecht zu sanieren.

Feuchte-/Schimmelschäden (mit vermehrtem Schimmelpilz- und Bakterienwachstum) werden mit sehr unterschiedlichen Wirkungen beim Menschen in einen Zusammenhang gebracht. Hierzu zählen folgende Symptome und Krankheitsbilder bei entsprechend ausgeprägter Exposition:

  • Allergien

    • Typ-I-Allergie: Allergische Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale, Urtikaria

    • Typ-I- und Typ-III-Allergie: Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA), Allergische bronchopulmonale Mykosen (ABPM)

    • Typ-III- und Typ-IV-Allergie: exogen-allergische Alveolitis (EAA, engl. Hypersensitivity Pneumonitis [HP]), Befeuchterlunge, Farmerlunge (Arbeitsplatz)

  • Atopisches Ekzem

  • Infektanfälligkeit (chronische Bronchitis)

  • System-Mykosen

  • Mykotoxikosen

  • Toxische Alveolitis, Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) (Arbeitsplatz)

  • Schleimhautreizung, Mucous Membrane Irritation (MMI), gelegentlich auch als Mucous Membrane Irritation Syndrome (MMIS) bezeichnet

  • Beschwerden der oberen Atemwege

  • Geruchswirkungen

  • Befindlichkeitsstörungen

Kernbotschaft 6, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen.

Kernbotschaft 7, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen (Mykosen).

In der Praxis ist die Beantwortung der Frage von Patient*innen, welches Gesundheitsrisiko mit dem Nachweis von Schimmelpilzen in Innenräumen verbunden ist, primär eine ärztliche Aufgabe. Um eine gesundheitliche Gefährdung durch Schimmelpilze beurteilen zu können, muss einerseits die gesundheitliche Situation des/der Exponierten (Prädisposition), andererseits das Ausmaß des Schimmelbefalls und die Freisetzung von Schimmelpilzsporen oder anderen Bestandteilen (z. B. Stoffwechselprodukte, Zellbestandteile) im Innenraum (Exposition) beurteilt werden.

In der Praxis stehen die Anamnese sowie die allgemein- und fachärztliche klinische Beurteilung des Patienten/der Patientin im Vordergrund. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob es Hinweise auf eine besondere Schimmelexposition im Innenraum wie z. B. durch Feuchte-/Schimmelschaden gibt, ob eine Disposition zu möglichen Schimmelpilzwirkungen vorliegt und ob das Beschwerde- oder Krankheitsbild durch eine Schimmelexposition bedingt sein kann.

Nach heutigem Kenntnisstand sind von den schimmelassoziierten Gesundheitsstörungen im Innenraum Schleimhautirritationen von Augen und Atemwegen und allergische Reaktionen wahrscheinlich am häufigsten [4] [16].

Bei sehr hohen Bioaerosolkonzentrationen, die im Regelfall nur an entsprechenden Arbeitsplätzen und nicht in Innenräumen vorkommen, können schwerwiegende toxische Wirkungen (Organic Dust Toxic Syndrome, ODTS) beobachtet werden [3] [17] [18]. Die arbeitsbedingte Exposition und die damit verbundenen Krankheitsbilder sind nicht Gegenstand dieser Leitlinie, werden aber dort, wo es sinnvoll ist, angesprochen.

Schimmelwachstum im Innenraum ist aus Sicht der Prävention als ein potenzielles Gesundheitsrisiko zu betrachten, auch wenn kein quantitativer und kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorkommen einzelner Arten und Gesundheitsbeschwerden gesichert werden kann. Ein Feuchteschaden und/oder ein Schimmelwachstum in Innenräumen ist aus gesundheitlicher Sicht immer ein hygienisches Problem, das – auch ohne Gesundheitsstörungen – nicht hingenommen werden darf. Vielmehr sollte hier nach dem Vorsorgeprinzip die Belastung minimiert und, wenn möglich, beseitigt werden [2] [17] [19].

Kernbotschaft 1, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelbefall in relevantem Ausmaß soll in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes sei auf den „Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes verwiesen [2].

Die wichtigste Präventionsmaßnahme bei Schimmelexpositionen im Innenraum ist die Klärung der Ursache des Feuchte-/Wasserschadens und die sachgerechte Sanierung [2] [20] [21] [22].

Kernbotschaft 2, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung [2].

1.1 Sinn und Ziel der Leitlinie

Die aktualisierte Leitlinie soll die bestehende Lücke für eine rationale und rationelle medizinische Diagnostik bei Schimmelexposition im Innenraum schließen. Überwiegend existierten und existieren fast nur Leitlinien zum auf Gebäude bezogenen Vorgehen bei Feuchteschäden [2] [19] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] und Übersichtsarbeiten zu assoziierten Krankheitsbildern [3] [11] [15] [28] [29], jedoch kein übergreifendes auf Patient*innen bezogenes diagnostisches Prozedere.

Arbeitsplatzbezogene Erkrankungen oder spezifische Arbeitsplatzexpositionen, die orale Aufnahme von Schimmelpilzen oder Schimmelpilzbestandteilen sowie Erkrankungen durch Hefen und Dermatophyten sind nicht Gegenstand der Leitlinie.

Die wissenschaftliche Literatur zu Schimmel ist sehr umfangreich und überwiegend in Englisch publiziert. In den epidemiologischen Studien wird die häusliche Exposition oft mit den Begriffen „dampness and mould“ kategorisiert, d. h. es wird keine Unterscheidung zwischen Feuchteschäden mit oder ohne Schimmel im Innenraum gemacht. Das ist sinnvoll, da es keine spezifischen gesundheitsbezogenen Marker für eine quantitative Schimmelpilzexposition gibt. Unter „mould“ (oder amerikanisch-englisch „mold“) sind „sichtbare“ Schimmelstrukturen zu verstehen, wobei „sichtbar“ auch verdeckten Schimmelbefall einschließt. In der Leitlinie wird „dampness and mould“ mit dem Begriff „Feuchtigkeit und Schimmel“ übersetzt.

Weitere Definitionen finden sich im Anhang zu dieser Leitlinie.


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1.2 Was gibt es Neues?

In der vorliegenden aktualisierten Leitlinie gibt es folgende Neuerungen:

  • aktualisierte und umfangreichere Literaturrecherche

  • aktualisierte Bewertung von mit Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen in Verbindung gebrachten Erkrankungen ([ Tab. 4 ] Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten)

  • Bewertung von neuen mit Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen in Verbindung gebrachten Erkrankungen ([ Tab. 4 ] Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten)

  • Hinweis im Leitlinientext zu Erkrankungen zur Einordnung in [ Tab. 4 ] Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten

  • mehr und klarer formulierte Kernbotschaften

  • Kennzeichnung der Kernbotschaften, ob in 2023 geprüft, modifiziert oder neu hinzugekommen

  • Kennzeichnung der Konsensstärke zu jeder Kernbotschaft

  • Verknüpfung der Kernbotschaften zum Leitlinientext

  • Im Leitlinientext aktualisierte Querverweise zu anderen Leitlinien.

  • Im Leitlinientext zu Erkrankungen Querverweise zu Diagnostik und Therapie.

  • Aufnahme von zwei weiteren Risikogruppen für Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum

  • Darstellung der Gründe, warum ein eindeutig kausaler Ursachen-Wirkungszusammenhang aus der einfachen Übereinstimmung einer messtechnisch erfassten Schimmelpilzexposition und möglichen gesundheitlichen Wirkungen nicht hergestellt werden kann


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1.3 Kernbotschaften der Leitlinie

Im Folgenden sind die Kernbotschaften der Leitlinie aufgeführt, die gleichzeitig die Kernempfehlungen der Leitlinie enthalten. Die Stärke der Empfehlung wird durch folgende Begriffe ausgedrückt:

starke Empfehlung: „soll“; Empfehlung: „sollte“; offene Empfehlung: „kann erwogen werden“.

Die Problematik von Schimmelexpositionen im Innenraum bedarf einer Versachlichung.

  1. Schimmelbefall in relevantem Ausmaß soll in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes sei auf den „Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes verwiesen [2]. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  2. Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung [2]. geprüft 2023, Konsensstärke > 95 %

  3. Aus medizinischer Indikation sind Schimmelpilzmessungen im Innenraum selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelbefall sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sollen die Ursachen des Befalls aufgeklärt werden, anschließend sollen Befall und primäre Ursachen beseitigt werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  4. In der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition hat das Umweltmonitoring von Mykotoxinen in der Innenraumluft und im Hausstaub keine Indikation. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  5. In der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition hat das Umweltmonitoring von Microbial Volatile Organic Compounds (mikrobiologisch produzierte flüchtige organische Komponenten; MVOC) in der Innenraumluft keine Indikation. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  6. Schimmelexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen. geprüft 2023, Konsensstärke > 95 %

  7. Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen (Mykosen). geprüft 2023, Konsensstärke > 95 %

  8. Ärzt*innen sollen in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchte/Schimmelschäden in Innenräumen und Erkrankungen, für die es keine Evidenz in Bezug auf einen solchen Zusammenhang gibt (z. B. akuter idiopathischer pulmonaler Hämorrhagie bei Kindern, Arthritis, Autoimmunerkrankungen, chronischem Müdigkeitssyndrom (CFS), Endokrinopathien, gastrointestinalen Effekten, Krebserkrankungen, luftgetragenen Mykotoxikosen, multipler chemischer Sensitivität (MCS), Multipler Sklerose, neuropsychologischen Effekten, neurotoxischen Effekten, plötzlichem Kindstod, renalen Effekten, Reproduktionsstörungen, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen, Sick-Building-Syndrom (SBS), Teratogenität und Urtikaria), Betroffene sachlich über den Stand des Wissens informieren. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  9. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:

    • Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) [30]

    • Personen mit schwer verlaufender Influenza

    • Personen mit schwer verlaufender COVID-19

    • Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)

    • Personen mit Asthma bronchiale
      modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  10. Schimmelpilzallergiker*innen und Personen mit das immunologische Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen sollen über die Gefahren von Schimmelexpositionen im Innenraum und über Maßnahmen zur Prävention sachlich aufgeklärt werden und entsprechende Expositionen minimieren. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  11. Grundsätzlich sind bei entsprechender Exposition sehr viele Schimmelpilzarten geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potenzial aber insgesamt als geringer einzuschätzen [31] [32]. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  12. Atopiker*innen weisen als Polysensibilisierte oft IgE-Antikörper auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat. Die klinische Ausprägung der allergischen Reaktion korreliert nicht mit der Höhe des spezifischen IgE-Titers. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  13. Kernelemente einer Typ-I-Allergiediagnostik sind die Anamnese, die Hauttestung, die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper sowie die Provokationstestung. Im Falle einer Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) sollte zusätzlich die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern erfolgen. Bei der exogen-allergischen Alveolitis (EAA) soll serologisch nur die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern erfolgen. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  14. Der Nachweis von spezifischem IgE oder einer positiven Reaktion im Hauttest bedeuten zunächst nur, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Eine klinisch relevante Allergie stellt sich dann erst im Zusammenhang mit typischen allergischen Symptomen dar. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  15. Ein negatives Ergebnis einer Hauttestung oder einer spezifischen IgE-Testung auf Schimmelpilze schließen eine Sensibilisierung auf Schimmelpilze nicht sicher aus. Gründe dafür sind u. a. die unterschiedliche Zusammensetzung und Qualität von Testextrakten oder das fehlende Vorhandensein relevanter Allergene. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  16. Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ-I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und soll daher nicht durchgeführt werden. Dies gilt auch für den Nachweis von Immunkomplexen z. B. mittels Ouchterlony-Test. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  17. Galactomannan im Serum soll nur zur Diagnostik bei Verdacht auf eine invasive pulmonale Aspergillose durchgeführt werden, ansonsten besteht keine Indikation in der Diagnostik bei Schimmelexposition. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  18. Die Bestimmung von Eosinophilem Cationischen Protein (ECP) und β-1,3-D-Glukan (BDG) im Serum hat keine Indikation und soll in der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition nicht durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  19. Der Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung (HLT = Histamin-Liberations-Test), der Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie und die Bestimmung anderer Mediatoren (Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST-ELISA)) finden Anwendung in der Spezialdiagnostik, sollten jedoch nicht in der Basis-Allergiediagnostik durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  20. Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze sind als diagnostische Verfahren nicht indiziert [33] und sollen deshalb nicht durchgeführt werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  21. Der Vollbluttest (VBT) ist kein geeignetes Instrument zum Nachweis einer Schimmelpilzsensibilisierung und soll daher nicht durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  22. Invasive Schimmelpilz-Infektionen sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA 460 [34] eingestuften Schimmelpilzen die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigstem Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit allgemeiner starker oder sehr starker Immunschwäche (gemäß KRINKO Grad 2 und 3 [30]). Bei entsprechender Disposition soll dieses Risiko besonders beachtet werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  23. Mikrobiologische, immunologische, molekularbiologische und radiologische Verfahren sind Kernelemente der Schimmelpilzinfektionsdiagnostik und sollen je nach Indikation eingesetzt werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95 %

  24. In der medizinischen Diagnostik bei Innenraum-Schimmelexposition hat das Human-Biomonitoring von Mykotoxinen keine Indikation und soll daher nicht durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  25. Folgende diagnostische Methoden sollen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden, weil es hierfür keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz gibt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Nachweis von Schimmelpilzen im Blut, Bestimmung von gegen Schimmelpilze gerichteten IgA-Antikörpern, Bestimmung von Lymphozyten-Subpopulationen, Bestimmung von Zytokinen, Bestimmung des oxidativen Stresses, Visual Contrast Sensitivity Test (VCS-Test), Tränenfilmabrisszeit. neu 2023, Konsensstärke > 95 %

  26. Folgende diagnostische Methoden sollen mangels medizinisch-naturwissenschaftlicher Grundlagen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Elektroakupunktur nach Voll, Bioresonanzverfahren, Pendeln, Vega-Test, Decoder-Dermografie, Biotonometrie, Biotensor, Kirlianfotografie (Plasmaprintverfahren, energetische Terminalpunktdiagnose), Regulationsthermografie nach Rost, Aurikulodiagnostik, Kinesiologie, Auraskopie, Irisdiagnostik, zytotoxische Bluttests, Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test). neu 2023, Konsensstärke > 95 %


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1.4 Methodik

Die Trägerschaft der aktualisierten Leitlinie liegt bei der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP), die redaktionelle Koordination nahm eine Arbeitsgruppe der GHUP wahr (Herr Dr. Heinzow, Frau Dr. Hurraß, Frau Dr. Walser-Reichenbach, Herr Professor Dr. Wiesmüller). Es wurden die an der Beratung und Versorgung von Patient*innen mit durch Schimmelpilze verursachten Erkrankungen maßgeblich beteiligten Fachgesellschaften angesprochen und um Entsendung von Mandatsträger*innen in die Arbeitsgruppe gebeten. Nach diesem Verfahren war die Leitlinien-Gruppe multidisziplinär zusammengesetzt, mit Vertreter*innen der oben aufgeführten wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, Gesellschaften und Ärzt*innenverbänden

Suchmethodik

Wie bereits für die Erstellung der Leitlinie wurde zur Aktualisierung der Leitlinie ein bundesweites Expert*innennetzwerk der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) genutzt. Die aktualisierte Leitlinie baut auf der Stellungnahme der RKI-Kommission [3], der WHO-Richtlinie [15] und den im Rahmen der GHUP-Jahrestagungen (GHUP 2009–2012) ausgerichteten wissenschaftlichen Workshops mit dem Thema „Schimmelpilze und Gesundheit“ [35] [36] [37] [38] sowie der Erstfassung der Leitlinie [39] auf.

Die aktualisierte Leitlinie ist entsprechend den methodischen Vorgaben zur Entwicklung von Leitlinien für Diagnostik und Therapie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erstellt worden und entspricht nach dem 3-Stufen-Konzept der AWMF einer S2k-Leitlinie. Die Leitlinie beruht auf einer umfangreichen und systematischen Literaturrecherche, die jedoch nicht formal den Anforderungen einer S2k-Leitlinie entspricht, da es keine klinischen Studien zu dem Thema gibt. Eine Vergabe von Evidenzgraden für Empfehlungen war deshalb nicht möglich und nicht sinnvoll.

Für die erste Version der Leitlinie wurde die Literaturrecherche bis Dezember 2014 durchgeführt. Für die Aktualisierung der Leitlinie wurde eine erneute Literaturrecherche bis Juni 2022 vorgenommen, wobei zusätzliche Suchbegriffe verwendet wurden ([ Tab. 1 ]).

Tab. 1

Medline-Recherche zur Thematik der Leitlinie (Stand 12–2014 und Stand 6–2022).

Stichworte

Anzahl gefundener Publikationen

Stand 12–2014 [39]

Anzahl gefundener Publikationen

Stand 6–2022

indoor mold or indoor mould or indoor dampness and human health

1949

3145

indoor mold or indoor mould or indoor dampness and human health and allergy

1875

3126

indoor mo(u)ld asthma

440

805

indoor mo(u)ld health asthma

285

564

indoor mo(u)ld human health asthma

494

indoor mo(u)ld allergy

1198

indoor mo(u)ld health allergy

434

774

indoor mo(u)ld human health allergy

689

indoor mo(u)ld atopy

89

indoor mo(u)ld health atopy

24

59

indoor mo(u)ld human health atopy

55

indoor mo(u)ld arthritis

8

indoor mo(u)ld health arthritis

4

indoor mo(u)ld human health arthritis

3

indoor mo(u)ld rheumatism

5

indoor mo(u)ld health rheumatism

4

indoor mo(u)ld human health rheumatism

3

mo(u)ld arthritis rheumatism

46

62

indoor mo(u)ld arthritis rheumatism

2

indoor mo(u)ld health arthritis rheumatism

2

indoor mo(u)ld human health arthritis rheumatism

1

indoor mo(u)ld infection

750

indoor mo(u)ld health infection

74

435

indoor mo(u)ld human health infection

357

indoor mo(u)ld irritation

113

indoor mo(u)ld health irritation

42

95

indoor mo(u)ld human health irritation

85

indoor mo(u)ld symptoms

1159

indoor mo(u)ld health symptoms

449

724

indoor mo(u)ld human health symptoms

594

indoor mo(u)ld ergosterol

50

indoor mo(u)ld health ergosterol

24

36

indoor mo(u)ld human health ergosterol

27

indoor mo(u)ld review

450

indoor mo(u)ld health review

301

indoor mo(u)ld human health review

160

266

indoor mo(u)ld mould trial

67

indoor mo(u)ld health trial

40

indoor mo(u)ld human health trial

17

32

indoor mo(u)ld clinical diagnosis

89

194

indoor mo(u)ld health clinical diagnosis

113

indoor mo(u)ld mould human health clinical diagnosis

93

indoor mo(u)ld diagnostic/diagnostics

800

indoor mo(u)ld health diagnostic/diagnostics

273

449

indoor mo(u)ld human health diagnostic/diagnostics

353

indoor mo(u)ld prevention

654

indoor mo(u)ld mould health prevention

216

433

indoor mo(u)ld human health prevention

358

indoor mo(u)ld treatment

650

indoor mo(u)ld health treatment

229

360

indoor mo(u)ld human health treatment

293

indoor mo(u)ld therapy

507

indoor mo(u)ld mould health therapy

196

291

indoor mo(u)ld human health therapy

250

indoor mo(u)ld air filter

174

indoor mo(u)ld mould health air filter

54

94

indoor mo(u)ld human health air filter

55

Eine begrifflich abgestufte Medline-Recherche erbrachte 1949 Literaturstellen im Jahr 2014 und 3145 Literaturstellen im Jahr 2022, zur Eingrenzung wurde jeweils anschließend ein Abstract-Screening durchgeführt. Es wurde kein thematisch umfassendes bzw. übergreifendes Review zum Thema medizinische Diagnostik bei Schimmel- und Feuchtigkeitsexposition in Innenräumen gefunden, sondern nur Literatur zu einzelnen Themenkomplexen, wie [ Tab. 1 ] zu entnehmen ist.

Gesucht wurde auf Deutsch mittels Suchmaschine im Internet (Google) und auf Englisch in der Datenbank Medline (Medical Literature Analysis and Retrieval System Online). Für die Aktualisierung wurde in PubMed recherchiert.

Für grundlegende Evidenzbewertungen eines Zusammenhangs zwischen Schimmelexposition und definierten Krankheitsbildern wurden folgende Veröffentlichungen verwendet: WHO (2009) [15], Institute of Medicine (IOM; USA) (2004) [29], Palatya und Shum (2012) [40], Baxi et al. (2016) [41], Mendell et al. (2011) [42], Mendell und Kumagai (2017) [43], Cailloud et al. (2018) [44] und Mendell et al. (2018) [45].

Für einzelne Themenbereiche vorwiegend zur Diagnostik wurden weitere Leitlinien berücksichtigt. Diese werden in den jeweiligen Kapiteln als Querverweise aufgeführt.

Aus den Recherche-Ergebnissen wurden die Artikel gelesen, und basierend auf den Vorgaben der AWMF wurde jeweils die Evidenz festgelegt.


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Nachstehend genannte Leitlinien wurden herangezogen (Stand 28.02.2023; alphabetische Auflistung):

Akute myeloische Leukämie, akute lymphatische Leukämie, chronische lymphatische Leukämie

Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). S1-Leitlinie Akute myeloische Leukämie – AML – im Kindes- und Jugendalter, Version 2.0. Registernummer 025-031. Stand: 25.03.2019. Gültig bis: 24.03.2024; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/025-031

Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). S1-Leitlinie Akute lymphoblastische Leukämie – ALL – im Kindesalter, Version 7.0. Registernummer 025-014. Stand: 31.05.2021. Gültig bis: 30.05.2026; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/025-014

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO). S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patienten mit einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL), Version 1.0. Registernummer 018-032OL. Stand: 31.03.2018. Gültig bis: 30.03.2023 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/018-032OL

Allergische Rhinitis, Rhinokonjunktivitis, Rhinosinusitis

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM) und Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC). S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. Registernummer 053-012. Stand: 07.04.2017. Gültig bis: 06.04.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/053-012

Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC) und Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM). S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. Registernummer 017-049. Stand: 07.04.2017. Gültig bis: 06.04.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/017049

Asthma

NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, Version 4.0. Registernummer nvl-002. Stand: 07.09.2020, Gültig bis: 06.09.2025 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/nvl-002

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S2k-Leitlinie Fachärztliche Diagnostik und Therapie von Asthma, Version 3.0. Registernummer 020-009. Stand: 01.03.2023. Gültig bis: 29.02.2028; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-009

Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (GPP). S1-Leitlinie Management von schwierigem und schwerem Asthma bei Kindern und Jugendlichen, Neuanmeldung. Registernummer 026-027. Anmeldedatum: 01.08.2018. Geplante Fertigstellung: 31.05.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/026-027

Atopisches Ekzem (atopische Dermatitis, Neurodermitis)

Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V. (DDG). S3-Leitlinie Atopische Dermatitis (AD) [Neurodermitis; atopisches Ekzem], Version 4.2. Registernummer 013-027. Stand: 16.06.2023. Gültig bis: 15.06.2028; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-027

Chronisch Obstruktiven Lungenerkrankung (COPD)

NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie COPD, Version 2.0. Registernummer nvl-003. Stand: 25.06.2021. Gültig bis: 24.06.2026 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/nvl-003

Coronavirus-Erkrankung 2019 (COVID-19)

Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin e. V. (DGIIN), Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI), Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP), Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI). S3-Leitlinie Empfehlungen zur Therapie von Patienten mit COVID-19 – Living Guideline, Version 8.1. Registernummer 113-001LG. Stand: 12.09.2022. Gültig bis: 11.09.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/113-001LG

Exogen-allergische Alveolitis (EAA)

Quirce S, Vandenplas O, Campo P, Cruz MJ, de Blay F, Koschel D, Moscato G, Pala G, Raulf M, Sastre J, Siracusa A, Tarlo SM, Walusiak-Skorupa J, Cormier Y. Occupational hypersensitivity pneumonitis: an EAACI position paper. Allergy 2016; 71: 765–779. DOI: 10.1111/all.12866

Quirce S, Vandenplas O, Campo P, Cruz MJ, de Blay F, Koschel D, Moscato G, Pala G, Raulf M, Sastre J, Siracusa A, Tarlo SM, Walusiak-Skorupa J, Cormier Y. Berufsbedingte exogen-allergische Alveolitis: ein EAACI-Positionspapier. Allergologie 2018; 41: 449–469. DOI: 10.5414/ALX02042

Funktionelle Körperbeschwerden

Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e. V. (DGPM) und Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin e. V. (DKPM). S3-Leitlinie Funktionelle Körperbeschwerden, Version 2.0. Registernummer 051-001. Stand: 18.07.2018. Gültig bis: 17.07.2023 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/051-001

Geruch

Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC). S2k-Leitlinie Riech- und Schmeckstörungen, Version 5.0. Registernummer 017-050. Stand: 01.05.2023. Gültig bis: 30.04.2028; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/017-050

Invasive Pilzinfektionen

Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Diagnostik. Stand: 2018

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Ruhnke M, Behre G, Buchheidt D, Christopeit M, Hamprecht A, Heinz W, Heussel CP, Horger M, Kurzai O, Karthaus M, Löffler J, Maschmeyer G, Penack O, Rieger C, Rickerts V, Ritter J, Schmidt-Hieber M, Schuelper N, Schwartz S, Ullmann A, Vehreschild JJ, von Lilienfeld-Toal M, Weber T, Wolf HH. Diagnosis of invasive fungal diseases in haematology and oncology: 2018 update of the recommendations of the infectious diseases working party of the German society for hematology and medical oncology (AGIHO). Mycoses 2018; 61(11): 796–813. DOI: 10.1111/myc.12838, für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO); https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/invasive-pilzinfektionen-diagnostik/@@guideline/html/index.html

Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen-Therapie. Stand: 2019

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Ruhnke M, Cornely OA, Schmidt-Hieber M, Alakel N, Boell B, Buchheidt D, Christopeit M, Hasenkamp J, Heinz WJ, Hentrich M, Karthaus M, Koldehoff M, Maschmeyer G, Panse J, Penack O, Schleicher J, Teschner D, Ullmann AJ, Vehreschild M, von Lilienfeld-Toal M, Weissinger F, Schwartz S. Treatment of invasive fungal diseases in cancer patients – Revised 2019. Recommendations of the Infectious Diseases Working Party (AGIHO) of the German Society of Hematology and Oncology (DGHO). Mycoses 2020; 63(7): 653–682. DOI: 10.1111/myc.13082, für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO); https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/invasive-pilzinfektionen-therapie/@@guideline/html/index.html

Onkopedia Leitlinie – Prophylaxe invasiver Pilzinfektionen. Stand: 2022

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Stemler J, Mellinghoff SC, Khodamoradi Y, Sprute R, Classen AY, Zapke SE, Hoenigl M, Krause R, Schmidt-Hieber M, Heinz WJ, Klein M, Koehler P, Liss B, Koldehoff M, Buhl C, Penack O, Maschmeyer G, Schalk E, Lass-Flörl C, Karthaus M, Ruhnke M, Cornely OA, Teschner D. Primary prophylaxis of invasive fungal diseases in patients with haematological malignancies: 2022 update of the recommendations of the Infectious Diseases Working Party (AGIHO) of the German Society for Haematology and Medical Oncology (DGHO), 2022. J Antimicrob Chemother 2023; 78(8): 1813–1826; DOI: 10.1093/jac/dkad143, für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO); https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/invasive-pilzinfektionen-therapie/@@guideline/html/index.html

Mukoviszidose

Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (GPP), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ). S3-Leitlinie Lungenerkrankung bei Mukoviszidose: Pseudomonas aeruginosa, Version 2.0. Registernummer 026-022. Stand: 27.09.2022. Gültig bis: 26.09.2027: Leitlinien-Manuskript zur Begutachtung eingereicht, Revision noch nicht abgeschlossen; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/026-022

Plötzlicher Säuglingstod

Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V. (DGSM). S1-Leitlinie Prävention des plötzlichen Säuglingstods, Version 3.0. Registernummer 063-002. Stand: 06.11.2022. Gültig bis: 05.11.2027 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/063-002

Pneumonie

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S3-Leitlinie Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie, Version 4.0. Registernummer 020-020. Stand: 24.04.2021. Gültig bis: 23.04.2025; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-020

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V. (DGPI) und Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (GPP). S2k-Leitlinie Management der ambulant erworbenen Pneumonie bei Kindern und Jugendlichen (pCAP), Version 1.0. Registernummer 048-013. Stand: 31.03.2017. Gültig bis: 30.03.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/048-013

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S3-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie, Version 2.0. Registernummer 020-013. Stand: 11.0.9.2017. Gültig bis: 10.09.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-013

Rheumatoide Arthritis

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh). S3-Leitlinie Management der frühen rheumatoiden Arthritis, Version 3.0. Registernummer 060-002. Stand: 18.12.2019; Gültig bis: 17.12.2024; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-002

Urtikaria

Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V. (DDG) und Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI). S3-Leitlinie Klassifikation, Diagnostik und Therapie der Urtikaria, Version 3.0. Registernummer 013-028. Stand: 01.02.2022. Gültig bis: 31.01.2025; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-028

Diagnostik

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten Husten, Version 3.0. Registernummer 020-003. Stand: 01.01.2019. Gültig bis: 31.12.2023 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-003

Kardos P, Dinh QT, Fuchs K-H, Gillissen A, Klimek L, Koehler M, Sitter H, Worth H. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten. Pneumologie 2019; 73(03): 143–180. DOI: 10.1055/a-0808-7409; https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0808-7409

Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe J, Raulf-Heimsoth M, Saloga J, Werfel T, Worm M. In-vitro-Allergiediagnostik. Allergo J 2010; 19: 110–128. DOI: 10.1007/BF03362255

Ruëff F, Bergmann K-C, Brockow K, Fuchs T, Grübl A, Jung K, Klimek L, Müsken H, Pfaar O, Przybilla B, Sitter H, Wehrmann W. Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttypreaktionen. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) in Abstimmung mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA), dem Berufsverband Deutscher Dermatologen (BVDD), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA). Allergo J 2010; 19: 402–415; https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_Hauttests-bei-Soforttypreaktionen2010.pdf

Ruëff F, Bergmann K-C, Brockow K, Fuchs T, Grübl A, Jung K, Klimek L, Müsken H, Pfaar O, Przybilla B, Sitter H, Wehrmann W. Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttyp-Reaktionen. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinischen Immunologie (DGAKI). Pneumologie 2011; 65: 484–495. DOI: 10.1055/s-0030-1256476; https://www.thieme.de/statics/dokumente/thieme/final/de/dokumente/zw_pneumologie/Hauttest_Allergie.pdf

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinischen Immunologie e. V. (DGAKI). Sk2-Leitlinie Standardisierte Durchführung des nasalen und konjunktivalen Provokationstest bei allergischen Erkrankungen der oberen Atemwege – Standardized Application of Nasal and Conjunctival Provocation Test on Allergic Diseases oft he Upper Airways. Geplante Fertigstellung: 30.06.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-009

Gonsior E, Henzgen M, Jörres RA, Kroidl RF, Merget R, Riffelmann F-W, Wallenstein G. Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil I. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Allergo J 2000; 9; 193–199. https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilA20001.pdf

Gonsior E, Henzgen M, Jörres RA, Kroidl RF, Merget R, Riffelmann F-W, Wallenstein G. Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil II. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Teil B: Allergo J 2001; 10: 257–264. https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilB2001.pdf

Gonsior E, Henzgen M, Jörres RA, Kroidl RF, Merget R, Riffelmann F-W, Wallenstein G. Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen. Pneumologie 2002; 56(3): 187–198. DOI: 10.1055/s-2002-20553

Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM). S2k-Leitlinie Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest (AIT) – specific inhalation challende (SIC), Version 3.1. Registernummer 002-026. Stand: 25.01.2021. Gültig bis: 24.01.2026; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/002-026

Therapie

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI). S2k-Leitlinie Allergen-Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen, Version 5.0. Registernummer 061-004. Stand: 30.06.2022. Gültig bis: 29.06.2027. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-004

Pfaar O, Ankermann T, Augustin M, Bubel P, Böing S, Brehler R, Eng PA, Fischer PJ, Gerstlauer M, Hamelmann E, Jakob T; Kleine-Tebbe J, Kopp MV, Lau S, Mülleneisen N, Müller C, Nemat K, Pfützner W, Saloga J, Strömer K, Schmid-Grendelmeier P, Schuster A, Sturm GJ, Taube C, Szépfalusi Z, Vogelberg C, Wagenmann M, Wehrmann W, Werfel T, Wöhrl S, Worm M, Wedi B; Commenting participation and process support: Kaul S, Mahler V, Schwalfenberg A. Guideline on allergen immunotherapy in IgE-mediated allergic diseases: S2K Guideline of the German Society of Allergology and Clinical Immunology (DGAKI), Society of Pediatric Allergology and Environmental Medicine (GPA), Medical Association of German Allergologists (AeDA), Austrian Society of Allergology and Immunology (ÖGAI), Swiss Society for Allergology and Immunology (SSAI), German Dermatological Society (DDG), German Society of Oto-Rhino-Laryngology, Head and Neck Surgery (DGHNO-KHC), German Society of Pediatrics and Adolescent Medicine (DGKJ), Society of Pediatric Pulmonology (GPP), German Respiratory Society (DGP), German Professional Association of Otolaryngologists (BVHNO), German Association of Paediatric and Adolescent Care Specialists (BVKJ), Federal Association of Pneumologists, Sleep and Respiratory Physicians (BdP), Professional Association of German Dermatologists (BVDD). Allergol Select. 2022; 6: 167–232. DOI: 10.5414/ALX02331E

Prävention

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ). S3-Leitlinie Allergieprävention, Version 4.0. Registernummer 061-016. Stand: 07.12.2021. Gültig bis: 01.01.2026 (in Überarbeitung). https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-016

Die Aktualisierung des Manuskriptes der Leitlinie erfolgte schrittweise.

Alle Autor*innen wurden per E-Mail aufgefordert, ihre Angaben zu möglichen Interessenkonflikten online auf der Homepage der AWMF zu tätigen (https://interessenerklaerung-online.awmf.org). Diese Angaben wurden von drei Personen der Leitliniensteuerungsgruppe (Frau Dr. rer. nat. Julia Hurraß, Frau Dr. rer. nat. Sandra Walser-Reichenbach und Herr Prof. Dr. med. Wiesmüller; bei der Prüfung der Interessenkonflikte von Frau Dr. rer. nat. Julia Hurraß übernahmen Frau Dr. rer. nat. Sandra Walser-Reichenbach und Herr Prof. Dr. med. Wiesmüller die Bewertung, bei der Prüfung der Interessenkonflikte von Frau Dr. rer. nat. Sandra Walser-Reichenbach und Herrn Prof. Dr. med. Wiesmüller übernahm Frau Dr. rer. nat. Julia Hurraß die Bewertung mit Frau Dr. rer. nat. Sandra Walser-Reichenbach bzw. mit Herrn Prof. Dr. med. Wiesmüller) geprüft und bewertet. Autor*innen mit bezahlter Vortrags- oder Schulungstätigkeit sowie Autor*innen mit Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat (advisory board) und bezahlter Vortrags- oder Schulungstätigkeit wurden von Leitungsfunktionen (Koordination/AG-Leitung) ausgeschlossen („geringer“ Interessenkonflikt). Autor*innen mit Berater- bzw. Gutachtentätigkeit, Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat (advisory board) und bezahlter Vortrags- oder Schulungstätigkeit wurden bei der Abstimmung der Kernbotschaften themenbezogen ausgeschlossen („moderater“ Interessenkonflikt). Autor*innen mit Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat (advisory board), bezahlter Vortrags- oder Schulungstätigkeit und Forschungsvorhaben/Durchführung klinischer Studien wurden bei der Abstimmung der Kernbotschaften themenbezogen ausgeschlossen („moderater“ Interessenkonflikt). Autor*innen ohne Angaben zu Interessenkonflikten wurden bei der Abstimmung aller Kernbotschaften ausgeschlossen. Es konnten bei keinem Autor/keiner Autorin Interessenkonflikte „hoher“ Relevanz (Eigentümerinteressen (Patent, Urheberrecht, Aktienbesitz) festgestellt werden, die zu einer Einschränkung oder einem Ausschluss für die Aktualisierung der Leitlinie geführt hätten.

Die interdisziplinäre Gruppe der Mitglieder des Leitlinienverfahrens hat einen ausreichend umfassenden Überblick über den gesamten Themenkomplex der Leitlinie, sodass eine interne gegenseitige Kontrolle eventuell möglicher Interessenkonflikte zusätzlich gewährleistet war. Während des gesamten Leitlinienprozesses gab es keine Hinweise auf Einflüsse von Interessenkonflikten auf die Leitlinieninhalte.

Nach Erstellung einer abgestimmten Gliederung (I) wurden zu einzelnen Abschnitten Bearbeiter*innen und Co-Autoren*innen benannt, die entsprechend thematisch fokussierte Beiträge einreichten.

Daraus wurde ein Textentwurf zusammengestellt (II), der innerhalb der Arbeitsgruppe anhand der im Umlauf eingegangenen Anmerkungen zweimal redigiert und durch direkt angeforderte Beiträge von ausgewiesenen Expert*innen zu speziellen Fragestellungen ergänzt wurde (III, IV). Zu den Themenfeldern Sarkoidose und Rheuma wurde die Expertise von Herrn Dr. med. Pontus Harten, Kiel, einbezogen.

Die Bewertungen und Empfehlungen stellen eine Synthese der von den Autor*innen identifizierten und verwendeten Publikationen dar.

Daraus wurde von der redaktionellen Arbeitsgruppe (Herr Dr. Heinzow, Frau Dr. Hurraß, Frau Dr. Walser-Reichenbach, Herr Professor Dr. Wiesmüller) im Umlaufverfahren ein Leitlinien-Manuskript erstellt (V).

Dieser Leitlinienentwurf wurde allen Mitgliedern Anfang März 2023 mit der Bitte um Kommentierung zugeleitet. Stellungnahmen aus dem Umlaufverfahren wurden dokumentiert und ein Entwurf (VI) für das Konsensusverfahren zur Abstimmung vorbereitet.

Ein Konsens des Entwurfes und der eingegangenen Stellungnahmen wurde im Rahmen der Konsensuskonferenzen vom NIH-Typ am 21. April und am 3. Mai 2023 via ZOOM-Konferenz erzielt. Hierzu wurde nach gemeinsamer Terminfindung im Vorfeld der Konsensuskonferenz allen Mitgliedern des Leitlinienverfahrens der Entwurf mit den eingegangenen Stellungnahmen als Word-Dokument mit der offiziellen Einladung zur Konferenz zur Verfügung gestellt. Mitglieder des Leitlinienverfahrens, die nicht an der Konferenz teilnehmen konnten, hatten vorher ausreichend Zeit und Gelegenheit, ihre Anmerkungen der Leitliniensteuerungsgruppe mitzuteilen. Hatten nicht teilnehmende Mitglieder des Leitlinienverfahrens keine Anmerkungen, wurde von diesen Mitgliedern per E-Mail die Zustimmung zum Entwurf eingeholt. Die erste Konferenz wurde von Herrn Dr. med. Roland Suchenwirth als unabhängigem Moderator moderiert. In dieser Konferenz wurde jede Kernbotschaft einzeln den Teilnehmenden präsentiert, miteinander diskutiert, abschließend einvernehmlich ausformuliert und verabschiedet. Die jeweilige Abstimmung erfolgte durch namentliche Abfrage. In dieser Konferenz sowie in der zweiten Konferenz wurde der übrige gesamte Leitlinientext bzgl. Rechtschreibung, Verständlichkeit, korrekter Literaturverknüpfung einvernehmlich in die finale Version gebracht. Die zweite Konsensuskonferenz wurde mangels unabhängigen Moderators in Absprache mit Frau Dr. Nothacker von der AWMF von Frau Dr. Julia Hurraß moderiert.

Diese im Rahmen der Konsensuskonferenz verabschiedete Version der Leitlinie (VII) wurde letztmalig im Umlaufverfahren per E-Mail abgestimmt, damit auch die Mitglieder des Leitlinienverfahrens, die an der Konsensuskonferenz nicht hatten teilnehmen können, die Möglichkeit von Einspruch, Ergänzungen und/oder Korrekturen hatten. Diese letztmalige Abstimmung wurde in einer einmaligen nicht anonymisierten E-Mail-Runde durchgeführt und mündete in der Endfassung (VIII) der Leitlinie.

Gleichzeitig erfolgte die Vorlage bei den Vorständen aller beteiligten wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften, Gesellschaften und Ärzteverbänden zur Autorisierung und Empfehlung zur Übernahme. Diese endgültige Autorisierung wurde bis zum 05. September 2023 formal abgeschlossen.

Die Leitlinie wird durch Publikationsorgane der GHUP und in der AWMF-Leitliniensammlung (https://www.awmf.org/leitlinien) veröffentlicht. Anderen Fachgesellschaften und -verbänden wird die Leitlinie zur Übernahme empfohlen und interessierten Fachzeitschriften und Verlagen zum Nachdruck zur Verfügung gestellt.

