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DOI: 10.1055/a-2197-6479
Systemisches Denken, subjektive Befunde und das diagnostische „Schubladendenken“ bei ME/CFS – Eine vorwiegend qualitative Public-Health-Studie aus Patientensicht
Systems thinking, subjective findings and diagnostic “pigeonholing” in ME/CFS: A mainly qualitative public health study from a patient perspective- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Methode
- Ergebnisse
- Diskussion
- Fazit für die Praxis
- Ethische Aspekte
- Literatur
Zusammenfassung
Hintergrund ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) ist eine vorwiegend als neuroimmunologische Multisystem-Erkrankung betrachtete Krankheit, die vielen Ärzt*innen in Deutschland noch immer unbekannt ist oder die von ihnen als psychosomatische Erkrankung eingeordnet wird. ME/CFS-Patient*innen berichten von den aus ihrer Sicht erheblichen Defiziten hinsichtlich der ärztlichen Behandlung und einer als problematisch empfundenen Arzt-Patienten-Beziehung (AP-Beziehung). Ziel der vorliegenden Studie ist es, aus Sicht der Betroffenen den Ablauf der Diagnosefindung als einen wichtigen Einflussfaktor auf die AP-Beziehung bei ME/CFS genauer zu analysieren.
Methode Im Rahmen eines explorativen qualitativen Surveys wurden 544 ME/CFS-Erkrankte (> 20 J.; 455 ♀, 89 ♂) mit ärztlicher ME/CFS-Diagnose schriftlich nach ihren Erfahrungen hinsichtlich des Ablaufs der Diagnosefindung befragt. Das Sampling erfolgte zuvor durch Selbstaktivierung und über das Schneeballprinzip. Der zu beantwortende Fragebogen war analog zu einem fokussierten, standardisierten Leitfadeninterview aufgebaut. Die Auswertung erfolgte im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Einige der Ergebnisse wurden anschließend quantifiziert.
Ergebnisse Die Proband*innen beschrieben den aus ihrer Sicht mangelhaften Ablauf der Diagnosefindung als zentralen Faktor einer problematischen AP-Beziehung bei ME/CFS. Sie berichteten von unzulänglichem Fachwissen, mangelnder Erfahrung im Umgang mit den Erkrankten und fehlender Fortbildungsbereitschaft der konsultierten Ärzt*innen. Viele Ärzt*innen stritten aus ihrer Sicht die Existenz von ME/CFS ab oder ordneten sie als rein psychosomatische Krankheit ein, beharrten auf ihrem Wissensstand, ignorierten das Patientenwissen und missachteten mitgebrachtes wissenschaftliches Informationsmaterial. Sie gingen nach „Standardprogramm“ vor, dachten in „Schubladen“ und seien unfähig zu systemischem Denken. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die AP-Beziehung.
Diskussion Aus Sicht der ME/CFS-Erkrankten sind der Ablauf der Diagnosefindung und die Anerkennung von ME/CFS als neuroimmunologische Multisystem-Erkrankung die zentralen Aspekte einer von ihnen als problematisch erlebten AP-Beziehung. Bereits in der Vergangenheit wurden als „subjektiv“ klassifizierte und damit ignorierte Befunde, das für die biomedizinisch orientierte Medizin charakteristische diagnostische „Schubladendenken“ und ein Gesundheitssystem, das dem systemischen Denken bei der Diagnosefindung entgegensteht, als Faktoren identifiziert, die erheblichen Einfluss auf das AP-Verhältnis haben können.
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Abstract
Background ME/CFS (Myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome) is an illness that is predominantly viewed as a neuroimmunological multisystem disease, which is still unknown to many doctors in Germany or which they classify as a psychosomatic disease. From their perspective, ME/CFS patients report significant deficits in terms of medical treatment and a doctor-patient relationship (DP relationship) that is perceived as problematic. The aim of the present study is to more precisely analyse the process of finding a diagnosis as an influencing factor on the DP relationship in ME/CFS from the point of view of those affected.
Method As part of an explorative qualitative survey, 544 ME/CFS patients (> 20 years; 455 ♀, 89 ♂) with a medical diagnosis of ME/CFS were asked in writing about their experiences with regard to the process of finding a diagnosis. The sampling was previously done by self-activation and via the snowball principle. The questionnaire to be answered was structured analogously to a focused, standardized guideline interview. The evaluation was carried out as part of a qualitative content analysis according to Mayring. Some of the results were subsequently quantified.
Results The participants described what they saw as the inadequate process of making a diagnosis as a central factor in a problematic DP relationship in ME/CFS. From their point of view, many doctors deny the existence of ME/CFS or classify it as a solely psychosomatic illness, insist on their level of knowledge, ignore patient knowledge and disregard scientific information provided. They follow the standard program, think in “pigeonholes” and are incapable of systemic thinking. This has a significant impact on the DP relationship.