Eine Überarbeitung der Leitlinie ist 2028 vorgesehen. Ansprechpartnerin hierzu ist:

Dr. rer. nat. Julia Hurraß, Sachgebiet Hygiene in Gesundheitseinrichtungen, Abteilung Infektions- und Umwelthygiene, Gesundheitsamt der Stadt Köln, Neumarkt 15–21, 50667 Köln, E-Mail: julia.hurrass@stadt-koeln.de, Tel.: 0221/221–25757


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1.5 Aufbau

Nach allgemeiner Einleitung erfolgt die Darstellung von Sinn und Ziel der vorliegenden Leitlinie, einschließlich einer Auflistung der Kernbotschaften. Danach werden die Suchmethodik einschließlich berücksichtigter Leitlinien und der Aufbau der vorliegenden Leitlinie beschrieben. In den darauffolgenden Kapiteln werden Definition, Vorkommen und Systematik der Schimmelpilze, durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen sowie eine gesundheitliche Risikoanalyse und -bewertung dargestellt. Im Anschluss daran wird zu den allgemeinen Untersuchungsmethoden, wie Anamnese und körperlicher Untersuchung, und speziellen diagnostischen Verfahren, wie allergologischen, infektiologischen und toxikologischen Untersuchungsmethoden, Stellung genommen. Hierbei wird auch auf diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen eingegangen. Die vorliegende Leitlinie wird mit je einem Kapitel zu Behandlungsmöglichkeiten von durch Schimmelpilze verursachten Gesundheitsproblemen und Erkrankungen, Sanierung von Wohnräumen, Präventionsmaßnahmen und einer Darstellung zum Zusammenhang zwischen Sozialstatus und Feuchte-/Schimmelbefall abgerundet.

Im Anhang zur vorliegenden Leitlinie finden sich wichtige Definitionen sowie ein Abkürzungsverzeichnis.


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2 Vorkommen, Exposition und gesundheitliche Relevanz von Schimmelpilzen

2.1 Definition und vermehrtes Vorkommen von Schimmelpilzen

Schimmelpilz ist ein Sammelbegriff für hyphen- und meist auch sporenbildende Kleinpilze und stellt keine taxonomisch definierte Einheit von Pilzen dar.

Schimmelpilze sind ein ubiquitärer Bestandteil unserer Biosphäre und kommen abhängig von der Vegetation und anthropogenen Quellen wie u. a. Kompostieranlagen, Wertstoffsortieranlagen, Biogasanlagen, Gärtnereien, Abfallwirtschaft und Landwirtschaft saisonal wie auch regional in unterschiedlichem Ausmaß in der Außenluft, in Innenräumen und an bestimmten Arbeitsplätzen vor.

Schimmelpilz-befallen (Schimmelpilz-befallene Materialien) ist Baumaterial oder Inventar, das mit Schimmelpilzen bewachsen (besiedelt) war oder noch ist. Sofern nicht bereits mit bloßem Auge sichtbar, erfolgt die Bestimmung durch mikroskopischen Nachweis eines Hyphengeflechtes sowie mehr oder weniger ausgebildeter Konidien- bzw. Sporangienträger direkt auf den betroffenen Oberflächen befallenen Materials oder auf einem angefertigten Klebefilmabrisspräparat, unabhängig davon, ob die Schimmelpilze noch vital/aktiv oder bereits abgestorben sind [46]. Die Untersuchung des Schimmelpilzbefalls kann außerdem durch Kultivierung erfolgen. Dazu wird eine Suspension des befallenen Materials in Form einer Verdünnungsreihe auf Nährmedienschalen ausplattiert [46]. Nach der anschließenden Kultivierung erfolgt die qualitative und quantitative Bestimmung der vorliegenden Schimmelpilze [47].

Die Untersuchung der Luft dient häufig dazu, einen Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit eines Schimmelbefalls zu erhärten, wenn ein begründeter Verdacht für sein Vorhandensein besteht. Die Schimmelpilzvermehrungseinheiten (Sporen oder Hyphenbruchstücke) werden dazu entweder durch eine aktive Probenahme direkt auf eine Nährmedienschale impaktiert [48] oder auf einem Filter gesammelt [49]. Dieser wird anschließend nach ISO 16000–16 [49] aufgearbeitet. Es ist auch eine direktmikroskopische Bestimmung der Schimmelpilzsporen und Hyphenbruchstücke, z. B. nach aktiver Sammlung auf einem adhäsiv beschichteten Objektträger, möglich [50].

So kann von Schimmelpilzen die Gesamtsporenanzahl (lebensfähige und nicht lebensfähige Sporen) [50] oder nur die Anzahl der lebensfähigen Sporen [47] – ermittelt als Koloniebildenden Einheiten (KBE) – bestimmt werden. Die sensibilisierende und toxische Wirkung von Schimmelpilzen ist im Gegensatz zu der infektiösen Wirkung unabhängig davon, ob deren Sporen oder Zellbestandteile lebensfähig sind. Das Verhältnis der Gesamtsporenanzahl zur KBE-Anzahl kann über einen Bereich von 1:1 bis zu > 10:1 schwanken. Durch Klimaeinflüsse (Temperatur und Trockenheit), Alter, mechanische Einflüsse und Desinfektionsmaßnahmen wird die Kultivierbarkeit von Schimmelpilzsporen erheblich gestört [51].

Neben Schimmelpilzen können weitere Mikroorganismen wie z. B. Bakterien (insbesondere Aktinobakterien [52] [53] [54]) und Kleinlebewesen wie z. B. Milben vorhanden sein. Neben diesen lebenden und eventuell schon abgestorbenen Organismen können bei Feuchteschäden auch unterschiedliche Stoffwechselprodukte und Zellbestandteile nachgewiesen werden, wie z. B. Toxine, Endotoxine, Allergene, natürliche „Polyzucker“ (sogenannte β-Glukane), Microbial Volatile Organic Compounds (mikrobiologisch produzierte flüchtige organische Komponenten; MVOC) und Bruchstücke dieser Organismen (z. B. Myzelbruchstücke). In aller Regel ist nicht bekannt, von welchen Fragmenten im konkreten Einzelfall eine gesundheitliche Wirkung auf betroffene Personen ausgehen kann.

Die neben Schimmelpilzsporen auftretenden Begleitkomponenten im Innenraumbereich können routinemäßig nicht mit einer standardisierten Methode nachgewiesen werden. Außerdem gibt es für sie bisher keine allgemein anerkannten Beurteilungskriterien. Aus diesem Grund wird im folgenden Text die Gesamtheit aller bei einem Feuchte-/Schimmelschaden möglicherweise auftretenden Komponenten als „Schimmel“ oder „Schimmelbefall“ bezeichnet. Damit soll deutlich werden, dass außer Schimmelpilzen noch viele weitere Komponenten vorliegen können.

Eine Schimmelkontamination ist eine über die allgemeine Hintergrundbelastung hinausgehende Verunreinigung von Oberflächen oder Materialien durch Mikroorganismen oder biogene Partikel und Stoffe, die durch direkten Kontakt mit befallenen Materialien oder über den Luftweg erfolgt. Mit Schimmel befallene Materialien sind Baumaterialien oder Inventar, die mit Schimmelpilzen, Bakterien und/oder anderen Mikroorganismen besiedelt sind – unabhängig davon, ob die Organismen vital/aktiv darin wachsen oder gewachsen und bereits abgestorben sind. Man spricht begrifflich auch von Schimmelschäden.

Mit Hilfe von mikroskopischen Analysen lässt sich Schimmelbefall von einer Verunreinigung (Kontamination) unterscheiden. Grundsätzlich können alle Materialien, die organische Substanz (Nährstoffe) und von Mikroorganismen verwertbare Feuchte enthalten, besiedelt werden (befallen sein). Durch das Wachstum von Mikroorganismen im Material ergibt sich im Gegensatz zu einer Kontamination eine festere Verankerung der Mikroorganismen im Material. Von diesen Mikroorganismen werden durch Stoffwechselaktivität Metabolite sowie Sporen aktiv in die Raumluft abgegeben. Außerdem kann es zu einer Verbreitung von Zellen (Myzelbruchstücken) und Zellbestandteilen kommen [2]

Feuchteschaden ist eine sichtbare, messbare oder wahrgenommene Folge erhöhten Wassergehaltes in Innenräumen oder Bauteilen.

Aus praktischen Gesichtspunkten ist es sinnvoll, die erhöhte Exposition gegenüber Schimmelpilzen und anderen mit erhöhter Feuchtigkeit assoziierten Faktoren wie Hefen, Bakterien (Aktinobakterien) und Milben in Innenräumen als Feuchte-/Schimmelschaden zusammenzufassen.

In unserem direkten Lebensumfeld sind über 200 verschiedene Schimmelpilzarten nachweisbar, von denen etwa 50 Arten häufig und die übrigen Arten nur selten auftreten. Die verschiedenen Schimmelpilzarten können mit speziellen Quellen in Verbindung gebracht werden ([ Tab. 2 ]).

Tab. 2

Wichtige Quellen häufig auftretender Schimmelpilzarten und -gattungen (Beispiele aus der Untersuchungspraxis).

Art bzw. Gattung

wichtige Quellen

Cladosporium herbarum, Alternaria alternata, Botrytis cinerea

Vegetation, Außenluft-assoziiert

Aspergillus versicolor-Komplex und Scopulariopsis brevicaulis

feuchter Putz

Xerophile Aspergillus-Arten des Restrictus-Komplexes (insbesondere A. penicillioides und A. restrictus) sowie Aspergillus glaucus/pseudoglaucus und A. montevidensis, Wallemia sebi

zellulosehaltige Materialien mit nur leicht erhöhter Feuchtigkeit

Aspergillus fumigatus

Kompostierung, Verrottung von Pflanzenmaterial, Indikator für thermotolerante Prozesse

Chaetomium spp., Trichoderma spp., Phialophora spp.

Besiedler von feuchten Hölzern und Zellulosematerialien wie Kartonagen

Penicillium-Arten

verderbende Lebensmittel, Abfälle, Bioabfälle und Tapeten, Hausstaub

Sarocladium strictum, Parengyodontium album, Lecanicillium psalliotae und Simplicillium spp.

länger durchfeuchtete Polystyrol-Fußbodendämmung

Stachybotrys chartarum, Acremonium spp., Chaetomium spp.

sehr feuchte, zellulosehaltige Baumaterialien

Wallemia sebi, Aspergillus restrictus-Komplex

Käfigtierhaltung mit Einstreu

Die Konzentration und die Artenzusammensetzung von Schimmelpilzen in der Außenluft sind sehr stark von der Region, der Jahreszeit, den klimatischen Bedingungen, der Witterung und lokalen Quellen abhängig. Deshalb werden die Sporenkonzentrationen und Artenzusammensetzung in einer geeigneten Außenluft als Referenz für die Bestimmung von Schimmelpilzen in Innenräumen genutzt. Konzentrationen der einzelnen Parameter unterliegen einer großen zeitlichen und örtlichen Variabilität. Der Nachweis von erhöhten Schimmelpilzkonzentrationen in der Innenraumluft ist aber nur ein Indikator für einen Feuchte-/Schimmelschaden. Die Quelle für die erhöhte Schimmelpilzkonzentration muss anschließend ermittelt werden, damit sie und ihre Ursache behoben werden können. Dies ist für eine sachgerechte Sanierung eines Schadens und zur Prävention bezüglich gesundheitlicher Beeinträchtigung Betroffener zwingend erforderlich.

In Abhängigkeit von Feuchtigkeit, Temperatur und Nährstoffen haben bestimmte Arten Wachstumsvorteile und können mit bestimmten Ursachen/Quellen assoziiert werden [17] [55].


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2.2 Systematik der Schimmelpilze

In der Taxonomie wurden die Pilze früher unter den Pflanzen subsumiert, heute stellen sie als Pilze ein eigenes Reich dar.

Die Pilze gehören zu den Eukaryonten und besitzen Zellwände aus Chitin und anderen Glukanen, wohingegen die Zellwände der Pflanzen aus Zellulose bestehen.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zu den Pflanzen ist, dass Pilze als heterotrophe Organismen kein Chlorophyll besitzen, keine Photosynthese durchführen und ihre Energiegewinnung aus organischen Substanzen anderer Organismen gewinnen müssen [56]. Zusätzlich führen sie keine aktive Fortbewegung durch.

Die Nomenklatur der Fungi ist binominell, d. h., jeder Organismus trägt einen Gattungs- und einen Artnamen. Allerdings sind Namensänderungen bei Pilzen durch immer wieder neue Erkenntnisse und taxonomische Zuordnungen relativ häufig. Die taxonomische Zuordnung beruhten bis vor einigen Jahren vor allem auf morphologischen Merkmalen. Neue taxonomische Beschreibungen basieren auf einer Kombination aus Morphologie, Physiologie und genetischen Merkmalen [57] [58] [59]. Die Anwendung molekularbiologischer Techniken zur Identifizierung von Schimmelpilzen hat neue Erkenntnisse über die Phylogenie verschiedener Schimmelpilzarten gebracht. So hat sich beispielweise gezeigt, dass viele bisher als eine Art zusammengefasste morphologisch und physiologisch nahezu identische Organismen zwar meistens nah verwandt sind, aber genetisch zu unterschiedlich sind, um zu einer Art zu gehören. Zurzeit werden phylogenetisch eng beieinanderstehende Arten als Artenkomplexe betrachtet ([ Tab. 3 ]).

Tab. 3

Beispiele von Artenkomplexen basierend auf molekularen Analysen (modifiziert nach [2]).

Komplex oder Gruppe

ausgewählte Arten

molekulare Marker für die Differenzierung

Aspergillus versicolor-Komplex

u. a.

A. versicolor, A. amoenus, A. creber, A. jensenii, A. protuberus

CaM, β-Tub

Aspergillus niger-Komplex

u. a.

A. niger, A. acidus, A. aculeatus, A. brasiliensis und A. tubingensis

CaM, β-Tub

Aspergillus fumigatus-Komplex

A. fumigatus, A. lentulus, A. novofumigatus, A. fumigatiaffinis

CaM, β-Tub (Hinweis: Kultivierung bei 37°C;

Differenzierung A. lentulus)

Fusarium solani-Komplex

u. a.

F. solani, F. keratoplasticum, F. petroliphilum, F. lichenicola

EF-1α, RPB-1 und/oder RPB-2

So konnten beispielsweise molekularbiologisch bisher 15 Arten identifiziert werden, die früher morphologisch unter „Aspergillus versicolor“, einem Indikatororganismus für Feuchteschäden, zusammengefasst wurden. Die Artabgrenzung innerhalb dieses Komplexes ist z. Z. noch nicht abschließend geklärt. Die in Innenräumen isolierten Arten dieses Komplexes wurden überwiegend als Aspergillus jensenii, A. versicolor, A. protuberus oder A. creber identifiziert. Eine Identifizierung der Schimmelpilze bis zur Artebene ist bei vielen Artkomplexen nur molekularbiologisch sicher möglich. Für die allgemeine, hygienische Beurteilung von Schimmelpilzen im Innenraum mithilfe des „Leitfadens des Umweltbundesamtes zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelpilzbefall in Gebäuden“ [2] reicht die Zuordnung zum A.-versicolor-Komplex aus. In Prüfberichten und Gutachten können daher die unterschiedlichen Arten des Aspergillus-versicolor-Komplex (vgl. Definitionen) unter Angabe der genutzten Bestimmungskriterien oder der verwendeten Literatur zusammengefasst werden [60].

Aspergillen mit asexuellem und sexuellem Stadium hatten bisher für jedes Stadium einen eigenen Namen z. B. Eurotium und Aspergillus. Derzeit wird darüber diskutiert, beide Stadien nach der asexuellen Form zu benennen, also Aspergillus für die Eurotium- und Aspergillus-Strukturen.

Dies kann zu Verständigungsproblemen führen, wenn beispielsweise Mediziner*innen in ihren Gutachten im Innenraum vorkommende Schimmelpilzarten auflisten, die nach der neuen Nomenklatur anders benannt sind, und in ihre Beurteilung möglicher gesundheitlicher Probleme einbeziehen. In wissenschaftlichen Beiträgen und Gutachten ist also möglichst der aktuell gültige Name für die Benennung eines Schimmelpilzes zu verwenden, also z. B. statt Penicillium notatum, einem im medizinischen Bereich noch häufig benutzten Namen, die wissenschaftlich korrekte Bezeichnung Penicillium chrysogenum.

In der MycoBank, einer Online-Datenbank, sind die aktuellen Namensgebungen und Kombinationen sowie damit assoziierte Daten, z. B. Beschreibungen und Illustrationen, zugänglich (https://www.mycobank.org/).

In der medizinischen Mykologie werden Pilze hingegen klinisch und unabhängig von der Taxonomie in Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze eingeteilt. Das DHS-System stellt zwar eine praktikable Einteilung dar, allerdings ist diese Einteilung irreführend und aus biologischer Sicht (taxonomisch) falsch, weil die Schimmelpilze keine taxonomische Einheit darstellen und die meisten „Hefen“ (Sprosspilze) ebenso wie die Dermatophyten taxonomisch zu den Ascomycota gehören.

Mikrobiologisch sollten Schimmelpilze taxonomisch in der Regel als Gattung (Genus) und Art (Spezies) angegeben werden. Wird nur der lateinische Gattungsname und dann weiter sp. oder spp. mitgeteilt, sind die Art oder die einzelnen Arten nicht weiter differenziert worden.

2.2.1 Mykotoxine

Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die in niedrigen Konzentrationen (µg/kg Lebensmittel) abhängig von der Art des Toxins und den Verzehrgewohnheiten toxische Effekte auf verschiedene Zellsysteme von Wirbeltieren haben können: Mykotoxine sind von den Pilzgiften der Basidiomyzeten (Ständerpilze) zu unterscheiden. Zahlreiche Schimmelpilz-Gattungen (u. a. Aspergillus, Penicillium, Fusarium, Alternaria, Stachybotrys) können Mykotoxine bilden. Die Mykotoxinbildung ist von der Spezies und von Umweltfaktoren wie Substratzusammensetzung, Feuchte, pH-Wert, Licht-Wellenlänge und Nährstoffkonkurrenz abhängig [61]. Mykotoxine sind meist niedermolekulare Verbindungen, von denen viele im Polyketid-Stoffwechsel gebildet werden, die Pilzgifte der Basidiomyzeten sind in der Regel Oligopeptide.

Generell können Mykotoxine von Innenraum-relevanten Schimmelpilzen in niedrigen Konzentrationen (ppt) im Hausstaub [62], in Bioaerosolen und auf Baumaterialien nachgewiesen werden. Mykotoxine können auch im Blut des Menschen vorkommen [63], allerdings werden die hier nachgewiesenen Mykotoxine (Aflatoxine, Ochratoxine, Citrinin, Patulin, verschiedene Trichothecene von Fusarium-Arten) nur von Lebensmittel-relevanten Schimmelpilzen gebildet, nicht aber von Innenraum-relevanten Arten. Einzige Ausnahme ist das Sterigmatocystin [63], das als Zwischenprodukt in der Aflatoxin-Biosynthese bei „gelben“ Aspergillen (A.-flavus-Gruppe) entsteht und auch von Aspergillus versicolor-Komplex als Endprodukt gebildet werden kann und im Hausstaub nachgewiesen wurde [64] [65]. Da die Mykotoxine in Lebensmitteln um den Faktor 100–1000 höher konzentriert sind als im Hausstaub und in Bioaerosolen, ist davon auszugehen, dass die Mykotoxine im Körper des Menschen primär über den Lebensmittelpfad aufgenommen wurden. Vor diesem Hintergrund ist es viel wahrscheinlicher, dass mögliche interne Belastungen durch Sterigmatocystin beim Menschen über den Lebensmittelpfad akquiriert werden als über den inhalativen Pfad (Innenraumexposition). Eine differenzierte Human-Biomonitoringstudie hierzu fehlt aber bisher. Mykotoxine sind nicht flüchtig, kommen jedoch in der Luft gebunden an Sporen, Zellfragmente und andere Partikel vor.

Da die Mykotoxine aus dem Sekundärstoffwechsel hervorgehen, haben sie nach heutigem Kenntnisstand keine physiologische Bedeutung im Stoffwechsel des Pilzes. Sie sind „Abfallprodukte“, die erst im Laufe der Evolution eine ökologische Bedeutung bekommen haben (z. B. hemmen die antibiotisch oder antimykotisch wirksamen Substanzen Konkurrenten im Biotop). Mykotoxine kommen in gesundheitlich relevanten Konzentrationen in der Regel nur in Lebens- und Futtermitteln vor, wenn diese durch Schimmelpilze besiedelt wurden. Hierbei sind sogenannte Feldschädlinge (primär Fusarium-Arten), die auf den Kulturpflanzen Mykotoxine bilden, von Lagerschädlingen (Aspergillus und Penicillium) zu unterscheiden, die bei feucht-warmen Bedingungen während der Lagerung Mykotoxine synthetisieren.

Wie in Zellkultur- und Tierversuchen gezeigt werden konnte, lösen Mykotoxine zytotoxische Effekte aus [66] [67] und haben immunmodulatorische Wirkungen [68]. Die zytotoxische Wirkung einiger Mykotoxine auf Lungenzellen ist von ihrer Konzentration abhängig. Die bisher vorliegenden Daten lassen den Schluss zu, dass die im Innenraum zu erwartenden Konzentrationen der meisten luftgetragenen Mykotoxine keine akut-toxische Wirkung aufweisen. Lediglich die stärksten toxischen Verbindungen, wie die Satratoxine (Trichothecene) von Stachybotrys-Arten, könnten durch schimmelpilzbefallene Materialien im Innenraum in Höhe ihrer Wirkkonzentrationen vorliegen [69]. Einzelne Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Wirkkonzentration von z. B. Aflatoxin, welches zwar im Hausstaub nachweisbar ist, aber nicht von Innenraum-relevanten Pilzarten gebildet wird, bei Zellsystemen aus der Lunge (pulmonale Aufnahme, Mensch) etwa eine Größenordnung (Faktor 10) unter der Wirkkonzentration bei Nierenzellen (orale Exposition, Tier) liegen [66].

Die maximal zu erwartenden Konzentrationen einzelner Mykotoxine in situ (Bioaerosole) können dennoch die zytotoxischen Effekte offenbar nicht allein erklären. Vielmehr scheinen synergistische Wirkungen verschiedener Mykotoxine bzw. von Mykotoxinen mit anderen Zellbestandteilen (z. B. Glukane, Endotoxine) für die Wirkung verantwortlich zu sein [3].

Selbst unter Berücksichtigung der höheren Empfindlichkeit von z. B. primären Lungenepithelzellen (Faktor 10 gegenüber immortalisierten Zellen, A 549) liegen die zu erwartenden Expositionskonzentrationen in der Luft etwa um den Faktor 100 unter den Wirkkonzentrationen im Zellkultur-basierten Ansatz [61] [70]. Die einzige Ausnahme stellen hier die Satratoxine (Trichothecene) von Stachybotrys chartarum dar, die gegebenenfalls unter extremen Expositionsbedingungen (z. B. bei Innenraumsanierungen) in der Größenordnung der Wirkkonzentration liegen könnten. Es kann bisher nicht ausgeschlossen werden, dass aerogene Konzentrationen eine Größenordnung erreichen, die für immunmodulatorische Effekte verantwortlich sein und so ggf. eine Infektanfälligkeit oder Allergieentwicklung fördern könnten [71].

Forschungsbedarf besteht insbesondere bezüglich möglicher Wirkungen und Synergien verschiedener Noxen wie z. B. Mykotoxinen in Verbindung mit LPS (Lipopolysaccharide von Bakterien, Endotoxine), mit β-Glukanen (Zellwandbestandteile von Pilzen) oder anderen Organismengruppen (z. B. Aktinobakterien) [72] [73].


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2.2.2 Zellwandbestandteile, Enzyme und Stoffwechselprodukte

Bei Expositionen gegenüber Schimmelpilzen spielen neben Schimmelpilzsporen und Mykotoxinen auch andere Stoffwechselprodukte sowie Zellbestandteile, wie z. B. mikrobielle flüchtige organische Verbindungen (MVOC), β-Glukane, Mannane und Ergosterin, eine Rolle [74] [75], wobei die MVOC für den typischen Geruch verantwortlich sind.

Ergosterin (Ergosterol) ist ein Stoffwechselprodukt (Sterin) von Hefen, Schimmel- und Speisepilzen. Es wird in unterschiedlicher Menge als Membranbestandteil gebildet, toxische Eigenschaften sind nicht bekannt.

Im Zusammenhang mit Feuchteschäden kommen zudem auch andere mikrobiologische Bestandteile, wie das lysosomale Enzym N-Acetyl-β-D-Glucosaminidase und Lipopolysaccharide von Bakterien (LPS, Endotoxin) vermehrt vor (u. a. im Hausstaub) [76]. Es ist nicht geklärt, ob diese Marker (Zellfragmente, β-Glukan, Ergosterin) besser mit gesundheitlichen Wirkungen korrelieren als kulturelle Expositionsparameter (KBE) [77] [78] [79] [80] [81] [82] [83].

Bisher wurden 77 Proteine als Allergene von Schimmelpilzen (ohne Dermatophyten und Hefen) beschrieben und offiziell anerkannt (www.allergen.org). Die zugehörigen Proteinfamilien unterscheiden sich biochemisch und strukturell deutlich von den Allergenfamilien in Pollen, Nahrungsmitteln oder Tierepithelien [84].

Die prominentesten Vertreter der Schimmelpilzallergene sind [66] [84]:

  • Proteasen (n = 18, davon 16 Serinproteasen),

  • Ribosomale Proteine (n = 9),

  • Enolasen (n = 5),

  • Dehydrogenasen (n = 4),

  • Thioredoxine (n = 3),

  • Hitzeschockproteine (Heat Shock Proteins, HSP 70/90) (n = 3),

  • Peroxisomale Proteine (n = 2),

  • Isomerasen (n = 2),

  • Superoxid Dismutasen MnSOD (n = 2) und

  • Flavodoxine (n = 2).

Weitere Schimmelpilzallergene findet man unter den Mitogilinen, Cyclophilinen, Fibrinogen-bindenden Proteinen und Proteinen ohne bekannte biochemische Funktion [84]. Eine Arbeitsgruppe um Olynych [85] wies eine immunmodulatorische und proinflammatorische Wirkung von Zymosan nach. Sie zeigten, dass Zymosan über einen Dectin-abhängigen Mechanismus zu einer erhöhten Leukotrienproduktion in Mastzellen führt.


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2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen

Epidemiologische Studien zeigen übereinstimmend studienübergreifend einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen und gesundheitlichen Effekten, v. a. Atemwegsbeschwerden, Augen-, Nasen- und Rachenreizungen (Irritation), verstopfter Nase, Giemen und Pfeifen (wheezing), trockenem Husten, Schlafstörung, Schnarchen und Müdigkeit [86] [87]. Die vorliegende Leitlinie beschränkt sich im Wesentlichen auf Krankheitsbilder und weniger auf Symptome.

Die jeweilige Evidenz für Assoziationen von Feuchte-/Schimmelschäden und den unterschiedlichen Gesundheitseffekten ist in [ Tab. 4 ] zusammengestellt.

Tab. 4

Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten (in alphabetischer Reihenfolge), modifiziert nach [1] [15] [29] [39] [40] [41] [42] [43] [44] [45] [86] [88] [89] [90] [91] [92] [93] [94] [95] [96] [97] [98] [99] [100] [101] [102] [103] [104] [105] [106] [107] [108] [109] [110] [111] [112] [113] [114] [115] [116] [117] [118] [119] [120] [121] [122] [123] [124] [125] [126] [127] [128] [129] [130] [131] [132] [133] [134] [135] [136] [137] [138] [139] [140] [141] [142] [143] [144] [145] [146] [147] [148] [149] [150] [151] [152] [153] [154] [155] [156] [157] [158] [159] [160] [161] [162] [163] [164] [165] [166] [167] [168] [169] [170] [171] [172] [173] [174] [175] [176] [177].

kausaler Zusammenhang ----

ausreichende Evidenz für eine Assoziation [1]

allergische Atemwegserkrankungen
allergische Rhinitis

allergische Rhinokonjunktivitis

allergische bronchopulmonale Aspergillose (Engl.: Allergic bronchopulmonary Aspergillosis, ABPA)

andere Allergische bronchopulmonale Mykosen (Engl.: Allergic bronchopulmonary Mycoses, ABPM)

Aspergillom

Aspergillus-Bronchitis

Asthma (Manifestation, Progression, Exazerbation)

Begünstigung von Atemwegsinfekten

Bronchitis (akut, chronisch)

Community-acquired Aspergillus-Pneumonie

exogen-allergische Alveolitis (EAA; Engl.: Hypersensitivity Pneumonitis, HP)

invasive Aspergillosen

Mykosen

Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) [Arbeitsplatz]

pulmonale Aspergillose (subakut, chronisch)

Rhinosinusitis (akut, chronisch invasiv oder granulomatös, allergisch)

eingeschränkte oder vermutete Evidenz für eine Assoziation

atopisches Ekzem/atopische Dermatitis/Neurodermitis (Manifestation)

Befindlichkeitsstörungen

chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)

Geruchswirkungen

Mucous Membrane Irritation (MMI)

Sarkoidose

inadäquate oder unzureichende Evidenz für eine Assoziation

akute idiopathische pulmonale Hämorrhagie bei Kindern

Arthritis

Autoimmunerkrankungen

chronisches Müdigkeitssyndrom (Engl. Chronic Fatigue Syndrome, CFS)

Endokrinopathien

gastrointestinale Effekte

Krebs

luftübertragene Mykotoxikose

multiple chemische Sensitivität (Engl. Multiple Chemical Sensitivity, MCS)

Multiple Sklerose

neuropsychologische Effekte

neurotoxische Effekte

plötzlicher Kindstod

renale Effekte

Reproduktionsstörungen

Rheuma

Schilddrüsenerkrankungen

Sick-Building-Syndrom (Engl. Sick Building Syndrome, SBS)

Teratogenität

Urtikaria

1 Die hier aufgeführten Erkrankungen können unter dem Begriff Building Related Illness (BRI) subsumiert werden, auch wenn für BRI gefordert wird, dass Ätiologie, Pathologie, Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Prognose eindeutig bekannt sind [178] [179].


Kernbotschaft 8, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Ärzt*innen sollen in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchte/Schimmelschäden in Innenräumen und Erkrankungen, für die es keine Evidenz in Bezug auf einen solchen Zusammenhang gibt (z. B. akuter idiopathischer pulmonaler Hämorrhagie bei Kindern, Arthritis, Autoimmunerkrankungen, chronischem Müdigkeitssyndrom (CFS), Endokrinopathien, gastrointestinalen Effekten, Krebserkrankungen, luftgetragenen Mykotoxikosen, multipler chemischer Sensitivität (MCS), Multipler Sklerose, neuropsychologischen Effekten, neurotoxischen Effekten, plötzlichem Kindstod, renalen Effekten, Reproduktionsstörungen, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen, Sick-Building-Syndrom (SBS), Teratogenität und Urtikaria), Betroffene sachlich über den Stand des Wissens informieren.

Ob eine Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilze vorliegt, hängt maßgeblich von der Disposition der exponierten Personen ab. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:

  • Personen unter Immunsuppression nach KRINKO [30]

  • Personen mit schwer verlaufender Influenza

  • Personen mit schwer verlaufender COVID-19

  • Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)

  • Personen mit Asthma bronchiale

Kernbotschaft 9, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Besonders zu schützende Risikogruppen sind:

  • Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) [30]

  • Personen mit schwer verlaufender Influenza

  • Personen mit schwer verlaufender COVID-19

  • Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)

  • Personen mit Asthma bronchiale.

Eine Kausalität kann im Einzelfall zwischen einer speziellen Schimmelpilzexposition und konkreten gesundheitlichen Beschwerden und Krankheitsbildern nicht zweifelsfrei geführt werden.

Ein eindeutig kausaler Ursachen-Wirkungs-Zusammenhang kann aus der einfachen Übereinstimmung einer messtechnisch erfassten Schimmelpilzexposition und möglichen gesundheitlichen Wirkungen nicht hergestellt werden. Die Gründe hierfür werden anhand der einleitend aufgeführten möglichen gesundheitlichen Wirkungen durch Schimmelexpositionen in Innenräumen im Folgenden näher erläutert.

Infektionen

Jeder Infektionserkrankung geht eine Inkubationszeit voraus. Hierunter versteht man den Zeitraum zwischen dem Eindringen eines Infektionserregers in den menschlichen Körper und dem Auftreten erster Infektionsbeschwerden, d. h. dem Ausbruch der Infektionserkrankung ([ Abb. 1 ]). Beispielsweise wird für die invasive Aspergillose eine Inkubationszeit von Tagen bis Wochen angegeben [180] [181].

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Abb. 1 Die Inkubationszeit [180] [181]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

Da Schimmelpilze ubiquitär anzutreffen sind, kann nicht aufgrund einer von einem Sachverständigen postulierten messtechnisch objektivierten Innenraum-Schimmelpilzexposition gegenüber einem oder mehreren Schimmelpilzen mit Infektionsrisiko gemäß Biostoffverordnung sicher auf die Ursache einer Schimmelpilzinfektion geschlossen werden [182]. Der Eintritt des Schimmelpilzes in den menschlichen Körper kann in einem anderen Umfeld, wie beispielsweise in der Außenluft, an einem Komposthaufen, an der Biotonne, in einem anderen Innenraum etc., stattgefunden haben. Im Gegensatz zu bakteriellen Krankheitserregern kann bei Schimmelpilzen eine Stammidentität zwischen Patient*innenisolat und Umweltisolat nicht nachgewiesen werden.

Voraussetzung für eine Schimmelpilzinfektion beim Menschen ist eine entsprechend ausgeprägte Schwäche des Abwehrsystems (Immunsuppression). Diese gesundheitliche Anfälligkeit (Disposition) kann nur von einem Arzt/einer Ärztin anhand von drei Risikogruppen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut [30] beurteilt werden.

Liegen eine solche Disposition (Immunsuppression) und eine Schimmelpilzquelle im Innenraum oder der Außenluft vor, ist die sofortige Beendigung der Exposition lebensrettend und damit notwendig. Betroffene Patient*innen müssen durch ihren Arzt/ihre Ärztin über für sie notwendige Maßnahmen zur Expositionsvermeidung aufgeklärt werden. Eine messtechnische Objektivierung einer Schimmelpilzexposition gegenüber einem oder mehreren Schimmelpilzen mit Infektionsrisiko gemäß Biostoffverordnung hat keinen Nutzen für den unmittelbar zu ergreifenden Schutz der immunsupprimierten Person, sondern birgt das Risiko einer potenziell lebensbedrohlichen Expositionsverlängerung [180] [181].

Kernbotschaft 3, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Aus medizinischer Indikation sind Schimmelpilzmessungen im Innenraum selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelbefall sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sollen die Ursachen des Befalls aufgeklärt werden, anschließend sollen Befall und primäre Ursachen beseitigt werden.

Kernbotschaft 10, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelpilzallergiker*innen und Personen mit das immunologische Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen sollen über die Gefahren von Schimmelexpositionen im Innenraum und über Maßnahmen zur Prävention sachlich aufgeklärt werden und entsprechende Expositionen minimieren.

Sensibilisierungen und Allergien

Eine Sensibilisierung im allergologischen Sinne ist eine fehlgeleitete spezifische Immunreaktion bei Erstkontakt mit einem Antigen, die zu jeder Zeit und überall passieren kann. Eine Sensibilisierung ist nicht gleichbedeutend mit allergischen Beschwerden und führt nicht in jedem Fall zu einer Allergie. Weiterer Kontakt zu diesem Antigen zu einem späteren Zeitpunkt kann zu einer allergischen Reaktion, d. h. zu allergischen Beschwerden, führen. Die zeitlichen Abstände zwischen Sensibilisierung und erster allergischer Reaktion sind sehr variabel ([ Abb. 2 ]) [180] [181].

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Abb. 2 Zeitlicher Zusammenhang zwischen Sensibilisierung und erster allergischer Reaktion [180] [181]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

Ob eine Schimmelpilzexposition zu einer Sensibilisierung bzw. Allergie führt oder geführt hat, kann durch Messungen von Schimmelpilzen im Innenraum (KBE/m3) nicht bewiesen werden [183].

Bei Personen, die gegenüber Schimmelpilzen sensibilisiert sind, kann es aber aufgrund eines Feuchte-/Schimmelschadens im Innenraum zu allergischen Reaktionen kommen. Auch in diesem Fall bedarf es keiner messtechnischen Objektivierung der Schimmelpilzexposition, die auch hier sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht nur unzureichend möglich ist, sondern der Beendigung der Exposition. Dies ist vor allem für Patient*innen mit allergischem Asthma entscheidend, da diese im Falle einer vorliegenden spezifischen allergischen Reaktion auf die Schimmelpilzexposition mit einem Asthmaanfall reagieren können, der sich im schlimmsten Fall zum lebensbedrohlichen Status asthmaticus (Notfall eines besonders schweren Asthmaanfalls, der über einen längeren Zeitraum anhält und sich nicht durch die übliche Asthmabehandlung beheben lässt) entwickeln kann.

Da für die meisten Innenraum-assoziierten Schimmelpilze keine (validen) kommerziell erhältlichen Testextrakte für den Nachweis einer Sensibilisierung, sog. Allergietests, zur Verfügung stehen, können Testergebnisse zur Feststellung einer Schimmelpilzallergie ebenso wenig wie die Ergebnisse von Schimmelpilzmessungen in den von den entsprechenden Personen genutzten Räumen für eine Risikobewertung bei einem vorliegenden Schimmelbefall im Innenraum herangezogen werden.

Kernbotschaft 3, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Aus medizinischer Indikation sind Schimmelpilzmessungen im Innenraum selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelbefall sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sollen die Ursachen des Befalls aufgeklärt werden, anschließend sollen Befall und primäre Ursachen beseitigt werden.

Kernbotschaft 10, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelpilzallergiker*innen und Personen mit das immunologische Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen sollen über die Gefahren von Schimmelexpositionen im Innenraum und über Maßnahmen zur Prävention sachlich aufgeklärt werden und entsprechende Expositionen minimieren.

Zur Verhinderung einer Sensibilisierung wie zur Vorbeugung allergischer Reaktionen bei bestehender Sensibilisierung ist die Schimmelpilzexposition zu beenden (Allergenkarenz), d. h. der Schimmelbefall ist zu sanieren [180] [181].

Toxische Wirkungen

Zwischen der Aufnahme eines möglicherweise giftig wirkenden Stoffes und möglicher gesundheitlicher Effekte liegt eine mehr oder weniger lange Latenzzeit.

Hierunter versteht man den Zeitraum zwischen dem Eindringen eines Toxins in den menschlichen Körper und dem Auftreten erster Vergiftungserscheinungen ([ Abb. 3 ]) [180] [181].

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Abb. 3 Die Latenzzeit [180] [181]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

Die Exposition bei Feuchte-/Schimmelschäden ist komplex und variabel. Neben Sporen, Zellfragmenten, Stoffwechselprodukten und Mykotoxinen von Schimmelpilzen sind auch Bakterien (u. a. Aktinobakterien), MVOC, β-Glukane, Mannane, Ergosterin, Endotoxine und Allergene des Bioaerosols sowie Milbenallergene vorhanden. Eine quantitative gesundheitliche Risikobewertung für einzelne Komponenten des Bioaerosols ist nicht möglich, weshalb sich bei der Bewertung eines Schimmelbefalls eine Bestimmung einzelner Komponenten im Hinblick auf eine toxische Wirkung erübrigt.

Es ist bekannt, dass bei Feuchteschäden einige Schimmelpilze als sekundäre Stoffwechselprodukte Mykotoxine produzieren, die gebunden an Sporen, Myzel und Zellbruchtücke als Bestandteile des Hausstaubs und Bioaerosols zur Exposition und vermutlich zu entzündlichen/irritativen Schleimhautreaktionen beitragen.

Die bisher bei Schimmelbefall gemessenen Konzentrationen sind sehr niedrig, sodass akute toxische Wirkungen (Mykotoxikose) nicht zu erwarten sind [184].

Bislang ist aber nicht geklärt, welche anderen gesundheitlichen Wirkungen und Folgen im Einzelnen möglicherweise darauf zurückzuführen sind. Dabei sind sowohl antagonistische als auch synergistische Wirkungen im Zusammenspiel der vielfältigen Bestandteile des Bioaerosols von Schimmelpilzen und Bakterien beschrieben. Bei massiven Feuchteschäden muss potenziell mit der Bildung von Mykotoxinen und Endotoxinen (Bestandteile von Bakterien) gerechnet werden [185]. Eine erhöhte Freisetzung vom Mykotoxinen kann bei derartigen abgetrockneten Schäden, insbesondere im Laufe der Sanierungsmaßnahmen erfolgen, wenn große Mengen an Sporen und Staub mobilisiert werden. In diesen Fällen ist streng auf die entsprechenden Arbeitsschutzmaßnahmen zu achten [186].

Für die medizinische Bewertung eines Feuchte-/Schimmelschadens haben Mykotoxinbestimmungen keine Bedeutung. Es gibt zurzeit keine Indikation für eine Bestimmung von Mykotoxinen in Blut oder Urin in der medizinischen Diagnostik bei Personen mit einer Schimmelexposition im Innenraum. Die routinemäßige Bestimmung von Mykotoxinen in der Innenraumluft oder in schimmelbelasteten Baumaterialien hat weder eine medizinisch diagnostische Bedeutung noch ist sie für eine Sanierungsentscheidung notwendig, da jeder relevante Schimmelbefall umgehend zu beseitigen ist, unabhängig davon, ob Mykotoxine gebildet wurden oder nicht [180] [181].

Grundsätzlich ist zu fordern, dass bei allen chronischen Erkrankungen, auch ohne oder mit unzureichende/r Evidenz für einen Zusammenhang mit Feuchteschäden und/oder Schimmelpilzexposition, die Wohnverhältnisse hygienisch einwandfrei sind. Ergeben sich hygienisch Anhaltspunkte oder anamnestisch Hinweise auf Feuchteschäden und/oder Schimmel(pilz)expositionen, gilt es, wie bei allen Feuchteschäden, die primären Ursachen präventiv immer zu beseitigen.

2.3.1 Definierte Krankheitsbilder und Gesundheitsstörungen

Die unterschiedlichen Gesundheitseffekte im Zusammenhang mit Feuchteschäden und/oder Schimmelpilzexposition können nicht durch einen einzelnen Mechanismus oder Faktor erklärt werden [42] [93] [158]. Die epidemiologischen Erkenntnisse deuten sowohl auf allergologische als auch nicht IgE-vermittelte immunologische und toxische, immunmodulierende Mechanismen hin. Sowohl bei Atopiker*innen als auch nicht-atopischen Personen können Feuchteschäden oder Schimmelpilzwachstum adverse Effekte verursachen [187] [188] [189] [190].

Die Reihenfolge der im Folgenden dargestellten Erkrankungen stellt keine Gewichtung in Bezug zur Thematik der vorliegenden Leitlinie dar.

2.3.1.1 Allergische Rhinitis

Klimaveränderungen, Urbanisierung und Industrialisierung und damit verbundene Veränderungen der Innen- und Außenumgebung haben erhebliche Auswirkungen auf die Prävalenz u. a. der allergischen Rhinokonjunktivitis [191]. Die allergische Rhinitis (AR) vom Typ 1 wird klinisch definiert als eine symptomatische Erkrankung der Nase, induziert durch eine IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut nach Allergenexposition. Die AR kann klinisch unterteilt werden in eine saisonale, perenniale oder berufsbedingte Form, oder gemäß Weltgesundheitsorganisation (ARIA-Guideline) [192] in eine intermittierende oder persistierende Form; die Schwere der Symptomatik wird zudem anhand ihrer Ausprägung und anhand der Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patient*innen definiert [192] [193].

Atopiker*innen (Patient*innen mit allergischem Asthma, allergischer Rhinitis, atopischer Dermatitis) weisen als Polysensibilisierte oft auch IgE-Antikörper gegen Schimmelpilze auf.

Je nach untersuchter Population, Region und inkludiertem Allergenspektrum wird die Inzidenz der allergischen Rhinitis auf Pilzallergene mit Raten von 2,7–19 % angegeben [194] [195] [196].

Als häufigste Auslöser von IgE-vermittelten Rhinitiden werden hierbei Allergene von überwiegend in der Außenluft vorkommenden Schimmelpilzen, nämlich vor allem Alternaria alternata, deutlich seltener Cladosporium herbarum, Botrytis cinerea, Mucor sp., Penicillium sp. und Aspergillus sp., genannt [194] [195] [196]. Feuchtigkeit und Schimmel in Innenräumen sowie eine Exposition bereits im frühen Lebensalter sind in epidemiologischen Studien konsistent mit der allergischen Rhinitis assoziiert [42] [176] [197] [198]. Eine Monosensibilisierung gegen Schimmelpilze im Innenraum dürfte allerdings eher selten sein [199].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und allergischer Rhinitis vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.2 Allergische Rhinokonjunktivitis

Allergische Symptome der Nasen und der Augen (Rhinokonjunktivitis) treten häufig zusammen auf. Die meisten Kinder mit allergischer Konjunktivitis haben auch eine allergische Rhinitis. Die Prävalenz der allergischen Konjunktivitis wird abhängig vom Alter der Studie zwischen 15–20 % und bis zu 40 % geschätzt [200] [201].

Bei der allergischen Rhinokonjunktivitis handelt es sich um eine IgE-vermittelte entzündliche Erkrankung der Schleimhaut der Nase in Verbindung mit einer allergisch bedingten Entzündung der Bindehaut und der Lider der Augen. Die Lebenszeitprävalenz für eine durch saisonale Allergene vermittelte allergische Rhinitis wird in Deutschland auf ca. 15 % geschätzt [202].

Eine Metaanalyse von Jaakkola et al. (2013) [198] sowie neuere Studien [176] [191] [203] [204] belegen eine Assoziation von Feuchte-/Schimmelindikatoren im Innenraum mit dem Auftreten einer allergischen Rhinokonjunktivitis.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und allergischer Rhinokonjunktivitis vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.3 Nichtinvasive und invasive Rhinosinusitis

Rhinosinusitiden werden in eine akute (ARS) und eine chronische Form (CRS) unterschieden. Während sich bei der akuten Form die Symptome innerhalb von maximal 3 Monaten zurückbilden, halten diese bei der chronischen Form mehr als 3 Monate an. Pathophysiologisch liegt der ARS in der überwiegenden Anzahl der Fälle eine virale Infektion zugrunde, deutlich seltener kommt es zu einer bakteriellen ARS verursacht durch Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae oder Moraxella catarrhalis [205].

Die chronische Rhinosinusitis zählt mit einer Prävalenz von 5–12 % in der Weltbevölkerung zu einer der häufigsten chronischen Erkrankungen des Menschen überhaupt. Häufigste Erreger sind Staphylococcus aureus, verschiedene Enterobacteriaceae, seltener Pseudomonas aeruginosa und Anaerobier der Mundflora [206]. Das European Position Paper on Rhinosinusitis and nasal Polyps 2020 definiert die CRS als Entzündung der Schleimhäute von Nase und Nasennebenhöhlen (NNH) [205]. Mittels Bildgebung oder endoskopischer Untersuchung von Nasenhaupt- und ggf. Nasennebenhöhlen kann dann zwischen einer CRS mit (CRSwNP) und ohne Nasenpolypen (CRSsNP) unterschieden werden. Chronische Entzündungen der Schleimhäute von Nase und NNH können in selteneren Fällen auch von Schimmelpilzen durch verschiedene Mechanismen ausgelöst werden [193] [207]. Hierbei scheint der Immunstatus des Wirtes eine entscheidende Rolle zu spielen [208]. Sensibilisierungen gegen Schimmelpilze bei Patient*innen mit chronischer Sinusitis betreffen vor allem Alternaria, einen typischen Schimmelpilz der Außenluft [209].

Aktuell werden fünf durch Pilze hervorgerufene Formen der Rhinosinusitis unterschieden:

  • die akut invasive Form (einschließlich der rhinozerebralen Mucormykose),

  • die chronisch invasive Form,

  • die granulomatös invasive Form,

  • die nicht-invasive (allergische) Pilz-Rhinosinusitis (Allergic Fungal RhinoSinusitis: AFRS) ohne und

  • mit Formierung kugelförmiger Myzetome [207] [208].

Die invasiven Formen kommen gehäuft bei immunkompromittierten Patient*innen vor und können als fulminant-akute Verlaufsform über eine vaskuläre Hyphen-Invasion innerhalb weniger Wochen zum Tode führen. Häufigste Ursache für die Immunsuppression ist ein nicht oder schlecht behandelter Diabetes mellitus (50 %), gefolgt von hämato-onkologischen Grunderkrankungen (40 %). Weitere Ursachen können HIV/AIDS oder die Behandlung mit Chemotherapeutika und Biologika darstellen [30] [210]. Bei der chronisch invasiven Form ist der Verlauf protrahiert, betroffen sind aber auch hier überwiegend immunsupprimierte Patient*innen. Die granulomatös-invasive Form stellt eine Art fibrotische Tumorformation dar, sie kommt vor allem in Afrika, in Saudi-Arabien und den arabischen Golfstaaten vor. Die häufigsten ursächlichen Pilzformen sind Zygomyceten (Rhizopus, Mucor, Rhizomucor) [205].

Für die Behandlung der invasiven Formen werden drei Behandlungsformen empfohlen:

  1. Schnellstmöglicher Start einer systemischen antifungalen Therapie.

  2. Patient*innen sollten, ggf. wiederholt, einem endoskopisch chirurgischen Debridement von nekrotischem sinonasalem Gewebe unterzogen werden.

  3. Wenn möglich, sollte die zugrundeliegende Immunsuppression behandelt werden.

Die allergische fungale Rhinosinusitis (AFRS) ist eine eher seltene, immunologische Reaktion auf ubiquitäre Pilze, Sporen und deren Bruchstücke, die meist über die Luft in Kontakt mit den Schleimhäuten der Nase und den Nasennebenhöhlen kommen. Pilzsporen werden häufig in der Nase gefunden, da sie in der Luft vorkommen, die wir atmen. Es ist nicht klar, ob Schimmelpilze in allen Fällen einer chronischen Rhinosinusitis eine Rolle spielen, aber es gibt Evidenz dafür, dass sie möglicherweise in einer Untergruppe von Patient*innen bedeutsam sind [211].

Die AFRS wird durch eine IgE-vermittelte Entzündungsreaktion auf Pilzbestandteile ausgelöst und mithilfe der Bent&Kuhn-Kriterien diagnostiziert.

Klinisch charakteristisch ist das Vorhandensein einer dicken, zähen Sekretion mit charakteristischem histologischem Befund, der reich an eosinophilen Granulozyten ist [212]. In den USA wird die Diagnose als gesichert akzeptiert, wenn alle Hauptkriterien der Bent&Kuhn-Klassifizierung erfüllt sind:

  1. Typ-1-Allergie auf Pilzallergene gesichert in Hauttestung oder In-vitro-Testung,

  2. nasale Polyposis,

  3. charakteristischer computertomografischer Befund,

  4. Anwesenheit eosinophilen Mucins ohne Invasion,

  5. ein positiver Abstrich auf Pilze im operativ entnommenen NNH-Material [212] [213].

Neuere Studien konnten zeigen, dass Pilze in Nase und Nasennebenhöhlen bei einer Mehrheit der Bevölkerung (einschließlich aller CRS-Patient*innen) zu finden sind [214]. Somit scheint nicht allein die Anwesenheit von Pilzen pathognomonisch und somit diagnostisch wegweisend zu sein, sondern eine a) reduzierte Immunantwort bei den invasiven Pilzerkrankungen oder eine b) veränderte, z. T. übersteigerte Immunantwort auf diese ubiquitär vorkommenden Pilzsporen bei der AFRS.

Bei Vorliegen einer CRS kann eine Untersuchung auf IgG4 eventuell Sinn machen, wenn als zugrundeliegende Ursache ein IgG-Subklassenmangel vermutet wird. Die zur Verfügung stehenden Studien sind allerdings schwierig zu interpretieren, sodass eine Bestimmung sehr kritisch diskutiert werden muss. Die Bestimmung von IgG4 ist keinesfalls klinischer Standard [215].

Therapeutisch wird daher eine Behandlung mit topischen und oralen Antimykotika nur noch für die invasiven Formen, nicht jedoch für die AFRS empfohlen, da doppelblind-placebokontrollierte Studien hier keine Wirkung nachweisen konnten (vgl. [214]) und kein pathophysiologischer Zusammenhang mit Schimmelpilzen in der Mehrzahl der Fälle der chronischen Rhinosinusitis angenommen wird [216].

Schwere, nicht behandelbare chronische Rhinosinusitiden können durch Biofilme – u. a. von Pilzen – verursacht sein. Der genaue Pathomechanismus ist derzeit noch unklar. Wahrscheinlich werden planktonische Pilze kontinuierlich vom Biofilm freigesetzt, dabei wird die Schleimhaut vermutlich von Makrophagen invadiert, die die Pilzhyphen phagozytieren, jedoch nicht abtöten [217] [218] [219] [220].

Mykotische Biofilme bestehen aus Schimmelpilzkomplexen, die in der Lage sind, sowohl biotische als auch abiotische Oberflächen zu besiedeln. Sie bewirken eine Umgehung der Immunabwehr und eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber Antimykotika unter Beibehaltung der Fähigkeit, planktonische Schimmelpilzhyphen freizusetzen. Zahlreiche Untersuchungen mit unterschiedlichen Nachweisverfahren haben das Vorhandensein von Biofilmen in der sinunasalen Schleimhaut von Patient*innen mit CRS aufzeigen können [217] [218] [219] [220]. Das Vorhandensein von Biofilmen wurde mit schlechteren Krankheitsverläufen in Zusammenhang gebracht [217]. Bei operationspflichtigen Patient*innen war der präoperative Schweregrad der Erkrankung in einer Gruppe von Patient*innen mit nachgewiesenen Biofilmen in der sinunasalen Schleimhaut höher als in einer Vergleichsgruppe ohne Nachweis von entsprechenden Biofilmen, das postoperative Ergebnis jedoch war in beiden Gruppen identisch [219].

Als Nachweisverfahren für Biofilme wird die konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie mit Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung als „Goldstandard“ angegeben [220]. Dieses Verfahren sollte mit weiteren mikrobiologischen Untersuchungen kombiniert werden. Traditionelle Kulturtechniken für den Erregernachweis und deren Identifizierung ergänzen diese Diagnostik [220]. Biofilme sind somit ein interessanter Ansatz, um die Persistenz von Schimmelpilzen in der chronisch entzündeten Nasennebenhöhlen-Schleimhaut zu erklären. Die klinische Bedeutung von Biofilmen für den Krankheitsverlauf ist derzeit nicht abschließend beurteilbar. Für die klinische Routine ist es in Zukunft wichtig, geeignete Nachweisverfahren zu entwickeln. Für die Analyse von Mykotoxinen im Nasensekret oder im Urin gibt es keine medizinische Indikation.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und nichtinvasiver und invasiver Rhinosinusitis vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

Querverweise:

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM) und Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC). S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. Registernummer 053-012. Stand: 07.04.2017. Gültig bis: 06.04.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/053-012

Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC) und Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM). S2k-Leitlinie Rhinosinusitis. Registernummer 017-049. Stand: 07.04.2017. Gültig bis: 06.04.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/017-049

2.3.1.4 Allergisches Asthma bronchiale

Wie bei der allergischen Rhinitis können vorwiegend Schimmelpilze, die in der Außenluft saisonal in hohen Konzentrationen vorkommen (z. B. meist Alternaria, seltener Cladosporium, Epicoccum, Fusarium) ein saisonales allergisches Asthma bronchiale induzieren, während Schimmelpilze in Innenräumen (Aspergillus, Penicillium) zu einem perennialen allergischen Asthma bronchiale führen können [3] [221]. Olynych et al. (2006) [85] beschreiben, dass Zymosan aus Schimmelpilzen in der Lage ist, Entzündungsreaktionen in den Atemwegen zu verursachen bzw. zu verstärken. Als Ursache wird eine erhöhte Leukotrienproduktion in den Mastzellen beschrieben, die durch Signale über TLR (Toll-like-Rezeptoren) induziert wird. Durch die Freisetzung von Leukotrienen kann die Lungenfunktion beeinflusst bzw. auch eine reversible Bronchokonstriktion, Vasodilatation mit Schleimhautödem induziert werden. Ergebnisse von Vanderborght et al. (2021) [222] zeigten, dass ein Typ 2-high Asthma mit einem spezifischen Innenraummykobiom assoziiert sein kann. Aspergillus versicolor und Cladosporium spherospermum sind als asthmarelevante Indoorspezies detektiert worden. Ein Zusammenhang zwischen feuchten Innenräumen (dampness) und/oder Schimmelpilzen (mould) und der Entstehung von Asthma, insbesondere bei Kindern, kann als gesichert angesehen werden [42] [223] [224] [225] [226] [227] [228] [229] [230] [231]. Weltweit steigende Temperaturen können das Wachstum bekannter allergener Pilze begünstigen. Schimmel in Wohnräumen ist nicht nur im Winter durch die kühleren Temperaturen, sondern auch im Sommer bei entsprechender Feuchtigkeit zu erwarten.

Die als Außenluftschimmelpilze zu bewertende Gattung Alternaria alternata (früher A. tenuis) scheint ein für die Entstehung und den Schweregrad des Asthmas besonders bedeutsamer Schimmelpilz zu sein [232] [233] [234] [235] [236]. Besonders bei hohem Sensibilisierungsgrad und bei Patient*innen mit und ohne gleichzeitige Gräserpollenallergie ließ sich eine zeitliche Beziehung zwischen Asthmasymptomen und Sporenflug zeigen. Von anderen Autor*innen ist die Bedeutung von Cladosporium spp., der saisonal in sehr hohen Konzentrationen in der Außenluft, aber auch bei Innenraumbefall auftritt, für das allergische Asthma betont worden [237] [238] [239] [240] [241] [242]. Bei Patient*innen mit saisonalen asthmatischen Symptomen (Juni bis September) kann eine Alternaria-Sensibilisierung auch ohne gleichzeitige Pollensensibilisierung vorliegen [243].

Das allergische Asthma bronchiale ist häufig mit anderen atopischen Erkrankungen vergesellschaftet (atopische Dermatitis, allergische Rhinokonjunktivitis) [3] [44] [244] [245] [246] [247] [248]. Eine Monosensibilisierung gegen Innenraum-Schimmelpilze ist selten. Klinische Untersuchungen belegen, dass bei Schimmelpilzen häufig polyvalente Sensibilisierungen gegen andere Umweltallergene vorliegen [249]. Man sollte immer berücksichtigen, dass sich unter den für Schimmelpilze optimalen Lebensbedingungen auch andere Mikroorganismen wie Aktinomyzeten und Milben als weitere Allergenquellen gut vermehren, sodass hier Triggerfaktoren vorliegen können. Schimmelpilzallergische Asthmatiker*innen sind bis zu 95 % auch gegen andere Inhalationsallergene sensibilisiert. Schimmelpilzallergene induzieren als schwache Allergene nur selten isolierte Allergien, treten zumeist nur bei Patient*innen mit hohem Sensibilisierungspotenzial auf, und für diesen Sensibilisierungsprozess ist neben der Schimmelpilzexposition in feuchten Wohnungen eine genetische Anlage von Bedeutung [250] [251].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Manifestation, Progression und Exazerbation von allergischem Asthma bronchiale vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

Querverweise:

NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, Version 4.0. Registernummer nvl-002. Stand: 07.09.2020, Gültig bis: 06.09.2025 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/nvl-002

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S2k-Leitlinie Fachärztliche Diagnostik und Therapie von Asthma, Version 3.0. Registernummer 020-009. Stand: 01.03.2023. Gültig bis: 29.02.2028; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-009

Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (GPP). S1-Leitlinie Management von schwierigem und schwerem Asthma bei Kindern und Jugendlichen, Neuanmeldung. Registernummer 026-027. Anmeldedatum: 01.08.2018. Geplante Fertigstellung: 31.05.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/026-027

2.3.1.5 Atopisches Ekzem (atopische Dermatitis, Neurodermitis)

Als Aeroallergene können Schimmelpilzallergene vermutlich Trigger für eine atopische Dermatitis sein [168] [252]. Aus epidemiologischen Studien ergibt sich eine Assoziation zwischen dem (atopischem) Ekzem und Feuchteschäden/Schimmel. Ob diese Assoziation eine immunologisch vermittelte Reaktionsform der Haut auf die Exposition in Innenräumen gegenüber Schimmelpilzen darstellt, ist nicht geklärt [253] [254].

Ein Fallbericht legt nahe, dass eine berufliche Kontakturtikaria und Protein-Kontaktdermatitis mit folgender Ekzementwicklung gegen Penicillium auch im Zusammenhang mit anderen Schimmelpilzexpositionen Ausdruck einer immunologisch vermittelten Dermatitis bei Schimmelpilzsensibilisierung sein kann [255]. Die Sensibilisierung allein rechtfertigt häufig keine Karenz- oder therapeutischen Maßnahmen [256].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine eingeschränkte oder vermutete Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und der Manifestation von atopischem Ekzem (atopischer Dermatitis, Neurodermitis) besteht (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 3.6 Therapie).

Querverweis:

Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V. (DDG). S3-Leitlinie Atopische Dermatitis (AD) [Neurodermitis; atopisches Ekzem], Version 4.2. Registernummer 013-027. Stand: 16.06.2023. Gültig bis: 15.06.2028; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-027

2.3.1.6 Urtikaria

In seltenen Fällen kann der Konsum von mit Schimmelpilzbestandteilen kontaminierten Nahrungsmitteln eine Urtikaria auslösen [245] [246]. Beispiele sind Schimmelpilzbestandteile (wie Enzyme) in Getränken, in Backwaren oder auf getrockneter Wurst/Salami [16] [257] [258]. Eine luftgetragene Exposition als Auslöser einer Urtikaria ist unwahrscheinlich [40] bzw. eine Rarität [259].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Urtikaria vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Querverweis:

Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V. (DDG) und Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI). S3-Leitlinie Klassifikation, Diagnostik und Therapie der Urtikaria. Registernummer 013-028. Stand: 01.02.2022. Gültig bis: 31.01.2025; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-028

2.3.1.7 Exogen-allergische Alveolitis (EAA), Hypersensitivitätspneumonitis (HP)

Eine Assoziation zwischen der exogen-allergischen Alveolitis (EAA; internationales Synonym: hypersensitivity pneumonitis [HP]) bei empfindlichen Personen und dem Vorkommen von Schimmelpilzen ist durch klinische Evidenz dokumentiert [29] [260]. Die EAA ist mit einer Prävalenz von 2–4 Fällen pro 100 000 Einwohner*innen und Jahr eine seltene allergische Erkrankung (Typ III, IV) gegen Inhalationsantigene [261] [262]. Bei dieser Erkrankung spielen Schimmelpilze sowie andere Mikroorganismen aus Innenraumquellen eine große Rolle ([ Tab. 5 ]).

Tab. 5

Beispiele typischer Antigene und Antigenquellen für die exogen-allergische Alveolitis (EAA/Hypersensitivitätspneumonitis (HP)) (mod. nach Costabel et al. 2020 [263]).

Antigen

Antigenquelle

EAA-Typ

Bakterien

Thermophile Aktinomyzeten

schimmeliges Heu und Stroh

Farmerlunge

Zuckerrohrstaub

Bagassose

Klebsiella oxytoca

Luftbefeuchter

Befeuchter-Lunge

Mykobakterien

Mycobacterium avium Complex

Whirlpools

Whirlpool-Lunge (hot tub lung)

Mycobacterium immunogenum

Kühlschmierstoffe

Maschinenarbeiter-Lunge

Pilze

Absidia corymbifera

schimmeliges Heu und Stroh

Farmerlunge

Trichosporon cutaneum

Innenräume

Summer-type-Alveolitis

Penicillium roqueforti

Käseherstellung/industrielle Quellen

Käsewäscher-Lunge

Purpureocillium lilacinum, Aspergillus spp.

Blasinstrumente

Blasinstrument-Alveolitis

Tierische Proteine

Federn und Exkremente

Vögel

Vogelhalter-Lunge

Serum und Urin

Ratten

Rattenprotein-Alveolitis

Pflanzen-Proteine

Nuss-Staub

Tigernüsse

Tigernuss-Alveolitis

Soja-Staub

Sojaprodukte

Soja-Staub-Alveolitis

Holz-Staub

diverse Holzstäube

Holzarbeiter-Alveolitis

Enzyme

Phytase

Tierfutterproduktion

Phytase-Alveolitis

Enzyme von Bacillus subtilis

biologisches Reinigungsmittel

Reinigungsmittel-Lunge

Die Antigene sind in Stäuben und Aerosolen enthalten; mögliche mikrobiell kontaminierte Quellen sind z. B. Vögel, Federn, Heu, Holzstaub, Luftbefeuchter, Klimaanlagen, Zimmerspringbrunnen, Aquarien, Dampfbügelgeräte [264] [265] [266] sowie Blasinstrumente [267]. Die Antigene stammen am häufigsten von Vögeln, Schimmelpilzen und Aktinomyzeten [268]. Bei der EAA sind überwiegend Nichtraucher*innen betroffen. Ein umfassender Antigenkatalog ist von Sennekamp zusammengestellt worden [269].

Die EAA wurde erstmals in den 1930er Jahren bei Landwirten als Farmerlunge beschrieben [270] und tritt auch heute noch häufig am Arbeitsplatz auf [271] [272]. Sie zählt zu den Berufskrankheiten (BK Nr. 4201). Zahlreiche Literaturstellen schildern Fälle und Fallserien mit nicht Arbeitsplatz-bezogenen EAA [146] [273] [274] [275] [276] [277], von denen in den letzten Jahren insbesondere die Bettfedern-Alveolitis häufiger diagnostiziert wird [278]. Bei den Krankheitsbildern dominiert in Mitteleuropa die Vogelhalterlunge [266] [279] [280].

In aktuelleren Diagnosekriterien wird eine Unterscheidung in eine akute und eine chronische Verlaufsform gemacht [281], was bei den deutschen Empfehlungen zur Diagnostik der EAA von der Arbeitsgemeinschaft Exogen-allergische Alveolitis im Jahr 2006 noch nicht der Fall war [279].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und exogen-allergischer Alveolitis (EAA/Hypersensitivitätspneumonitis (HP)) vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

Querverweise:

Quirce S, Vandenplas O, Campo P, Cruz MJ, de Blay F, Koschel D, Moscato G, Pala G, Raulf M, Sastre J, Siracusa A, Tarlo SM, Walusiak-Skorupa J, Cormier Y. Occupational hypersensitivity pneumonitis: an EAACI position paper. Allergy 2016; 71: 765–779. DOI: 10.1111/all.12866

Quirce S, Vandenplas O, Campo P, Cruz MJ, de Blay F, Koschel D, Moscato G, Pala G, Raulf M, Sastre J, Siracusa A, Tarlo SM, Walusiak-Skorupa J, Cormier Y. Berufsbedingte exogen-allergische Alveolitis: ein EAACI-Positionspapier. Allergologie 2018; 41: 449–469. DOI: 10.5414/ALX02042

2.3.1.8 Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)

Die Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) ist die häufigste pulmonale Aspergillose mit bis zu 125 Krankheitsfällen auf 100 000 Einwohner*innen in Deutschland. Etwa 2,5 % aller Asthmapatient*innen und 8 % der Patient*innen mit einer zystischen Fibrose entwickeln im Laufe ihres Lebens eine ABPA [282]. Eine allergische Mykose auf andere Pilze (ABPM) ist wesentlich seltener und es sind eine Vielzahl verschiedener Auslöser beschrieben [283].

Ursache ist eine inhalativ erworbene Besiedlung mit Aspergillus-Sporen, die bei ABPA immer eine Typ-1-Immunreaktion mit stark erhöhtem Gesamt-IgE und erhöhten spezifischen IgE-Antikörpern gegen Aspergillus und seine Komponenten auslöst, häufig auch zusätzlich mit einer Typ-3-Reaktion mit Nachweis spezifischer Aspergillus-IgG-Antikörper [284] [285]. Das Risiko, eine ABPM zu entwickeln, kann mit hohen Pilzkonzentrationen im häuslichen Umfeld steigen [286] [287] [288], andere Autor*innen sehen hier jedoch keinen sicheren Zusammenhang [289].

Klinisch fällt die ABPA mit Husten, Dyspnoe, sich verschlimmerndem Asthma, Hämoptysen und zähem Schleim auf, der zu Mukus-Impaktionen führt. Die Diagnose der ABPA beim Asthma basiert auf den ursprünglich von Rosenberg et al. [290] vorgeschlagenen Kriterien ([Tab. 6 a]), die zuletzt etwas vereinfacht wurden ([Tab. 6 b]) [291].

Tab. 6

Diagnosekriterien der Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA).

a) Diagnosekriterien der Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) nach Rosenberg et al. [290] :

Hauptkriterien:

  1. Asthma bronchiale

  2. positive Sofortreaktion im Hauttest auf Aspergillus fumigatus

  3. Gesamt-IgE > 417 IU/ml

  4. positives spezifisches IgE gegen Aspergillus fumigatus

  5. IgG-Antikörper gegen Aspergillus fumigatus

  6. Blut-Eosinophilie (> 1000 Eos/µl)

  7. zentrale Bronchiektasen

  8. radiologisch flüchtige oder permanente Lungeninfiltrate

Nebenkriterien:

  • zähe Schleimpfropfen (plugs)

  • positive Sputumkultur auf Aspergillus fumigatus

  • Spätreaktion im Intrakutantest auf Aspergillus fumigatus

b) modifizierte ISHAM-Diagnosekriterien der Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) 2021 [291] :

Kriterienkombination mit bester Sensitivität/Spezifität:

  1. Asthma bronchiale

  2. Aspergillus fumigatus-spezifisches IgE > 0,35 kU/l

  3. Gesamt-IgE > 500 IU/ml

und mindestens zwei der folgenden Kriterien:

  1. Aspergillus fumigatus-spezifisches IgG > 27 mgA/dl

  2. Bronchiektasen im CT-Thorax

  3. Eosinophilie im Blutbild > 500/µl

Für die ABPA bei zystischer Fibrose (CF-ABPA) existieren eigene Kriterien [292] [293]. Obligat sind bei allen Kriterien ein Gesamt-IgE > 417 bzw. 500 kU/l und der Nachweis eines Aspergillus-IgE-Antikörpers [290] [291]. IgE-Antikörper gegen die Aspergillus-Komponenten Asp f 1, 2, 4, und 6 können Sensitivität und Spezifität erhöhen [294] [295].

Die Therapie besteht im Wesentlichen aus oralen Steroiden [296]. Daneben kann eine antimykotische Therapie (beste Datenlage für Itraconazol) oder eine Behandlung mit einem Biologikum (Anti-IgE, Anti-IL4/13 oder Anti-IL-5) den Steroidbedarf verringern [282]. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist wichtig, da die ABPA unbehandelt zu einem fortschreitenden fibrotischen Umbau der Lunge führen kann [292] [293] [297] [298].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Allergischer bronchopulmonaler Aspergillose (ABPA) vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.9 Mykosen

Infektionen durch Schimmelpilze aus der Umwelt werden exogene Mykosen genannt ([ Tab. 7 ]). Diagnostik und Behandlung von Mykosen sind nicht Gegenstand dieser Leitlinie, sondern nur die Risikobewertung eines Infektionsrisikos bei Exposition gegenüber Schimmelpilzen in Innenräumen, da Patient*innen mit einem erhöhten Risiko individuell über Konsequenzen und Präventionsmaßnahmen ärztlich zu beraten sind.

Tab. 7

Schimmelpilzmykosen und ihre Erreger [34].

Infektionskrankheit (invasive Mykose)

Erreger (Risikogruppe n. TRBA 460 (2016) [34]

Aspergillosen

A. fumigatus (2)

A. flavus (2)

A. niger (Komplex) (1, 2)

A. terreus (2)

A. nidulans (1)

Mucormykosen

Rhizopus oryzae (2)

Mucor sp. (1)

Rhizomucor (1)

Phaeohyphomykosen

Curvularia sp. (1)

Bipolaris sp. (1)

Alternaria sp. (1)

Hyalohyphomykosen

Fusarium sp. (1, 2)

Pseudallescheria sp. = Scedosporium sp. (2)

Penicilliosen

Talaromyces (früher Penicillium) marneffei (2)

Schimmelpilzinfektionen haben in den letzten Jahren zugenommen [299] [300]. Eine hohe Inzidenz findet sich insbesondere bei hämato-onkologischen Patient*innen mit längerer Neutropeniephase und bei Empfänger*innen einer allogenen Stammzelltransplantation. Aber auch andere Immunsuppressionen, wie eine längere Kortikosteroideinnahme und Lungengerüsterkrankungen (einschließlich narbiger Residualzustände z. B. nach Tuberkulose [301] [302]) sowie die Kombination dieser Faktoren, insbesondere bei der COPD [303] [304], wurden mit einer erhöhten Schimmelpilzinfektionsrate assoziiert. Auch Patient*innen mit akutem Lungenversagen bei Influenza- [305] [306] [307] [308] [309] [310] oder COVID-19-Erkrankung [305] [311] [312] [313] [314] [315] [316] [317] [318] können eine invasive Schimmelpilzinfektion erleiden.

Hämatologische und onkologische Patient*innen werden heute aufgrund der verbesserten Therapiemöglichkeiten häufig länger behandelt. Dies führt oft aber auch zu einem längeren Zeitraum mit erhöhtem Infektionsrisiko inklusive wiederholter Neutropeniephasen. Zudem besteht die Tendenz, Chemotherapien in den ambulanten Bereich und in das private Wohnumfeld zu verlagern [319]. Dies kann zu einer verstärkten Exposition im häuslichen Bereich während und/oder direkt nach einer Chemotherapie führen. Schimmelpilzinfektionen zählen zu den häufigsten Todesursachen durch Infektionserkrankungen bei hämatoonkologischen Patient*innen und nehmen an Bedeutung zu [299]. Wenn Schimmelpilzmykosen bei suszeptiblen Patient*innen entstehen, werden diese meist über die Atemwege akquiriert. Primäre Infektionsherde sind am häufigsten die Lunge, seltener die Nasennebenhöhlen, das Ohr oder die traumatisierte Haut. Vom Atemtrakt ausgehend können die Schimmelpilze hämatogen oder lymphogen streuen und somit andere Organe befallen [17].

Thermotolerante Aspergillus-Arten treten im Innenraum nur selten in erhöhten Konzentrationen auf (evtl. in Blumentöpfen), können jedoch z. B. in der näheren Umgebung von Kompost- oder Abfallbehandlungsanlagen, aber auch bedingt durch andere anthropogene Einflüsse (z. B. landwirtschaftliche Aktivitäten) in den Innenraum eingetragen werden.

Infektionen durch opportunistische Schimmelpilze (mesophile „Umwelt“-Arten) sind in der Literatur vereinzelt beschrieben [320] [321] [322] [323] [324] [325]. In einer aktuellen Auswertung von insgesamt 53 Aspergillose-Ausbrüchen mit 458 betroffenen Patient*innen wurden Aspergillus fumigatus und Aspergillus flavus als häufigste Spezies identifiziert. Über 50 % der betroffenen Patient*innen stammten aus der Hämatologie/Onkologie.

Im Krankenhausbereich erfolgen (nosokomiale) Schimmelpilzinfektionen vor allem durch inhalierte Sporen von Aspergillus und Mucor durch kontaminiertes Material, Baumaßnahmen oder Topfpflanzen. Nosokomiale Infektionen sind definiert durch die Diagnose einer Infektion > 48 Stunden nach der stationären Aufnahme. Meist erfolgt die Immunsuppression erst später nach einer mehrtägigen Chemotherapie. Die Inhalation der Sporen kann hingegen schon früher und auch vor der stationären Aufnahme erfolgen. So können Sporen auf der Schleimhaut (z. B. der Nasennebenhöhle) persistieren und erst bei Immunsuppression eine Infektion verursachen. So ist es wahrscheinlich zu erklären, dass auch bei maximaler Isolation und z. B. HEPA-Luftfilterung Infektionen auftreten. Auch außerhalb des Krankenhauses können Schimmelpilzinfektionen auftreten, wie Fallberichte belegen [326] [327] [328] [329] [330]. Chen et al. [327] konnten in ihren Untersuchungen in Taiwan zu pulmonalen Schimmelpilzinfektionen eine Zunahme ambulant erworbener (community-acquired) Schimmelpilzinfektionen beobachten. Der Zusammenhang mit Baustellen und Abrissarbeiten und einer dadurch verursachten Erhöhung der Schimmelpilzsporenbelastung der Außen- und (sekundär) auch Innenraumluft gilt als gesichert [331].

Bei allen Berichten zu Schimmelpilzinfektionen muss berücksichtigt werden, dass nicht eindeutig ersichtlich ist, ob diese Infektionen außerhalb des Krankenhauses in Innenräumen und/oder außerhalb von Innenräumen erworben wurden.

Kernbotschaft 7, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen (Mykosen).

Kernbotschaft 22, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Invasive Schimmelpilz-Infektionen sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA 460 [34] eingestuften Schimmelpilzen die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigstem Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit allgemeiner starker oder sehr starker Immunschwäche (gemäß KRINKO Grad 2 und 3 [30]). Bei entsprechender Disposition soll dieses Risiko besonders beachtet werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Mykosen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.9.1 Invasive Aspergillosen

Invasive Aspergillus-Infektionen sind eine bedeutende Ursache für Morbidität und Mortalität bei Patient*innen mit Immunsuppression oder -defizienz [332] [333]. Es liegen keine ausreichenden Daten zur Inzidenz der Aspergillose in Deutschland vor, weltweit wird die Inzidenz auf 300 000 Infektionen pro Jahr geschätzt [334]. Es ist eine Erkrankung mit hoher Letalität (Fallsterblichkeit 30–90 % je nach Patient*innenpopulation und Ausbreitung der Infektion) [335] [336].

Zu den mittelschwer bis sehr schwer immunsupprimierten Patient*innengruppen zählen insbesondere hämatologische Patient*innen nach Stammzelltransplantation oder intensiver Chemotherapie. Für diese Patient*innen gelten neben allgemeinen Empfehlungen der Krankenhaushygiene besondere Maßnahmen zur Prävention von invasiven Schimmelpilzinfektionen, wie bspw. die Vermeidung von Gartenarbeit, bestimmten sporenbelasteten Lebensmitteln oder der bedingte Einsatz von HEPA-Filtern in Patient*innenzimmern [30].

Sie sollten regelmäßig auf Zeichen einer invasiven Schimmelpilzinfektion untersucht werden. Weiterhin gelten Empfehlungen zur medikamentösen antimykotischen Prophylaxe bei bestimmten Patient*innenkollektiven [337].

Für Diagnostik und Management der (angio-)invasiven bronchopulmonalen Aspergillose (IPA) wird auf die derzeit in Bearbeitung befindliche gemeinsame Leitlinie der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (DMyKG) und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft (PEG) sowie die Leitlinien zur Diagnostik und Therapie „Invasiver Pilzinfektionen“ nach den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Infektionen der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie verwiesen.

Kernbotschaft 22, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Invasive Schimmelpilz-Infektionen sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA 460 [34] eingestuften Schimmelpilzen die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigstem Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit allgemeiner starker oder sehr starker Immunschwäche (gemäß KRINKO Grad 2 und 3 [30]). Bei entsprechender Disposition soll dieses Risiko besonders beachtet werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und invasiven Aspergillosen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

Querverweise:

Ruhnke M, Behre G, Buchheidt D, Christopeit M, Hamprecht A, Heinz W, Heussel C-P, Horger M, Kurzai O, Karthaus M, Löffler J, Maschmeyer G, Penack O, Rieger C, Rickerts V, Ritter J, Schmidt-Hieber M, Schuelper N, Schwartz S, Ullmann A, Vehreschild JJ, von Lilienfeld-Toal M, Weber M, Wolf H-H. Diagnosis of invasive fungal diseases in haematology and oncology: 2018 update of the recommendations of the Infectious Diseases Working Party of the German Society of Hematology and Medical Oncology (AGIHO). Mycoses 2018; 61(11): 796–813. DOI: 10.1111/myc.12838

Ruhnke M, Cornely OA, Schmidt-Hieber M, Alakel N, Boell B, Buchheidt D, Christopeit M, Hasenkamp J, Heinz WJ, Hentrich M, Karthaus M, Koldehoff M, Maschmeyer G, Panse J, Penack O, Schleicher J, Teschner D, Ullmann AJ, Vehreschild M, von Lilienfeld-Toal M, Weissinger F, Schwartz S. Treatment of invasive fungal diseases in cancer patients – Revised 2019 – Recommendations of the Infectious Diseases Working Party (AGIHO) of the German Society of Hematology and Oncology (DGHO). Mycoses 2020; 63(7): 653–682. DOI: 10.1111/myc.13082

2.3.1.9.2 Aspergillom und andere chronische pulmonale Aspergillosen

Das Aspergillom (Myzetom, Pilztumor) ist eine lokalisierte Form der chronischen pulmonalen Aspergillosen (CPA). Es entsteht meist in präformierten Höhlen (Sinus, Lunge) durch eine Ansammlung von Schimmelpilzmyzelien und bildet eine typische kugelige Struktur. Prädisponierende Faktoren sind u. a. Kavernen nach Tuberkulose, Bronchiektasen und malignen Erkrankungen [338].

Während das Aspergillom die klassische, meist singulär auftretende Manifestation beschreibt, beinhaltet das weitaus häufigere Krankheitsbild der chronisch-kavitären pulmonalen Aspergillose (CCPA) solche Läsionen in einer oder mehreren Lungenabschnitten mit mehr als drei Monate bestehender Atemwegs- und/oder systemischer Symptomatik.

Die Entität der chronisch-fibrosierenden pulmonalen Aspergillose (CFPA) beschreibt eine fibrotische Veränderung in mindestens zwei Lungenabschnitten, welche zu einer messbaren Lungenfunktionsverminderung führt.

Aspergillome, CCPA und CFPA treten im Gegensatz zur invasiven Aspergillose meist bei immunkompetenten oder lediglich leicht immunsupprimierten Menschen auf.

Eine bildgebende Diagnostik mittels CT-Thorax ist die wichtigste Untersuchungsmethode zur Detektion und Differenzierung pulmonaler Aspergillosen. Bei klassischem Erscheinungsbild mit einem Pilzball in präformierter Höhle ist laut ERS-Leitlinie von 2016 lediglich der Nachweis erhöhter Aspergillus-spezifischer IgG-Antikörper zur Diagnosesicherung erforderlich [339] [340]. Auf die Problematik eines geeigneten Cut-off-Werts hierfür wird in einer aktuellen Publikation des CPAnet hingewiesen [341]. Ergänzend kann der direkte Nachweis von Aspergillus fumigatus oder seiner Bestandteile in Sputum, Bronchialsekret/BAL oder Biopsiematerial mittels Kultur oder PCR zur Diagnosesicherung erforderlich sein.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Aspergillom und anderen chronischen pulmonalen Aspergillosen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.10 Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS)

Das Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) ist eine grippeähnliche akute systemische Erkrankung, die durch Inhalation hoher Konzentrationen von Bioaerosolen, wie sie fast ausschließlich arbeitsplatzbezogen vorkommen, ausgelöst wird. Sie kann von der exogen-allergischen Alveolitis (EAA) manchmal nur schwer diagnostisch abgegrenzt werden [17] [264] [342]. Lokale und systemische Reaktionen sind möglich, wobei das ODTS regelrecht eine Dosisabhängigkeit erkennen lässt. Eine Entscheidungshilfe in der Differenzialdiagnose EAA vs. ODTS findet sich in [ Tab. 8 ].

Tab. 8

Differenzialdiagnostische Abgrenzung von exogen-allergischer Alveolitis (EAA) und Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) [3].

Merkmale

EAA

ODTS

Exposition

verschiedene Allergene

Endotoxine, hohe Exposition

Inzidenz

2–30/10.000

10–100/10.000

Latenz

4–8 Std.

4–12 Std.