Discussion From the point of view of ME/CFS patients, the process of making a diagnosis and the recognition of ME/CFS as a neuroimmunological multisystem disease are the central aspects of a DP relationship that they experience as problematic. In the past, findings classified as “subjective” and thus ignored, the pigeonholing that is characteristic of biomedically oriented medicine and a healthcare system that opposes systemic thinking when making a diagnosis have all been identified as factors that may have a significant impact on the DP relationship.
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Schlüsselwörter
Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom - Diagnostische Schubladen - Fehldiagnose - systemisches ärztliches Denken - subjektive Befunde - subjective findingsKeywords
myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome - diagnostic pigeonholes - misdiagnosis - systemic medical thinkingEinleitung
Auch wenn die Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) im Rahmen der COVID-19-Pandemie in Deutschland nun erstmals in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit gerückt ist, ist die Erkrankung, die sich durch eine vielfältige Symptomatik auszeichnet, vielen Ärzt*innen noch immer unbekannt [1]. Die meist als schwere neuroimmunologische Multisystem-Erkrankung angesehene Krankheit führt oft zu einem hohen Grad an körperlicher Behinderung sowie zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität [2] [3] [4]. Bislang ist keine kausale Therapie verfügbar [5] [6] [7]. Während das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) die Anzahl der Patient*innen mit ME/CFS in Deutschland für die Zeit vor der SARS-CoV-2-Pandemie auf ungefähr 140000–310000 schätzte [64, S. iv], lag die Zahl der Behandlungsfälle mit der ICD-10-GM-Diagnose G93.3[ 1 ] nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in den Jahren 2018 und 2019 bundesweit bereits bei 350000–400000. Im Jahr 2021, d.h. ein Jahr nach Beginn der COVID-19-Pandemie, wurde ein Anstieg auf knapp unter 500000 Patient*innen registriert [8]. Dies entspricht einem Anstieg der ME/CFS-Prävalenz in Deutschland von 0,42 bzw. 0,48% auf 0,6% (= 601 pro 100000 Einwohner*innen) nach dem ersten Pandemiejahr. Eine US-Studie geht ebenfalls von einer präpandemischen Prävalenz von 0,42% aus [9], wobei Frauen mehr als doppelt so häufig betroffen waren wie Männer [10]. Der typische chronische Krankheitsverlauf mit einer in Art und Intensität fluktuierenden Symptomatik [11] [12] [13] führt wahrscheinlich auch zu einer eingeschränkten Lebenserwartung [14] und einem erhöhten Suizidrisiko [15].
ME/CFS tritt meist nach einer Infektionskrankheit auf [16] [17] [18]. Es kommt dann zu einer Dysregulation des Nerven- und Immunsystems sowie zu Problemen beim zellulären Energiestoffwechsel und Ionentransport [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27]. Charakteristisch ist die Post-Exertional Malaise (PEM), eine ausgeprägte und anhaltende Verstärkung aller Symptome nach geringer körperlicher oder geistiger Anstrengung, mit einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinzustands [28] [29]. Typische Symptome sind eine ausgeprägte physische und psychische Kraft- und Energielosigkeit, grippeähnliche Symptome, erhöhte Infektanfälligkeit, Herzrasen, Blutdruckschwankungen, heftige Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen, Muskelzuckungen und -krämpfe, Schlafstörungen, neurokognitive Symptome, Temperatur-Regulationsstörungen, eine Überempfindlichkeit auf Sinnesreize sowie eine hochgradige Überempfindlichkeit auf Nahrungsmittel und chemische Substanzen [30]. Etwa 1/4 der ME/CFS-Erkrankten kann das Haus nicht mehr verlassen, 2/3 sind arbeitsunfähig [31].
Aufgrund der partiellen Überschneidung der Symptomatik mit anderen, insbesondere jedoch mit psychosomatischen Erkrankungen, gibt es in der Ärzteschaft Kolleg*innen, welche das mit dieser Beschreibung verbundene biomedizinische Krankheitsmodell ablehnen und für eine biopsychosoziale Sicht auf die Erkrankung plädieren [32], die neben biologischen auch psychosoziale Risikofaktoren bei der Krankheitsentstehung (z.B. schwere Erschöpfung, Burnout) berücksichtigt [33]. Einige sprechen in diesem Zusammenhang bei der Betrachtung von ME/CFS sogar von einer Fixierung auf die rein biologischen Ursachen von „Erschöpfungssymptomen“ und von einem biologistischen Reduktionismus sowie einer Cancel Culture in der Medizin [34]. Auch die aktualisierte DEGAM-Leitlinie „Müdigkeit“ enthält zusätzlich zum Hauptvotum, das von einer neuroimmunologischen Genese ausgeht, ein Sondervotum, in dem dargelegt wird, dass ME/CFS nicht nur als biomechanische Störung verstanden werden sollte, sondern dass hier auch individuelle Erfahrungen, Lebensumstände und Verhaltensweisen, sowohl als ursächliche als auch als aufrechterhaltende Faktoren, berücksichtigt werden sollten. Die Bezeichnung Multisystem-Erkrankung halten die Autor*innen für irreführend, vielmehr sei ME/CFS als multifaktoriell im biopsychosozialen Sinne einzustufen. Auch sei die Betonung von PEM als spezifischem ME/CFS-Kennzeichen irreführend, da dieses Symptom auch bei anderen chronischen Erkrankungen vorkomme [35]. Andere vermuten, dass die Symptome bei einer anhaltenden Aktivierung der neurobiologischen Stressreaktion verschiedene Reaktionen des Gehirns auf eine Reihe biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren widerspiegeln, was wiederum mit Veränderungen im immunologischen, hormonellen, kognitiven und im Verhaltensbereich verbunden sei [36]. Wiederum andere sehen ME/CFS zwar als somatische Erkrankung an, gehen jedoch davon aus, dass die PEM eine maßgeschneiderte psychotherapeutische Behandlung erfordert [37].