Auskultation

endexspiratorische Rasselgeräusche bds. basal

normal, ggf. Rasselgeräusche

Lungenfunktion

Restriktion (selten Obstruktion, DLCO erniedrigt

normal (evtl. Restriktion)

Präzipitine

oft spezifisches IgG

meist negativ

ODTS-Symptomatiken wurden bei sehr hohen Bioaerosol-Expositionen beschrieben. Bei Einwirkung hoher Staubmengen mit extremer Sporenbelastung (> 109 Sporen/m3, evtl. bei Aspergillus fumigatus weniger) [343] kann es zu Asthma und einer Pneumonitis [344] kommen, die in der Symptomatik der exogen-allergischen Alveolitis ähnelt. Bei fortbestehender Exposition können granulomatöse Vernarbungen und Lungenfibrosen entstehen [343] [345]. Die genaue Ursache der toxisch-irritativen Wirkungen ist im Einzelnen nicht bekannt [3] [21].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.11 Lungenbluten, pulmonale Hämorrhagie, akute idiopathische pulmonale Hämosiderose

Die akute idiopathische pulmonale Hämosiderose (AIPH) ist ein sehr seltenes Krankheitsbild, dessen Ätiologie nicht bekannt ist [346].

Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre postulierten Berichte von Einzelfällen [347] [348] [349] sowie eines Clusters von 10 Kindern in Cleveland [350] einen möglichen Zusammenhang zwischen akuter pulmonaler Hämorrhagie bei Kindern und der Exposition gegenüber Schimmel. Einzelne Luft- und Staubanalysen in Wohnungen von Kindern mit pulmonaler Hämorrhagie konnten diesen Zusammenhang nicht belastbar belegen [351] [352] und es traten erste Zweifel an einem möglichen Zusammenhang zwischen akuter pulmonaler Hämorrhagie bei Kindern und der Exposition gegenüber Schimmel auf [353].

Im Jahr 2000 veröffentlichten die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) [354] eine Stellungnahme, die besagt, dass kein Zusammenhang zwischen akuter pulmonaler Hämorrhagie bei Neugeborenen und der Exposition gegenüber Schimmel nachweisbar ist. Zuvor wurde in einem Cluster ein Zusammenhang zwischen pulmonaler Hämorrhagie und der Exposition gegenüber Schimmelpilzen im Innenraum durch die Beschreibung eines Clusters bei 30 Neugeborenen in Cleveland [350] [355] postuliert. Allerdings wiesen diese Untersuchungen etliche methodische Fehler hinsichtlich der Erfassung, der Analyse und der Auswertung der Daten auf [356].

Ein weiteres Cluster von pulmonaler Hämorrhagie bei vier Neugeborenen wurde 2004 von den CDC beschrieben [357]. Obwohl die Neugeborenen gegenüber verschiedenen Umweltfaktoren wie u. a. auch Schimmelpilzen exponiert waren, sehen die CDC aufgrund der fehlenden Vergleichspopulation auch hier keinen direkten kausalen Zusammenhang zur Entstehung der pulmonalen Hämorrhagie.

Dennoch wird in Übersichtsarbeiten ein solcher Zusammenhang weiterhin postuliert [358] [359].

Die WHO hat in ihrem Report „Dampness and Mould“ [15] Publikationen bis einschließlich 2007 berücksichtigt. Sie weist dabei auf das in Cleveland beschriebene Cluster hin und zitiert das Institute of Medicine (IOM) [29], welches keinen Zusammenhang zwischen akuter idiopathischer pulmonaler Hämorrhagie und der Exposition gegenüber Stachybotrys chartarum sieht. Eine systematische Literaturrecherche zu neueren Veröffentlichungen bei NLM PubMed mit den Begriffen “pulmonary hemorrhage or pulmonary siderosis and dampness indoor or mold indoor or mould indoor” ergibt, dass zwischen 2008 und 2023 keine weiteren Publikationen zu diesem Themenbereich erschienen sind.

Übersichtsarbeiten finden ebenfalls keine eindeutigen Kausalzusammenhänge mit Schimmelexpositionen [90] [360] [361] [362] [363] [364] [365] [366].

In den Online-Informationen für die Öffentlichkeit weisen die CDC weiterhin auf die fehlende Kausalität hin [367].

Die Hinweise aus den beiden vorgenannten Berichten könnten Grundlage für weitere systematische prospektive Studien zu dieser Fragestellung sein. Von den CDC wurde dazu eine Falldefinition bereitgestellt [128] [368].

Für die idiopathische Hämosiderose wurde in einer Kohortenstudie kein Zusammenhang mit Umweltfaktoren gefunden, es wird eine autoimmunologische Genese in Zusammenhang mit einer genetischen Prädisposition vermutet [369] [370].

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht gerechtfertigt, zwischen pulmonalen Hämorrhagien und dem Vorhandensein von Schimmelpilzen im Innenraum einen kausalen Bezug herzustellen [356]. Nichtsdestoweniger kann eine gewisse Assoziation nicht ausgeschlossen werden [371] [372]. Bei Kindern mit AIPH wird empfohlen, anamnestisch nach Feuchtigkeit/Schimmel zu fragen [96] [128].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Lungenbluten/pulmonaler Hämorrhagie/akuter Idiopathischer Pulmonaler Hämosiderose vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

2.3.1.12 Infektanfälligkeit

Viele Studien haben konsistente Zusammenhänge zwischen offensichtlicher Feuchtigkeit oder Schimmel in Innenräumen und Auswirkungen auf die Gesundheit der Atemwege oder allergischer Erkrankungen gezeigt [42] [106] [107]. Fisk et al. [107] schätzen, dass in den USA 8–20 % der Infekte des Atemtraktes mit Schimmelpilzen bzw. Feuchtigkeit in Innenräumen assoziiert sind. Der Zusammenhang besteht auch nach Kontrolle von unabhängigen Einflussgrößen.

Penicillium sp., Cladosporium sp., Zygomyceten und Alternaria sp. erweisen sich dabei als am engsten mit dem Auftreten dieser Erkrankungen verbunden.

Der Mechanismus für diesen Zusammenhang scheint nicht-allergischer Natur zu sein.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Infektanfälligkeit vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.13 Bronchitis

Akute Bronchitis ist eine klinische Diagnose, die durch Husten aufgrund einer akuten Entzündung der großen Atemwege ohne Anzeichen einer Lungenentzündung gekennzeichnet ist [373].

Chronische Bronchitis wird durch Überproduktion und Hypersekretion von Schleim der Becherzellen verursacht, was zu einer zunehmenden Verminderung des Luftstroms durch luminale Obstruktion kleiner Atemwege, epithelialen Umbau und Veränderung der Atemwegsoberflächenspannung führt, die zum Atemwegskollaps prädisponiert. Die Häufigkeit bei Erwachsenen wird zwischen 3,4 und 22,0 % angegeben. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [374].

In einer quantitativen Metaanalyse konnte ermittelt werden, dass Wohnfeuchtigkeit und Schimmel mit einem erheblichen und statistisch signifikanten Anstieg von Bronchitis verbunden waren [106]. Nachfolgende Studien zeigten ebenfalls, dass Feuchte/Schimmel im Innenraum mit Bronchitis (akut, chronisch) assoziiert war [88] [121] [127] [135] [144] [146].

Die Aspergillus-Bronchitis ist eine diskrete klinische Entität bei Patient*innen, die nicht signifikant immungeschwächt sind, mit struktureller Lungenerkrankung wie z. B. Bronchiektasen [375] oder zystischer Fibrose (Mukoviszidose) [376]. Diese Art von Bronchitis unterscheidet sich von der asymptomatischen Pilzbesiedlung und anderen Formen der Aspergillose und kann auf eine antimykotische Therapie ansprechen [375].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Bronchitis vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.14 Chronisch Obstruktive Atemwegserkrankung (COPD)

Die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) beschreibt eine nicht reversible Einschränkung des Atemflusses bei gleichzeitig chronisch-inflammatorischer Reaktion des Bronchialsystems. Pathophysiologisch führt die chronische Inflammation zu einem Verlust des Flimmerepithels und zur vermehrten Schleimproduktion, welche in der Folge zu einer Erhöhung des Residualvolumens und einer erniedrigten FEV1 als Ausdruck einer Obstruktion führt [377]. Die Veränderungen betreffen sowohl das Lungengerüst in Form der Alveolarwände als auch die pulmonale Gasaustauschfläche (Kapillarsystem) und führen zu einer Erweiterung der distal gelegenen Lufträume im Sinne eines Lungenemphysems.

Die COPD gilt als eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Ätiologisch spielen vor allem exogene Faktoren wie jegliche Formen des inhalativen Rauchens sowie rezidivierende bronchopulmonale Infekte, Luftverschmutzung bzw. Feinstaubbelastung und die (berufliche) Exposition zu organischen und anorganischen Stäuben eine Rolle. Eine untergeordnete Rolle spielen angeborene und endogene Erkrankungen (z. B. Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, Kartagener-Syndrom) [377].

Schimmelpilze spielen in der Pathogenese der COPD und der Ursache einer akut exazerbierten COPD (aeCOPD) bisher scheinbar eine untergeordnete Rolle, allerdings wird einerseits ein Mangel an systematischer Erforschung dieser Assoziation beklagt, andererseits wurde bei Patient*innen mit aeCOPD eine deutlich höhere Rate an Schimmelpilz-Kolonisation im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung festgestellt [117] [378] [379].

Eine häusliche Schimmelpilzexposition wird mit häufigeren Exazerbationen und schlechterem Outcome einer COPD assoziiert [380]. Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung einer Schimmelpilzexposition sind hier von besonderer Bedeutung [144] [381]. Die Entstehung einer chronisch pulmonalen Aspergillose (CPA) auf dem Boden einer COPD tritt gehäuft auf [382]. Weitere Studien zum Einfluss häuslicher Schimmelpilzexposition auf die Erkrankungsschwere und -entwicklung der COPD werden gefordert.

Auf die spezifische Diagnostik und Therapie soll hier nicht eingegangen werden, es wird auf die Leitlinien der Fachgesellschaften verwiesen [383] [384] [385].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eingeschränkte oder vermutete Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung (COPD) vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

Querverweise:

NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie COPD, Version 2.0. Registernummer nvl-003. Stand: 25.06.2021. Gültig bis: 24.06.2026 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/nvl-003

2.3.1.15 Asthma-COPD Overlap Syndrome (ACOS)

Das Asthma-COPD-Overlap-Syndrom (ACOS) ist eine Lungenerkrankung, die sowohl Merkmale eines Asthma bronchiale als auch einer COPD aufweist. Sie gehört zu den sogenannten Überlappungssyndromen [386] [387].

Es gibt offenbar neben einem umweltbezogenen Zusammenhang (Luftverschmutzung, Ozon und Feinstaub PM2,5) einen starken Einfluss des Rauchens, insbesondere bei Patient*innen, die als Jugendliche an Asthma bronchiale oder allergischer Rhinokonjunktivitis erkrankten und anschließend mit dem Rauchen begannen [386] [387].

Insofern könnte ätiologisch eine Exposition gegenüber Feuchteschäden mit Schimmelbefall und in Folge eine Inflammation der Atemwege [388] die Entstehung bzw. Exazerbation eines Asthma bzw. einer Rhinokonjunktivitis und bei gleichzeitigem Rauchen vor allem in jungen Jahren die Entwicklung eines ACOS begünstigen. In einer finnischen Fallkontrollstudie [120] konnte gezeigt werden, dass das Risiko für ein ACOS signifikant besonders mit Schimmelgeruch am Arbeitsplatz verbunden war, aber nicht mit anderen Feuchtigkeitsindikatoren.

Das ACOS-Risiko hing allerdings nicht mit einer Schimmelexposition zu Hause zusammen, was einen Zusammenhang nicht ausschließt, da die Exposition am Arbeitsplatz vermutlich höher ist und zeitlich länger, wenn man annimmt, dass Schäden mit starkem Schimmelgeruch zu Hause vermutlich schneller beseitigt werden. Allerdings fielen in dieser Studie nur 25 Personen in die Kategorie „ACOS“, sodass die Aussage auf einer kleinen Fallzahl beruht.

Da die Pathophysiologie des Syndroms nicht genau geklärt ist und keine weiteren epidemiologischen Daten vorliegen, ist ein möglicher Zusammenhang nicht bewiesen, aber als sehr plausible Hypothese einzuordnen.

Kritisch sei angemerkt, dass Asthma-COPD Overlap und „Asthma und COPD“ nur Begrifflichkeiten sind, die bei Patient*innen mit persistierender Atemwegsobstruktion angewandt werden, und zwar in Verbindung mit klinischen Manifestationen, die sowohl mit Asthma als auch mit COPD kompatibel sind. Es handelt sich nicht um die Definition einer eigenständigen Krankheitsentität, sondern nur um eine Beschreibung für klinische Zwecke, unter der verschiedene klinische Phänotypen subsummiert werden, die unterschiedlichen Mechanismen unterliegen [389].

2.3.1.16 Pneumonie

Sowohl Kinder, die bei Geburt verschiedene Feuchte-/Schimmelindikatoren (Schimmel, Wasserkondensation an der Fensterscheibe, Schimmelgeruch) zu Hause hatten, als auch Kinder, die in ihrem aktuellen Wohnraum Feuchte und Schimmel ausgesetzt waren, zeigten in einer Studie von Norbäck et al. (2018) [390] ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen. In einer weiteren Studie waren verschiedene Feuchte-/Schimmel-Indikatoren (sichtbare Schimmelflecken, Feuchteflecken, Wasserschaden, Wasserkondensation, feuchte Kleidung, feuchtes Bettzeug, Schimmelgeruch) mit Lungenentzündungen bei Kindern assoziiert, wobei die Inzidenz der Pneumonie mit der Anzahl der Feuchtindikatoren anstieg [391].

Pilzinfektionen der Lunge können bei Patient*innen mit kompromittiertem Abwehrsystem auftreten, deren häufigste Erreger Aspergillus, Mucor, Fusarium und Candida spp. sind [392]. Sie treten auch bei kritisch kranken Patient*innen mit COVID-19-, Influenza- und Community-acquired Pneumonie auf [393]. Häufigster Erreger bei Patient*innen mit COVID-19 ist nach einem Literaturreview von Lai und Yu (2021) [394] Aspergillus fumigatus gefolgt von Aspergillus flavus. Aspergillus fumigatus wird nicht nur im Krankenhaus (nosokomial) erworben, sondern vermutlich auch von den Patent*innen mitgebracht, am ehesten aus der häuslichen Umgebung [313].

Aspergillus-Pneumonien können extrem selten auch bei immunkompetenten Personen auftreten [395].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Pneumonien vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

Querverweise:

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S3-Leitlinie Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie, Version 4.0. Registernummer 020-020. Stand: 24.04.2021. Gültig bis: 23.04.2025; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-020

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V. (DGPI) und Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (GPP). S2k-Leitlinie Management der ambulant erworbenen Pneumonie bei Kindern und Jugendlichen (pCAP), Version 1.0. Registernummer 048-013. Stand: 31.03.2017. Gültig bis: 30.03.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/048-013

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S3-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie, Version 2.0. Registernummer 020-013. Stand: 11.0.9.2017. Gültig bis: 10.09.2022 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-013

2.3.1.17 Irritative Wirkungen – Mucous Membrane Irritation (MMI)

Neben diversen Umweltfaktoren werden Feuchtigkeit [396], Schimmelpilze [397] [398] [399] und MVOC [400] mit einer als „Mucous Membrane Irritation“ (MMI)[1] bezeichneten Schleimhautreizung und der chronischen Bronchitis assoziiert [401]. Die pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen Expositionen gegenüber diesen Umweltfaktoren und MMI oder chronischer Bronchitis sind bisher nicht geklärt, dem Schleimhautepithel und den lokalen Neuronen wird jedoch eine Schlüsselrolle bei der MMI zugeschrieben [402]. Einer Studie aus Dänemark zufolge scheint die Langzeitexposition in feuchten Innenräumen zu einer Hyperreagibilität der Schleimhäute im nasalen Provokationstest mit Histamin zu führen, die auch nach einer Sanierung noch persistierte [403].

Die Häufigkeit von Schleimhautreizungen bei beruflich oder umweltbedingt gegenüber Bioaerosolen Exponierten wird mit etwa 20–30 % und mehr angegeben [404] [405] [406]. Verlässliche Angaben über die Häufigkeit dieser nicht-allergischen, irritativen, entzündlichen Wirkungen liegen generell und speziell für Schimmelexpositionen im Innenraum bisher nicht vor.

Zu den möglichen irritativen Symptomen im Rahmen der MMI zählen unspezifische Reizungen der Schleimhäute der Augen (z. B. Brennen, Tränen, Jucken), der Nase (Niesreiz, Sekretion und Obstruktion der Nasenhaupthöhlen) und des Rachens (z. B. Trockenheitsgefühl, Räuspern). Darüber hinaus können irritative entzündliche Prozesse in den tieferen Atemwegen (z. B. Husten) sich als chronische Bronchitis manifestieren [401]. Symptome während der Exposition wie Husten, Brennen oder Jucken der Augen und der Nase sowie auch Hautreizungen lassen schnell nach, wenn die Exposition unterbrochen wird. Differenzialdiagnostisch sind allergische Symptome abzugrenzen, die anders als Reizreaktionen bei wiederholter und längerer Exposition in der Regel durch die Sensibilisierung zunehmen [407]. Die irritativ-toxischen Wirkungen von Schimmelpilzen sind möglicherweise auf Stoffwechselprodukte und/oder Zellwandbestandteile (Glukane) sowie als Reaktion auf die Freisetzung von Interleukinen oder anderen Entzündungsmediatoren zurückzuführen [86]. Es wird vermutet, dass neben Sporen vor allem Hyphen-/Zellfragmente pro-inflammatorisch wirken [115] [142]. Dabei könnten synergistische Wirkungen verschiedener Mykotoxine und/oder von Mykotoxinen mit anderen mikrobiologischen Agentien (z. B. Glukane, Endotoxine von Bakterien) für die Wirkung verantwortlich sein [78] [80] [388] [408] [409] [410]. Allerdings besteht kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem Gesamtentzündungspotenzial (TIP) und dem zytotoxischen Potenzial einer Pilzspezies [411].

Patient*innen mit atopischer Diathese werden auf diese irritativen Reizwirkungen verstärkt reagieren, da durch Zellwandkomponenten und Enzyme, z. B. über Pseudoallergenrezeptoren, Mastzellen unspezifisch aktiviert werden können. In der für Atopiker*innen allergenrelevanten Zeit ist das Schleimhautepithel geschädigt. Dieses setzt Alarmine (TSLP, IL-33, IL-25) frei, die eine Typ-2-Immunantwort induzieren. Im Ergebnis werden Basophile und Mastzellen aktiviert und die Entzündung exazerbiert weiter. Die Störung der Epithelbarriere kann Entwicklungen von Inhalationsallergien befördern [222].

Kernbotschaft 6, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine eingeschränkte oder vermutete Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und irritativen Wirkungen/Mucous Membrane Irritation (MMI) vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Es stehen keine validen Diagnosemethoden zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.18 Sarkoidose

Die Sarkoidose ist eine Multiorganerkrankung mit bevorzugtem Befall der Lunge. Wesentliches Merkmal ist die Granulombildung, die grundsätzlich hinweisend auf eine Infektion oder Fremdkörperreaktion ist [412].

Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass mikrobielle Zellwandbestandteile und bakterielle Lipopolysaccharide für die Sarkoidose ursächlich sind [413] [414] [415]. Bei der Untersuchung eines Sarkoidose-Clusters in einem Gebäude mit Wasserschaden wurde vermutet, dass thermophile Aktinomyzeten und nicht-tuberkulöse Mykobakterien eine Rolle gespielt haben [147].

Kasuistisch wurde das Auftreten von bakteriellen oder fungalen Infektionen bei Sarkoidose wiederholt beschrieben, teilweise wurden DNA oder Proteine von mikrobiellen Organismen in Geweben von Sarkoidose-Patient*innen gefunden [416] [417] [418] [419]. Mehrere kleinere und größere Fallserien zeigten eine vermehrte Prävalenz der Sarkoidose in Berufen, die teilweise mit einer erhöhten inhalativen Exposition gegenüber Feuerlösch-Emissionen, Metall- und Feuchtarbeit oder Räumen mit Wasserschäden einhergehen [420] [421] [422] [423]. Zentrales Problem dieser Beobachtungen ist, dass bei Personen mit inhalativ potenziell schädigenden Expositionen im Vergleich zu nicht-exponierten Personen häufiger Röntgenuntersuchungen des Thorax angefertigt werden, sodass die Wahrscheinlichkeit, allein aufgrund der häufigeren Diagnostik eine Sarkoidose als Zufallsbefund ohne kausale Beziehung zur inhalativen Noxe zu finden, erhöht ist. Schließlich liegen mehrere Interventionsstudien vor, die die Wirksamkeit einer antibiotischen (Übersicht bei [413]) oder antifungalen [424] Therapie nachweisen. Adäquate Kontrollgruppen fehlen in beiden Publikationen. In welchem Ausmaß die anscheinend günstigen Befunde auf begleitende immunsuppressive Effekte von Antibiotika zurückzuführen sind und nicht auf deren spezifisch antimikrobiotische Wirkung, bleibt unklar. Neben genetischen Faktoren und bestimmten immunologischen Voraussetzungen scheinen bei der Pathogenese der Sarkoidose auch etliche Umweltfaktoren eine Rolle zu spielen [425] [426] [427] [428].

Zusammengefasst liegen nur unsichere Hinweise dafür vor, dass unterschiedliche inhalative mikrobielle Expositionen einschließlich Feuchteschäden das Risiko für die Entstehung von Sarkoidose erhöhen können, ein kausaler Zusammenhang zwischen Schimmelpilzexposition und Sarkoidose konnte bisher nicht nachgewiesen werden [165] [429] [430].

Es erscheint durchaus sinnvoll, in künftigen Studien zur Ätiologie der Sarkoidose anamnestisch im häuslichen und beruflichen Umfeld des Patienten/der Patientin nach inhalativen – einschließlich infektiologischen – Faktoren und Feuchteschäden zu fragen [146] [422] [431] [432] [433] [434] [435]. Auch können sie differenzialdiagnostisch eine Rolle spielen [277]. Beim momentanen Stand des Wissens liegen jedoch keine hinreichenden Daten vor, um die Entstehung oder Verschlimmerung einer Sarkoidose kausal auf Feuchteschäden oder auf die Wirkung von Schimmelpilzen zu beziehen.

Bei Sarkoidose ist über das übliche Prozedere hinaus keine andere auf Schimmelpilze bezogene Diagnostik angezeigt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine eingeschränkte oder vermutete Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Sarkoidose vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Valide Diagnosemethoden stehen zur Verfügung (vgl. Kapitel 3 Diagnostik).

Therapeutische Verfahren stehen eingeschränkt zur Verfügung (vgl. Kapitel 4 Therapie).

2.3.1.19 Rheumatoide Arthritis, rheumatische Beschwerden

Seit Jahren werden als Triggerfaktor für viele entzündliche rheumatische Erkrankungen auch Infektionen (Bakterien, Viren) diskutiert. Es gibt Hinweise von einer Arbeitsgruppe auf einen Zusammenhang zwischen Feuchteschäden und rheumatischen Beschwerden [136] [436] [437] [438] [439]. Das Auftreten eines Clusters in einem Gebäude wurde mit den vorhandenen Feuchteschäden und der „abnormen“ mikrobiologischen Exposition erklärt [438].

Solange jedoch keine Studien aus anderen Zentren (und anderen Ländern) vorliegen, kann nicht von einer belastbaren Evidenzlage ausgegangen werden. Die epidemiologische Datenlage ist unzureichend, deshalb können keine Aussagen zum Vorkommen und zu möglichen Zusammenhängen zwischen Schimmelexposition und/oder Feuchtigkeit im Innenraum und rheumatischen Erkrankungen getroffen werden. In einem kollageninduzierten Arthritis-Modell erhöhten Ochratoxin A (OTA) oder Deoxynivalenol (DON) die Prävalenz und den klinischen Schweregrad von rheumatoider Arthritis im Vergleich zu nicht-exponierten Mäusen [440]. Ob diese Daten auch auf eine inhalative Exposition übertragen werden können, ist unklar.

Bei rheumatischen Beschwerden ist über das übliche rheumatologische Prozedere (interdisziplinäre Leitlinie, Management der frühen rheumatoiden Arthritis) hinaus keine andere auf Schimmelpilze bezogene Diagnostik angezeigt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und rheumatoider Arthritis und rheumatischen Beschwerden vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Querverweis:

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh). S3-Leitlinie Management der frühen rheumatoiden Arthritis, Version 3.0. Registernummer 060-002. Stand: 18.12.2019; Gültig bis: 17.12.2024; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-002

2.3.1.20 Autoimmunerkrankungen

Eine Untersuchung zeigte bei sechs Patient*innen, die gegenüber Schimmel im Innenraum, Mykotoxinen und Wasserschäden exponiert waren, erhöhte Werte antimitochondrialer Antikörper (AMA), was die Autoren als mögliche Mitochondrienschädigung und Autoimmuntriggerung interpretieren [441].

Ein Review zur Bedeutung von Schimmel/Mykotoxin-Exposition bei Personen mit vorhandenen Dysfunktionen des Immunsystems kommt zu dem Schluss, dass bzgl. der Beurteilung eines möglichen Zusammenhangs weitere Forschung notwendig ist [442].

Auf dieser Basis kann ein Zusammenhang zwischen Feuchte/Schimmelbefall im Innenraum und Autoimmunerkrankungen nicht abgeleitet werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Autoimmunerkrankungen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

2.3.1.21 Mykotoxikosen

Systemische Effekte (Vergiftungen) durch die von den Schimmelpilzen produzierten Mykotoxine werden Mykotoxikosen genannt und sind vor allem bei oraler Aufnahme über Nahrungsmittel bekannt [268] [443] [444].

Inhalative Expositionen mit Mykotoxinen sind sowohl im Arbeits- als auch im Wohnumfeld möglich [445] [446].

Bei sehr hohen inhalativen oder dermalen Expositionen, wie sie am Arbeitsplatz ohne ausreichende Schutzmaßnahmen vorkommen können [447], sind Vergiftungen durch Mykotoxine beschrieben [130] [448].

Über luftübertragene Intoxikationen durch Mykotoxine im Innenraum liegt hingegen bisher kein gesichertes Wissen vor [449] [450]. Es besteht weiterer Klärungsbedarf, ob die in der Innenraumluft entstehenden Mykotoxinkonzentrationen systemisch toxikologisch relevant sind. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen scheint dies in der Regel nicht der Fall zu sein [90] [451] [452] [453] [454]. In Einzelfällen extremer Feuchteschäden mit massiver Schimmelpilzbelastung hoher Exposition kann es vermutlich auch in Innenräumen zu Vergiftungssymptomen kommen [184] [356] [455] [456] [457] [458] [459] [460].

Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass Portal-of-Entry-Effekte wie zytotoxische, inflammatorische Wirkungen an den Atemwegen kausal auf Mykotoxine allein zurückzuführen sind, da eine Exposition in feuchten und schimmelbelasteten Innenräumen immer auch eine komplexe Exposition gegenüber anderen irritativen, zytotoxischen und immunogenen Komponenten des Bioaerosols beinhaltet [141] [461] [462] [463]. Hypothetische immunmodulierende Effekte von Mykotoxinen [464] bedürfen der Überprüfung.

Ein Monitoring inhalativer Mykotoxin-Exposition ist zurzeit nicht ausreichend sicher möglich [452] [465].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Mykotoxikosen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

2.3.1.22 Geruchswirkungen

Die menschliche Nase ist in der Lage, extrem geringe Konzentrationen von Stoffen, die unser olfaktorisches System stimulieren können, zu riechen. Innenraumnutzer*innen in feuchten Gebäuden klagen oft über eine unerklärliche Geruchswahrnehmung bis hin zu einer Geruchsbelästigung, was diverse Studien basierend auf Fragebogenerhebungen zeigen [29] [133] [227] [466] [467].

Zu relevanten geruchlichen Wahrnehmungen kann es durch Stoffwechselprodukte des Primär- und Sekundärstoffwechsels von Schimmelpilzen kommen [468].

Das sollte Anlass sein, bauphysikalisch der Ursachensuche für Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum nachzugehen [469]. Mit dem Begriff MVOC (Microbial Volatile Organic Compounds) werden flüchtige organische Verbindungen bezeichnet, welche von Schimmelpilzen und Bakterien gebildet werden. Im Stoffwechsel von Schimmelpilzen und Bakterien entstehen zahlreiche flüchtige Metabolite, die als OVOC (Odour Active Volatile Organic Compounds) für den „Schimmel-Geruch“ verantwortlich sind. Einige Substanzen haben durchaus angenehme Geruchsnoten, so riecht 1-Octen-3-ol typisch nach Pilzen, 2-Heptanon fruchtartig, das Terpen Geosmin erdig. Zusammen ergeben diese Stoffe einen modrig-muffigen, typisch schimmeligen Geruchseindruck. Dieser wird als störend empfunden und oft mit „Verderb“ und „Unsauberkeit“ assoziiert. Bisweilen wird von den Betroffenen befürchtet, dass von den Geruchsstoffen selbst eine toxische Gesundheitsgefährdung ausgeht. Viele MVOC besitzen osmophore Gruppen (Carbonyl-, S-, N- oder OH-Gruppen) und haben sehr niedrige Geruchsschwellen [468] [470] [471] [472].

Es muss berücksichtigt werden, dass für viele sogenannte MVOC neben mikrobiellen auch andere Quellen existieren (Tabakrauch, Kochen, Backen, Braten, Topfpflanzenerde, Komposteimer, etc.) [473] [474] [475] [476] [477].

Ungeklärt ist bisher, ob von sogenannten MVOC in den in Innenräumen vorkommenden Konzentrationen im unteren µg/m3-Bereich biologische Signalwirkungen ausgehen [478] [479]. Olfaktorisch-psychische Kopplungsreaktionen mit unspezifischen Beschwerden sind bei entsprechenden kakosmischen Auffälligkeiten möglich, toxische Reaktionen sind hingegen unwahrscheinlich [480] [481].

Gerüche in der Umwelt können sich in verschiedener Weise auf die Gesundheit und das Befinden auswirken. Eine Geruchsbelästigung umfasst die folgenden drei Komponenten:

  1. eine emotionale Komponente (z. B. Gefühl der Verärgerung),

  2. eine Interferenzkomponente (z. B. Behinderung von Entspannung) und

  3. eine somatische Komponente (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen) [482].

Zu unterscheiden sind direkte physiologische Wirkungen, die Wahrnehmung eines Geruchs, die Geruchsbelästigung als Wirkung des Geruchs auf emotionaler Ebene, und indirekte physiologische Wirkungen als Folge der Geruchsbelästigung und des damit verbundenen chronischen Stresses. In der Realität der umweltmedizinischen Bewertung sind die gesundheitlichen Auswirkungen der Gerüche über die zuvor genannten Mechanismen oft nicht klar zu trennen.

Die charakteristische Wirkung von unangenehmen Gerüchen ist die Belästigung. Als gesundheitliche Folge sind Befindlichkeitsstörungen möglich, die aber nicht über toxikologische Mechanismen, sondern über Konditionierung, Attribution (Zuschreibung von Zusammenhängen) oder Stress vermittelt werden [483]. Befindlichkeitsstörungen können als Vorläufer somatischer Funktionsstörungen aufgefasst werden. Typische Symptome bei erheblichen unangenehmen Geruchsbelästigungen können Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Übelkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit sein [484].

Die Geruchswahrnehmung und kognitive Bewertung und damit auch die Empfindlichkeit gegenüber Gerüchen weisen große interindividuelle Unterschiede auf. Dabei spielen genetische Faktoren, Alter, Geschlecht und hormonelle Einflüsse, Prägung, Rauchverhalten, Kontext sowie Adaptations-, Habitations- und Sensibilisierungseffekte eine Rolle [484] [485].

Kernbotschaft 6, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine eingeschränkte oder vermutete Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Geruchswirkungen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Querverweis:

Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC). S2k-Leitlinie Riech- und Schmeckstörungen, Version 5.0. Registernummer 017-050. Stand: 01.05.2023. Gültig bis: 30.04.2028; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/017-050

2.3.1.23 Umweltmedizinische Syndrome

Syndrome sind in der Medizin weit verbreitet. Zur Krankheit gehört zusätzlich zum Syndrom die klare und unzweideutige Feststellung der Ursache [486] [487]. Unter einem Syndrom (griechisch: σúγδϛoμoϛ = Zusammenlaufen) versteht man eine bestimmte Konstellation von Symptomen (oder Anomalien) eines Krankheitsbildes,

  1. deren Ursache(n) aktuell oder generell unbekannt sein kann/können,

  2. die verschiedene Ursachen haben können,

  3. die von anderen Symptomkonstellationen nicht oder nicht sicher abgrenzbar sind oder

  4. die eher selten sind [486] [487].

Zu den umweltmedizinischen Syndromen werden vor allem das Sick-Building-Syndrom (SBS) und die (das) Multiple Chemical Sensitivity (Syndrom) (MCS) sowie bisweilen auch das Chronic-Fatigue-Syndrom (CFS) gezählt [488].

Sick-Building-Syndrom (SBS)

In zahlreichen Publikationen, überwiegend epidemiologischer Studien, wird ein möglicher Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition und SBS (synonym verwendet: Building Related (Health) Symptoms; defnitionsgemäß nicht korrekt synonym verwendet: Building Related Illness[2]) thematisiert [166] [361] [459] [489] [490] [491] [492] [493] [494] [495] [496] [497] [498] [499] [500] [501] [502] [503] [504] [505] [506] [507] [508] [509] [510] [511] [512] [513] [514] [515] [516] [517] [518] [519] [520] [521] [522] [523] [524] [525] [526] [527] [528] [529] [530] [531] [532] [533] [534] [535] [536] [537] [538] [539] [540] [541] [542] [543] [544], sogar mit einem Prä-SBS [545].

Allerdings werden als mögliche Ursachen von SBS eine Vielzahl von physikalischen, chemischen, biologischen, psychosozialen und personengebundenen Einflussfaktoren diskutiert, ohne dass bisher eine eindeutige Ätiologie ermittelt werden konnte. Daher geht man von einem multifaktoriellen Geschehen aus, bei dem das gleichzeitige Auftreten verschiedener Einflüsse und damit veränderlicher Kombinationswirkungen zur Ausbildung des Syndroms führt [546] [547].

Multiple Chemical Sensitivity (Syndrome) (MCS)/Idiopathic Environmental Intolerance (IEI)

In einigen Studien wird ein möglicher Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelbefall im Innenraum und MCS diskutiert [118] [167] [459] [520] [548] [549] [550] [551] [552] [553] [554] [555] [556]. Vereinzelt wird auch von einem Dampness and Mold Hypersensitivity Syndrom [552] [557] oder Toxic Mold Syndrome [459] [558] gesprochen; letztes nicht ohne Widerspruch [456].

Allerdings ist MCS ein eindrückliches Beispiel für die komplexen, oft sehr individuellen und subjektiven Wechselbeziehungen zwischen Körper, Psyche und Umwelt [559] [560]. Trotz fehlender oder geringer somatischer Befunde ist der Leidensdruck der Patient*innen häufig so groß, dass eine Bewältigung des Alltagslebens kaum noch möglich ist. In der Folge entstehen soziale und finanzielle Einbußen sowie hohe direkte und indirekte Gesundheitskosten. Die jahrelange dualistische Debatte, ob MCS nun „körperlich“ oder „psychisch“ sei, hat viele Betroffene verunsichert, Zeit und Ressourcen für Ursachensuchen und Therapieversuche verschlungen, aber keine zufriedenstellende Verbesserung der Situation von MCS-Patient*innen gebracht. Von der „Schulmedizin“ fühlen sie sich häufig weggeschickt, Arzt/Ärztin-Patient*in-Beziehungen werden regelmäßig als schwierig erlebt. Betroffene wenden sich daher nicht selten alternativmedizinischen, wissenschaftlich nicht validierten Erklärungsmodellen und Behandlungsmethoden zu, die zwar subjektiv entlasten, die Beschwerden und die Teilhabe aber selten verbessern und unter Umständen mit gefährlichen Nebenwirkungen und hohen Kosten behaftet sind. Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei MCS bisher nicht um ein klar definierbares Krankheitsbild, sondern wahrscheinlich um eine spezielle, im Einzelfall besonders belastende Manifestation einer funktionellen Erkrankung [559] [560]. Besonders der fehlende Kausalzusammenhang zwischen Exposition und Beschwerden, der chronische Verlauf sowie die Komorbiditäten weisen auf eine generelle, nicht zwingend substanzgebundene Hypersensitivität hin. Deren Wirkmechanismen, strukturelle und funktionelle Korrelate bedürfen allerdings einer weiteren wissenschaftlichen Untermauerung, auch in Bezug auf ihre therapeutische Modifizierbarkeit. Ein Verständnis von MCS als dysfunktionalem Teufelskreis aus negativen Erfahrungen und Bewertungen, aus psychophysiologischer Anspannung und Hyperreagibilität bietet sowohl den Patient*innen selbst als auch ihren behandelnden Ärzt*innen ein nachvollziehbares psychoneurobehaviorales Modell. Zudem impliziert es eine zumindest potenzielle Reversibilität und eröffnet konkrete Handlungsoptionen, wie die Überprüfung und Relativierung von Bedrohungserwartungen, Aufmerksamkeitsfokussierung und Vermeidungsverhalten [559] [560].

Chronic Fatigue Syndrome (CFS)

Im Gegensatz zu den zuvor besprochenen Syndromen thematisieren nur wenige Studien einen möglichen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und CFS [561] [562] [563].

Auch hier ist zu berücksichtigen, das beim CFS ätiologisch von einer multifaktoriellen Genese mit biologischen, sozialen und psychischen Faktoren ausgegangen wird [564]. Zudem hat das Committee on the Diagnostic Criteria for Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome, Board on the Health of Select Populations, Institute of Medicine zum Thema Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome eine 304 Seiten umfassende Stellungnahme abgegeben [565], in der Begriffe wie Schimmel, Mykotoxine oder MVOC nicht erwähnt werden.

Bisher ist für die umweltmedizinischen Syndrome SBS, MCS und CFS ein ätiologischer Zusammenhang mit Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen nicht ausreichend belegt [186].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ausreichend Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheitsbildern besteht, die definitionsgemäß korrekt der BRI (Building Related Illness) zugeordnet werden können, wenn ein klarer expositionsbezogener Zusammenhang besteht [566]. Hierzu zählen bedingt die in [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen unter „Ausreichende Evidenz für eine Assoziation“ aufgeführten Erkrankungen.

Eine inadäquate oder unzureichende Evidenz liegt hingegen für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und den umweltmedizinischen Syndromen SBS, MCS und CFS vor (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Neu geprägte Begriffe, wie Biotoxicosis und Mould and Dampness Hypersensitivity Syndrome (MDHS) [543] [557] oder Volatoxine [455], suggerieren eine nosologische Spezifität eines pathophysiologischen Zusammenhangs, für den es bislang keine Evidenz gibt.

2.3.1.24 Befindlichkeitsstörungen, unspezifische Symptome

Unter Befindlichkeitsstörungen versteht man „Verschlechterungen des psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens sowie des Gefühls der subjektiven Leistungsfähigkeit. Sie sind als emotionaler Erlebnisinhalt abzugrenzen von Belästigungsreaktionen, die eine kognitive Bewertung spezifischer Umweltreize beinhalten“ [567] [568]. Befindlichkeitsstörungen spielen eine maßgebliche Rolle bei umweltassoziierten Gesundheitsstörungen im Allgemeinen sowie bei Innenraum-assoziierten Gesundheitsstörungen im Speziellen [483]. Zur Erklärung von Wirkmechanismen solcher umweltassoziierter Befindlichkeitsstörungen werden die folgenden drei Modelle herangezogen [567] [568]:

  • Modell der Noxe:
    Physiologische Beziehung zwischen Umweltfaktor und Reaktion des Menschen zum Beispiel durch eine psychotrope Substanz.

  • Modell der Attribution:
    Ein gesundheitlicher Zustand wird einem Umweltfaktor nach kognitivem Beurteilungsprozess zugeschrieben.

  • Stressmodell:
    Ein Umweltfaktor wird bewusst wahrgenommen und als unangenehm, schädlich oder bedrohlich erlebt. Stressreaktionen können sich als körperliche Funktionsstörungen, Befindlichkeitsveränderungen und Leistungsbeeinträchtigungen bemerkbar machen.

Befindlichkeitsveränderungen können Angst, Depression, Störungen von Konzentration und Gedächtnisleistungen, psychophysiologische Aktivierungsreaktionen von Blutdruck und Hormonkonzentrationen sowie vegetative Beschwerden wie Kopfschmerzen und Erschöpfung umfassen.

Die Auslösung von umweltassoziierten Befindlichkeitsstörungen durch Feuchteschäden und Schimmel ist grundsätzlich möglich, beispielsweise durch die visuelle, kognitive und/oder geruchsbedingte Wahrnehmung eines möglichen Schimmelbefalls (vgl. Kapitel 2.3.1.16 Geruchswirkungen) [483].

Kernbotschaft 6, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Schimmelexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine eingeschränkte oder vermutete Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Befindlichkeitsstörungen und unspezifischen Symptomen vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Querverweis:

Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e. V. (DGPM) und Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin e. V. (DKPM). S3-Leitlinie Funktionelle Körperbeschwerden, Version 2.0. Registernummer 051-001. Stand: 18.07.2018. Gültig bis: 17.07.2023 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/051-001

2.3.1.25 Neuropsychologische, neurotoxische Effekte

Während für mikrobielle Toxine mit aquatischem Ursprung (Dinoflagellaten, Cyanobakterien) neurotoxische Effekte bei inhalativer Exposition dokumentiert sind [569] [570] [571], liegen für neurotoxische Schimmelpilztoxine hierzu keine systematischen und keine epidemiologischen Untersuchungen mit inhalativer Exposition vor.

Verschiedentlich wurden die Exposition gegenüber toxinbildenden Schimmelpilzen („toxic mould“) im Innenraum mit neurotoxischen Wirkungen in Verbindung gebracht und kognitive und emotionale Probleme ursächlich auf Mykotoxine („black toxic mould syndrome“) zurückgeführt [118] [561] [572] [573] [574] [575] [576] [577] [578] [579] [580] sowie toxinausleitende Therapien propagiert. Diese Arbeiten sind wegen methodischer Schwächen zu kritisieren [578] [581] [582]. Neuere epidemiologische Studien fanden Assoziationen zwischen Exposition gegenüber Feuchtigkeit und Schimmel und Schlafstörungen und Hyperaktivität (ADHS) bei Kindern [83] [583] [584] [585] [586]. Auch für Depression [587], kognitive Entwicklung [588] [589] wird ein solcher Zusammenhänge berichtet. Eine kausale Zuordnung zu Mykotoxinen ist unsicher, da das Aufwachsen unter schlechten Wohn- und Lebensverhältnissen als Stressor an sich diese Effekte erklären könnte [590] [591] [592] [593]. Als spekulativ sind Zusammenhänge mit entwicklungsneurologischen Störungen wie Autismus [579] und Alzheimer [594] anzusehen [595]. Aus der Fachliteratur kann kein konsistenter Zusammenhang abgeleitet werden, dass durch die in Innenräumen vorkommenden Toxinkonzentrationen neurotoxische Wirkungen verursacht werden [93] [166] [456] [459] [596]. Die Evidenz für eine Assoziation ist als unzureichend einzustufen [578], ein Zusammenhang jedoch grundsätzlich nicht auszuschließen [597].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und neuropsychologischen und neurotoxischen Effekten vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

2.3.1.26 Gastrointestinale Erkrankungen, renale Erkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Endokrinopathien, Reproduktionsstörungen, Teratogenität, plötzlicher Kindstod, Krebs

Vereinzelt werden in (nicht-wissenschaftlichen) Veröffentlichungen und Internet-Foren Hypothesen über Zusammenhänge zwischen Schimmelpilzen und zahlreichen weiteren unterschiedlichen Krankheitsbildern postuliert [167] [563] [598] [599], mit der Folge verunsicherter Patient*innen, die sich im Internet „informiert“ haben. Auch werden Schimmelpilze mit „Darmpilzen“ (kommensale Besiedlung mit Candida albicans) fälschlicherweise mitunter gleichgesetzt.

Bisher liegen hierzu keine systematischen Untersuchungen oder Fallbeschreibungen vor, die einen Zusammenhang zwischen Feuchteschäden oder Schimmel in Innenräumen und gastrointestinalen oder renalen Erkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Endokrinopathien, Reproduktionsstörungen, Teratogenität, plötzlichem Kindstod oder Krebserkrankungen belegen oder vermuten lassen (vgl. hierzu [40] [128] [600]). Ausgenommen sind seltene invasive gastrointestinale Pilzinfektionen bei immunkompromittierten Patient*innen [601].

Über einen Zusammenhang zwischen plötzlichem Kindstod (SIDS) und Tabakrauch sowie Feuchteschäden mit Schimmelexposition wurde bereits vor 20 Jahren im Zusammenhang mit den Todesfällen der sogenannten „Cleveland babies“ (s. o. Kapitel 2.3.1.11 Lungenbluten, pulmonale Hämorrhagie, akute idiopathische pulmonale Hämosiderose) spekuliert [359] [602]. Seitdem sind allerdings zu dem Themenkomplex Schimmelpilzexposition und SIDS keine neueren Arbeiten erschienen, die einen ursächlichen Zusammenhang mit einer Mykotoxinexposition belegen lassen. Drei Risikofaktoren scheinen für ein SIDS zu prädisponieren: ein exogener Stressor (z. B. Schlafen in Bauchlage, Rauchexposition, Luftschadstoffe wie CO und NOx), eine kritische Entwicklungsphase (normalerweise Alter von 2–4 Monaten) und eine zugrunde liegende Anfälligkeit, wie z. B. eine genetische Disposition [603] [604]. Bis heute ist es nicht möglich, Säuglinge mit einem SIDS-Risiko vorherzusagen.

Auch für Endokrinopathien werden Zusammenhänge mit unterschiedlichen Umweltfaktoren vermutet [605] [606]. Umweltfaktoren sind als Ursache für einige Erkrankungen beispielsweise für nahrungsbedingte – in der Regel sehr hohe – Mykotoxinexposition plausibel (vgl. z. B. [605] [607] [608]). Vereinzelt wird in Publikationen (z. B. [609]) auch über Exposition bei Feuchteschäden mit Schimmelbefall entsprechend spekuliert, wie beispielsweise über eine durch Schimmelpilztoxine bzw. -antikörper vermutete Schädigung der Hypophyse mit Wachstumsstörungen, Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes. Für die Hypothese, dass die Exposition gegenüber Schimmelpilzen und Mykotoxinen („Toxic Mould“) an der Entstehung systemischer Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Diabetes mellitus und Endokrinopathien (z. B. Schilddrüsenerkrankungen, Hypophysenunterfunktion) ursächlich beteiligt sind, gibt es derzeit keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege [610], da die meisten Studien keine Aussagekraft zum Nachweis von Expositions-/Krankheitsassoziationen hatten und methodische Schwächen aufweisen, beispielsweise nicht prospektiv oder langfristig waren, nicht im Säuglingsalter begannen, ungenaue oder keine Expositionsschätzungen hatten, unklare Expositionen aufwiesen und genetische Anfälligkeit nicht berücksichtigten.

Es ist eine ärztliche Aufgabe, in all solchen Fällen zu versachlichen.

Kernbotschaft 8, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Ärzt*innen sollen in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchte/Schimmelschäden in Innenräumen und Erkrankungen, für die es keine Evidenz in Bezug auf einen solchen Zusammenhang gibt (z. B. akuter idiopathischer pulmonaler Hämorrhagie bei Kindern, Arthritis, Autoimmunerkrankungen, chronischem Müdigkeitssyndrom (CFS), Endokrinopathien, gastrointestinalen Effekten, Krebserkrankungen, luftgetragenen Mykotoxikosen, multipler chemischer Sensitivität (MCS), Multipler Sklerose, neuropsychologischen Effekten, neurotoxischen Effekten, plötzlichem Kindstod, renalen Effekten, Reproduktionsstörungen, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen, Sick-Building-Syndrom (SBS), Teratogenität und Urtikaria), Betroffene sachlich über den Stand des Wissens informieren.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bisher eine inadäquate oder unzureichende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und gastrointestinalen oder renalen Erkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Endokrinopathien, Reproduktionsstörungen, Teratogenität, plötzlichem Kindstod und Krebs vorliegt (vgl. [ Tab. 4 ] in Kapitel 2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen).

Querverweis:

Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e. V. (DGSM). S1-Leitlinie Prävention des plötzlichen Säuglingstods, Version 3.0. Registernummer 063-002. Stand: 06.11.2022. Gültig bis: 05.11.2027 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/063-002


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2.4 Risikoanalyse und -bewertung

2.4.1 Infektionsrisiko

Das Infektionsrisiko von den in Innenräumen regelmäßig vorkommenden Schimmelpilzarten ist für gesunde Personen gering, die meisten Arten sind in die Risikogruppe 1 und wenige in 2 (Aspergillus fumigatus, A. flavus) der Biostoffverordnung eingestuft [34].

Für berufliche Tätigkeiten (Umgang) mit Schimmelpilzen gilt die aktuelle Biostoffverordnung, nach der die Infektionsrisiken von biologischen Arbeitsstoffen in vier Risikogruppen eingeteilt werden [611], wobei sich die Schimmelpilze auf die Risikogruppen 1 und 2 verteilen:

Risikogruppe 1: Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen.

Risikogruppe 2: Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung des Stoffs in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.

Risikogruppe 3: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.

Risikogruppe 4: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich (Risikogruppe 4 beinhaltet keine Pilze).

Schimmelpilzmykosen sind opportunistische Infektionen. Sie setzen eine verminderte Abwehrlage bei exponierten Personen voraus. Thermotolerante Schimmelpilzarten der Risikogruppe 2 (z. B. Aspergillus fumigatus, A. terreus, A. niger, A. flavus, Emericella nidulans oder mesophile Fusarium sp.) der „TRBA 460: Einstufung von Schimmelpilzen in Risikogruppen“ [34] der Biostoffverordnung [611] verursachen nur selten Infektionen bei gesunden, immunkompetenten Personen, können aber invasive Mykosen bei Menschen auslösen, deren Immunsystem aufgrund von Erkrankungen oder anderer Umstände inkompetent ist [612].

Zu einer vergleichbaren Bewertung kommt die WHO in ihrer aktuellen „WHO fungal priority pathogens list for guide research, developement and public health action“ [613].

Nach der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut [30] können immunsupprimierte Personen in drei Risikogruppen eingeteilt werden ([ Tab. 9 ]).

Tab. 9

Risikogruppen der Immunsuppression der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut [30].

Risikogruppe 1 (mittelschwere Immunsuppression/-defizienz)

  • Granulozytopenie < 0,5 × 109/L; (< 500/µL) voraussichtlich bis zu 10 Tage (analog Leukopenie < 1 × 109/L; < 1000/µL),

  • autologe Stammzelltransplantation bis 3 Monate nach Tag 0
    (Tag der Stammzellrückgabe)

  • Mangel an CD4-positiven T-Helfer Zellen < 200/µL
    (Cave: altersentsprechende Normwerte bei Kindern)

  • autologe Stammzelltransplantation bis 3 Monate nach intensiver Therapiephase

Patient*innen, die mehr als 1 Merkmal der unter Risikogruppe 1 aufgeführten Immunsuppression/-defizienz aufweisen, kommen in Risikogruppe 2.

Risikogruppe 2 (schwere Immunsuppression/-defizienz)

  • Granulozytopenie < 0,5 × 109/L (< 500/μL) über mehr als 10 Tage
    (analog Leukopenie < 1 × 109/L; < 1000/μL)

  • schwere aplastische Anämie oder Makrophagen-Aktivierungssyndrom während einer intensiven immunsuppressiven Therapie

  • allogene Knochenmark- oder Stammzelltransplantation bis 6 Monate nach Abschluss der intensiven Therapiephase
    (wichtig: Ausmaß der GVHD und der anhaltenden iatrogenen Immunsuppression)

  • akute stationäre Behandlungsphase bei autologer Stammzelltransplantation oder nach Transplantation solider Organe (bis zur Entlassung)

Risikogruppe 3 (sehr schwere Immunsuppression/-defizienz)

  • allogene KMT/PBSCT in intensiver Therapiephase
    (bis zum Engraftment = Regeneration der Granulopoese)

  • schwere GVHD Grad III oder IV unter intensiver Immunsuppression

Die Entscheidung über die Zuordnung zu Gruppe 3 bei Patient*innen nach allogener Stammzell-transplantation wird letztlich in Zusammenschau aller Befunde von den behandelnden Hämato-Onkologen getroffen.

GVHD = Graft-versus-Host-Disease = Graft-versus-Host-Reaktion; KMT = Knochenmarktransplantation; PBSCT = periphere Blutstammzelltransplantation

Besonders gefährdet sind (Aufzählung mit abnehmendem Risiko) Patient*innen mit Tumorerkrankung, v. a. mit hämato-onkologischer Grunderkrankung (z. B. Leukämie, Lymphom), akuter myeloischer Leukämie (AML), akuter lymphatischer Leukämie (ALL), allogener Stammzelltransplantation, autologer Stammzelltransplantation, solider Organtransplantation, HIV-Infektion, sonstiger Immunsuppression (z. B. längerdauernde hochdosierte Therapie mit Glukokortikoiden), aplastischer Anämie, zystischer Fibrose u. v. a. [288] [289] [299] [614] [615] [616]. Die akute myeloische Leukämie (AML) ist mit der höchsten Inzidenz an invasiven Schimmelpilzinfektionen (etwa 12 %) und den meisten Schimmelpilzinfektionen (etwa 8 %) vergesellschaftet. Diese wird gefolgt von der akuten lymphatischen Leukämie (etwa 4 %). Bei den Prozeduren ist die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (alloSZT) mit einer sehr hohen Inzidenz an Schimmelpilzinfektionen assoziiert [299].

Darüber hinaus sind kritische Patient*innen auf Intensivstation gefährdet v. a. durch Aspergillus-Infektion [617] [618] [619] [620].

Auch Patient*innen mit Influenza [305] [306] [307] [308] [309] [310] und Patient*innen mit COVID-19 [305] [311] [312] [313] [314] [315] [316] [317] [318] haben ein erhöhtes Risiko, an Pilzinfektionen zu erkranken.

Gleiches gilt auch für andere schwer verlaufende respiratorische Virusinfektionen [621] [622].

Aufgrund des stetigen Anstiegs des Anteils immunsupprimierter Personen an der Bevölkerung und des immer längeren Überlebens dieser Betroffenen kann zurzeit nicht ausgeschlossen werden, dass Schimmelpilzinfektionen ein zunehmender Risikofaktor für die Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppe werden können [30].

Ein numerisches Risiko kann auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes nicht abgeleitet werden. [ Abb. 4 ] zeigt eine semiquantitative Risikobewertung zur Infektionsgefährdung durch Schimmelpilze in Innenräumen.

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Abb. 4 Infektionsrisiko durch Schimmelpilze (Je dunkler ein Kästchen ist, desto größer ist das mögliche gesundheitliche Risiko.). https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

Querverweise:

Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). S1-Leitlinie Akute myeloische Leukämie – AML – im Kindes- und Jugendalter, Version 2.0. Registernummer 025-031. Stand: 25.03.2019. Gültig bis: 24.03.2024; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/025-031

Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). S1-Leitlinie Akute lymphoblastische Leukämie – ALL – im Kindesalter, Version 7.0. Registernummer 025-014. Stand: 31.05.2021. Gültig bis: 30.05.2026; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/025-014

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO). S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patienten mit einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL), Version 1.0. Registernummer 018-032OL. Stand: 31.03.2018. Gültig bis: 30.03.2023 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/018-032OL

Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin e. V. (DGIIN), Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI), Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP), Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI). S3-Leitlinie Empfehlungen zur Therapie von Patienten mit COVID-19 – Living Guideline, Version 8.1. Registernummer 113-001LG. Stand: 12.09.2022. Gültig bis: 11.09.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/113-001LG

Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (GPP), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ). S3-Leitlinie Lungenerkrankung bei Mukoviszidose: Pseudomonas aeruginosa, Version 2.0. Registernummer 026-022. Stand: 27.09.2022. Gültig bis: 26.09.2027: Leitlinien-Manuskript zur Begutachtung eingereicht, Revision noch nicht abgeschlossen; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/026-022


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2.4.2 Sensibilisierungs-/Allergierisiko

Prinzipiell besteht auch bei Gesunden die Möglichkeit der Sensibilisierung und der Auslösung einer klinisch symptomatischen Allergie nach Einatmung von Sporen und anderen Schimmelpilzbestandteilen (z. B. Myzel). Das sensibilisierende Potenzial von Schimmelpilzen ist im Vergleich zu anderen Umweltallergenen, wie etwa Allergenen von felltragenden Haustieren, Gräser- und Baumpollen oder Hausstaubmilben (ca. 15–30 % [623] [624]), als deutlich geringer einzuschätzen [136] [625] [626] [627]. Sowohl bevölkerungs- als auch patient*innenbezogene Studien zeigen europaweit eine vergleichsweise geringe Sensibilisierungsprävalenz von 3–22,5 % [31] [32] [628], die je nach Schimmelpilzgattung sehr unterschiedlich ist und ein Nord-Süd-Gefälle zeigt (niedrige Sensibilisierungsprävalenz in Finnland, relativ hohe in Griechenland) [32].

Kernbotschaft 11, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Grundsätzlich sind bei entsprechender Exposition sehr viele Schimmelpilzarten geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potenzial aber insgesamt als geringer einzuschätzen [31] [32].

Es wird allgemein davon ausgegangen, dass es über eine Million Schimmelpilzarten gibt. Bisher wurden ca. 350 Schimmelpilzarten als potenziell sensibilisierend unter www.allergome.org gelistet. Wie hoch der Anteil der sensibilisierenden Schimmelpilzarten insgesamt ist, kann aus dieser Angabe allerdings nicht geschlussfolgert werden. Die WHO/IUIS-Kriterien zur Klassifizierung eines Allergens erfüllen aktuell 107 Schimmelpilzproteine aus 43 Schimmelpilzarten (www.allergen.org). Nur wenige Schimmelpilze sind als Testallergenlösungen verfügbar und typische Innenraumpilzallergenextrakte fehlen weitgehend [629] [630].

Aus allergologischer Sicht ist nach einer Sensibilisierung eines Patienten/einer Patientin gegenüber Schimmelpilzen grundsätzlich eine Dosisabhängigkeit der Exposition (gemessen als KBE) nicht allein ausschlaggebend für die klinische Reaktion. Die Sensibilisierung mit der Bildung von spezifischen IgE-Antikörpern und die Auslösung von allergischen Reaktionen erfolgt auf der Ebene von Proteinen bzw. Peptidkomponenten. Damit ist es nicht erforderlich, dass ganze Sporen oder unversehrtes Schimmelpilzmyzel vorliegen. Vielmehr ist die Allergenität von den Proteinen oder Peptiden und auch von der Suszeptibilität der exponierten Person abhängig, sodass aus einem Antigen ein Allergen wird und eine Sensibilisierung bzw. bei wiederholtem Kontakt eine Allergie ausgelöst werden kann; denn ein Antigen wird erst zum Allergen, wenn das Antigen mit dem Immunsystem eines Menschen reagiert, das mit einer IgE-Reaktion antwortet.[3]

Bei Personen mit Atopie, Rhinokonjunktivitis, Rhinosinusitis stellt eine Exposition in feuchten Innenräumen einen Risikofaktor für die Ausbildung von Asthma bronchiale dar. Bei einer mit Schimmelpilzexposition assoziierten Rhinosinusitis verdoppelt sich das Risiko für die Ausbildung eines Asthma bronchiale (OR: 2,2; KI: 1,3–3,6) [631]. Kleinkinder mit einer Atopie scheinen ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines Asthma bronchiale bei Feuchteschäden oder Schimmelpilzvorkommen im Schlaf- oder Wohnzimmer zu haben [227].

Ein numerisches Risiko kann auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes nicht abgeleitet werden. [ Abb. 5 ] zeigt eine semiquantitative Risikobewertung zum Sensibilisierungs-/Allergierisiko durch Schimmelpilze in Innenräumen.

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Abb. 5 Sensibilisierungs-/Allergierisiko durch Schimmelpilze. (Je dunkler die Frabe ist, desto größer ist das mögliche gesundheitliche Risiko.). * = Nachweis der klinischen Relevanz einer im Allergietest festgestellten Sensibilisierung erforderlich! https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

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2.4.3 Risiko irritativer Wirkungen

Schleimhautirritationen der Augen und oberen Atemwege sind in diversen Publikationen beschrieben (vgl. Kapitel 2.3.1.17 Irritative Wirkungen – Mucous Membrane Irritation (MMI). Gleiches gilt auch für chronische Bronchitis (vgl. Kapitel 2.3.1.13 Bronchitis).

Bisher ist unklar, ob von MMI oder von chronischer Bronchitis Betroffene besonders empfindliche Personen sind, die bei geringerer Dosis reagieren, oder sensibilisierte Personen sind, die dosisunabhängig anders reagieren als nicht sensibilisierte Individuen [402].

Mögliche prädisponierende Faktoren für MMI und chronische Bronchitis können andere entzündliche Prozesse im Bereich der Schleimhäute der Augen und des Respirationstraktes, wie z. B. Infektionen, atopische Schleimhauterkrankungen, Keratokonjunktivitis sicca und trockene Nasenschleimhäute, sein [3].


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2.4.4 Risiko toxischer Wirkungen

Nur Schimmelpilze, die potenziell in der Lage sind, Toxine zu bilden, kommen als Auslöser toxischer Wirkungen in Betracht. Ob im Einzelfall eine Toxinbildung im Innenraum stattfindet, entscheiden die Umgebungs- und Wachstumsbedingungen und hier vor allem das Substrat [128] [453].

Beim Menschen sind keine prädisponierenden Faktoren für toxische Reaktionen durch Mykotoxine bekannt. Prädispositionen sind aber auf Wirkorganebene vorstellbar. So ist beispielsweise denkbar, dass eine vorgeschädigte Leber (z. B. chronische Hepatitis, Leberzirrhose) eine Prädisposition für hepatotoxische Aflatoxinwirkungen nach oraler Aufnahme dieses Toxins sein kann. Ob dies auch für die aerogene Toxinaufnahme gilt, ist nach wie vor nicht geklärt [3] [184].

Ein numerisches Risiko kann auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes nicht abgeleitet werden [93].


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2.4.5 Risiko von Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen

Von Geruchswirkungen und/oder Befindlichkeitsstörungen kann bei Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum grundsätzlich jeder betroffen sein. Hierbei handelt es sich um eine Belästigung, nicht um eine Gesundheitsgefährdung.

Prädisponierende Faktoren für Geruchswirkungen können genetische Faktoren, Alter, Geschlecht und hormonelle Einflüsse, Prägung, Rauchen, Kontext sowie Adaptations-, Habituations- und Sensibilisierungseffekte sein [484] [485].

Prädisponierende Faktoren für Befindlichkeitsstörungen können Umweltbesorgnisse, -ängste, -konditionierungen und -attributionen sowie eine Vielzahl von Erkrankungen sein [13].


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3 Diagnostik

3.1 Beratungsanlass

Patient*innen suchen in der Regel im Zusammenhang mit Schimmelexpositionen eine ärztliche Beratung aus den folgenden Gründen [268] [407]:

  1. Patient*innen, bei denen Gesundheitsbeschwerden vorliegen und deren Sachverhalt einen umweltbezogenen Zusammenhang mit einem Feuchteschaden und/oder einer Schimmelexposition nahelegt.

  2. Patient*innen mit Befindlichkeitsstörungen und unspezifischen Symptomen, die einen klaren zeitlichen Zusammenhang mit bestimmten Umwelt-/Umgebungsbedingungen oder Tätigkeiten haben.

  3. Patient*innen, die wegen einer möglichen Schimmelexposition besorgt sind.

  4. Es liegen bereits Messergebnisse vor.

  5. Es wird ärztlicher Beistand in Miet- und Baustreitigkeiten gesucht.


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3.2 Diagnostik – Allgemeines Vorgehen, Anamnese, körperliche Untersuchung, klinisch-chemische und apparative Tests

Grundelemente jeder medizinischen Diagnostik sind die Anamnese [632] und die körperliche Untersuchung. Darauf aufbauend erfolgen weiterführende spezielle Untersuchungsmethoden entsprechender medizinischer Fachdisziplinen in Abhängigkeit von der Fragestellung und der Differenzialdiagnostik. In der Umwelt- und Arbeitsmedizin erfolgen zudem immer dort, wo möglich und indiziert, Untersuchungen zur inneren Exposition (Human-Biomonitoring als Belastungs- und/oder Effektmonitoring) und/oder zur äußeren Exposition (Hausbesuch/Ortsbegehung, Umweltmonitoring).

3.2.1 Anamnese

Bei der Anamneseerhebung sollte ein ganzheitlicher Ansatz erfolgen, der sich nicht nur auf Belastungen aus der Umwelt und Aspekte körperlicher Erkrankungen beschränkt, sondern der gleichermaßen die psycho-soziale Dimension der Probleme erfasst. Dieser Ansatz, der insbesondere angesichts der hohen Erwartungen der Patient*innen an den Arzt/die Ärztin notwendig ist, sollte dem Patienten/der Patientin dargelegt werden. Das gleichrangige Einbeziehen der seelischen und sozialen Aspekte stößt in der Beratung kaum auf Schwierigkeiten, wenn dies dem Patienten/der Patientin entsprechend erklärt wird.

Bei Verdacht auf mögliche gesundheitliche Störungen durch Schimmelpilze sind neben der allgemeinen und differenzialdiagnostischen Anamnese folgende Elemente der Anamnese zu berücksichtigen:

  • Expositionsanamnese im Wohnbereich

  • Expositionsanamnese im Arbeitsbereich

  • Expositionsanamnese im Freizeitbereich

  • infektiologische Anamnese inkl. Prädispositionsfaktoren

  • allergologische Anamnese inkl. Prädispositionsfaktoren

  • Anamnese bzgl. irritativ-toxischer Wirkungen

  • Anamnese bzgl. Geruchswirkungen

  • Anamnese bzgl. Befindlichkeitsstörungen

Im Folgenden wird auf einige Aspekte detaillierter eingegangen. Dort, wo keine Literatur hinterlegt ist, liegen lediglich Erfahrungen aus der täglichen Praxis vor.

3.2.1.1 Allergologische Anamnese

Die Anamnese bei Verdacht auf eine schimmelassoziierte Erkrankung setzt sich aus der allgemeinen Anamnese und der speziellen umweltmedizinischen und allergologischen Anamnese zusammen.

Die Eigenanamnese unter Berücksichtigung der Familienanamnese sollte erhoben werden (Atopie). Erfahrene Allergolog*innen erhalten aus der Anamnese über die zeitliche und räumliche Exposition von Allergenen in der Regel bis zu etwa 50 % Übereinstimmung mit den allergologischen Testungen [633] [634]. Die gezielte umweltmedizinisch-allergologische Anamnese bei einem Schimmelwachstum ist besonders hilfreich, um eine gezielte Diagnostik einzuleiten und konkurrierende Allergene zu erfassen.

Erst in der Zusammenschau von Anamnese, klinischer Symptomatik, Allergen-Nachweis und ggf. Provokationstestung ist eine Schimmelpilzallergie sicher zu diagnostizieren.

Die allergologische Anamnese besteht aus zwei Fragenkomplexen. Es werden die Grunderkrankungen, die Symptome und die Beschwerden organbezogen erfragt.

Ergänzt wird die Anamnese im zweiten Teil zu den möglichen Schimmelpilzallergenen, konkurrierenden Allergenen sowie der zeitlichen und räumlichen Assoziationen von Beschwerden zur Allergenexposition.

Zusätzlich werden nicht allergische Beschwerdekomplexe erhoben und abgegrenzt. Hierzu gehören Befindlichkeitsstörungen, neuropsychologische Symptome, Geruchswirkungen, toxisch-irritative Wirkungen von Schimmelpilzen, deren Bestandteilen und Bakterien.

Erster Schritt der Anamnese – organbezogene Beschwerden

Im ersten Schritt der Anamnese werden organbezogene Beschwerden sowie deren Beginn, Intensität und Dauer erfragt. Es gibt keine anamnestischen spezifischen Symptome, die einen sicheren Rückschluss auf die Verursachung einer Allergie durch Schimmelpilze erlauben. Die durch eine Soforttyp-Sensibilisierung hervorgerufenen allergologischen Krankheitsbilder sind in ihrer Ausprägung unabhängig von dem spezifischen verursachenden Allergen. Die Ausprägung der allergischen Beschwerden wird getriggert durch eine Vielzahl von endogenen und exogenen Faktoren (z. B. Tabakrauchen). Stress kann die allergischen Beschwerden verschlimmern. Hierzu gehören unter anderem emotionale Konflikte in der Partnerschaft, der Familie oder im Beruf. Auch die Stressbelastung, wie sie beispielsweise nach einem Wasserschaden und Schimmelbefall im Innenraum auftritt, kann die allergische Symptomausprägung verschlimmern. Bei Frauen, aber auch bei Männern können sich die allergische Reaktionsbereitschaft und die Organlokalisation in Abhängigkeit vom Hormonhaushalt verändern.

Zweiter Schritt der Anamnese – Allergenexposition

Im zweiten Schritt der Anamnese sollen Orts-, Zeit- und Allergenbezug der Beschwerden ermittelt werden. Hierzu sind die angegebenen Krankheitserscheinungen bezüglich ihres Beginns, des Verlaufes sowie der Ausprägung an verschiedenen Orten zu erfragen. Entsprechend der Ökologie der Schimmelpilze sind Beschwerden aber auch in Bezug zur Witterung, saisonal, in der Wohnung, in klimatisierten Räumen bzw. im Schlafzimmer (Anmerkung: Schimmelpilze kommen zusammen mit Milben in der Schlafstätte vor) zu erfragen. Im Vordergrund stehen Fragen nach einem „Schimmelgeruch“, einem sichtbaren Schimmelwachstum oder einer Schimmelkontamination im Innenraum. Der Geruch bei einem Schimmelwachstum wird häufig als modrig, muffig bis säuerlich beschrieben. Feuchteschäden, Wärmebrücken, Kondensatbildung, Abfallentsorgung, der Umgang mit Biotonne und Müll, Kompostlagerung, Tierhaltung, das Vorhandensein von Zimmerpflanzen, Hobbies und bauliche Mängel sind zu erfragen. Richtungsweisend können auch die Wohnbedingungen und das Nutzungsverhalten sein. Hierbei sind die Heizung und Lüftungsmöglichkeiten des Gebäudes oder der Wohnung, das Baujahr, die Dachkonstruktion, der Dachboden und die Kellerräume zu berücksichtigen. Es können auch Abriss-, Bau- und Renovierungsarbeiten im Gebäude und der Umgebung einen Beitrag zur Schimmelpilzallergenbelastung leisten [635] [636] [637] [638] [639] [640]. Als Hinweis auf eine erhöhte Bauteilfeuchte können Asseln (lat. Oniscidea), Silberfischchen (lat. Lepisma saccharina) sowie ganz besonders Staubläuse (lat. Psocoptera), die sich von „Schimmelrasen“ ernähren, gewertet werden.

Ebenfalls relevant ist die Übertragung von Schimmelpilzen und deren Bestandteilen durch das Aufwirbeln von verrottendem biologischen Material (Laub, Gras, Erde, Holz). Dies kann durch Motorengebläse bei Reinigungs-, Garten- und Landschaftsarbeiten passieren wie auch bei starkem Wind in einer trockenen Periode nach einer feuchten Witterung. Wichtige, häufig nicht leicht erkennbare Schimmelpilzreservoire sind Lüftungs- und Klimaanlagen, die nicht regelmäßig gewartet werden. Als Hilfe bei der Expositionsanamnese können Fragebögen dienen. Diese werden in der klinischen Routine, z. B. bei V. a. eine EAA [641], oder auch in Studien, die sich mit dem Thema Schimmelexposition befassen [642] [643], eingesetzt.

Von zentraler Bedeutung ist, ob in einem räumlichen und zeitlichen Bezug zu Räumen oder Tätigkeiten typische Beschwerden möglicher gesundheitlicher Wirkungen von Schimmelpilzen auftreten. Im Rahmen des diagnostischen Vorgehens können auch eine Expositionskarenz, d. h. ein vorübergehendes Verlassen der verdächtigten Räume, und eine anschließende Re-exposition wichtige Hinweise geben [21].

Zur Ermittlung der örtlichen und zeitlichen Abhängigkeiten der Beschwerden kann das Führen eines Beschwerdetagebuches durch den Patienten/die Patientin sinnvoll sein.

3.2.1.2 Suszeptibilitätsanamnese

Mit der Anamnese sollen besonders gefährdete und empfindliche Personen, wie immunsupprimierte Personen, Allergiker*innen (Atopiker*innen) und Personen mit den pulmonalen Grunderkrankungen Asthma, COPD, zystischer Fibrose (Mukoviszidose), erfasst werden [371] [614] [644]. Patient*innen mit zystischer Fibrose haben ein erhöhtes Risiko für die ABPA.

Als Prädispositionsfaktoren einer Schimmelpilzallergie gelten eine familiäre Disposition zu Typ-I-Allergien, vorhandene Sensibilisierungen sowie das Vorliegen einer oder mehrerer atopischer Erkrankungen. Die Bedeutung dieser Prädispositionen nimmt in der dargestellten Reihenfolge zu. Im Rahmen der Sensibilisierung und atopischen Erkrankung ist die Prädisposition umso stärker ausgeprägt, je schimmelpilzspezifischer sie ist [3].

Weitere prädisponierende Faktoren sind:

  • eine schwierig zu behandelnde allergische Rhinitis,

  • eine schwierig zu behandelnde Sinusitis,

  • ein schwierig zu behandelndes Asthma,

  • aus unklaren Gründen exazerbierendes Asthma.

3.2.1.3 Berufliche Schimmelpilzexposition

Die berufliche Exposition gegenüber Schimmelpilzen ist qualitativ und quantitativ je nach der Tätigkeit unterschiedlich. Nach der Novelle der Biostoffverordnung 2013, welche die nationale Umsetzung der Richtlinie 2000/54/EG darstellt, entfällt die Klassifizierung der Infektionsgefährdung bei Tätigkeiten, bei denen vorrangig von einer sensibilisierenden Wirkung auszugehen ist. Das betrifft die berufliche Schimmelpilzexposition. Grundsätzlich ist eine berufliche Schimmelpilzexposition bei den folgenden Tätigkeitsbereichen als gegeben anzusehen [645]:

  • Tätigkeit im Abfallbereich (Abfallwirtschaft, Kompostierung, Mülltrennung, Müllverbrennung, Wertstoffsortierung)

  • Gewerbliche Schimmelpilzprobenahme und Umgang mit Probenmaterial aus mit Schimmel kontaminierten Bereichen

  • Sanierung von schimmelpilzbefallenen Innenräumen

  • Aufenthalt in Archiven, Bibliotheken, Depots und Magazinen (altes Papier oder Schimmelpilzbefall)

  • Tätigkeit in der Landwirtschaft (Heu, Streu, Tierhaltung)

  • Gärtner*innen, Landschaftsgärtner*innen, Florist*innen, Baumarbeiten

  • Müller*innen und Bäcker*innen

  • Winzer*innen (vor allem bei der Entrappung von Lesegut)

  • Lebensmittelindustrie (Veredelung von Milch- und Fleischprodukten)

  • Brauereien

  • Papier- und Holzerzeugung und -verarbeitung

  • Umgang mit Kühlschmierstoffen (Aerosol mit Bakterien und Schimmelpilzen)

  • Gebäudesanierer*innen (Tapezierer*innen, Installateur*innen)

  • Futtermittelproduktion und Umgang mit Futtermitteln

  • Lüftungs-/Klimaanlagenwartung

Bestehen bei beschäftigten Personen arbeitsplatzassoziierte Beschwerden beim Umgang mit schimmelpilzbehafteten Materialien, die auf eine Allergie gegenüber Schimmelpilzen hindeuten, ist zunächst die Exposition (Häufigkeit, Quantität, Qualität) im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu prüfen. Zu beachten sind die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA), die Schutzmaßnahmen, die sich am Infektionsrisiko messen (TRBA 460) oder der spezifischen Bearbeitung (TRBA 212 bzw. TRBA 214). Die Grundregel für Sicherheit und Gesundheitsschutz lautet, Gefährdungen zunächst durch Substitution und technische Maßnahmen möglichst zu vermeiden oder wenigstens zu minimieren. Reichen die technischen Maßnahmen nicht aus, eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen, sind organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen zu ergänzen. Diese Rangfolge der Schutzmaßnahmen wird in der Arbeitsmedizin als STOP (Substitution, Technische, Organisatorische, Persönliche Maßnahmen) bezeichnet. Technische Maßnahmen sind ggf. zu ergreifen. Persönliche Schutzausrüstung ist zu prüfen. Unternehmer*innen und Ärzt*innen sind verpflichtet, den Verdacht auf eine Berufskrankheit dem zuständigen Unfallversicherungsträger zu melden (§§ 193, 202 SGB VII).


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3.3 Körperliche Untersuchung

Zu jeder Anamnese gehört eine komplette oder zumindest beschwerdebildorientierte körperliche Untersuchung. Die Methodik der körperlichen Untersuchung greift auf die Inspektion, die Palpation, Perkussion, Auskultation und Funktionsprüfung zurück.

Damit sind die anamnestisch erhobenen Zielorgane bevorzugt zu untersuchen. Hierbei sollte ein besonderes Augenmerk auf die Schleimhäute der Augen und, soweit möglich, der oberen Atemwege und auf die Haut gelegt werden, da die von den Patient*innen häufig beklagten unspezifischen Beschwerden diese Organe in besonderem Maße betreffen [646]. Grundsätzlich sollte die körperliche Untersuchung strukturiert und standardisiert durchgeführt und adäquat dokumentiert werden. Hierzu stehen diverse Befundbögen aus dem klinischen Bereich zur Verfügung.


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3.4 Marker für eine Schimmelexposition

Untersuchungen zur Schimmelexposition werden aufgrund unterschiedlichster Ziele durchgeführt, wobei einige dieser Untersuchungen zielführend sind, von anderen postuliert wird, dass sie einen Kausalzusammenhang zwischen Schimmelexposition und möglichen gesundheitlichen Wirkungen belegen können. Diese z. T. zeitlich und finanziell sehr aufwendigen Untersuchungen erfüllen aber häufig nicht die an sie gestellten Erwartungen. Zudem ist zu unterscheiden zwischen Untersuchungen, die in individualmedizinischen Untersuchungen genutzt werden, und solchen, die nur für wissenschaftliche Zwecke realistisch anwendbar sind.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Untersuchungen und Parametern, die die äußere Exposition, also den Kontakt außerhalb des Körpers, betreffen (Umweltmonitoring), und Untersuchungen in Körpermedien (Biomonitoring). Das Biomonitoring wird unterteilt in Untersuchungen zur inneren Exposition (Belastungsmonitoring des Biomonitorings), zu den Effekten der Exposition (Effektmonitoring des Biomonitorings) und der Suszeptibilität (Suszeptibilitätsmonitoring des Biomonitorings). Im Folgenden wird auf das Umweltmonitoring näher eingegangen.

Belastungs-, Effekt- und Suszeptibilitätsmonitoring des Biomonitorings sind Bestandteil der medizinisch-klinische Diagnostik und im entsprechenden Kapitel 3.5 dargestellt.

3.4.1 Umweltmonitoring

In der Regel gibt es keine medizinische Indikation für die Bestimmung von Schimmelpilzen in Innenräumen oder in Baustoffen oder auf Einrichtungsgegenständen.

Kernbotschaft 3, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften

Aus medizinischer Indikation sind Schimmelpilzmessungen im Innenraum selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelbefall sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sollen die Ursachen des Befalls aufgeklärt werden, anschließend sollen Befall und primäre Ursachen beseitigt werden

Epidemiologische Studien belegen zwar, dass ein Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen und gesundheitlichen Beschwerden der Innenraumnutzer*innen besteht. Die beobachteten gesundheitlichen Beschwerden stehen offensichtlich im Zusammenhang mit den Mikroorganismen, die sich auf sowie ggf. in feuchtem Material vermehrt haben. Welche spezifischen Agenzien aber in diesem Zusammenhang besonders relevant sind, konnte bisher noch nicht geklärt werden. In Feuchteschäden vermehren sich neben Schimmelpilzen auch Bakterien, insbesondere Aktinobakterien. Von diesen selbst, aber auch von Stoffwechselprodukten und Zellbestandteilen der Mikroorganismen, wie z. B. Toxinen, Allergenen, MVOC, β-Glukanen, Endotoxinen sowie von Bruchstücken der Schimmelpilze (Partikeln) oder Bakterien kann eine gesundheitliche Wirkung ausgehen. Bei Feuchte-/Schimmelschäden treten häufig Milben und Amöben auf, sodass auch mit einer verstärkten gesundheitlichen Wirkung dieser Parasiten und Kleinlebewesen zu rechnen ist. Es gibt keinen einfachen kausalen Zusammenhang zwischen einer der o. g. Noxen und auftretenden gesundheitlichen Wirkungen [647] [648]. Bei entsprechender Exposition kann sowohl von kultivierbaren als auch von nicht mehr kultivierbaren Schimmelpilzsporen eine gesundheitliche Wirkung ausgehen. Ähnliches gilt auch für Myzelbruchstücke. Das bedeutet beispielsweise, dass auch nach Desinfektionsmaßnahmen noch allergene Bestandteile von Schimmelpilzen nachgewiesen werden können [649].

Auch die Aufnahmepfade der verschiedenen Noxen in den möglichen Medien erfolgt auf unterschiedliche Weise. Inhalativ werden z. B. die luftgetragenen MVOC und die Schimmelpilzsporen, Myzelbruchstücke von Schimmelpilzen sowie Bakterien, Toxine, Endotoxine und weitere Allergene wie Pollen aufgenommen. Viele Schimmelpilzallergene können aber auch oral über Lebensmittel oder perkutan über Kontakt z. B. mit befallenen Baumaterialien aufgenommen werden [650].

Selbst die umfassendsten Untersuchungen zur Identifizierung und Quantifizierung von Schimmelpilzen und den bei Feuchte-/Schimmelschäden auftretenden weiteren Noxen im Innenraum helfen dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin bei der Sicherung der Diagnose und Therapie nur wenig, da es keinen einfachen kausalen Zusammenhang zwischen den aufgetretenen individuellen gesundheitlichen Beschwerden und dem im Innenraum vorliegenden Schimmelbefall gibt [647] [648]. Darüber hinaus ist eine zielführende allergologische Diagnostik in den meisten Fällen nicht möglich, da das Repertoire der Schimmelpilzallergenextrakte, die kommerziell für die Diagnostik verfügbar sind, sehr beschränkt ist und hauptsächlich typische Arten der Außenluft umfasst.

Aus ärztlicher Sicht ist die Inaugenscheinnahme eines Schimmelbefalls ausreichend, um medizinisch begründete Maßnahmen zu veranlassen. Die höchste Relevanz hat die Ortsbegehung, idealerweise interdisziplinär durch den Arzt/die Ärztin und Personen mit bauphysikalischem Sachverstand vorgenommen.