Obwohl es bereits seit Jahren internationale Konsensus-Diagnose-Kriterien für ME/CFS gibt [27] [38], dauert es oft immer noch Jahre, bis eine Diagnose gestellt wird. In den USA erhalten bis zu 91% der Betroffenen keine oder eine aus deren Sicht unzutreffende Diagnose, meist aus dem psychosomatischen/psychiatrischen Bereich. Als Folge kommt es damit aus Patientensicht häufig zu einer Falsch- oder zu gar keiner Behandlung [5]. ME/CFS-Betroffene sind daher mit der medizinischen Versorgung äußerst unzufrieden. Zentrale Faktoren hierbei seien das – aus ihrer Sicht – fehlende Fachwissen der behandelnden Ärzt*innen [39] [40] und die damit einhergehende Fehlbehandlung. Die Gründe für eine solche Fehlbehandlung lägen u.a. darin, dass medizinische Leitlinien in der Vergangenheit die kognitive Verhaltenstherapie (Cognitive Behavioral Therapy, CBT) sowie eine abgestufte Bewegungstherapie (Graded Exercise Therapy, GET) zur Behandlung von ME/CFS-Erkrankten empfohlen haben. Beides sind Maßnahmen, die bei ME/CFS-Erkrankten nach deren Erfahrung nicht zur Genesung beitragen bzw. die Krankheitssituation sogar erheblich verschlimmern können [41] [42].
Da noch immer viele Ärzt*innen in Deutschland ME/CFS entweder gar nicht kennen [1], die Erkrankung aufgrund der vielfältigen Symptomatik als „schillernd“ betrachten [43] oder sie als psychiatrisch/psychosomatische Erkrankung einordnen [33] [44], soll nun in dieser Studie auf der Basis von subjektiven Erlebnisberichten ME/CFS-Erkrankter die Diagnosefindung als ein zentraler Faktor der oft als problematisch beschriebenen Arzt-Patient-Beziehung (AP-Beziehung) betrachtet werden [44]. Diese Erkenntnisse sollen später dazu dienen, Handlungsempfehlungen für eine bessere Versorgung von ME/CFS-Patient*innen in Deutschland zu entwickeln.
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Methode
Hierzu wurden im Rahmen einer großen explorativen, überwiegend qualitativen Studie erwachsene ME/CFS-Erkrankte (> 20 J.) mit vorliegender ärztlicher ME/CFS-Diagnose nach ihren subjektiven Erfahrungen im Hinblick auf die Umstände der Diagnosefindung befragt. Die Befragung war Teil der APAV-ME/CFS-Studie[ 2 ], an der insgesamt 1238 Personen (ME/CFS-Erkrankte und deren nahe Angehörige) teilnahmen.
Sampling
Die Proband*innen wurden im 2. Halbjahr 2022 über das Sampling durch Selbstaktivierung und über das Schneeballprinzip gewonnen [45]. Nicht teilnehmen konnten Long-COVID-Patient*innen, die die Internationalen ME/CFS-Konsensus-Kriterien (noch) nicht erfüllten [38]. Es wurde somit keine primäre Selektion durch die Forschenden vorgenommen; die Auswahl wurde stattdessen von der Bereitschaft der Erkrankten zur Studienteilnahme bestimmt. Die Kontaktaufnahme erfolgte über 6 ME/CFS-Patienten-Organisationen[ 3 ] sowie über das Charité Fatigue Centrum in Berlin und das Chronische Fatigue Centrum für junge Menschen (MC/FC) der TU München, die gebeten wurden, einen Aufruf zur Studienteilnahme an ME/CFS-Erkrankte und deren Angehörige weiterzuleiten. Zudem gaben Proband*innen den Hinweis an andere Erkrankte bzw. deren Angehörige weiter.
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Studienteilnehmende
An der der Studie zugrunde liegenden APAV-ME/CFS-Studie nahmen insgesamt 1238 Personen (ME/CFS-Erkrankte und deren nahe Angehörige) teil; davon 1120 online über das Tool SurveyMonkey, 118 Personen nutzten den Download und sandten uns die ausgefüllten Fragebögen per E-Mail, Fax oder Post zu. Für die hier untersuchte Fragestellung standen die schriftlichen Survey-Antworten von 544 erwachsenen ME/CFS-Erkrankten (455 ♀, 89 ♂) mit bereits vorliegender ärztlicher ME/CFS-Diagnose zur Verfügung. Dies entspricht 44% aller eingegangenen Fragebögen, 56% aller Teilnehmenden, die selbst an ME/CFS erkrankt waren, und 71% aller selbst Erkrankten mit ärztlicher ME/CFS-Diagnose ([Abb. 1]).