Bei sichtbarem Schimmelbefall, erhöhter Materialfeuchte oder bauphysikalischen/bautechnischen Auffälligkeiten („Feuchte- oder Wasserschäden“) ist eine Identifizierung und Quantifizierung von Schimmelpilzen im Innenraum aus medizinisch-diagnostischer und therapeutischer Sicht nicht indiziert [180].

Die medizinische Differenzialdiagnostik hat bei der gesundheitlichen Bewertung einer Schimmelexposition immer den Vorrang. Da die von Schimmelpilzen ausgehende Wirkung vor allem von der Disposition der betroffenen Person abhängig ist, kann für Personen, die bezüglich einer Schimmelexposition besonders zu schützen sind, die durch eine Schimmelpilzbestimmung bedingte zeitliche Verzögerung von Maßnahmen ein erhöhtes Risiko darstellen. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:

  • Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) [30]

  • Personen mit schwer verlaufender Influenza

  • Personen mit schwer verlaufender COVID-19

  • Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)

  • Personen mit Asthma bronchiale

Kernbotschaft 9, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Besonders zu schützende Risikogruppen sind:

  • Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) [30]

  • Personen mit schwer verlaufender Influenza

  • Personen mit schwer verlaufender COVID-19

  • Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)

  • Personen mit Asthma bronchiale.

Lediglich aus Gründen der Prävention können bei den zuvor genannten Personengruppen Untersuchungen bei entsprechenden Verdachtsmomenten medizinisch zur Gefährdungsbeurteilung selten einmal indiziert sein.

Eine zusammenfassende Darstellung der Untersuchungsmethoden zur Erfassung einer Schimmelpilzexposition bei Schimmelbefall in Innenräumen, u. a. bei Feuchteschäden, findet sich bei Gabrio et al. (2015) [651]. Diese Darstellung soll behandelnden Ärzt*innen, aber auch Umweltmykolog*innen, Innenraumdiagnostiker*innen, Handwerker*innen, Architekt*innen und Bausachverständige, die entsprechenden Messungen beauftragen und/oder bewerten müssen, fundierte Kenntnisse zu sinnvoller Anwendung sowie zur Aussagekraft der verschiedenen Mess- und Untersuchungsmethoden liefern. Damit steht eine solide Grundlage für die Beauftragung und Bewertung entsprechender Untersuchungen zur Verfügung. Für eine weitere Vertiefung der Thematik wird auf die entsprechende Literatur verwiesen [2] [19] [56] [647].


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3.5 Medizinisch-klinische Diagnostik

Im Stufenschema der Diagnostik bildet die allergologische Anamnese die Basis, darüber steht der Hauttest, darüber die Bestimmung des allergenspezifischen IgE und an der Spitze die Organprovokation. Dieses Stufenschema verdeutlicht zweierlei: Je weiter oben das diagnostische Verfahren steht, desto höher ist der Stellenwert, und je kleiner die Fläche, desto seltener ist es indiziert.

3.5.1 Allergologische Diagnostik

Die Diagnostik unterscheidet sich nicht von der Diagnostik anderer allergischer Erkrankungen. Ein schrittweises Vorgehen erfolgt unter Berücksichtigung individueller Faktoren üblicherweise nach dem klassischen Stufenschema: Anamnese/körperlicher Befund/klinische Untersuchung – Hauttest – Serumanalyse oder ergänzende In-vitro-Methoden – Provokation [248].

Allergische Erkrankungen durch Schimmelpilzallergene können sich grundsätzlich als Konjunktivitis, Rhinitis, Rhinosinusitis, allergisches Asthma bronchiale, Urtikaria, exogen-allergische Alveolitis oder Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) manifestieren. Demzufolge kommt der Differenzialdiagnose durch Anamnese und labormedizinische In-vitro-/In-vivo-Diagnostik eine zentrale Bedeutung zu. Es gilt im Einzelfall, die allergische Reaktion zu bestätigen und den Allergieauslöser zu identifizieren. Es existiert eine große Vielfalt von In-vitro-Testen, die auf unterschiedlichen Ebenen Parameter der zellulären und humoralen allergischen Reaktion erfassen. Das Repertoire der Schimmelpilzallergenextrakte, die kommerziell verfügbar sind, ist allerdings beschränkt und umfasst hauptsächlich typische Arten der Außenluft.

Insbesondere bei den In-vitro-Testungen ist zu berücksichtigen, dass z. B. erhöhte Schimmelpilz-spezifische IgE-Konzentrationen eine Sensibilisierung auf Schimmelpilzallergene anzeigen können, nicht aber mit einer allergischen Erkrankung gleichzusetzen sind. Eine richtige Interpretation der Ergebnisse kann immer nur im Zusammenhang mit der Anamnese, Klinik und/oder den Ergebnissen der organspezifischen Provokationstests erfolgen. Der positive Sensibilisierungsnachweis gegenüber Schimmelpilzen muss in der Kausalitätsbeurteilung sehr kritisch hinsichtlich der Expositionsmöglichkeiten (ubiquitäre Außenluftexposition, Innenraumexposition, berufliche Belastung) interpretiert werden. Im Fall von Schimmelpilzsensibilisierungen gelingt es im allergologisch-umweltmedizinischen Alltag nur selten, den Kausalzusammenhang zwischen der Schimmelpilzexposition in einem Innenraum und einer hierauf zu beziehenden spezifischen Sensibilisierung und Erkrankung (Rhinitis, Konjunktivitis, Asthma) sicher zu bestätigen [3].

Folgende Voraussetzungen zur Diagnose einer Schimmelpilzallergie müssen vorliegen [652]:

  • Es findet sich ein krankmachendes Schimmelpilzantigen in der privaten und beruflichen Umwelt.

  • Es besteht eine sichere zeitliche Beziehung zwischen der allergischen Symptomatik und der Exposition gegenüber dem Schimmelpilzallergen.

  • Es besteht eine atopische Prädisposition.

  • Es ist eine Evidenz zur Bildung von spezifischem IgE gegen Schimmelpilzantigene vorhanden.

  • Karenzmaßnahmen gegenüber den Schimmelpilzallergenen zeigen eindeutige klinische Effekte.

Grundsätzlich gelten für die Diagnostik einer Schimmelpilzallergie die gleichen Empfehlungen und Leitlinien wie für andere Allergenquellen, die die Ursachen einer Soforttypallergie darstellen [653].

Kernbotschaft 13, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Kernelemente einer Typ-I-Allergiediagnostik sind die Anamnese, die Hauttestung, die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper sowie die Provokationstestung. Im Falle einer Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) sollte zusätzlich die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern erfolgen. Bei der exogen-allergischen Alveolitis (EAA) soll serologisch nur die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern erfolgen.

Querverweise:

Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten Husten, Version 3.0. Registernummer 020-003. Stand: 01.01.2019. Gültig bis: 31.12.2023 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-003

Kardos P, Dinh QT, Fuchs K-H, Gillissen A, Klimek L, Koehler M, Sitter H, Worth H. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten. Pneumologie 2019; 73(03): 143–180. DOI: 10.1055/a-0808-7409; https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0808-7409

Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe J, Raulf-Heimsoth M, Saloga J, Werfel T, Worm M. In-vitro-Allergiediagnostik. Allergo J 2010; 19: 110–128. DOI: 10.1007/BF03362255

Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP). S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma, Registernummer 020-009. Stand: 12.09.2017. Gültig bis: 31.12.2020 (in Überarbeitung); https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-009

3.5.1.1 Serologische Untersuchungen

Zu den serologischen In-vitro-Untersuchungen zählen im Falle einer IgE-vermittelten Krankheit der Nachweis von spezifischen IgE-Antikörpern bzw. im Falle einer EAA der Nachweis von spezifischen IgG-Antikörpern. Der Nachweis erhöhter spezifischer Antikörper ist ein deutlicher Hinweis auf eine Sensibilisierung, aber nicht gleichzusetzen mit der klinischen Relevanz. Dabei kann mit der Höhe der spezifischen IgE-Antwort auch der prädiktive Wert für eine klinische Relevanz zunehmen [654].

a) Nachweis von Schimmelpilz-spezifischen IgE-Antikörpern

Die zweifellos wichtigste und praxistauglichste In-vitro-Untersuchung ist die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern (sIgE) im Serum. Insbesondere da immer mehr Schimmelpilz-Hauttestlösungen vom Markt zurückgezogen werden [655], ist die serologische IgE-Bestimmung fast das einzige verfügbare Testinstrument, obwohl sie oft weniger empfindlich ist als Hautpricktests [84]. Die Verwendung einer Schimmelpilzmischung (mx1, bestehend aus Alternaria alternata, Cladosporium herbarum, Aspergillus fumigatus und Penicillium chrysogenum) reicht aus, um IgE-Reaktionen auf alle enthaltenen einzelnen Schimmelpilzarten nachzuweisen und kann daher als Screeningtool geeignet sein. Falls Schimmelpilz-spezifisches IgE nachweisbar ist, sollte eine mögliche Exposition anamnestisch überprüft werden (Innenraum oder im Freien) und mögliche Co-Sensibilisierungen wie Gräserpollen oder Hausstaubmilben, die eine überlappende Allergenexposition darstellen, untersucht werden [642] [656]. Bei Untersuchungen mit Gesamtextrakten ist zu bedenken, dass Asp f 6 ein homologes Allergen zu Alt a 16 ist [657]. Obwohl eine Vielzahl von Tests unterschiedlicher Hersteller existiert, ist die Auswahl an Innenraum-relevanten Schimmelpilzdiagnostiken sehr eingeschränkt. Die Tests der unterschiedlichen Hersteller unterscheiden sich nicht nur aufgrund der Testdurchführung (dazu gehören der Einsatz unterschiedlicher Nachweismöglichkeiten wie ELISA, FEIA, RIA, Einsatz von unterschiedlichen Allergenträgern, wie z. B. chemisch aktivierte Papierscheiben, Mikrotiterplatten, ImmunoCAP, Chip-Technik oder die Verwendung von Flüssigallergenen), sondern auch aufgrund unterschiedlicher Allergenrohstoffe, Allergenextraktherstellungen und ihrer Standardisierung [658]. Die Wertigkeit der In-vitro-Diagnostik wird durch die diagnostische Sensitivität und Spezifität der Testmethode bestimmt, und auch hier gilt, dass die Aussagekraft der Allergiediagnostik massiv von der Qualität der verwendeten Allergenextrakte, aber auch von der eingesetzten Methode abhängig ist. Trotz der mittlerweile in der WHO/IUIS-Allergendatenbank 113 beschriebenen Schimmelpilzallergene von insgesamt 30 Schimmelpilzspezies (www.allergen.org: Stand 10/2021) [659] stehen aktuell lediglich acht Einzelallergene in rekombinanter Form aus den drei Außenluft-Arten Alternaria alternata (rAlt a 1, rAlt a 6), Aspergillus fumigatus (rAsp f 1, 2, 3, 4, 6) und Cladosporium herbarum (rCla h 8) für die molekulare Diagnostik zur Verfügung [659]. Eine verbesserte Schimmelpilz-IgE-Diagnostik durch Verfügbarkeit und Einsatz schimmelpilztypischer Markerallergene (z. B. Subtilisin-ähnliche Proteasen [659]) mit starker IgE-Bindung wäre wünschenswert.

Die Bestimmung des Gesamt-IgE im Zusammenhang mit der Bestimmung des spezifischen IgE kann als ergänzender Parameter zur Beurteilung für die sIgE-Werte sinnvoll sein [660]. Die Bestimmung des Gesamt-IgE kann jedoch eine spezifische Sensibilisierung nie ausschließen oder nachweisen und ist als alleinige Bestimmung nicht sinnvoll.

Für die Diagnostik einer Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA), einem Allergietyp mit Komponenten einer Typ-I-, Typ-III- und Typ-IV-Reaktion, die meist durch A. fumigatus (mit-)verursacht wird, ist die Bestimmung von A.-fumigatus-spezifischem IgE ebenso wie die Bestimmung von Gesamt-IgE und A. fumigatus-spezifischem IgG sinnvoll (siehe spezifische IgG-Bestimmung). Rekombinant hergestellte A.-fumigatus-Einzelallergene (rAsp f 1–4, 6) sind für eine weiterführende Differenzialdiagnostik sinnvoll. Als Indikator für eine ABPA gilt für die spezifische IgE-Bestimmung die Kombination aus rAsp f 2 + rAsp f 4 + rAsp f 6, den drei intrazellularen Proteinen, während eine Sensibilisierung auf rAsp f 1 und/oder rAsp f 3 (sekretorische Proteine) keinen eindeutigen Hinweis auf ein allergisches Asthma darstellt. Serologisch positive Befunde auf rAsp f-Allergene können auch bei anderen Erkrankungen, wie z. B. der Mukoviszidose (zystischen Fibrose), vorkommen [661]. Eine Metaanalyse [662], die die Ergebnisse der Verwendung von rekombinanten Asp f-Allergenen in 26 Studien (mit insgesamt 1694 Patient*innen) zusammenfasste, ergab, dass IgE gegen Asp f 1 oder Asp f 3 die höchste Sensitivität aufweist (96,7 % bei Asthmatiker*innen und 93,3 % bei Mukoviszidose (CF)-Patient*innen), um ABPA-Patient*innen gegenüber diesen Patient*innen zu differenzieren, aber Asp f 4 oder Asp f 6 hatten die höchste Spezifität mit 99 % bei Asthmatiker*innen versus Asp f 6 alleine mit 98 % bei Menschen mit Mukoviszidose. Auch die neuere Arbeit von Muthu et al. (2020) [295] unterstützt die Bewertung, dass Asp 1 eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität für die ABPA besitzt.

Zusammenfassung:

  • Nachweis von allergenspezifischem IgE zeigt eine spezifische Sensibilisierung, aber nicht unbedingt eine Erkrankung an; das Ergebnis kann nur im Zusammenhang mit Anamnese, Klinik und den Ergebnissen der organspezifischen Provokationstests richtig interpretiert werden. Durch Kreuzsensibilisierungen verursachte positive Reaktionen sind nur z. T. klinisch relevant.

  • Quantitative Vergleiche der Ergebnisse aus unterschiedlichen Testsystemen sind nur schwer möglich (internationale Standardisierung fehlt bislang).

  • Verbesserung der Reagenzienqualität durch Standardisierung der Allergene und durch Definition von Mindestanforderungen an das Allergenträgermaterial (Ermittlung der diagnostischen Effizienz) ist zu fordern.

  • Extrakte von Innenraum-relevanten Schimmelpilzen sollten auch in ausreichender Qualität kommerziell verfügbar sein.

  • Das Spektrum der verfügbaren Einzelallergene der relevanten Schimmelpilze sollte erweitert werden.

Kernbotschaft 12, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Atopiker*innen weisen als Polysensibilisierte oft IgE-Antikörper auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat. Die klinische Ausprägung der allergischen Reaktion korreliert nicht mit der Höhe des spezifischen IgE-Titers.

Kernbotschaft 14, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Der Nachweis von spezifischem IgE oder einer positiven Reaktion im Hauttest bedeuten zunächst nur, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Eine klinisch relevante Allergie stellt sich dann erst im Zusammenhang mit typischen allergischen Symptomen dar.

Kernbotschaft 15, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Ein negatives Ergebnis einer Hauttestung oder einer spezifischen IgE-Testung auf Schimmelpilze schließen eine Sensibilisierung auf Schimmelpilze nicht sicher aus. Gründe dafür sind u. a. die unterschiedliche Zusammensetzung und Qualität von Testextrakten oder das fehlende Vorhandensein relevanter Allergene.

b) Schimmelpilz-spezifische IgG-Bestimmung

Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ-I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung, da IgG-Antikörper als physiologische Antwort des Immunsystems selten eine pathogenetische Bedeutung haben, und wird daher nicht empfohlen [663].

Nur bei einem Verdacht auf eine Allergische bronchopulmonale Aspergillose (Typ-I-, -III-Allergie) oder auf eine exogen-allergische Alveolitis (Typ-III-, IV-Allergie) stellt die Bestimmung von Schimmelpilz-spezifischen IgG-Antikörper einen sinnvollen Teil der Diagnostik dar und wird dann auch empfohlen [271].

Bei der Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) kann es neben einer Erhöhung des Gesamt-IgE und des spezifischen IgE gegen A. fumigatus (siehe oben) auch zu einer Erhöhung von spezifischem IgG gegen A. fumigatus kommen. Letzteres ist im Vergleich zu Patient*innen mit einer allergischen Sensibilisierung gegenüber A. fumigatus oft deutlich erhöht und wird dabei für die ABPA-Differenzialdiagnostik empfohlen. Aspergillus-IgG ist jedoch in neueren Diagnosealgorithmen im Gegensatz zu den spezifischen IgE gegen Aspergillus fumigatus nur ein Minor-Kriterium [294].

Für die quantitative Beurteilung der spezifischen IgG-Konzentrationen (Angabe in mgA/L) muss berücksichtigt werden, dass im Gegensatz zur spezifischen IgE-Diagnostik kein einheitlicher Cut-off Wert existiert, sodass für jedes Antigen und für jede Messmethode ein spezieller Referenzwert bzw. -bereich ermittelt werden muss. Darüber hinaus gibt es keine festgelegten Cut-off-Werte, die eindeutig auf krankhafte Veränderungen hinweisen. Für 32 typische kommerziell verfügbare EAA-Antigene, darunter auch zahlreiche Schimmelpilze, wurden mithilfe von 121 Seren von gesunden nicht exponierten Kontrollpersonen Referenzbereiche speziell für ein Nachweissystem ermittelt [664].

Kernbotschaft 16, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ-I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und soll daher nicht durchgeführt werden. Dies gilt auch für den Nachweis von Immunkomplexen z. B. mittels Ouchterlony-Test.

c) Eosinophiles Cationisches Protein (ECP)

Erhöhte ECP-Konzentrationen spiegeln den Aktivierungszustand der eosinophilen Leukozyten wider, gestatten aber keine Zuordnung oder Abklärung von bestimmten allergischen Erkrankungen. Für den Nachweis einer Schimmelpilzallergie besteht keine spezielle Indikation für diesen unspezifischen Marker einer Aktivierung und Rekrutierung von eosinophilen Granulozyten.

Kernbotschaft 18, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Die Bestimmung von Eosinophilem Cationischen Protein (ECP) und β-1,3-D-Glukan (BDG) im Serum hat keine Indikation und soll in der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition nicht durchgeführt werden.

d) Immunkomplexe

Die Untersuchung von Immunkomplexen, z. B. durch eine Doppelimmundiffusion nach Ouchterlony, ist auf spezielle Krankheitsbilder aus dem Kreis der allergischen Reaktion vom Typ III wie der exogen-allergischen Alveolitis (EAA) beschränkt und hat in der Diagnostik bei Schimmelpilzexposition darüber hinaus keine Bedeutung (siehe oben Schimmelpilz-spezifische IgG-Bestimmung).

Kernbotschaft 16, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ-I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und soll daher nicht durchgeführt werden. Dies gilt auch für den Nachweis von Immunkomplexen z. B. mittels Ouchterlony-Test.

e) Galactomannan im Serum

Galactomannan, ein Heteropolysaccharid, ist Zellwandbestandteil der Schimmelpilzgattung Aspergillus und kann bei invasiver pulmonaler Aspergillose (IPA) im Serum zirkulieren. Der Nachweis von Galactomannan in der bronchoalveolären Lavage (BAL) kann vor dem Auftreten von Galactomannan im Serum messbar werden und damit ein frühes Zeichen der Aspergillose darstellen. Ein negatives Resultat schließt eine Aspergillose nicht aus, wiederholte Untersuchungen in kurzen Abständen werden hier empfohlen. Zum Nachweis von Galactomannan aus Serum sind serologische Testverfahren verfügbar und basieren auf dem Antigennachweis mittels klassischem Sandwich-ELISA. Eine Indikation für diesen Test besteht nur zur Diagnostik im Fall einer invasiven pulmonalen Aspergillose [665] [666].

Kernbotschaft 17, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Galactomannan im Serum soll nur zur Diagnostik bei Verdacht auf eine invasive pulmonale Aspergillose durchgeführt werden, ansonsten besteht keine Indikation in der Diagnostik bei Schimmelexposition.

f) β-1,3-D-Glukan (BDG) im Serum

Das Prinzip dieses Testverfahrens basiert auf einer Modifikation des Limulus-Amöbozyten-Lysat-Testes. Es handelt sich um einen Mikrotiterplatten-basierten Antigennachweis zum Nachweis von (1→3)-β-D-Glukan im Serum. Für Plasma, Liquor, Pleurapunktat und Gelenkspunktat ist dieses Testverfahren nicht validiert, die Aussagekraft ist daher fraglich. Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) ist kein geeignetes Material, da meist eine Kontamination mit Hefen aus der Mundhöhle vorliegt, die fast immer zu positiven Testresultaten führt. Zum Nachweis kommt ein chromogenes Reagenz zum Einsatz, das im Progerinnungssystem des Limulus-Amöbozyten-Lysat-Weges Faktor C eliminiert. Damit ist der Weg freigegeben, bei Vorhandensein von (1→3)-β-D-Glukan Faktor G, ein Serinproteasezymogen, zu aktivieren. Das inaktive Progerinnungssystem wird zu einem aktiven, das dann ein chromogenes Peptidsubstrat abspaltet, wobei ein Licht absorbierender Chromophor entsteht.

Der Test ist technisch anspruchsvoll und wird in erster Linie zum Ausschluss von invasiven Mykosen eingesetzt. Eine Anwendung im Zusammenhang mit Schimmelpilzvorkommen in Innenräumen ist nicht indiziert [667].

Kernbotschaft 18, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Die Bestimmung von Eosinophilem Cationischen Protein (ECP) und β-1,3-D-Glukan (BDG) im Serum hat keine Indikation und soll in der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition nicht durchgeführt werden.

g) Mykotoxine im Serum

Im Hinblick auf eine Intoxikation durch luftgetragene Schimmelpilztoxine ist eine Diagnostik nur ansatzweise möglich [668]. In den USA wurden makrozyklische Trichothecene in Seren von Individuen nachgewiesenen, die in Innenräumen gegenüber Stachybotrys chartarum exponiert waren [669] [670] [671]. Hierzu wurde ein immunochemischer Nachweis verwendet (Trichothecen-ELISA), bei dem 23 Seren von Proband*innen, aber auch ein Kontrollserum positiv waren. Bei einem ELISA handelt es sich zwar um ein sehr sensitives Verfahren mit Nachweisgrenzen im Bereich von ppb (entspricht ng/ml bzw. g), allerdings sind unspezifische Reaktionen und Kreuzreaktionen nie ganz auszuschließen.

In den letzten Jahren sind in der Analytik mittels HPLC-Massenspektrometrie von Mykotoxinen im Serum und Urin große Fortschritte erzielt worden und bereits für Human-Biomonitoring-Untersuchungen erfolgreich verwendet worden. Allerdings beziehen sich die Studien auf die relevantere Exposition über den Nahrungspfad.

Systematische Studien zur inhalativen Exposition in Innenräumen liegen nicht vor.

Beim jetzigen Stand der analytischen Möglichkeiten lassen sich Mykotoxine durch Innenraumbelastungen im Human-Biomonitoring weder valide bestimmen noch bewerten. Eine Bestimmung von Mykotoxinen im Blut, Serum oder Urin hat für die praktische Medizin/Routinediagnostik keine Bedeutung und muss zurzeit auf wissenschaftliche Fragestellungen beschränkt bleiben.

Kernbotschaft 24, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

In der medizinischen Diagnostik bei Innenraum-Schimmelexposition hat das Human-Biomonitoring von Mykotoxinen keine Indikation und soll daher nicht durchgeführt werden.

3.5.1.2 Zelluläre Testsysteme

Für alle zellulären Testsysteme basierend auf IgE-sensibilisierten basophilen Granulozyten oder auf Lymphozyten des peripheren Bluts bzw. Vollbluts gilt bislang: sie sind methodisch aufwendig, kostspielig, in der Regel schlecht geeignet für den Versand von Proben und anspruchsvoll in Durchführung und Interpretation. Die zelluläre Ex-vivo-Diagnostik mit basophilen Granulozyten ist für die Routinediagnostik nicht geeignet und gehört zur spezialisierten Allergiediagnostik. Diese Tests können aber in Einzelfällen eine sinnvolle Ergänzung darstellen [672] und sollten bei einem klaren Verdacht einer IgE-vermittelten Allergie und unklaren diagnostischen Vorbefunden und wissenschaftlichen Fragestellungen zum Einsatz kommen. Die Einhaltung der erforderlichen präanalytischen Bedingungen ist eine Voraussetzung für valide Resultate. Allerdings ist die Auswahl an speziell für diese Testungen verfügbaren kommerziellen Schimmelpilzallergenextrakten, die als Stimuli eingesetzt werden, sehr begrenzt, und auch hier hängt das Resultat des Testes von der Qualität des verwendeten Antigens (Extrakt bzw. Einzelallergen) ab [655] [656].

Zelluläre Testsysteme auf der Basis von IgE-sensibilisierten basophilen Granulozyten benutzen verschiedene Parameter („Readouts“) zur Testauswertung, besitzen aber identische Grundlagen. Der Nachweis von freigesetzten Mediatoren (z. B. Histamin, Leukotrienen) oder die Expression von Oberflächenantigenen (z. B. CD203c, CD63) nach In-vitro-Stimulation mit Allergenen sind mögliche „Readouts“.

Positive Resultate nach titrierter Allergen-Inkubation dienen als indirektes Maß für das zellulär gebundene spezifische IgE. Der erhebliche Überschuss an gebundenem IgE auf Basophilen und seine hohe Affinität am FcεRI-Rezeptor bedingen eine hohe analytische Empfindlichkeit dieser Testsysteme, die sowohl spezifische serologische IgE-Methoden als auch Hauttests übertreffen können. Seltene Indikationen für diese Testungen mit der Zielzelle „basophiler Granulozyt“ stellen daher Proben mit extrem niedrigen Gesamt-IgE und erfolglosem spezifischen serologischen IgE-Nachweis bei vermuteter Sensibilisierung oder exotischen Allergenen dar (wobei die Verfügbarkeit und die Qualität der Extrakte beachtet werden muss).

Querverweis:

Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe J, Raulf-Heimsoth M, Saloga J, Werfel T, Worm M. In-vitro-Allergiediagnostik. Allergo J 2010; 19: 110–128. DOI: 10.1007/BF03362255

a) Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung, HLT = Histamin-Liberations-Test

Der Basophilen-Degranulationstest misst die allergeninduzierte Freisetzung des aus den Granula stammenden präformierten Mediators Histamin.

Die Histaminfreisetzung dient als indirektes Maß für das zellulär-gebundene spezifische IgE (s. o.), welches eine längere Halbwertzeit, verglichen mit serologischem IgE, hat. Die Histaminbestimmung erfolgt mittels spektrofluorometrischer, Enzym- oder radioimmunologischer Bestimmungsmethoden. Während die Bestimmung von Histamin aufgrund der aufwendigeren Methodik eher in den Hintergrund getreten ist, hat die durchflusszytometrische Messung von Oberflächenantigenen auf Basophilen (z. B. CD203c, CD63) als Aktivierungsmarker an Bedeutung gewonnen.

Kernbotschaft 19, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Der Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung (HLT = Histamin-Liberations-Test), der Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie und die Bestimmung anderer Mediatoren (Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST-ELISA)) finden Anwendung in der Spezialdiagnostik, sollten jedoch nicht in der Basis-Allergiediagnostik durchgeführt werden.

b) Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie (Flow CAST)

Die Basophilen-Aktivierungstests (BAT) beruhen auf dem durchflusszytometrischen Nachweis von Aktivierungsmarkern auf basophilen Granulozyten. Für IgE-vermittelte Reaktionen werden bisher vor allem die Marker CD63 und CD203c eingesetzt. Die quantitative Bestimmung der Oberflächenmarker wird mittels Durchflusszytometrie vorgenommen (FlowCAST); eine Weiterentwicklung stellt der so genannte Flow2CAST dar, in dem CCR3 (Eotaxin-Rezeptor) als Selektionskriterium zur besseren Diskriminierung der Basophilen verwendet wird. Der Test ist sinnvoll bei Inhalationsallergenen, insbesondere für Fälle, bei denen der Hauttest und Messungen von spezifischem IgE nicht durchgeführt werden können. Seltene Indikationen stellen außerdem Proben mit niedrigem Gesamt-IgE, erfolglosem spezifischem serologischen IgE-Nachweis und ggf. negativem Hauttest bei vermuteter Sensibilisierung oder exotischen Allergene dar.

Als Allergene sind grundsätzlich lösliche, nicht-zytotoxische Substanzen (kommerziell erhältliche Allergene, aber auch Rohextrakte) einsetzbar, die in verschiedenen Konzentrationen verwendet werden sollten (Dosisreihe). Allerdings stehen nur wenige Schimmelpilz-Testallergene (Penicillium chrysogenum (notatum), Cladosporium herbarum, Aspergillus fumigatus, Alternaria alternata) zur Verfügung, die häufig nicht das besiedelnde Pilzspektrum abbilden.

Ein BAT kann bei lokaler allergischer Rhinitis mit positiver nasaler Provokation, negativem IgE-Nachweis und negativem Pricktest hilfreich sein.

Die Sensitivität des BAT korreliert gut dem Ergebnis des nasalen Provokationstests bei allergischer Rhinitis [673].

Voraussetzung für die Durchführung eines BAT ist eine ausreichende Anzahl Basophiler im EDTA-Vollblut (mindestens 150 Basophile in 0,1 ml Blut).

Kernbotschaft 19, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Der Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung (HLT = Histamin-Liberations-Test), der Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie und die Bestimmung anderer Mediatoren (Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST-ELISA)) finden Anwendung in der Spezialdiagnostik, sollten jedoch nicht in der Basis-Allergiediagnostik durchgeführt werden.

c) Bestimmung anderer Mediatoren (Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST-ELISA))

Bei diesem CAST-ELISA werden de novo synthetisierte Sulfidoleukotriene gemessen, die nach Präaktivierung mit Interleukin 3 und Allergenkontakt bei Sensibilisierten gebildet werden (z. B. Cellular-Antigen-Stimulation-Test = CAST). Nach Beendigung der Allergeninkubation und Zentrifugation werden die Leukotriene in den Überständen mithilfe eines ELISA bestimmt.

Ein positives Ergebnis auf ein Allergen, d. h. der indirekte Nachweis einer Sensibilisierung, ist nur bei eindeutig anamnestischem Zusammenhang und/oder positivem Provokationstest hinweisend für eine klinisch bedeutsame Allergie. Der Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest stellt ein komplexes zelluläres Testsystem dar, dessen Bedeutung in der Spezial- und nicht der Basis-Allergiediagnostik liegt.

Kernbotschaft 19, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Der Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung (HLT = Histamin-Liberations-Test), der Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie und die Bestimmung anderer Mediatoren (Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST-ELISA)) finden Anwendung in der Spezialdiagnostik, sollten jedoch nicht in der Basis-Allergiediagnostik durchgeführt werden.

d) Lymphozytenstimulationstest (LST)/Lymphozytentransformationstest (LTT)

Der Lymphozytentransformationstest (LTT) ist ein Laborverfahren zum Nachweis Antigen-spezifischer T-Lymphozyten. Er findet seine Anwendung in der Immunfunktionsdiagnostik der Medizin. Seit wenigen Jahren wird er auch überwiegend im Rahmen von wissenschaftlichen, kaum jedoch bei klinischen Fragestellungen in der Allergologie zum Nachweis bestimmter allergischer Reaktionen des verzögerten Typs IV (z. B. Medikamentenallergie) eingesetzt. Ein prinzipielles Problem des LTT besteht darin, dass nicht zwischen einer „physiologischen“ Antwort auf ein Antigen und einer „allergischen“ T-Zellantwort unterschieden werden kann. Die Proliferation ist damit lediglich ein Ausdruck einer normalen Auseinandersetzung des Organismus mit einem (bereits bekannten) Antigen und damit kein Indikator für eine klinisch relevante Sensibilisierung. Bei der Verwendung insbesondere von Proteinantigenen als Stimuli ist zu beachten, dass Verunreinigungen des eingesetzten Antigens mit Endotoxinen eine falsch positive Proliferation induzieren können. Da Schimmelpilzallergene nicht zu einer Typ-IV-Sensibilisierung führen, sind Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze als diagnostische Verfahren nicht indiziert [33].

Kernbotschaft 20, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze sind als diagnostische Verfahren nicht indiziert [33] und sollen deshalb nicht durchgeführt werden.

e) Vollbluttest (VBT)

Um die Immunreaktivität aufgrund von Schimmelpilzexpositionen zu beschreiben, hat in letzter Zeit der Vollbluttest, d. h. die zelluläre Analyse mit Blut von exponierten Personen, als mögliches zusätzliches Instrument an Bedeutung gewonnen [674]. Die Verwendung von Vollblut ohne weitere Zellisolationsschritte ist ein relativ einfacher experimenteller Ansatz, um Einblick in die Immunantwort zu gewinnen [675] [676] . Ein Vollbluttest (VBT) kann auf zwei verschiedene Arten verwendet werden: entweder als Instrument zur Beschreibung der pyrogenen und proinflammatorischen Eigenschaften von Bioaerosol-/Staubproben (Beanspruchungsanalyse) oder zur Analyse von individuellen Veränderungen der immunologischen Reaktivität einer Person (Belastungsanalyse) mit ihrem frischen Blut [677]. Generell ist der VBT ein zweistufiger Test. In Schritt 1 wird das Blut mit den entsprechenden Stimuli (u. a. Schimmelpilzextrakte) inkubiert, und in Schritt 2 wird die Zytokinfreisetzung (IL-1β, IL-6, IL-8) im zellfreien Überstand mittels ELISA quantifiziert [678]. Eine aktuelle Pilot-Studie mit dem Vollblut von 29 Schimmelpilz-exponierten und 19 nicht Schimmelpilz-exponierten Personen deutet darauf hin, dass die In-vitro-Stimulation von Frischblut einzelner Proband*innen mit Schimmelpilzextrakten und die anschließende Zytokinfreisetzung zwar krankheitsbedingte zelluläre Unterschiede widerspiegelte, aber nicht die Schimmelpilzexposition anzeigt [643]. In Kombination mit weiteren Daten kann der VBT ein hilfreiches und interessantes Werkzeug in der Forschung sein, zum Beispiel bei der Beschreibung der komplexen Immunantwort auf Schimmelpilze. Obwohl sich statistisch signifikante Unterschied auf Gruppenbasis finden lassen [678], hilft der VBT im Einzelfall zur Bewertung einer Schimmelpilzexposition nicht weiter. Der VBT ist damit kein geeignetes Instrument zur Validierung der Schimmelpilzexposition und kann somit für die Diagnostik nicht empfohlen werden.

Kernbotschaft 21, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Der Vollbluttest (VBT) ist kein geeignetes Instrument zum Nachweis einer Schimmelpilzsensibilisierung und soll daher nicht durchgeführt werden.

3.5.1.3 Provokationstests

Ergeben Anamnese, körperliche Untersuchung und Serologie keine eindeutige Diagnose zum Nachweis einer Schimmelpilzallergie, kann ein Provokationstest indiziert sein, wenn sich daraus wichtige Konsequenzen für Therapie, Prävention und/oder Kompensation ergeben [679]. Hierbei wird der Patient/die Patientin mit den infrage kommenden Allergenen auf natürlichem Wege konfrontiert, um als Folge eine allergische Sofortreaktion (Typ I) mit den entsprechenden typischen Beschwerden unter kontrollierten Bedingungen zu provozieren. Mit einem organbezogenen Provokationstest soll die klinische Aktualität von vorhandenen Sensibilisierungen oder vermeintlich beobachteten Symptomen gesichert werden.

Ebenso belegte die Studie von O’Driscoll et al. (2009) [680], dass die Korrelation zwischen Hauttestergebnissen und den spezifischen IgE-Befunden bei der Schimmelpilzdiagnostik unbefriedigend ist. Daher wird empfohlen, für eine zielführende Diagnostik alle verfügbaren Methoden, sowohl Hauttestung als auch serologische Untersuchungen, einzubeziehen und auch Testextrakte – falls verfügbar – von unterschiedlichen Herstellern zu verwenden. Die alleinige Verwendung einer serologischen IgE-Bestimmung zum Nachweis einer Schimmelpilzsensibilisierung erscheint hinsichtlich der Sensitivität nicht ausreichend zu sein [681].

Auf Tests mit kommerziellen Extrakten sollte jedoch grundsätzlich nicht verzichtet werden, da diese einfach zu handhaben sind und ihre biologische Qualität durch Chargenprüfungen des Paul-Ehrlich-Institutes kontrolliert wird.

Es hat sich bewährt, für bestimmte Fragestellungen feste Testreihen zusammenzustellen. Die Auswahl von standardmäßig zu testenden Aeroallergenen muss individuelle, berufliche und regionale Gegebenheiten berücksichtigen [682].

Häufig treten im Abgleich mit der Anamnese und der Hauttestung falsch negative Ergebnisse auf [683].

Insbesondere die Ergebnisse von Tests mit selteneren Allergenen sowie instabilen Schimmelpilzallergenen sind kritisch zu werten.

Daraus folgt, dass negative In-vitro- und In-vivo-Testergebnisse eine Sensibilisierung oder Allergie auf Schimmelpilze nicht ausschließen.

Bei völlig fehlenden IgE-vermittelten Sensibilisierungen gegenüber den weitgehend standardisierten Hauttestlösungen von üblichen Umweltallergenen ist eine Schimmelpilzallergie eine Rarität.

Bei jedem Provokationstest besteht das Risiko für eine schwere allergische Reaktion, im ungünstigsten Fall für einen anaphylaktischen Schockzustand. Ärzt*innen und Pflegepersonal müssen deshalb über entsprechende Erfahrungen verfügen, bei Testung und Provokation eine Notfallausrüstung vorhalten und mit der Behandlung von Notfällen vertraut sein [683].

Provokationstestungen sollten nicht erfolgen bei einem hohen Sensibilisierungsgrad, bei akuten entzündlichen Erkrankungen der Nase, bei akuten allergischen Reaktionen an anderen Organen, bei schweren Allgemeinreaktionen, bei der Einnahme von Medikamenten, die das Risiko von Unverträglichkeitsreaktionen erhöhen (ACE-Hemmer, Betablocker) [652], sowie grundsätzlich bei Kindern unter 5 Jahren.

Testmaterialien

Aktuell werden nur noch wenige kommerzielle Schimmelpilzallergen-Testextrakte von einzelnen Herstellern angeboten. Wie Untersuchungen von Kespohl et al. 2013 [684] mittels detaillierter biochemischer und immunologischer Analysen nachweisen konnten, weisen die Schimmelpilzallergenextrakte eine sehr hohe Variabilität in der Allergenzusammensetzung auf, und Präparate einer Schimmelpilzart von unterschiedlichen Herstellern sind nicht vergleichbar. Eine Ausnahme stellen die Hauttestextrakte des Außenluftschimmelpilzes Alternaria dar. Hinsichtlich Lagerung und Haltbarkeit der Testsubstanzen gelten auch für die Schimmelpilzextrakte die für die Hauttestungen üblichen Rahmenbedingungen (Lagerung der Extrakte im Kühlschrank bei einer mittleren Temperatur von 4 °C, Verfallsdaten der Testlösungen beachten [682]).

Gemäß den der EU-Direktive 2001/83/EC, Artikel 1(4b) sind Testallergene als Arzneimittel definiert. Das damit verknüpfte Zulassungsprozedere führt eher dazu, dass insbesondere Schimmelpilzextrakte, deren Herstellung sehr aufwendig und kostenintensiv ist, kommerziell nicht mehr verfügbar sind und somit die Diagnostik stärker eingeschränkt wird. Sinnvolle Strategien für die Zukunft im Interesse der Betroffenen sollten hier schnellstmöglich gefunden werden.

a) Hauttestung

Hauttests (HT) bilden nach der Anamnese die Grundlage der allergologischen Diagnostik und sind schnell und relativ kostengünstig durchzuführen. In der Regel sind sie ausreichend aussagefähig und mit einer geringen Komplikationsrate behaftet. Die Durchführung des HT sollte nach den entsprechenden deutschen bzw. europäischen Positionspapieren erfolgen [685].

Bei Hauttestungen unterscheidet man epikutane (Patch-Test, Reibtest) von kutanen Tests (Scratch-, Prick-, Intrakutantest). Die Allergenkonzentration von Lösungen für den Intrakutantest liegt üblicherweise um den Faktor 100–1000 niedriger als bei Pricktestlösungen. Allerdings stehen keine kommerziellen Intrakutantestlösungen mehr zur Verfügung (Stand: seit Juni 2015), sodass diese Diagnostik zum Nachweis einer Schimmelpilz-Sensibilisierung entfällt. Durch Einbringen einer Allergendosis auf oder in die Haut wird eine allergische Reaktion ausgelöst. Bei Verdacht auf inhalative Allergien auf Schimmelpilzsporen wird man i. d. R. einen Pricktest durchführen.

Größe und Beschaffenheit des reagierenden Areals (Erythem, Quaddel) werden als Maß für den Sensibilisierungsgrad des Organismus benutzt [682].

Das Maximum der Histaminreaktion tritt innerhalb von 15 Minuten auf. Allergen-induzierte Reaktionen haben ihr Maximum nach 15–20 Minuten. Die Rückbildung erfolgt meist innerhalb von 1–2 Stunden. Einige Stunden später können verzögerte Soforttypreaktionen auftreten, die als Quaddel oder als Erythem imponieren. Weiter sind Spättypreaktionen möglich, die sich innerhalb von Stunden bis wenige Tage nach dem Test z. B. als gerötete Papel oder Ekzem zeigen [682].