Knapp 1/4 der 544 ME/CFS-Erkrankten mit ärztlicher Diagnose litt nach eigener Einschätzung seit 6–10 Jahren an ME/CFS, 5% sogar bereits seit 31 bis ≥40 Jahren ([Abb. 1]a). Bei 37,5% der Proband*innen wurde die Diagnose ME/CFS mehr als 5 Jahre nach Beginn der Erkrankung gestellt. Elf Studienteilnehmer*innen gaben sogar an, dass die Diagnosestellung erst 31 bis ≥40 Jahre nach Krankheitsbeginn erfolgt war ([Tab. 1]b).
Anders als in der qualitativen Forschung üblich, wurde das gesamte, umfangreiche Datenmaterial einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen, um keine Hinweise der Proband*innen zu übersehen und dem potenziellen Argument einer Antwortselektion schon vorab zu begegnen. [Tab. 2] zeigt die Anzahl der hier betrachteten Frauen und Männer in den verschiedenen Altersgruppen und ordnet sie dementsprechend einer ID-Gruppe zu. Die ID eines Teilnehmers bzw. einer Teilnehmerin enthält somit Informationen zu Alter und Geschlecht der betreffenden Person (Beispiel: ID J22 = Frau mit einem ärztlich diagnostizierten ME/CFS aus der Altersgruppe 51–60 Jahre).
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Leitfadenerstellung und Survey-Durchführung
Die schriftliche Befragung der Proband*innen erfolgte in der 2. Jahreshälfte 2022 mithilfe eines analog zu einem fokussierten, standardisierten Leitfaden aufgebauten Survey-Fragebogens[ 4 ]. Im Folgenden werden die Teile der subjektiven Erlebnisberichte der befragten ME/CFS-Patient*innen analysiert, die sich mit der Diagnosefindung als einem wichtigen Faktor der oft als problematisch beschriebenen AP-Beziehung beschäftigen. In die Auswertung flossen die offenen Antworten von 4 der 13 Survey-Fragen zu folgenden Themenbereichen ein:
-
Erfahrungen mit Ärzt*innen, die die Erkrankten seit Beginn ihrer Erkrankung gemacht haben
-
Typische Situation, die sie mit behandelnden Ärzt*innen bereits erlebt haben
-
Unterschiede zu einer „normalen“ Erkrankung wie Grippe, Herzinfarkt oder Lungenkrebs
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Stellung einer Fehldiagnose und Gründe für die Stellung einer Fehldiagnose
Im Fragebogen wurden zudem Basis-Informationen (z.B. Alter und Geschlecht der Erkrankten) abgefragt. Der Fragebogen enthielt Informationen zum Studienablauf, zum Umgang mit den Daten sowie eine Einwilligungserklärung zur Studienteilnahme. Die Fragen wurden überwiegend über das Online-Tool SurveyMonkey beantwortet. Alternativ bestand die Möglichkeit zum Download, sodass der von Hand bzw. am PC beantwortete Fragebogen dann per E-Mail, Fax oder Post eingesandt werden konnte. Den Teilnehmenden wurde zugesichert, dass sie über die Ergebnisse der Studie informiert werden, wenn sie dies wünschen.
Datenbearbeitung, Datenanalyse, Gütekriterien
Den über SurveyMonkey ausgefüllten Fragebögen (Online-Datensatz) wurden die 118 ausgefüllten Fragebögen, die uns per E-Mail, Fax oder Post erreichten, nach Studienende von Hand bzw. per Copy & Paste hinzugefügt. Zur Validierung wurden 12 zufällig ausgewählte Fragebögen (= 10%) ein zweites Mal eingegeben. Da hierbei keine Fehler auftraten, ist von einer korrekten Datenübertragung auszugehen.
Die Auswertung der Texte erfolgte im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [46]. Dabei wurde durch Paraphrasierung und Abstrahierung bzw. Generalisierung der einzelnen Aussagen eine frühe Reduktion der Komplexität der Daten angestrebt und nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden geschaut. Auf dieser Basis wurden dann zentrale inhaltliche Kategorien identifiziert und die einzelnen Aussagen den identifizierten Kategorien bzw. Unterkategorien zugeordnet. Zuvor wurde in einem Kodierleitfaden definiert, welche Textbestandteile unter eine Kategorie fallen sollten. Darüber hinaus wurden konkrete Textstellen als Ankerbeispiele festgehalten. Den Kodierleitfaden mit den Ankerbeispielen finden Sie online in den Zusatzmaterialien. Es wurden separat noch Kodierregeln formuliert, um bei Abgrenzungsproblemen zwischen den Kategorien eindeutige Zuordnungen zu ermöglichen [57, S. 119 ff.]. Im Rahmen einer Rücküberprüfung wurde das Kategoriensystem zur Kontrolle erneut mit den Ausgangstexten abgeglichen. Insbesondere wurde anhand aller Ergebnis-Zusammenfassungen und beispielhaft anhand der Ursprungstexte der 30- bis 40-jährigen Frauen und Männer von einer zweiten Person danach geschaut, ob das im Verlauf der inhaltlichen Zuordnung von Textstellen nun an einigen Stellen geänderte Kategoriensystem das gesamte Ausgangsmaterial repräsentiert.
Anders als in der quantitativen Forschung mit den Gütekriterien „Objektivität“, „Reliabilität“ und „Validität“ wurde hier nach „Transparenz“, „Intersubjektivität“ und „Reichweite“ – als häufig angegebenen Gütekriterien der qualitativen Forschung – geschaut [47]. Zudem wurden die Gütekriterien „Gegenstandsangemessenheit“ und „Regel-Geleitetheit“ des Vorgehens nach Mayring [57, S. 120] berücksichtigt.
An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass es sich hierbei in erster Linie um eine qualitative Studie handelt, bei der in der Regel keine Quantifizierung vorgenommen wird. Es geht stattdessen darum, eine möglichst große Varianz der Aussagen aufzuzeigen. Nach Bacher und Horwarth [48] können die Auswahlkriterien für die Teilnahme an qualitativen Studien danach festgelegt werden, dass es sich entweder um typische Fälle, um Extremfälle oder abweichende Fälle, um besonders kritische Fälle oder um besonders wichtige und sensible Fälle handelt. Vor allem aber kann mit der Fallauswahl die Varianz der vorliegenden Fälle dargestellt werden. Da bei unserer Studie keine Vorabauswahl der Teilnehmenden erfolgen konnte, soll die Auswahl der Zitate das Spektrum der Äußerungen der Teilnehmenden widerspiegeln und dabei auch auf besonders wichtige Aussagen eingehen. Nach Vogl ist die Quantifizierung qualitativer Daten ein möglicher, aber keineswegs nötiger ergänzender Schritt in der qualitativen Forschung, um der „Vielschichtigkeit und Komplexität der Daten gerecht zu werden und gleichzeitig Muster aufzuzeigen“ [49]. Sie hilft, die Perspektive zu erweitern und ergänzende Blickwinkel zur interpretativen Analyse zu sammeln. Da unserer Erfahrung nach Ärzt*innen eher mit quantitativen als mit qualitativen Untersuchungsmethoden vertraut sind, und um die relative Bedeutung der Thematik aufzuzeigen, wurden einige der gewonnenen Ergebnisse abschließend noch anhand ihrer absoluten und relativen Häufigkeiten quantifiziert.
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Ergebnisse
Im Folgenden werden nun die Antworten der Proband*innen analysiert, die sich mit der Diagnosefindung als einem zentralen Faktor der oft als problematisch beschriebenen AP-Beziehung beschäftigen. Hierzu werden zuerst die Erfahrungen betrachtet, die die ME/CFS-Erkrankten mit ihren Ärzt*innen gemacht haben.
Erfahrungen von ME/CFS-Erkrankten mit den sie behandelnden Ärzt*innen
Nur einzelne Proband*innen berichteten davon, dass ihre Ärzt*innen bei ihnen die Diagnose ME/CFS gestellt haben, dass ihre Ärzt*innen die Erkrankung bereits zuvor kannten, dass sie sie als ernstzunehmende Krankheit ansahen oder dass sie Unterstützung durch ihre Ärzt*innen erfuhren.
„2020 erhielt ich schließlich von der EUTBEUTB = Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung. den Tipp, dass die Uniklinik meiner Stadt in der Umweltambulanz sich mit ME/CFS auskennen würde. Die Ärztin dort hatte auch frisch an einer Fortbildung der Charité teilgenommen. Als ich also dorthin ging, erhielt ich nach jahrelanger Ärzte-Odyssee endlich Verständnis und eine Diagnose und außerdem – ganz wichtig!! – einen ausführlichen, mehrere Seiten langen Arztbericht, der meine individuellen Einschränkungen sowie die Krankheit ME/CFS und deren nicht vorhandene Therapiemöglichkeiten sowie die Gefahr von Belastung bis ins Detail beschrieb. Dieser Bericht wurde dann dem Hausarzt und dem Neurologen geschickt. Seitdem glauben sie mir.“
G38
Die übrigen Teilnehmenden berichteten stattdessen davon, dass ihre Ärzt*innen ME/CFS nicht kannten bzw. sich nicht damit auskannten. Sie erwähnten neben der Unkenntnis auch die Ratlosigkeit und Ignoranz der Ärzt*innen und sprachen immer wieder von einer Psychiatrisierung ihrer Symptome und ihrer Person. Im Zusammenhang mit der Unkenntnis der Erkrankung wiesen sie häufig darauf hin, dass die von ihnen geschilderte PEM doch so typisch und charakteristisch für ME/CFS sei und trotzdem keine Diagnose gestellt wurde.