Bei allen Tests können diese Spättypreaktionen sowohl bei negativer als auch bei positiver Sofortreaktion als eine verzögerte Reaktion (nach 6–24 Stunden) oder als eine Spätreaktion (bis 48 Stunden) auftreten, weshalb das Beobachtungsintervall von 24 Stunden nicht unterschritten werden sollte (als Patient*innenselbstbeobachtung möglich). Ein positives Resultat bei Hauttestungen setzt sowohl funktionsfähige immunologische Mechanismen als auch die Reaktionsfähigkeit der Haut voraus. Bei Einnahme von Medikamenten mit Einfluss auf die Immunreaktion (wie z. B. Antihistaminika, Kortikoide) und bei ekzematösen oder urtikariellen Hauterkrankungen wird das Resultat zweifelhaft.

Als zu testendes Hautareal bieten sich die Innenseiten der Unterarme oder auch der Rücken an.

Kernbotschaft 14, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Der Nachweis von spezifischem IgE oder einer positiven Reaktion im Hauttest bedeuten zunächst nur, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Eine klinisch relevante Allergie stellt sich dann erst im Zusammenhang mit typischen allergischen Symptomen dar.

Kernbotschaft 15, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Ein negatives Ergebnis einer Hauttestung oder einer spezifischen IgE-Testung auf Schimmelpilze schließen eine Sensibilisierung auf Schimmelpilze nicht sicher aus. Gründe dafür sind u. a. die unterschiedliche Zusammensetzung und Qualität von Testextrakten oder das fehlende Vorhandensein relevanter Allergene.

Querverweise:

Ruëff F, Bergmann K-C, Brockow K, Fuchs T, Grübl A, Jung K, Klimek L, Müsken H, Pfaar O, Przybilla B, Sitter H, Wehrmann W. Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttypreaktionen. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) in Abstimmung mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (ÄDA), dem Berufsverband Deutscher Dermatologen (BVDD), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA). Allergo J 2010; 19: 402–415; https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_Hauttests-bei-Soforttypreaktionen2010.pdf

Ruëff F, Bergmann K-C, Brockow K, Fuchs T, Grübl A, Jung K, Klimek L, Müsken H, Pfaar O, Przybilla B, Sitter H, Wehrmann W. Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttyp-Reaktionen. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinischen Immunologie (DGAKI). Pneumologie 2011; 65: 484–495. DOI: 10.1055/s-0030-1256476; https://www.thieme.de/statics/dokumente/thieme/final/de/dokumente/zw_pneumologie/Hauttest_Allergie.pdf

b) Nasale Provokationstestung (NPT)

Der nasale Provokationstest (NPT) ermöglicht die Reproduktion einer allergischen Reaktion am Manifestationsorgan unter standardisierten Bedingungen und gilt als einfaches und sicheres Verfahren mit hoher Spezifität und Sensitivität [685] [686] [687] [688]. Auswertung und Durchführung erfolgen gemäß den Standards des Positionspapiers der EAACI (European Academy of Allergology and Clinical Immunology) [689].

Bei Inhalationsallergien auf Schimmelpilzsporen treten meist persistierende Atemwegssymptome auf. Dies kann einen eindeutigen anamnestischen Bezug erschweren. Der NPT kann in diesem Zusammenhang die Verdachtsdiagnose einer allergischen Reaktion der Atemwege bestätigen oder widerlegen. Auch bei Kontraindikationen für einen Hauttest, bei Verdacht auf eine Lokale Allergische Rhinitis (LAR) und zur Verlaufskontrolle von Therapien wie der allergenspezifischen Immuntherapie (SIT) ist der NPT indiziert. Auch für Provokationstestlösungen gilt, dass zunehmend weniger Testsubstanzen zur Verfügung stehen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Leitlinie befindet sich die Leitlinie „Standardisierte Durchführung des nasalen und konjunktivalen Provokationstest bei allergischen Erkrankungen der oberen Atemwege“ in Überarbeitung. Für die Durchführung des NPT sei auf diese Leitlinie verwiesen.

Querverweis:

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinischen Immunologie e. V. (DGAKI). Sk2-Leitlinie „Standardisierte Durchführung des nasalen und konjunktivalen Provokationstest bei allergischen Erkrankungen der oberen Atemwege“ – Standardized Application of Nasal and Conjunctival Provocation Test on Allergic Diseases oft he Upper Airways. Geplante Fertigstellung: 30.06.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-009

c) Konjunktivaler Provokationstest (KPT)

Der KPT sollte nur im symptomfreien Zustand erfolgen, zur Anwendung kommen in der Regel standardisierte Prick-Testlösungen von 1:10, evtl. in höherer Verdünnung [690]. Zunächst wird eine Kontrolllösung in den unteren Konjunktivalsack gegeben und eine mögliche Reaktion 10 Minuten abgewartet (Kontrollauge). Dann wird ein Tropfen der Allergentestlösung in die untere Konjunktiva des anderen Auges (Testauge) appliziert. Ein positives Testergebnis zeigt sich in einem zunehmenden Juckreiz, gesteigerter Tränensekretion, Fremdkörpergefühl, Lichtscheu u. a. ([ Tab. 10 ]).

Tab. 10

Stadium I–IV nach konjunktivalem Provokationstest (KPT) [690].

Stadium I

Fremdkörpergefühl, Rötung der Conjunctiva, beginnender Juckreiz

Stadium II

wie I, zusätzlich Tränenfluss, stärkerer Juckreiz, Rötung der Conjunctiva tarsi des Unterlids

Stadium III

wie II, zusätzlich Rötung der Conjunctiva tarsi des Oberlids, starker Juckreiz, Blepharospasmus

Stadium IV

wie III, zusätzlich Chemosis, Lidschwellung, unwiderstehlicher Juckreiz

Sobald das Stadium II–III erreicht worden ist, gilt die Testung als positiv und weitere, schwerere Reaktionen können dem Patienten/der Patientin durch Ausspülen des Bindehautsacks mit physiologischer Kochsalzlösung sowie der Gabe von Augentropfen (Antihistaminika, Vasokonstriktiva) erspart werden.

Der KPT ist deutlich schlechter standardisiert als der NPT, erfasst zudem nicht direkt die Reaktion der Atemwegsschleimhaut als Manifestationsorgan bei Aeroallergenen und ist daher kein Standardtestverfahren.

Ein KPT kann indiziert sein, wenn

  • eine überwiegend konjunktivale Symptomatik besteht.

  • bei nasalen Beschwerden eine NPT aufgrund von Kontraindikationen oder kürzlich stattgefundener endonasaler Operation nicht möglich ist.

Querverweis:

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinischen Immunologie e. V. (DGAKI). Sk2-Leitlinie Standardisierte Durchführung des nasalen und konjunktivalen Provokationstest bei allergischen Erkrankungen der oberen Atemwege – Standardized Application of Nasal and Conjunctival Provocation Test on Allergic Diseases oft he Upper Airways. Geplante Fertigstellung: 30.06.2023; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-009

d) Bronchialer Provokationstest (BPT)

Ein bronchialer Provokationstest kann indiziert sein, wenn die Diagnose nicht durch eine Kombination aus Expositionsermittlungen und weniger invasiven diagnostischen Werkzeugen wie Anamnese von Asthmabeschwerden und Antikörpernachweis und Hauttestung gestellt werden kann. Insbesondere bei den perennial vorkommenden Innenraum-Schimmelpilzen ist die Anamnese in der Regel nicht zielführend. Fakultativ besteht eine Indikation zur Absicherung der Diagnose vor einer Hyposensibilisierung und wenn ein gerichtsverwertbarer Zusammenhang mit einer bestimmten Exposition begutachtet werden soll [679]. In Analogie zu anderen Inhalationsallergenen kann der Sensibilisierungsgrad orientierend berücksichtigt werden. Insofern kommt dem bronchialen Provokationstest bei Verdacht auf ein allergisches perenniales Asthma durch Innenraum-Schimmelpilze eine große Bedeutung zu. Die Auswahl des Allergens sollte sich am Sensibilisierungsspektrum orientieren. Die Evidenz für eine Provokationstestung bei fehlendem Sensibilisierungsnachweis ist nicht ausreichend, sodass hierfür keine Empfehlung gegeben werden kann.

Allergenextrakte aus Schimmelpilzen eignen sich aufgrund ausreichender Löslichkeit grundsätzlich für Provokationstestungen. Da keine ausreichende Quantifizierung von Schimmelpilzen in nativen Materialien mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann, ist eine Testung mit nativem Material im Labor keine geeignete Methode. Die Testung in und abseits potenziell belasteter Räume kann den Hinweis auf eine Allergenquelle liefern, ist aber hinsichtlich des auslösenden Agens nicht beurteilbar.

Das Spektrum kommerzieller Extrakte für Provokationstests wird zunehmend beschränkter. Die Durchführung muss sich an der entsprechenden Leitlinie orientieren (Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen, Teil I und II 2001).

Bei der Beurteilung von Provokationstests mit Allergenen ist grundsätzlich sowohl mit falsch-positiven als auch falsch-negativen Reaktionen zu rechnen. In Ermangelung eines klinisch relevanten Goldstandards ist eine Aussage über Sensitivität und Spezifität allgemein problematisch und wird bei Schimmelpilzen in besonderem Maße durch die unzureichenden Untersuchungen zur Qualität der Testextrakte erschwert. Aktuellere Untersuchungen aus Finnland an beruflich Schimmelpilz-Exponierten zeigen, dass die Provokationstestung mit kommerziellen Schimmelpilz-Extrakten möglicherweise deutlich sensitiver ist als der Sensibilisierungsnachweis [691]. Diese Daten bedürfen der Bestätigung. Die Beurteilung der Provokationsreaktion bei Schimmelpilzprovokationen ist insofern eine Herausforderung, auch weil häufig isolierte Spätreaktionen beschrieben wurden [691].

Querverweise:

Gonsior E, Henzgen M, Jörres RA, Kroidl RF, Merget R, Riffelmann F-W, Wallenstein G. Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil I. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Allergo J 2000; 9; 193–199. https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilA20001.pdf

Gonsior E, Henzgen M, Jörres RA, Kroidl RF, Merget R, Riffelmann F-W, Wallenstein G. Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil II. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Teil B: Allergo J 2001; 10: 257–264. https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilB2001.pdf

Gonsior E, Henzgen M, Jörres RA, Kroidl RF, Merget R, Riffelmann F-W, Wallenstein G. Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen. Pneumologie 2002; 56(3): 187–198. DOI: 10.1055/s-2002-20553

Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM). S2k-Leitlinie Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest (AIT) – specific inhalation challende (SIC), Version 3.1. Registernummer 002-026. Stand: 25.01.2021. Gültig bis: 24.01.2026; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/002-026

3.5.1.4 Allergologische Differenzialdiagnostik (Pollen, Hausstaubmilben, Indoor-Allergene)

Bei unspezifischen gesundheitlichen Beschwerden, die in Zusammenhang mit sichtbaren oder verdeckten Schimmelpilzschäden gebracht werden, ist zu beachten, dass die in diesen Fällen angegebenen Symptome (z. B. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen) auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen und im Zusammenhang mit anderen Innenraumbelastungen (z. B. VOC, Formaldehyd, Holzschutzmittel, Insektizide, Tabakrauch) auftreten können. Ein Hausbesuch ist zur Orientierung grundsätzlich zu empfehlen, ggf. zusammen mit Innenraumdiagnostiker*innen und Bausachverständigen.

Da Schimmelpilze in Innenräumen meist gleichzeitig mit anderen Allergenen vorkommen, ist eine Abgrenzung Schimmelpilz-spezifischer Wirkungen problematisch. Es hat sich z. B. gezeigt, dass die frühe Exposition gegenüber Hausstaubmilben möglicherweise im ersten Lebensjahr zu Symptomen führt, die einer Obstruktion der oberen Atemwege entsprechen [692]. Antigene der Hausstaubmilben, das Katzenantigen Fel d 1, von außen in den Innenraum eingetragene Antigene sowie Bakterien und Endotoxine müssen mitberücksichtigt werden [693]. Hausstaubmilben (und auch Bakterien) stellen einen besonderen Confounder dar, da sie genau wie Schimmelpilze in Räumen mit höherer Luft- und Materialfeuchtigkeit gehäuft auftreten. Besonders problematisch ist, dass zahlreiche Allergene biologischen Ursprungs einem saisonalen Zyklus ähnlich dem der außenlufttypischen Schimmelpilze unterliegen. So finden sich in Außen- und Innenraumluft gerade im Sommer/Spätsommer nicht nur vermehrt Schimmelpilzsporen (v. a. Cladosporium und Alternaria), sondern auch zahlreiche Gräser- und Kräuterpollen. Die diagnostische Abklärung zu den weiteren Innenraumallergenen ist daher z. B. durch die spezifische IgE-Bestimmung bzw. durch einen Hauttest sinnvoll.

[ Abb. 6 ] zeigt beispielhaft für die Messstation in Leverkusen den saisonalen Schimmelpilzsporenflug für Alternaria und Cladosporium, der die Gräser-/Kräutersaison überlagert und die differenzierte Zuordnung der Allergiebeschwerden im Sommer allein nach der Anamnese erschwert.

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Abb. 6 Jahresverlauf zum Vorkommen von Schimmelpilzsporen in der Außenluft, Sporenkonzentrationen als Wochenwerte in Sporen/m3 Luft, Pollenfalle in Leverkusen. Quelle: Mülleneisen 2023, unveröffentlichte Daten. Zur Konzentrationsbestimmung diente eine volumetrische Sporenfalle nach dem Hirst-Prinzip [694] mit dazugehöriger mikroskopischer Analyse der Proben. Das Messverfahren ist standardisiert [695]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

Kernbotschaft 11, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Grundsätzlich sind bei entsprechender Exposition sehr viele Schimmelpilzarten geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potenzial aber insgesamt als geringer einzuschätzen [31] [32].


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3.5.2 Funktionsdiagnostische Verfahren

Tränenfilmabrisszeit

Die Tränenfilmabrisszeit, die beispielsweise in einer Studie von Norbäck et al. (2017) [696] eine Assoziation mit Pilz-DNA im Staub von Klassenräumen zeigt, eignet sich aufgrund vielfältiger anderer Einflussfaktoren nicht für die individuelle medizinische Diagnostik zur Objektivierung von Innenraumschimmel-assoziierten Augenbeschwerden.

Lungenfunktionsdiagnostik

Studien zeigen eine Assoziation von Schimmelexposition im Innenraum und Lungenfunktionsveränderungen bei gesunden Innenraumnutzer*innen [697] [698]. In der individualmedizinischen Diagnostik kann jedoch mit einer Lungenfunktionsdiagnostik ohne spezifische Provokation keine Innenraumschimmel-assoziierte Lungenfunktionsstörung diagnostiziert werden.

NO in der Ausatemluft

In wissenschaftlichen Untersuchungen zeigt sich eine Assoziation von Schimmel im Innenraum und NO in der Ausatemluft bei gesunden Personen [699] [700] [701]. Individualmedizinisch kann mit der Bestimmung von NO in der Ausatemluft keine Innenraumschimmel-assoziierte Reaktion der Atemwege diagnostiziert werden.

Kernbotschaft 25, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Folgende diagnostische Methoden sollen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden, weil es hierfür keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz gibt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Nachweis von Schimmelpilzen im Blut, Bestimmung von gegen Schimmelpilze gerichteten IgA-Antikörpern, Bestimmung von Lymphozyten-Subpopulationen, Bestimmung von Zytokinen, Bestimmung des oxidativen Stresses, Visual Contrast Sensitivity Test (VCS-Test), Tränenfilmabrisszeit.


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3.5.3 Infektiologische Diagnostik

Systemische Mykosen:

Zum Vorgehen bei Schimmelpilzinfektionen wird auf die entsprechende Leitlinie verwiesen.

Kernbotschaft 23, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Mikrobiologische, immunologische, molekularbiologische und radiologische Verfahren sind Kernelemente der Schimmelpilzinfektionsdiagnostik und sollen je nach Indikation eingesetzt werden.

Querverweis:

Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Diagnostik. Stand: 2018

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Ruhnke M, Behre G, Buchheidt D, Christopeit M, Hamprecht A, Heinz W, Heussel CP, Horger M, Kurzai O, Karthaus M, Löffler J, Maschmeyer G, Penack O, Rieger C, Rickerts V, Ritter J, Schmidt-Hieber M, Schuelper N, Schwartz S, Ullmann A, Vehreschild JJ, von Lilienfeld-Toal M, Weber T, Wolf HH. Diagnosis of invasive fungal diseases in haematology and oncology: 2018 update of the recommendations of the infectious diseases working party of the German society for hematology and medical oncology (AGIHO). Mycoses 2018; 61(11): 796–813. DOI: 10.1111/myc.12838, für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO); https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/invasive-pilzinfektionen-diagnostik/@@guideline/html/index.html


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3.5.4 Toxikologische Diagnostik

Mykotoxine

Ungefähr 400 Mykotoxine sind als sekundäre Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen bekannt [446]. Aufgrund ihrer chemischen Vielfalt können diese nicht mit nur einem analytischen Verfahren in der Umwelt (Umweltmonitoring) bzw. in den human-biologischen Materialien Blut und/oder Urin (Human-Biomonitoring – HBM) nachgewiesen werden. Hierzu bedarf es unterschiedlicher standardisierter Probennahme- und Messmethoden.

Die routinemäßige Bestimmung von Mykotoxinen in der Innenraumluft (Umweltmonitoring) oder in schimmelpilzbelasteten Baumaterialien hat weder eine medizinisch-diagnostische Bedeutung, da verlässliche Daten zur inhalativen Toxizität und lungengängigen Konzentrationen in der Luft sowie nach wie vor standardisierte Probenahme- und Untersuchungsmethoden fehlen, noch ist sie für eine Sanierungsentscheidung relevant, da jeder massive Schimmelbefall umgehend zu beseitigen ist, unabhängig davon, ob Mykotoxine gebildet wurden oder nicht [186] [446] [702].

Kernbotschaft 4, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

In der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition hat das Umweltmonitoring von Mykotoxinen in der Innenraumluft und im Hausstaub keine Indikation.

Bisher können nur wenige Mykotoxine in human-biologischen Materialen (HBM) zuverlässig nachgewiesen werden.

Inzwischen können insbesondere Mykotoxine aus nahrungsbedingter Aufnahme und beruflicher Exposition [703] [704] [705] [706] [707] in human-biologischen Materialen (HBM) zuverlässig quantitativ nachgewiesen werden [63] [446] [708] [709].

Trotzdem bedarf es standardisierter Kriterien zu HBM-Probennahme und -Analysenmethoden [710] [711]. Es gibt nach wie vor keine Indikation für eine Bestimmung von Mykotoxinen in human-biologischen Materialen (HBM) in der medizinischen Diagnostik bei Patient*innen mit einer Schimmelexposition in Innenräumen [186].

Kernbotschaft 24, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

In der medizinischen Diagnostik bei Innenraum-Schimmelexposition hat das Human-Biomonitoring von Mykotoxinen keine Indikation und soll daher nicht durchgeführt werden.

Microbial Volatile Organic Compounds (MVOC)

Mit dem Begriff MVOC werden flüchtige organische Verbindungen bezeichnet, welche von Schimmelpilzen und Bakterien gebildet werden. Im Stoffwechsel von Schimmelpilzen und Bakterien entstehen zahlreiche flüchtige Metabolite, die als OVOC (Odour Active Volatile Organic Compounds) für den „Schimmel-Geruch“ verantwortlich sind. Einige Substanzen haben durchaus angenehme Geruchsnoten, so riecht 1-Octen-3-ol typisch nach Pilzen, 2-Heptanon fruchtartig, das Terpen Geosmin erdrig. Zusammen ergeben diese Stoffe einen modrig-muffigen, typisch „schimmeligen“ Geruchseindruck. Dieser wird als störend empfunden und oft mit „Verderb“ und „Unsauberkeit“ assoziiert. Bisweilen wird von den Betroffenen befürchtet, dass von den Geruchsstoffen selbst eine toxische Gesundheitsgefährdung ausgeht. Viele MVOC besitzen osmophore Gruppen (Carbonyl-, S-, N- oder OH-Gruppen) und haben sehr niedrige Geruchsschwellen [468] [470] [471].

Es muss berücksichtigt werden, dass für viele sogenannte MVOC neben mikrobiellen auch andere Quellen existieren (Tabakrauch, Kochen, Backen, Braten, Topfpflanzenerde, Komposteimer, etc.) [473] [474] [475] [476] [477].

Ungeklärt ist bisher, ob von sogenannten MVOC in den in Innenräumen vorkommenden Konzentrationen im unteren µg/m³-Bereich biologische Signalwirkungen ausgehen [478] [479]. Olfaktorisch-psychische Kopplungsreaktionen mit unspezifischen Beschwerden sind bei entsprechenden kakosmischen Auffälligkeiten möglich, toxische Reaktionen sind hingegen unwahrscheinlich [480] [481].

Die Bestimmung der MVOC-Konzentration in der Innenraumluft ist für die medizinische Diagnostik nicht sinnvoll.

Kernbotschaft 5, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

In der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition hat das Umweltmonitoring von Microbial Volatile Organic Compounds (mikrobiologisch produzierte flüchtige organische Komponenten; MVOC) in der Innenraumluft keine Indikation.


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3.5.5 Diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen

Häufig werden diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen von Patient*innen eingefordert, aber auch von Ärzt*innen und Therapeut*innen verschiedener Disziplinen propagiert (z. B. [154]). Dabei fällt auf, dass wissenschaftliche und für andere Fragestellungen begründete Verfahren wie das Human-Biomonitoring zweckentfremdet angewandt werden, um dem Vorgehen den Anschein der Wissenschaftlichkeit zu verleihen. Ähnliches gilt auch für die phantasievollen Namen mancher zur Anwendung gebrachter Verfahren. Ohne im Einzelnen eine Verfahrenskritik mit den Patient*innen auszutragen, muss auch deren Schutz vor teuren und unsinnigen Verfahren ein Anliegen der umweltmedizinischen Beratung sein. Das Recht auf einen Pluralismus von Denkrichtungen und Verfahren soll hiervon unberührt bleiben [712].

Zu verschiedenen diagnostischen Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen in der Umweltmedizin hat die Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des RKI detailliert Stellung genommen [33] [713] [714] [715] [716] [717].

Diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen müssen wie alle medizinischen Methoden nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand geprüft und bewertet werden [718]. Zudem sollen zu diesen Methoden unmissverständliche Stellungnahmen von Expert*innen, Fachgesellschaften und Institutionen in Fachzeitschriften und Laienpresse sowie in Fernsehsendungen erfolgen. Darüber hinaus sollen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Kosten für diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen nur dann übernehmen, wenn deren Nutzen nachgewiesen wurde [719].

In [ Tab. 11 ] sind Beispiele für diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen dargestellt [33] [713] [714] [715] [716] [717] [719] [720] [721] [722] [723] [724] [725]. Von diesen wird mangels Evidenz abgeraten.

Tab. 11

Auswahl diagnostischer Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen in der Umweltmedizin [33] [713] [714] [715] [716] [717] [719] [720] [721] [722] [723] [724] [725].

Diagnostische Methoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz

Belastungsuntersuchungen in Körpermedien

z. B. Schimmelpilze im Blut

allergologische Untersuchungen

z. B. Serial dilution titration, zytotoxische Blutuntersuchungen, Bestimmung von gegen Schimmelpilze gerichteten IgG- und IgA-Antikörpern bei Typ-I-Allergie

Untersuchungen zu Störungen des Immunsystems

z. B. Lymphozytenstimulationstest (LTT), Bestimmung von Lymphozyten-Subpopulationen, Bestimmung von Zytokinen

Untersuchungen des oxidativen Systems

z. B. Bestimmung des oxidativen Stresses

ophthalmologische Untersuchungen

z. B. Visual Contrast Sensitivity Test (VCS-Test)

Diagnostische Methoden ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen

ganzheitliche oder bioenergetische Diagnoseverfahren

z. B. Elektroakupunktur nach Voll, Bioresonanzverfahren, Pendeln, Vega-Test, Decoder-Dermografie, Biotonometrie, Biotensor, Kirlianfotografie (Plasmaprintverfahren, energetische Terminalpunktdiagnose), Regulationsthermografie nach Rost, Aurikulodiagnostik, Kinesiologie, Auraskopie, Irisdiagnostik

Verfahren der „Klinischen Ökologie“

z. B. zytotoxische Bluttests, Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test)

Kernbotschaft 25, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Folgende diagnostische Methoden sollen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden, weil es hierfür keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz gibt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Nachweis von Schimmelpilzen im Blut, Bestimmung von gegen Schimmelpilze gerichteten IgA-Antikörpern, Bestimmung von Lymphozyten-Subpopulationen, Bestimmung von Zytokinen, Bestimmung des oxidativen Stresses, Visual Contrast Sensitivity Test (VCS-Test), Tränenfilmabrisszeit.

Kernbotschaft 26, Abschnitt 1.3 Kernbotschaften:

Folgende diagnostische Methoden sollen mangels medizinisch-naturwissenschaftlicher Grundlagen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Elektroakupunktur nach Voll, Bioresonanzverfahren, Pendeln, Vega-Test, Decoder-Dermografie, Biotonometrie, Biotensor, Kirlianfotografie (Plasmaprintverfahren, energetische Terminalpunktdiagnose), Regulationsthermografie nach Rost, Aurikulodiagnostik, Kinesiologie, Auraskopie, Irisdiagnostik, zytotoxische Bluttests, Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test).


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4 Therapie

Auch dann, wenn kausal der Zusammenhang zwischen Beschwerden/Befunden/Krankheiten und dem Vorkommen von Schimmel/Feuchte im Innenraum nicht nachgewiesen werden kann, ist aus präventiver und hygienischer Sicht, beim Vorhandensein eines Feuchte-/Schimmelschadens die erste „therapeutische“ Maßnahme die zügige fach- und sachgerechte Sanierung und bei schwerwiegenden Krankheitsbildern mit hohem Gesundheitsrisiko (Immunsuppression gemäß den Kriterien der KRINKO [30], schwer verlaufender Influenza, schwer verlaufender COVID-19, Mukoviszidose (zystischer Fibrose), Asthma, Rhinokonjunktivitis, Rhinosinusitis) die umgehende Expositionsminimierung.

4.1 Allergologische Therapie

4.1.1 Allgemeine medikamentöse Behandlung

Grundsätzlich ist bei einer Schimmelpilzallergie in Abhängigkeit von der organspezifischen Ausprägung der allergischen Erkrankung eine topische und/oder systemische Therapie indiziert.

Die medikamentöse Behandlung allergologischer Krankheitsbilder (Rhinitis, Konjunktivitis, Sinusitis, Asthma bronchiale), die mit einer Exposition gegenüber Schimmelpilzen assoziiert sind, unterscheidet sich nicht von der Therapie bei anderen Allergenen (z. B. Pollen).

Bezüglich der (organbezogenen) medikamentösen Therapie einer Allergie wird auf die entsprechenden Leitlinien verwiesen [726] [727] [728].


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4.1.2 Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung)

Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist die einzige Therapie bei Allergien, die kausal eine immunmodulierende Funktion besitzt. Mit der Zuführung von Therapieallergenen werden spezifische blockierende Antikörper, toleranzinduzierende Zellen und Botenstoffe aktiviert. Dies führt zu einer Abschwächung der durch Allergene ausgelösten Immunantwort. In der Folge geht die für die allergischen Beschwerden verantwortliche Entzündungsreaktion im Körper zurück [728].

Die spezifische Immuntherapie (SIT) mit Schimmelpilzextrakten sollte möglichst früh im Krankheitsverlauf zur Anwendung kommen, insbesondere dann, wenn die Maßnahmen der medikamentösen Therapie und der Allergenkarenz zuvor nicht zu einer Stabilisierung der Beschwerden führten [729].

Die entsprechenden Schimmelpilzallergene müssen als Auslöser der allergischen Beschwerden diagnostisch eindeutig gesichert sein. Die Voraussetzung für eine SIT ist der Beleg einer allergenspezifischen IgE-Sensibilisierung von klinischer Relevanz. Die Kombination verschiedener Testmethoden liefert zusammen mit der Anamnese eine ausreichende Basis für eine SIT.

Die Hyposensibilisierung setzt die gesicherte Diagnostik voraus. Hierzu wird auf die aktuelle Leitlinie [728] verwiesen.

Für die Testung auf Schimmelpilzallergene (Prick- oder Intrakutantest) stehen nur noch von wenigen Herstellern Einzel- und Mischallergene zur Verfügung, überwiegend für Außenluftschimmelpilzarten. Für eine leitliniengerechte Provokation vor der spezifischen Immuntherapie kann man derzeit nur noch auf 12 Einzelallergenextrakte und einen Mischallergenextrakt zurückgreifen, die der Therapie-Allergene-Verordnung (TAV) entsprechen (Stand 1/23). Diese sind aber nicht immer im Handel verfügbar. Für die Hyposensibilisierung sollte die Hyposensibilisierungslösung möglichst von dem gleichen Hersteller stammen wie die benutzte Testlösung.

Für die Hyposensibilisierung stehen Präparate für die subkutane Immuntherapie (SCIT) und für die sublinguale Immuntherapie (SLIT) zu Verfügung. Zur SCIT werden nicht modifizierte Allergene als wässrige oder physikalisch gekoppelte Extrakte sowie chemisch modifizierte Extrakte (Allergoide) als Semidepot-Extrakte eingesetzt. Die vorwiegend unmodifizierten Allergenextrakte zur SLIT werden als wässrige Lösungen angewandt. Für die seltenen Schimmelpilzallergene stehen weder für die SLIT noch die SCIT zugelassene Therapieallergene nach der Therapie-Allergene-Verordnung zur Verfügung (http://www.pei.de). Sie können nicht mit den Allergenen, die der TAV genügen, gemischt werden.

Die Injektionen zur SCIT werden von einem Arzt/einer Ärztin durchgeführt, der/die mit dieser Therapieform Erfahrung hat und bei einem allergologischen Zwischenfall zur Notfallbehandlung befähigt ist. Eine vorherige Aufklärung mit Dokumentation ist erforderlich (Patient*innenrechtegesetz beachten und Leitlinie einhalten).

Der individuelle Erfolg der Hyposensibilisierung kann anhand der Ausprägung der klinischen Symptomatik verfolgt werden. Bewährt hat sich ein Beschwerdefragebogen. Regelmäßige Kontrollen mittels Ganzkörperplethysmografie sind bei Asthmatiker*innen oder bei entsprechenden Beschwerden sinnvoll.

Bei Allergien auf Sporen von saisonalen Schimmelpilzen im Freien ist der Nachweis der klinischen Wirksamkeit auf wenige SCIT-Studien mit Alternaria alternata- und Cladosporium herbarum-Extrakten begrenzt [241] [730] [731]. Eine dreijährige DBPC-Studie an Kindern mit einer Allergie auf Alternaria konnte eine Wirksamkeit der SCIT ab dem zweiten Behandlungsjahr belegen [732]. Die Schwierigkeit bei der Herstellung von Schimmelpilzallergenextrakten ist, dass Schimmelpilze biologisch in einem Zuchttank andere Allergene produzieren als in ihrer Sporenform, in der sie inhaliert werden. Zur Überwindung dieses Problems zeigt eine multizentrische, spanische Studie mit 111 Jugendlichen und Erwachsenen vielversprechende Ergebnisse mit einer SCIT mit rekombinantem Alt a 1 [733]. Seit 2020 ist ein Präparat mit Alt a 1-Polymer-Allergoiden auf dem deutschen Markt verfügbar.

Die Wirksamkeit der SLIT ist bezüglich der Hyposensibilisierung gegen Innenraum-relevante Schimmelpilze bisher nicht ausreichend wissenschaftlich gesichert. Vor einer AIT soll die klinische Relevanz einer identifizierten Sensibilisierung und das individuelle Nutzen/Risikoverhältnis sorgfältig geprüft werden [657] [728] [734] [735].

Querverweise:

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI). S2k-Leitlinie Allergen-Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen, Version 5.0. Registernummer 061-004. Stand: 30.06.2022. Gültig bis: 29.06.2027. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-004

Pfaar O, Ankermann T, Augustin M, Bubel P, Böing S, Brehler R, Eng PA, Fischer PJ, Gerstlauer M, Hamelmann E, Jakob T; Kleine-Tebbe J, Kopp MV, Lau S, Mülleneisen N, Müller C, Nemat K, Pfützner W, Saloga J, Strömer K, Schmid-Grendelmeier P, Schuster A, Sturm GJ, Taube C, Szépfalusi Z, Vogelberg C, Wagenmann M, Wehrmann W, Werfel T, Wöhrl S, Worm M, Wedi B; Commenting participation and process support: Kaul S, Mahler V, Schwalfenberg A. Guideline on allergen immunotherapy in IgE-mediated allergic diseases: S2K Guideline of the German Society of Allergology and Clinical Immunology (DGAKI), Society of Pediatric Allergology and Environmental Medicine (GPA), Medical Association of German Allergologists (AeDA), Austrian Society of Allergology and Immunology (ÖGAI), Swiss Society for Allergology and Immunology (SSAI), German Dermatological Society (DDG), German Society of Oto-Rhino-Laryngology, Head and Neck Surgery (DGHNO-KHC), German Society of Pediatrics and Adolescent Medicine (DGKJ), Society of Pediatric Pulmonology (GPP), German Respiratory Society (DGP), German Professional Association of Otolaryngologists (BVHNO), German Association of Paediatric and Adolescent Care Specialists (BVKJ), Federal Association of Pneumologists, Sleep and Respiratory Physicians (BdP), Professional Association of German Dermatologists (BVDD). Allergol Select 2022; 6: 167–232. DOI: 10.5414/ALX02331E


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4.2 Infektiologische Therapie

Systemische Mykosen:

Zum Vorgehen bei Schimmelpilzinfektionen wird auf die entsprechende Leitlinie verwiesen.

Querverweis:

Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen-Therapie. Stand: 2019

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Ruhnke M, Cornely OA, Schmidt-Hieber M, Alakel N, Boell B, Buchheidt D, Christopeit M, Hasenkamp J, Heinz WJ, Hentrich M, Karthaus M, Koldehoff M, Maschmeyer G, Panse J, Penack O, Schleicher J, Teschner D, Ullmann AJ, Vehreschild M, von Lilienfeld-Toal M, Weissinger F, Schwartz S. Treatment of invasive fungal diseases in cancer patients – Revised 2019. Recommendations of the Infectious Diseases Working Party (AGIHO) of the German Society of Hematology and Oncology (DGHO). Mycoses 2020; 63(7): 653–682. DOI: 10.1111/myc.13082, für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO); https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/invasive-pilzinfektionen-therapie/@@guideline/html/index.html


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4.3 Behandlungsmethoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftlicher Grundlagen

Oft werden Behandlungsmethoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftlicher Grundlagen von Patient*innen eingefordert, aber auch von Ärzt*innen und Therapeut*innen verschiedener Disziplinen propagiert (z. B. [154]. Dabei fällt auf, dass wissenschaftlich begründete Verfahren wie eine antimykotische Behandlung missbräuchlich angewandt werden, um dem Vorgehen den Anschein der Wissenschaftlichkeit zu verleihen [712].

In [ Tab. 12 ] sind Beispiele für Behandlungsmethoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftlich Grundlagen dargestellt [719] [720] [721] [736] [737] [738]. Von diesen wird mangels Evidenz abgeraten.

Behandlungsmethoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen müssen wie alle medizinischen Methoden nach dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand geprüft und bewertet werden und als Kassenleistung nur erstattet werden, wenn der therapeutische Nutzen nachgewiesen wurde [719].

Tab. 12

Beispiele Behandlungsmethoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz bzw. ohne medizinisch-naturwissenschaftlicher Grundlagen in der Umweltmedizin [719] [720] [721] [736] [737] [738].

Behandlungsmethoden ohne ausreichende wissenschaftliche Evidenz

nicht leitliniengerechte antimykotische Behandlung

Entgiftungstherapie z. B. mit Cholestyramin (CSM-Therapie)

Ernährungsumstellungen

homöopathische Behandlungen

Symbioselenkung

Behandlungsmethoden ohne medizinisch-naturwissenschaftliche Grundlagen

Bioresonanztherapie (Moratherapie)

Eigenblut- und Eigenurinbehandlung

ganzheitliche Darmsanierung

Salztherapie

Verfahren der „Klinischen Ökologie“ (z. B. Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test)


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4.4 Expositionskarenz

Expositionskarenz bzw. Allergenkarenz hat wie bei allen allergischen Erkrankungen Vorrang. Dennoch ist eine rechtzeitige Medikation erforderlich, damit sich nach einer beschwerdearmen Zeit nicht wieder das Vollbild der allergischen Erkrankung zeigt.

Die Beseitigung der Ursachen von Feuchtigkeit als Grundlage für Schimmelwachstum in Innenräumen steht an erster Stelle. Die Evidenz für den Erfolg von Sanierungsmaßnahmen nach Feuchte- bzw. Schimmelschäden in Bezug auf Asthma- und Atemwegssymptome sowie die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten bei Erwachsenen und Kindern ist moderat [739], wie [ Tab. 13 ] darlegt.

Tab. 13

Cochrane EBM-Review von Sauni et al. (2011) [739] zum Erfolg von Sanierungsmaßnahmen nach Feuchte- bzw. Schimmelschäden in Bezug auf Asthma- und Atemwegssymptome sowie die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten bei Erwachsenen und Kindern.

Maßnahme

Effekt bei Erwachsenen

Effekt bei Kindern

Wohnungssanierung

(Evidenzgrad: moderat)

Giemen (Asthma):
OR 0,64 (KI: 0,55–0,75)

Rhinitis:
OR 0,57 (KI: 0,55–0,66)

akute Behandlungen (mean difference):
MD –0,45 (KI: –0,76 bis –0,14)

Zusammen mit anderen Studien [83] [740] [741] [742] [743] liegt eine ausreichende Evidenz dafür vor, dass eine Intervention, die die Wohnbedingungen in Bezug auf Feuchtigkeit und Schimmelwachstum verbessert [744] [745], die Morbidität für Asthma und respiratorische Allergien günstig beeinflusst.

Für Personen mit erhöhtem Risiko (z. B. Mukoviszidose oder Immunsuppression) beinhalten die empfohlenen Hygienemaßnahmen das Meiden von feuchten Räumen und Räumen mit Schimmelwachstum und die Notwendigkeit einer Sanierung von Schimmelbefall [644] [746].

Durch den Einsatz von speziellen Geräten zur Luftreinigung bzw. Entfeuchtung können die Konzentrationen von luftgetragenen Schimmelpilzbestandteilen (Bioaerosole) reduziert werden [747]. In Europa werden die Filterklassen H13-H14 als HEPA eingestuft. Nach US-Norm muss der Filter mindestens 99,97 % aller Partikel > 0,3 µm abscheiden, vergleichbar mit der Filterklasse H13 nach EN 1822–1:1998. Während HEPA-Filter bei Katzen- und Hundeallergie wirksam waren, gibt es keine Beweise für die Wirksamkeit bei Hausstaubmilben- oder Schimmelpilzallergien [748]. Eine Metaanalyse von 10 randomisierten kontrollierten Studien über Luftfiltration aus den Jahren 1973–1999 fand eine kleine statistisch signifikante Verbesserung der Gesamtsymptomatik und Schlafstörungen bei Verwendung von Luftreinigern, aber keine Verbesserung bei nasalen Symptomen, Medikamentenverbrauch oder Peak-exspiratorischem Fluss (PEF) [749].

Neben der klar indizierten, fachgerechten baulichen Sanierung zur Beseitigung und Vermeidung von Feuchtigkeit und erneutem mikrobiologischen Wachstum im Innenraum (s. unten) liegt für weitergehende technische Maßnahmen (Luftfilter, Luftentfeuchter), die verschiedentlich empfohlen werden [128] [750], wegen fehlender Studien nur eine unzureichende Evidenz vor [2].

Als problematisch sind „Luftreiniger“ mit Ionisatoren einzustufen, da diese zu gesundheitlich bedenklichen Ozonbelastungen führen können [751] [752] [753].

Betroffene selbst sollten die unter den folgenden Kapiteln 4.4.1 und 4.4.2 aufgeführten Empfehlungen beachten.

4.4.1 Innenraum

Schimmelpilzsporen treten immer in der Innenraumluft auf. In der Regel – vor allem im Sommer – wird ihre Konzentration in erster Linie von der Außenluft bestimmt, wobei die Konzentration der typischen Außenluftarten bzw. ‑gattungen (extramurale Pilze wie Cladosporium, sterile Myzelien, ggf. Hefen, ggf. Alternaria, ggf. Botrytis) in der Innenraumluft für gewöhnlich niedriger als in der Außenluft liegt, aber ähnlich abhängig von der Jahreszeit ist wie die Konzentration in der Außenluft. Inzwischen ist allgemein bekannt, dass die normale Hintergrundkonzentration von bestimmten Schimmelpilzarten im Innenraum sich von der der Außenluft deutlich unterscheidet, vor allem im Winter. Der typische Feuchteindikator Aspergillus versicolor-Komplex kann mit einem Hintergrundwert von bis zu ca. 40 KBE/m3 in nicht feuchtebelasteten Innenräumen vorkommen, in der Außenluft ist er sehr selten. Ähnliches gilt auch für andere intramurale Pilze (sogenannte Feuchteindikatoren im Innenraum). Im Fall von Feuchteschäden mit mikrobiellem Wachstum liegen die Konzentrationen häufig oberhalb dieser Referenzwerte [19].

Untypische Außenluftarten bzw. ‑gattungen (intramurale Pilze wie Pilzarten mit hoher Indikation für Feuchteschäden z. B. Acremonium spp., Aspergillus versicolor-Kompex, A. penicillioides, A. restrictus, Chaetomium spp., Phialophora spp., Scopulariopsis brevicaulis, Scopulariopsis fusca, Stachybotrys chartarum, Tritirachium (Engyodontium) album, Trichoderma spp.) liegen hingegen bei Feuchte-/Schimmelschäden in der Innenraumluft in höheren Konzentrationen als in der Außenluft vor [2] [19]. Bei der Sanierung solcher Schäden treten z. T. erhöhte Schimmelpilzsporenkonzentrationen im Innenraum auf [20], die bei unzureichender Abschottung auch Nebenräume kontaminieren können.