„Rückblickend erschreckt mich am meisten, dass keiner der in den 10 Jahren bis zur Diagnose konsultierten zahlreichen Fachärzte aus meiner PEM-Beschreibung eine ME/CFS-Verdachtsdiagnose ableiten konnte, obwohl PEM doch so typisch für ME/CFS ist.“
D21
Die Folge sei, dass Ärzt*innen, die ME/CFS nicht kannten, Therapien empfahlen, die die gesundheitliche Situation der Erkrankten deutlich verschlechterten.
„Ärzte, denen ME/CFS unbekannt ist, machen so ungefähr alle Fehler, die man in Bezug auf die Erkrankung machen kann.“
I127
Selbst Ärzt*innen, die der Ansicht waren, ME/CFS zu kennen und eine entsprechende Diagnose stellten, hatten nach Ansicht der Befragten falsche Vorstellungen vom Krankheitsbild.
„Sie hat also die Diagnose vergeben, versteht darunter aber gar keine neurologisch-immunologische Erkrankung und war auch nicht bereit, irgendeine Art Ausschlussdiagnostik zu veranlassen.“
I125
Die Unkenntnis sei oft gekoppelt mit der Unfähigkeit, sich die damit verbundene Rat- und Hilflosigkeit einzugestehen. Beides wirke sich dann nicht nur auf die gewählte Therapie, sondern auch auf das AP-Verhältnis aus.
„Die offensichtliche Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und schlechte Informationslage führen zu einer reinen symptomatischen Behandlung ohne neuen therapeutischen Ansatz.“
C12
„Die meisten Ärzte haben immer noch ein Problem damit, [es] einzugestehen, wenn sie nicht weiterwissen oder etwas nicht kennen. Dabei schätzen sie, glaube ich, die meisten Patienten völlig falsch ein. Ich glaube, die meisten hätten überhaupt kein Problem damit, wenn ihr Arzt ehrlich ist und zugibt, dass er nicht weiterweiß oder von etwas noch nie gehört hat. Im Gegenteil – ich denke, so etwas wirkt eher vertrauensbildend.“
I88
Beklagt wurde sehr häufig die fehlende Bereitschaft der Ärzt*innen, sich mit der Thematik und den aktuellen ME/CFS-Studien zu beschäftigen. Proband*innen empfanden dies als ignorantes oder arrogantes Verhalten.
„Die meisten Ärzte orientieren sich nicht am aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand und behalten einen veralteten oder falschen Wissensstand und sind voreingenommen.“
D2
„… keinerlei Bereitschaft, diesbezüglich Informationen/Studien einzuholen. Leider meist auch eine unerträgliche Ignoranz und Blasiertheit seitens der Ärzte.“
E12
Eine Folge der Unkenntnis sei, dass ME/CFS-Erkrankte vorschnell als psychisch krank eingestuft würden, was Proband*innen als schwere Kränkung empfanden.
„Null Verständnis für ME/CFS […] und für psychisch krank erklärt worden, mit dem Argument, ME/CFS gibt es nicht, weil ich es nicht kenne.“
C7
„In der Vergangenheit war das Schlimmste, als eingebildeter oder psychisch Kranker abgetan zu werden.“
J75
Studienteilnehmende merkten an, dass die Anamnesefragen der Ärzt*innen – wenn denn überhaupt gefragt wurde – nicht auf ihre Symptomatik passten.
„Es stört mich, dass man kaum was gefragt wird. Ich als Patient weiß ja oft gar nicht, welche Dinge wichtig sind, und weil der Arzt kaum Zeit hat, versucht man sich auch kurz zu fassen. Es stört mich auch, dass viele die einfachste und erstbeste Erklärung nehmen und gar nicht weitersuchen.“
H10
„Dann verläuft die Befragung zur Anamnese in der Regel schlecht ab. Keine Zeit, keine ausreichenden Fragestellungen.“
I88
„Die Anamnese ist nicht auf meine Erkrankung bezogen und stellt eine enorme körperliche Belastung dar. Es wird nicht auf meine Symptome eingegangen.“
G6
Zudem fehle das Verständnis für die Schwere der Erkrankung und die Rücksichtnahme den Patient*innen gegenüber.
„Ein weiterer Punkt ist, dass die Schwere unserer Symptome in aller Regel massiv unterschätzt wird und viele Ärzte dadurch keine Indikation für ein adäquates Symptom-Management sehen.“
G16
„Die Schwere der Symptome wird teilweise völlig verkannt. Man bekommt oft zu hören: ‚Aber Sie sitzen ja jetzt hier und haben es ja auch gut geschafft‘. Es wird oftmals nicht gesehen, welche starke Belastung ein Arztbesuch für den gesamten Organismus ist. Die einsetzende Post Exertionale Malaise bekommen die Ärzte nicht zu Gesicht. Sie können sich einfach nicht vorstellen, dass man sich von einem Arztbesuch teilweise mehrere Wochen erholen muss, bis eine Zustandsverbesserung eintritt.“
B7
Andere berichteten, dass Ärzt*innen den Erkrankten vorwarfen, selbst nicht genug für die Verbesserung ihrer Krankheitssituation zu tun, insbesondere, wenn sie die nach ihrer Erfahrung krankheitsverschlechternden Therapieempfehlungen wie GET ablehnten.
„Störend empfinde ich mir gegenüber manchmal so eine Art Schuldzuweisung, weil die Krankheit nicht besser wird.“
I129
„Man sucht nach der einfachsten, erstbesten Erklärung und behandelt einen, als wäre man selbst schuld, weil man ja z.B. nicht genug isst oder nicht genug Sport macht.“
H10
„Die Ärzte geben einem die Schuld, dass es einem schlecht geht, weil man sich nicht auf die Antidepressiva und psychiatrische Erkrankung einlasse.“
J134
Proband*innen beschrieben auch ablehnende Reaktionen der konsultierten Ärzt*innen auf eine bereits andernorts gestellte ME/CFS-Diagnose und wiesen darauf hin, dass es infolge dieser ablehnenden Haltung auch nach Diagnosestellung weiter zu Falschbehandlungen kam.
„Selbst nach der Diagnose wurde vor allem in Kliniken ME/CFS als Erkrankung abgelehnt und teilweise als unwissenschaftlich bezeichnet – obwohl die Diagnose sehr ausführlich und nach den Kriterien der Charité erfolgte.“
B6
„Ein Arzt äußerte sogar mal, er wolle richtige Unterlagen und nicht die der ausgedachten Krankheit aus Kanada.“
H58
„Gutachter – trotz Diagnose aus der Charité (!) – haben gesagt: ‚Das gibt es nicht, keine echte Erkrankung, alles nur psychisch‘.“
J92
„ME/CFS ist wie ein Mülleimer, man steckt dort alles rein, was man nicht zuordnen kann. Es ist keine Krankheit.“
H17
„Meine Hausärztin, die mich am längsten kennt, wurde nicht ernstgenommen. Ihr wird ungenügende Fachlichkeit unterstellt und zu wenig ‚Abgrenzung‘ zu mir als Patientin – als wenn sie ihre Diagnosen, Stellungnahmen und Atteste nur aus Gefälligkeit ausstellt.“
J92
„Gemachte Erfahrungen werden von Ärzten missachtet, Diagnoserichtlinien werden missachtet und Falschbehandlungen empfohlen.“
C14
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Die Diagnosestellung
Nach der Analyse der Antworten auf die Einführungsfragen wurden die Antworten auf weitere Fragen mit Bezug zur Diagnosestellung untersucht und entsprechenden Kategorien zugeordnet.
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Fehlendes Wissen der Ärzt*innen
Immer wieder wurde von den Proband*innen das fehlende ME/CFS-Wissen der konsultierten Ärzt*innen sowie die fehlende Erfahrung im Umgang mit ME/CFS-Erkrankten beklagt.
„Störend sind die Vorurteile und das fehlende Fachwissen trotz Fachrichtung. Es interessiert nicht, was der Patient erzählt. Sobald man von der Krankheit erzählt, wird man nicht mehr ernstgenommen und keiner der Ärzte informierte sich im Nachhinein über das Krankheitsbild ME/CFS.“
B3
Besonders negativ sahen sie dabei die fehlende Fortbildungsbereitschaft der Ärzt*innen an.
„Und auch wenn man den Arzt bittet, sich zu informieren (z.B. bei der Charité Berlin), dann tun sie das nicht oder nur halbherzig. Man könnte auch sagen, große Voreingenommenheit der Mediziner.“
D23
„Dass die Ärzte sich überhaupt nicht informieren wollen…! Ich habe ein Attest über ME/CFS, begründet auf den Fukuda-Kriterien. Das wird ignoriert. Es ist keine sachliche Unterhaltung möglich.“
I70
„Was mich, neben dem Unwillen, jeden Patienten ernstzunehmen, am allermeisten stört, ist die Ignoranz und die Verweigerung diverser, auch an der Primärversorgung von Post-Covid- und ME/CFS-Patienten beteiligten Ärzte, sich ja die inzwischen weithin zugänglichen, fundierten Informationen anzueignen, und sei es auch nur, die S1-Leitlinie zu lesen. Daraus entstehen neben dem sehr anstrengenden Frust bei den Betroffenen auch nach 2 Jahren Pandemie noch fatale Empfehlungen wie die Steigerung des Trainings/der Aktivitäten statt Pacing etc.“
I82
Verknüpft sei dies oft mit einem Beharren auf dem eigenen, meist seit Studienzeiten nicht aktualisierten Wissensstand. Zudem beklagten Proband*innen eine Unfähigkeit der Ärzt*innen, über ihren Wissenshorizont hinaus zu denken, sich z.B. auch mit den Erkenntnissen anderer ärztlicher Disziplinen auseinanderzusetzen und diese Erkenntnisse im Sinne eines systemischen Denkens zusammenzuführen.