Die wichtigste Voraussetzung für das Wachstum von Schimmelpilzen und anderen Mikroorganismen ist Feuchtigkeit. Im Innenraum können u. a. folgende Ursachen zu erhöhter Feuchte an Bauteiloberflächen, in Bauteilen bzw. Einrichtungsgegenständen führen:

  • bauliche Ursachen

  • nutzungsbedingte Ursachen

  • Havarien

Folgende Häufigkeitsverteilung wurde dabei festgestellt [21]:

  • Baumängel 45 %

  • erhöhte Luftfeuchte 18 %

  • falsche Möblierung 17 %

  • Leckagen 20 %

Die für das Wachstum von Schimmelpilzen erforderlichen Nährstoffe sind nahezu auf allen Bauteiloberflächen in ausreichender Menge vorhanden, z. B. auf Tapeten, Holzoberflächen, Silikonfugen, aber auch in Staubablagerungen auf Putzen und in den in Putzen enthaltenen organischen Zuschlagstoffen. Weitere Informationen finden sich im „Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes 2017 [2]. In 5–20 % der Wohnungen in Deutschland liegt ein Feuchteschaden oder ein Feuchte-/Schimmelschaden vor [754] [755] [756] [757].

Durch folgende Maßnahmen wird die Schimmelbelastung im Innenraum vermieden [647] [758] bzw. reduziert [647] [759]:

  • Liegt eine Wärmebrücke vor oder ist ein Bauteil unzureichend gedämmt, ist ein/e Bausachverständige/r/-physiker*in zu Rate zu ziehen, der/die ein Konzept zur Behebung des Schadens erarbeitet. Die Sanierungsmaßnahme selbst ist durch eine qualifizierte Fachfirma durchzuführen (siehe Kapitel 5 Sanierung von Wohnräumen (Gebäuden) mit Feuchteproblemen und Schimmelwachstum).

  • Wird ein innenliegender Raum durch eine technische Lüftung be- und entlüftet, ist zu kontrollieren, ob die entstehende Feuchte ausreichend abgeführt wird (Zeit, Volumenstrom). Die entsprechende Lüftungsanlage ist regelmäßig nach Herstellerangaben zu warten, und es ist darauf zu achten, dass eine saubere Zuluft vorhanden ist.

  • Sind Umbau-, Einrichtungs- oder/und Nutzungsänderungsmaßnahmen geplant, welche die bauphysikalischen (oder: raumklimatischen) Gegebenheiten grundlegend verändern, ist die Maßnahme zuvor von einer entsprechenden Fachperson zu überprüfen, um einen Schimmelbefall zu vermeiden. Dies gilt im Besonderen für den Einbau neuer Fenster.

  • Durch die Verwendung diffusionsdichter Baumaterialien wie z. B. Fliesen, Kunststoffen oder besonderen Farben (besonders bei mehrmaligem Überstreichen) und Tapeten (Vinyltapete, Glasfasertapete) wird die Zwischenspeicherung der Feuchte in den Bauteilen verhindert. Dabei kondensiert die Feuchte auf der diffusionsdichten Oberfläche. Dies führt häufig zu Schimmelbefall, vor allem wenn noch andere bauliche und/oder nutzungsbedingte Mängel vorliegen. In Innenräumen sollten nur Oberflächen mit diffusionsdichten Materialien „versiegelt“ werden, bei denen regelmäßig mit Spritzwasser und einem hohen Feuchteeintrag (z. B. in Nassräumen) zu rechnen ist. Bei Neubauten oder Renovierungsarbeiten ist darauf zu achten, dass Bauteiloberflächen möglichst diffusionsoffen sind.

  • Je nach Größe des Objekts und den verwendeten Baumaterialien sind in einem Massivneubau mehrere Tonnen von Wasser verbaut. In der Regel dauert es 2–3 Jahre, bis die Feuchtigkeit aus dem Objekt abgetrocknet ist. Durch eine technische Trocknung kann dieser Trockenprozess beschleunigt werden. In den ersten 2–3 Jahren ist das Objekt besonders gut zu lüften. Sollen Einbaumöbel in das Objekt eingebaut werden, bedarf es besonderer Vorsichtsmaßnahmen. Die Einbaumöbel sind zu hinterlüften [755], und die Wand hinter den Einbaumöbeln sollte nicht tapeziert werden. In einigen Fällen kann es angeraten sein, entsprechende Wände lokal leicht zu beheizen.

  • Der Wohnbereich soll durch Lüftung (drei- bis viermal täglich für 5–15 min Stoßlüftung, am besten als Querlüftung) und Heizen trocken gehalten werden. In der kalten Jahreszeit sollte die relative Luftfeuchtigkeit in Wohnräumen 50 % nicht übersteigen.

  • Ausreichende Lüftung, v. a. von Nassräumen! Die meiste Feuchtigkeit und damit Schimmelbewuchs finden sich in Badezimmern. Dunkle Striche entlang der Fliesenfugen sind ein Zeichen für Schimmelwachstum. Während und nach dem Duschen oder Baden das Badezimmer ausreichend nach draußen lüften. Duschwanne und Badewanne abziehen und trocknen. Duschvorhänge regelmäßig waschen und trocknen lassen. Nasse Tücher wie auch andere Wäsche nach Möglichkeit draußen oder in einem dafür vorgesehenen, gut belüfteten Raum trocknen. Keine Teppiche im Badezimmer. Gute Luftzirkulation zwischen Möbeln und Boden, Decke und Wand [755] [758].

  • Bei optimaler Innenraumluftfeuchte in der kalten Jahreszeit zwischen 40–55 % relativer Luftfeuchte keine Luftbefeuchter, keine Zimmerspringbrunnen etc. in Innenräumen benutzen. Die Luftbefeuchter und Zimmerspringbrunnen sind regelmäßig endsprechend der Angaben der Hersteller zu warten.

  • Kein feuchtes Feuerholz im Innenraum aufbewahren.

  • Keine Wäsche im Innenraum trocknen.

  • Innenräume staubarm halten (Schimmelpilzallergene sind staubgebunden).

  • Schlafstätten-Sanierung wie bei einer Milbenallergie.

  • Vermehrte Topfpflanzen und Schnittblumen im Innenraum sind zu vermeiden, auf keinen Fall sollten sie im Schlafbereich vorhanden sein, da immer Schimmelpilze im Erdreich wachsen.

  • Keine feuchten Schuhe, Kleider oder Ledersachen in Schränken aufbewahren.

  • Abfalleimer, vor allem Kompost, sind häufig zu entleeren und zu reinigen.

  • Felltragende Tiere, v. a. langhaarige Hunde, können Ursache für einen Sporeneintrag in den Innenraum sein. Sie können die aus der Außenluft im Fell gesammelten Sporen in den Innenraum bringen.

  • Kleintierfutter und Einstreu ist trocken zu lagern.

  • Bei Dampfbügeleisen das Wasser zwischen der Nutzung sachgerecht entfernen [279] [760].

  • Für ambulant behandelte immunsupprimierte Patient*innen sind besondere Maßnahmen bezüglich der Infektionsprävention zu beachten [30]. Diese sind endsprechend der vorliegenden Risikogruppe mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin abzusprechen.

In Innenräumen in der Nähe von

  • Gärtnereien,

  • Wertstoffsortieranlagen,

  • Komposthaufen,

  • Kompostieranlagen,

  • Müllabfuhr und Abfallwirtschaftsanlagen

kann es zu einer erhöhten Schimmelpilzexposition kommen (siehe Kapitel 4.4.2 Außenluft). Dies ist bei der Lüftung endsprechender Räume besonders im Sommer (Alternaria alternata) und im Herbst (Aspergillus fumigatus) zu beachten.


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4.4.2 Außenluft

Erhöhte Schimmelpilzkonzentrationen in der Außenluft treten je nach Stärke der vorliegenden Quellen auf. Diese Quellen sind z. T. unabhängig von der Vegetation wie z. B. Betriebe der Abfallwirtschaft, der Wertstoffsortierung, der Kompostierung oder Gärtnereien. Andere Quellen sind abhängig von der Vegetation, der Witterung und der Region. So treten bestimmte Schimmelpilzarten assoziiert mit Pflanzen wie z. B. Gräsern, Kräutern oder Bäumen auf. Durch Aktivitäten bei ihrer Mahd/Ernte und ihrer Verarbeitung zu Lebens- bzw. Futtermitteln werden erhöhte Konzentrationen dieser Schimmelpilzsporen emittiert. Beim Verrotten von biologischem Material treten ebenfalls erhöhte Sporenkonzentrationen – vor allem von Aspergillus fumigatus – auf. Bei einer Schimmelpilzallergie [761] [762] können wie bei einer Pollinose saisonale Beschwerden auftreten, die nicht mit den üblichen Pollenflugzeiten korrelieren.

Die Konzentrationen an Schimmelpilzsporen in der Luft hängen von der Sporengattung/-familie, von den Witterungsbedingungen und von menschlichen Aktivitäten (z. B. Zusammenhang von Alternaria und Ernteperiode) ab.

Besonders hoch sind die Sporenkonzentrationen z. B. von Pleospora im Frühjahr ([Abb. 7 a]), von Cladosporium und Alternaria in den Sommermonaten ([Abb. 7 b]; [Abb. 7 c]) und von Epicoccum im Sommer und Frühherbst ([Abb. 7 d]).

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Abb. 7 Die Abbildung 7 a–d zeigt den monatsweisen Verlauf der Sporenkonzentrationen (in Sporen/m3 Luft) in der Außenluft für verschiedene Schimmelpilzgattungen beispielhaft über den Zeitraum eines Jahres und eine Messstation in Deutschland: a) Pleospora 2021 – Messstation Berlin, b) Cladosporium 2021 – Messstation Chemnitz, c) Alternaria 2021 – Messstation Berlin, d) Epicoccum 2021 – Messstation Berlin. Fehlende Daten an der Station Chemnitz in den Zeiträumen: 24.02.2021 bis 01.03.2021 und 01.04.2021 bis 06.04.2021.
Die Abbildung wurde zur Verfügung gestellt durch die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. Zur Konzentrationsbestimmung dienten volumetrische Sporenfallen nach dem Hirst-Prinzip [694] mit dazugehöriger mikroskopischer Analyse der Proben. Das Messverfahren ist standardisiert [695]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]

Sporen können in den Sommermonaten bei jedem Wetter in der Luft sein. Zum Beispiel konzentriert sich der Sporenflug der allergierelevanten Schimmelpilzgattung Alternaria auf Tage mit trocken-warmem Wetter [763]. Das Vorkommen einiger anderer Pilzgattungen, wie Pleospora oder Fusarium, ist dagegen enger mit vorhergehenden Niederschlägen und höherer Luftfeuchte assoziiert [763].

Prognosen zum Sporenflug einiger Schimmelpilzsporen (Alternaria, Cladosporium, Epicoccum, Pleospora) in der Außenluft für Deutschland sind Teil der kostenlosen Wochenpollenvorhersage der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) [764], die auf der Webseite der Stiftung (https://www.pollenstiftung.de/) veröffentlicht wird.

Bei starkem Sporenflug sollten Schimmelpilzsporenallergiker*innen ggf. den Aufenthalt im Freien einschränken, und es ist empfohlen, die Tätigkeiten, bei denen in erhöhtem Maße eine Exposition gegenüber Schimmelpilzsporen besteht, z. B. Gartenarbeit, Umgang mit Rindenmulch oder verrottetem Laub, Bearbeiten von Komposthaufen usw., zu minimieren oder zu vermeiden.

Insbesondere der Sporenflug von Alternaria ist eng mit der Getreideernte verbunden [765] [766]. Ein Aufenthalt in der Nähe bewirtschafteter Felder kann zu erhöhten Sporenexpositionen führen.

Personen, die unter einer nachgewiesenen schweren Allergie gegenüber Alternaria leiden, sollten erwägen, im Hochsommer die Außenluft zu meiden oder einen Mund-Nasen-Schutz oder eine FFP2-Maske zu tragen.

Personen mit mittelschwerer bis sehr schwerer Immunsuppression – hierzu zählen insbesondere hämato-onkologische Patient*innen nach Stammzelltransplantation oder intensiver Chemotherapie – sollten den Aufenthalt in der Nähe von Komposthaufen, Kompostieranlagen, Gärtnereien, Wertstoffsortieranlagen und Abfallwirtschaftsanlagen vermeiden und möglichst keine Arbeiten im Garten oder der Landwirtschaft durchführen, da hierbei ggf. erhöhte Konzentrationen mit Aspergillus fumigatus auftreten können.


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5 Sanierung von Wohnräumen (Gebäuden) mit Feuchteproblemen und Schimmelwachstum

Schimmelbefall geringeren bis mittleren Umfangs (< 0,5 m2, nur oberflächlicher Befall) mit bekannter Ursache kann von Betroffenen oft selbst beseitigt werden, sofern sie nicht allergisch auf Schimmelpilze reagieren oder an einer Immunsuppression leiden. Bei größerem Befall und geringem bis mittlerem Befall ohne bekannte Ursache sollte eine Fachfirma hinzugezogen werden. Prinzipiell ist es wichtig, unverzüglich mit der Schimmelsanierung zu beginnen, damit sich der Befall nicht ausdehnt [2].

Zur fachgerechten Sanierung eines Feuchte-/Schimmelschadens zählen die Beseitigung der bauphysikalischen Ursache(n), die Entfernung von schimmelbefallenen Materialien gemäß den Empfehlungen des UBA-Schimmelleitfadens [2], die Trocknung und eine anschließende Feinreinigung. Die Sanierung ist von einer qualifizierten Fachfirma durchzuführen, die belegen muss, dass die verantwortlichen Personen des ausführenden Betriebes über eine Fachkunde im Arbeitsschutz nach Biostoffverordnung (BioStoffV) sowie die Erweiterung des fachlichen Aufgabengebietes für den Bereich der Schimmelschäden verfügen. Diese Sachkunde wird im Rahmen von Weiterbildungen sichergestellt und über einen (regelmäßig) abgestimmten Mindeststandard der Prüfungsanforderungen in den Themenfeldern mikrobiologische Grundlagen und Bewertungsgrundlagen, bauphysikalische Grundlagen, physikalisch-chemische Messverfahren, Hygiene und Arbeitsschutz, Schadenserkennung und Sanierungstechniken sowie Feinreinigung nachgewiesen [767] [768], z. B. bei:

  • Akademie der Ingenieure

  • Berufsverband Deutscher Baubiologen VDB e. V.

  • Bundesverband Ausbau & Fassade/Fachverband Ausbau & Fassade NRW

  • Bundesverband für Schimmelpilzsanierung BBS e. V.

  • Deutscher Holz- und Bautenschutzverband e. V.

  • Fachverbände des Fachwerks (www.schimmelnetz-nrw.de)

  • Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg

  • Landesnetzwerk Schimmelberatung NRW

  • Netzwerk Schimmel e. V.

  • Öko-Zentrum Hamm

  • TÜV Rheinland Akademie GmbH

  • Verbraucherzentale NRW e. V.

Bei der Sanierung ist zum Schutz der Sanierer*innen und der Raumnutzer*innen die Handlungsanleitung „Gesundheitsgefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung“ [20] zu beachten. Wichtig bei allen Sanierungsmaßnahmen ist ein möglichst staubarmes Arbeiten, um die Verteilung von Schimmelsporen mit dem Staub und über die Luft so gering wie möglich zu halten. Feuchtes Reinigen (Wischen) ist daher immer dem trockenen Staubsaugen vorzuziehen. Beim Staubsaugen sollten nur Geräte mit Zusatzfilter (hochabscheidende Schwebstofffilter wie HEPA-Filter) benutzt werden. Fegen sollte ganz unterbleiben, da dabei unnötig Staub aufgewirbelt und verteilt wird. Eine besondere Bedeutung kommt auch der qualifizierten Feinreinigung nach der Sanierung zu.

Die Einzelheiten und Verfahren sind nicht Bestandteil dieser Leitlinie. Detaillierte Informationen finden sich im UBA-Leitfaden [2] und in der einschlägigen Literatur [767] [768] [769] [770] [771] [772] [773].

Die Sanierung von Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen ist staatlich nicht geregelt. Die Entscheidung über die Art und Weise einer Sanierung sollte immer auf der Grundlage der Ergebnisse von anerkannten Untersuchungsmethoden, für die es allgemein anerkannte Beurteilungswerte gibt, erfolgen. Die allgemein anerkannten Empfehlungen zur Durchführung einer Schimmelsanierung [2] [771] [772] [773] sind dabei einzuhalten.


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6 Armutsgefährdung und Feuchte-/Schimmelbefall

Armutsgefährdung

  • Als armutsgefährdet gilt eine Person, die mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens (Median) der Gesamtbevölkerung auskommen muss.

  • Die Gründe und der Grad der Armutsgefährdung sind sehr unterschiedlich.

  • Einflussfaktoren auf die Armutsgefährdung ergeben sich aus dem sozioökonomischen Status, der durch Bildungsstand, berufliche Position und Nettoeinkommen einer Person bestimmt wird [774], und weiteren Faktoren wie u. a. [775]:

    • Migrationserfahrung

    • Geschlechtszugehörigkeit

    • Alter (Altersarmut häufiger bei Frauen)

    • Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen (häufiger Frauen)

    • Anzahl minderjähriger Kinder in der Familie

    • Familienstand der Eltern von minderjährigen Kindern

Armutsgefährdung in Deutschland

  • stieg von 15 % der Bevölkerung 2015 auf 16,2 % (ca. 13,8 Millionen Menschen) 2020 [776] und wird voraussichtlich aufgrund der gegenwärtig steigenden Energiepreise weiter ansteigen

  • liegt bei Frauen, Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, Erwerbslosen, Menschen mit einem niedrigen Bildungsstand, ohne Schulausbildung oder mit Migrationshintergrund sowie Gemeinschaften mit mehreren Kindern und insbesondere Alleierziehenden besonders hoch [776]

  • betrifft in den neuen Bundesländern besonders jüngere Menschen, die nach der Wiedervereinigung Probleme mit dem Finden eines Ausbildungsplatzes und anschließend eines Arbeitsplatzes hatten [776]

  • betrifft in den alten Bundesländern im Alter vor allem Frauen [777]

  • ist regional sehr unterschiedlich in Abhängigkeit von Urbanisierung und Bruttoinlandprodukt der einzelnen Bundesländer [778] [779] [780]

Häufigkeit von Feuchte-/Schimmelbefall in Wohnungen in Deutschland

  • Der Anteil von Wohnungen mit einem sichtbaren Schimmelbefall liegt in Deutschland in einem Bereich von 5–20 % [21] [756] [781] [782] [783]. Die Art und Weise der Zuordnung zu einem solchen Schaden war bei verschiedenen Untersuchern unterschiedlich.

  • Feuchte-/Schimmelschäden können baulich oder nutzungsbedingt sein. Als weiterer Grund für einen solchen Schaden kommt eine Havarie infrage [21].

  • Es wird geschätzt, dass zudem in 14 % der Wohnungen ein verdeckter Schaden vorliegt.

  • Vom Statistischen Bundesamt wurden im Zeitraum von 2009–2019 [780] aufgrund von Selbsteinschätzung bei der armutsgefährdeten Bevölkerung im Vergleich zur übrigen Bevölkerung Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung häufiger angegeben.

  • Schimmel in Wohnräumen tritt gemäß einer Studie des RKI bei Zugewanderten (10,4 %) im Gegensatz zu Einheimischen (4,4 %) häufiger auf [784] [785].

  • Schimmel in Wohnräumen tritt gemäß einer Studie des RKI bei Menschen mit niedrigem Sozialstatus (7,8 %) im Gegensatz zu Menschen mit hohem Sozialstatus (3,3 %) häufiger auf [784] [785].

  • Die Auswertung des Kinder-Umwelt-Survey des Umweltbundesamtes 2003/06 ergab:

    • bei Kindern mit Migrationsstatus (Nicht-Migrant*in → Migrant*in),

    • bei den Gebietstypen (ländlich → vorstädtisch → städtisch),

    • bei der Gemeindegröße (< 100 000 → ≥ 100 000 Einwohner*innen),

    • bei den Haustypen (Einfamilienhaus → Zweifamilienhaus → Mehrfamilienhaus → Hochhaus/Wohnblock) und

    • bei der Fertigstellung des Wohnhauses (ab 1995 → 1980–1995 → 1950–1979 → bis 1949)
      eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von schimmligen Wänden [783].

  • Die o. g. genannten Faktoren sind in der Regel umgekehrt proportional zur Miethöhe und der zur Verfügung stehenden Wohnfläche in m2 pro Person.

  • Vergleichbare Ergebnisse zu der zuvor genannten RKI-Studie wurden europaweit von der WHO (2019) berichtet [786].

Risiko für das Auftreten eines Feuchte-/Schimmelschaden durch Armutsgefährdung [787] [788]

  • Aufgrund stärker steigender Mieten [775], der Tatsache, dass der Bestand an Sozialmietwohnungen in Deutschland in den letzten Jahren rückläufig ist [775] und dadurch viele Haushalte durch ihre Wohnkosten finanziell überlastet [789] sind, haben Menschen, die armutsgefährdet sind, pro Kopf in der Regel wenig Wohnfläche zur Verfügung [790], was die Gefahr zu hoher Luftfeuchtigkeit und damit von Schimmelbefall in der Wohnung objektiv verstärkt. Diese Wohnobjekte liegen häufig in durch Lärm belasteten Gegenden [780] wie z. B. an stark befahren Straßen, wodurch die Möglichkeit, optimal zu lüften, erschwert wird.

  • Menschen, die armutsgefährdet sind, wohnen meist in Mietwohnungen [791], die z. T. schlecht gepflegt und unzureichend instandgesetzt sind. Geförderter Wohnbau wird außerdem häufig in Regionen mit schlechterer Umwelt- und Wohnqualität, in denen oft auch Vandalismus [780] herrscht, errichtet, was zur Folge hat, dass die Motivation der Mieter*innen an einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Wohnobjekt nicht optimal ist. Durch die z. T. fehlende Erfahrung und das Wissen über ein angepasstes Wohnverhalten [775], wird dieser Effekt noch verstärkt.

  • Durch die mit der Armutsgefährdung häufig verbundene Energiearmut wird der Wohnraum nicht effizient beheizt und belüftet, was das Schimmelrisiko erhöht [792]. Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass Menschen mit geringem Einkommen öfter in schlecht gedämmten Wohnungen leben, die durch Kondensation von Luftfeuchtigkeit an den kalten Außenwänden sehr anfällig für Schimmelschäden sind. Durch die zurzeit stark steigenden Energiepreise wird sich dieses Problem verstärken.

  • Inwieweit das gesundheitliche Risiko bei armutsgefährdeten Personen im Verhältnis zur Bevölkerung insgesamt aufgrund eines auftretenden Feuchte-/Schimmelschadens erhöht ist, kann aufgrund der fehlenden Daten nicht eingeschätzt werden.


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7 Prävention

Erhöhte Expositionen gegenüber Schimmelpilzsporen sind prinzipiell zu vermeiden. Dies gilt im Besonderen für immunsupprimierte Patient*innen [30], Patient*innen mit schwer verlaufender Influenza, schwer verlaufender COVID-19, Mukoviszidose, Asthma. Sie sind über die mit einer Schimmelexposition im Innenraum verbundenen Risiken und Maßnahmen zur Prävention [793] [794], gegebenenfalls ergänzt durch häusliche Untersuchungen auf das Vorkommen von Aspergillus fumigatus und Aspergillus flavus (im Innenraum nur sehr selten zu erwarten) [795], bezogen auf die konkreten individuellen Gegebenheiten durch den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin zu informieren.

Bei allen Gesundheitsstörungen, die mit einer Exposition gegenüber Umweltfaktoren verbunden sind, steht die Prävention und Expositionskarenz im Vordergrund. Dies trifft im besonderen Maß auch für Schimmelpilze zu. Ein Innenraumklima, das Schimmelwachstum begünstigt (hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Ventilation), muss zur Allergieprävention grundsätzlich vermieden werden [796].

Detaillierte Informationen zur Vermeidung eines Feuchte-/Schimmelschadens aufgrund von Baumängeln (u. a. Neubaufeuchte, Wärmebrücken) sowie Informationen zu unangepasstem Nutzungsverhalten (u. a. Heizungs- und Lüftungsverhalten) oder Havarien sind im Schimmelleitfaden des UBA [2] sowie im Ratgeber „Feuchtigkeit und Schimmelbildung – Erkennen, beseitigen, vorbeugen“ der Verbraucherzentrale [797] zu finden.

Bezüglich des Expositionsortes muss zwischen Innenräumen und der Außenluft unterschieden werden (siehe Kapitel 4.4.1 Innenraum und 4.4.2 Außenluft).

Außerdem ist bezüglich der Beurteilbarkeit die Quellstärke zwischen den verschiedenen Quellen zu unterscheiden:

  • definierte Quelle mit einer zu erwartenden Quellstärke

    • Feuchte-/Schimmelschaden

  • ubiquitäre Quelle, die z. T. von den Lebensgewohnheiten abhängt

    • Umgang mit Abfällen im Innenraum

    • Topfblumen

    • Luftbefeuchter, Zimmerspringbrunnen, Aquarium

    • felltragende Tiere; vor allem langhaarige Hunde können Ursache für einen Sporeneintrag in den Innenraum sein

    • Kleintierfutter und Einstreu

Menschen mit nachgewiesenen asthmatischen und allergischen Symptomen gegen Schimmelpilzsporen, die häufig in der Außenluft vorkommen, können versuchen, den Kontakt mit ihrem Allergen zu minimieren oder zu vermeiden, indem sie sich z. B. durch die Wochenpollenvorhersage des PID über die mögliche Sporenbelastung informieren, um diese dann besser vermeiden zu können, insbesondere durch Verkürzung der Expositionszeit in der Außenluft oder durch Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (siehe Kapitel 4.4.2 Außenluft).

Die Maßnahmen zur Vermeidung erhöhter Schimmelpilzkonzentrationen im Innenraum finden sich im Kapitel 4.4.1 Innenraum.

Bezüglich der durch die gegenwärtig notwendigen Maßnahmen zum Energiesparen neu auftretenden Probleme wird auf das Merkblatt des BSS „Energiekriese 10 Tipps zum Heizen und Lüften bei niedrigen Raumtemperaturen – Merkblatt – Heizen reduzieren und Schimmel vermeiden“ hingewiesen [https://bss-schimmelpilz.de/energiekrise-heizen-und-lueften-niedrige-raumtemperatur/].

Querverweise:

Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ). S3-Leitlinie Allergieprävention, Version 4.0. Registernummer 061-016. Stand: 07.12.2021. Gültig bis: 01.01.2026 (in Überarbeitung). https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/061-016

Onkopedia Leitlinie – Prophylaxe invasiver Pilzinfektionen. Stand: 2022

Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO)

Stemler J, Mellinghoff SC, Khodamoradi Y, Sprute R, Classen AY, Zapke SE, Hoenigl M, Krause R, Schmidt-Hieber M, Heinz WJ, Klein M, Koehler P, Liss B, Koldehoff M, Buhl C, Penack O, Maschmeyer G, Schalk E, Lass-Flörl C, Karthaus M, Ruhnke M, Cornely OA, Teschner D. Primary prophylaxis of invasive fungal diseases in patients with haematological malignancies: 2022 update of the recommendations of the Infectious Diseases Working Party (AGIHO) of the German Society for Haematology and Medical Oncology (DGHO), 2022. J Antimicrob Chemother 2023; 78(8): 1813–1826; doi: 10.1093/jac/dkad143, für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO); https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/invasive-pilzinfektionen-therapie/@@guideline/html/index.html


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8 Publikationen zur AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ AWMF-Register-Nr. 161/001; 2016–2019

Hurraß J, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann KC, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß JO, Szewszyk R, Thomas P, Valtanen K, Wiesmüller GA. Medical diagnostics for indoor mold exposure. Int J Hyg Environ Health 2017; 220(2 Pt B): 305–328. DOI: 10.1016/j.ijheh.2016.11.012

Lob-Corzilius. Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen. Zusammenfassung der AWMF-S2k-Leitlinie (AWMF-Reporter-Nr. 161/001) aus pädiatrischer Sicht. Päd Allerg 2017; 1: 11–17

Wiesmüller GA, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann K-C, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß J-O, Szewzyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen", AWMF-Register-Nr. 161/001. Umwelt – Hygiene – Arbeitsmed 2016; 21: 189–231

Wiesmüller GA, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann K-C, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß J-O, Szewzyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. A III-3.6.1 AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ (AWMF-Register-Nr. 161/001) – Kurzfassung. In: Letzel St, Nowak D, Hrsg. Handbuch der Arbeitsmedizin. 43. Erg. Lfg. 12/16. Landsberg/Lech: ecomed Verlagsgesellschaft; 2016: 1–32

Wiesmüller G, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann K, Buzina W, Cornely O, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr C, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Körberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl H, Steiß J, Szewzyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. Possibilities and limitations of health assessment of mould exposures indoors. Gent, Belgien: Proceedings of Indoor Air 2016. ISBN-13: 978–0-9846855–5-4. Paper ID 329; 2016: 1–8;

Wiesmüller GA, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann K-C, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß J-O, Szewzyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. Kurzfassung der AWMF-Leitlinie medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen. Allergo J 2017; 26: 40–67

Wiesmüller GA, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann KC, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß JO, Szewszyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. Abridged version of the AWMF guideline for the medical clinical diagnostics of indoor mould exposure: S2K Guideline of the German Society of Hygiene, Environmental Medicine and Preventive Medicine (GHUP) in collaboration with the German Association of Allergists (AeDA), the German Society of Dermatology (DDG), the German Society for Allergology and Clinical Immunology (DGAKI), the German Society for Occupational and Environmental Medicine (DGAUM), the German Society for Hospital Hygiene (DGKH), the German Society for Pneumology and Respiratory Medicine (DGP), the German Mycological Society (DMykG), the Society for Pediatric Allergology and Environmental Medicine (GPA), the German Federal Association of Pediatric Pneumology (BAPP), and the Austrian Society for Medical Mycology (ÖGMM). Allergo J Int 2017; 26(5): 168–193. DOI: 10.1007/s40629-017-0013–3

Wiesmüller GA. AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie. „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ (AWMF-Register-Nr. 161/001). ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017; 52: 490–496

Wiesmüller GA, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann K-C, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß J-O, Szewzyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. Kurzfassung der AWMF-Leitlinie medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen. Allergologie 2017; 40: 422–456

Wiesmüller GA, Heinzow B, Aurbach U, Bergmann K-C, Bufe A, Buzina W, Cornely OA, Engelhart S, Fischer G, Gabrio T, Heinz W, Herr CEW, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Köberle M, Lichtnecker H, Lob-Corzilius T, Merget R, Mülleneisen N, Nowak D, Rabe U, Raulf M, Seidl HP, Steiß J-O, Szewzyk R, Thomas P, Valtanen K, Hurraß J. II-13.1 AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ (AWMF-Register-Nr. 161/001) – Kurzfassung. In: Brinkmann J, Hausen BM, Dohn W, Hrsg. Lexikon der Kontaktallergene. 40. Erg.-Lfg. 3/17. Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg: ecomed Medizin; 2017: 1–56

Wiesmüller GA, Heinzow B, Herr CEW, Hurrass J. 4.1.6 Schimmelpilze. In: Schmitz Spanke S, Nesseler Th, Letzel St, Nowak D, Hrsg. Umweltmedizin. Neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis. ISBN 987-3-609-3-609-10562-8. Landsberg am Lech: ecomed Medizin; 2017: 178–197

Wiesmüller GA. Schimmelpilzexposition im Innenraum. Leitliniengerechte Diagnostik. Perspektiven der Pneumologie und Allergologie, Deutsches Ärzteblatt 2017; 2: 10–14

Wiesmüller GA. Erkrankungen durch Schimmelpilze – die aktuelle AWMF-Leitlinie. JATROS Pneumologie & HNO 2017; 2: 34–37

Wiesmüller GA. Was sagt die neue AWMF-Leitlinie? Medizinisch-klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen. Haut 2018; 1: 22–28

Wiesmüller GA. Schimmel im Innenraum – was sagt die neue AWMF-Leitlinie? derm 2018; 24: 242–250


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9 Anhang

9.1 Definitionen

Atopiker*innen:

Personen mit einer Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen u. a. wie allergischer Rhinitis, allergischem Asthma, atopischer Dermatitis auf den Kontakt mit Umweltsubstanzen zu reagieren.

Bioaerosol:

Luftgetragene Teilchen biologischer Herkunft (DIN EN 13098);

Alle in der Luft befindlichen Ansammlungen von Partikeln, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandwandbestanteile und Stoffwechselprodukte (z. B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. diese beinhalten oder bilden (VDI 4253 Blatt 2).

Endotoxine:

Bestandteile der Lipopolysaccharide der äußeren Zellmembran gramnegativer Bakterien. Endotoxine werden von lebenden gramnegativen Bakterien durch Abspaltung von Vesikeln bzw. beim Absterben von gramnegativen Bakterien freigesetzt.

Exposition:

Lateinisch: exponere – aussetzen

Beabsichtigter oder unbeabsichtigter Kontakt oder das Ausgesetztsein des Organismus oder seiner Teilstrukturen (Gewebe, Zellen, Moleküle) gegenüber externen Einflüssen, wie z. B. biologischen, physikalischen, chemischen, psychischen oder anderen Einflüssen der Umgebung.

Feuchtigkeit (Engl.: dampness):

Sichtbare, messbare oder wahrgenommene Auswirkung eines überschüssigen Wassergehaltes, der zu Problemen in Gebäuden, wie Leckagen, Materialzerstörung, Schimmel, Schimmelgeruch oder direkt gemessener überschüssiger Feuchtigkeit (in Bezug auf die relative Feuchtigkeit oder den Wassergehalt) oder mikrobiellem Wachstum, führt.

Feuchteschaden:

Sichtbare, messbare oder wahrgenommene Folge erhöhten Wassergehaltes in Innenräumen oder Bauteilen.

Hausstaub:

Hausstaub ist die Sammelbezeichnung für sedimentierte partikel- und faserförmige Immissionen in geschlossenen Räumen. Er ist eine Mischung unterschiedlichster anorganischer und organischer Stoffe, die auch von den jeweiligen Lebensbedingungen (z. B. das Vorhandensein eines Haustieres) und der Nutzung abhängig ist. Genauere Angaben finden sich in der zurückgezogenen VDI 4300 Blatt 8 [798].

Innenraum:

Raum, der vor Witterungseinflüssen geschützt ist.

In der vorliegenden Leitlinie sind unter Innenraum der Wohninnenraum sowie nicht-industriell genutzte wohnähnliche Innenräume, wie z. B. Büros, Kindergärten, Schulen, gemeint.

Kolonie:

Ein (meist zirkuläres) Netzwerk aus verzweigten Hyphen mit mehreren, genetisch identischen Kernen, gilt als ein einziger Organismus (KBE).

Komplex:

Der Begriff „Komplex“ wird in der vorliegenden Leitlinie – des besseren Verständnissen wegen – umgangssprachlich für verschiedene Arten aus der Aspergillus-Section Versicolores verwendet (z. B. A. versicolor, A. jensenii, A. protuberus). Als Komplex bezeichnet man Arten, die morphologisch nicht oder nur schwer voneinander unterschieden werden können und deren molekulare Abgrenzung noch nicht abschließend geklärt wurde. Im Gegensatz dazu werden molekular gut abgegrenzte Arten als Sektion zusammengefasst (Art-Gruppe zwischen dem Rang der Gattung und Art). Der Begriff „Sektion“ stellt folglich in der Taxonomie einen eigenen Rang dar; der „Komplex“ ist in der taxonomischen Rangfolge nicht definiert.

Schimmel (Engl.: mould oder mold):

  1. Oberflächliche und mit bloßem Auge sichtbare Strukturen von Schimmelpilzen (ohne taxonomische Bedeutung)

  2. Alle Arten von mikroskopischen Pilzen, die in Form von Zellfäden – sogenannten Hyphen – als Pilzgeflecht (Myzel) wachsen und meistens pigmentierte Konidien- oder Sporangienträger ausbilden.

Schimmelpilze:

Sammelbegriff für hyphen- und meist auch sporenbildende Kleinpilze.

Schimmelpilzbefall/schimmelpilzbefallene Materialien:

Baumaterial oder Inventar, das mit Schimmelpilzen bewachsen (besiedelt) war oder noch ist. Sofern nicht bereits mit bloßem Auge sichtbar, Bestimmung durch mikroskopischen Nachweis eines Hyphengeflechtes sowie mehr oder weniger ausgebildeter Konidien- bzw. Sporangienträger, unabhängig davon, ob die Schimmelpilze noch vital/aktiv oder bereits abgestorben sind. Neben Schimmelpilzen können weitere Biostoffe wie z. B. Bakterien vorhanden sein.

Schimmelpilzkontamination:

Eine über die allgemeine Grundbelastung hinausgehende Verunreinigung von Oberflächen oder Materialien (z. B. mit Pilzsporen) durch Eintrag von außen (z. B. im Hausstaub, Anflugsporen).

Schimmelpilzwachstum:

Prozess, der eine biologische Aktivität beinhaltet, also mit Feuchtigkeit verbunden ist und durch Zellteilung, Hyphen-, Myzel- und evtl. Sporenbildung u. a. gekennzeichnet ist.

Wassergehalt (Nässe; Engl.: moisture):

  1. Wasserdampf-Partialdruck

  2. Wasseranteil in einer Matrix, wie Boden oder Baumaterial.

Wasserschaden:

Sichtbare, messbare oder wahrgenommene Folge größerer Wassermengen (Havarien, Leckagen).


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Interessenkonflikt

Eine Übersicht der Interessenkonflikte findet sich im Internet unter http://awmf.org; AWMF-Registriernummer 161/001.

a Mitautor*in


b Stimmberechtigt*e Mandatsträger*in einer Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft, einer Gesellschaft, eines Ärzteverbandes


1 Gelegentlich auch als „Mucous Membrane Irritation Syndrome“ (MMIS) bezeichnet.


2 Definition Building Related Illness (BRI): Klinisch klar definierte Krankheitsbilder (u. a. Befeuchterfieber, Legionellose, Innenraumassoziierte Allergien z. B. gegenüber Hausstaubmilben oder Schimmelpilzen, Innenraumassoziierte Malignome wie z. B. das Radon-assoziierte Lungenkarzinom) [178] [179], für die Ätiologie, Pathologie, Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Prognose eindeutig bekannt sind.


3 Definition des Begriffes Allergen: Allergens are antigens which cause allergy. Most allergens reacting with IgE and IgG antibody are proteins, often with carbohydrate side chains, but in certain circumstances pure carbohydrates have been postulated to be allergens. In rare instances low molecular weight chemicals, eg, isocyanates and anhydrides acting as haptens, are still referred to as allergens for IgE antibodies. In the case of allergic contact dermatitis, the classical allergens are low molecular weight chemicals, eg, chromium, nickel and formaldehyde, reacting with T cells. (Nomenclature by WAO/EAACI (World Allergy Organization/European Academy of Allergy and Clinical Immunotherapy), (http://tmedihk.com/allergy-basics/).



Korrespondenzadresse

Dr. rer. nat. Julia Hurraß
ZfMK – Zentrum für Umwelt, Hygiene und Mykologie Köln
Horbeller Straße 18–20
50858 Köln
Deutschland   

Publication History

Article published online:
09 February 2024

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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Die Inkubationszeit [180] [181]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]
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Abb. 2 Zeitlicher Zusammenhang zwischen Sensibilisierung und erster allergischer Reaktion [180] [181]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]
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Abb. 3 Die Latenzzeit [180] [181]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]
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Abb. 4 Infektionsrisiko durch Schimmelpilze (Je dunkler ein Kästchen ist, desto größer ist das mögliche gesundheitliche Risiko.). https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]
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Abb. 5 Sensibilisierungs-/Allergierisiko durch Schimmelpilze. (Je dunkler die Frabe ist, desto größer ist das mögliche gesundheitliche Risiko.). * = Nachweis der klinischen Relevanz einer im Allergietest festgestellten Sensibilisierung erforderlich! https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]
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Abb. 6 Jahresverlauf zum Vorkommen von Schimmelpilzsporen in der Außenluft, Sporenkonzentrationen als Wochenwerte in Sporen/m3 Luft, Pollenfalle in Leverkusen. Quelle: Mülleneisen 2023, unveröffentlichte Daten. Zur Konzentrationsbestimmung diente eine volumetrische Sporenfalle nach dem Hirst-Prinzip [694] mit dazugehöriger mikroskopischer Analyse der Proben. Das Messverfahren ist standardisiert [695]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]
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Abb. 7 Die Abbildung 7 a–d zeigt den monatsweisen Verlauf der Sporenkonzentrationen (in Sporen/m3 Luft) in der Außenluft für verschiedene Schimmelpilzgattungen beispielhaft über den Zeitraum eines Jahres und eine Messstation in Deutschland: a) Pleospora 2021 – Messstation Berlin, b) Cladosporium 2021 – Messstation Chemnitz, c) Alternaria 2021 – Messstation Berlin, d) Epicoccum 2021 – Messstation Berlin. Fehlende Daten an der Station Chemnitz in den Zeiträumen: 24.02.2021 bis 01.03.2021 und 01.04.2021 bis 06.04.2021.
Die Abbildung wurde zur Verfügung gestellt durch die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. Zur Konzentrationsbestimmung dienten volumetrische Sporenfallen nach dem Hirst-Prinzip [694] mit dazugehöriger mikroskopischer Analyse der Proben. Das Messverfahren ist standardisiert [695]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001 [rerif]