„Am meisten stört mich, dass Ärzte (fast alle) nicht über ihr eigenes Paradigma hinausdenken können und nicht akzeptieren oder auch nur in Erwägung ziehen können, dass es etwas gibt, das sie nicht wissen […] und sie deswegen ihren Horizont erweitern müssen und das in Frage stellen, was sie gelernt haben.“
C3
„Es fehlt ein bisschen der Detektiv-Sinn, die Neugierde und der Entdeckerdrang, auch mal das Durchhalten und Aushalten, bis komplexe Erkrankungen dann schließlich diagnostiziert werden können. Diagnostik im wirklichen Ausschlussverfahren findet so gut wie nicht statt.“
D15
Ärztliches Vorgehen
Darüber hinaus beschrieben Proband*innen das Vorgehen ihrer Ärzt*innen als „Standardprogramm“ und beklagten ein Schubladendenken.
„Es wird nur das altbekannte Schema angewendet: Einmal durchuntersuchen. Wenn nichts auffällig ist, muss der Patient schnell an die psychosomatische Abteilung überwiesen werden, dass man ihn loswird.“
B5
„Absolut blindes Vertrauen in Standardtests, wenig Offenheit, sich zu informieren oder Informationen anzunehmen.“
G1
„Man hat das Gefühl, dass die Ärzte das Thema am liebsten ausklammern würden und sich gerne auf die Behandlung von ‚gängigen‘ Erkrankungen beschränken möchten. ME/CFS-Patienten sind da nicht so einfach zu behandeln, es gibt keine Bio-Marker, man muss sich für die Patienten Zeit nehmen, man kann diese Patienten nicht so einfach ‚durchtakten‘ und nach Schema F abhandeln.“
D38
„Ich glaube, Ärzte denken zu schnell in Schubladen. Ich bin adipös, die erste Reaktion war oft, wenn ich abnehme, wird es besser. Und ich soll mich bewegen. […] Dass ich mich nicht bewegen kann, liegt nach Ärztemeinung bei mir. Ich strenge mich nicht genug an.“
J22
Proband*innen erlebten nicht nur, dass ihre Ärzt*innen die Existenz von ME/CFS leugneten, sondern dass sie auch das Vorhandensein der geschilderten Symptome anzweifelten bzw. die gesundheitliche Situation der Erkrankten bagatellisierten.
„(Die) Diagnose wird häufig ignoriert oder bagatellisiert. Oft kommen so Plattitüden wie: ‚Ich bin auch schon mal müde‘, oder ‚Wie wäre es denn mal mit Arbeiten?‘, oder ‚Schlafen sie sich mal richtig aus!‘ etc. – diskriminierend und bagatellisierend.“
E12
„Am meisten stört es mich, wenn Leute mich und meinen Alltag nicht kennen, einem ins Gesicht sagen, dass das alles nicht stimmt und es [das] nicht gibt. Dies führt dazu, dass ich immer wieder selber zweifle, zu viel mache und in die Verschlechterung komme.“
H49
Auch hier wurde das fehlende systemische Denken der konsultierten Ärzt*innen angesprochen, oftmals zusammen mit dem nicht stattfindenden Austausch zwischen den verschiedenen medizinischen Disziplinen in Bezug auf die jeweiligen ME/CFS-Patient*innen.
„Ein weiteres, unüberwindbares Problem für betroffene Patienten ist die Aufteilung der Medizin in Fachgebiete. Da jeder der ‚Spezialisten‘ aus Orthopädie, Neurologie, […] usw. eine trennende Sichtweise annimmt, d.h. nicht über seinen ‚Tellerrand‘ schaut und für seinen Fachbereich oft nur ‚geringgradige oder mäßige‘ Symptome feststellt, bedeutet das für die ebenso in Disziplinen aufgespaltenen Gutachter der Versicherungen und Gerichte, der Patient ist ‚arbeitsfähig‘. Doch so funktioniert der menschliche Körper nicht. Gehirn, Nieren, Herz, Leber, Darm usw. arbeiten nicht getrennt voneinander. Sie alle arbeiten in ständiger Kommunikation und Verbindung miteinander! Für mich als Patientin selbst ergibt diese Summe aus ‚geringgradigen oder mäßigen Störungen‘ in 6 oder mehr einzelnen Fachgebieten aber einen komplexen Beschwerde-Mix, der mir das Leben zur Hölle macht!“
J15
„… sowie die Tatsache, dass immer nur einzelne Bereiche abgedeckt werden. Keine bereichsübergreifende Behandlung: entweder Rheumatologie oder Neurologie oder Endokrinologie.“
J54
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Unterschied zu einer „normalen“ Erkrankung
Die meisten Befragten gaben an, dass es Unterschiede zu einem diagnostischen Vorgehen bei einer „normalen Erkrankung“ wie Grippe, Herzinfarkt oder Lungenkrebs gebe. Diese beruhten darauf, dass die Krankheit in der Ärzteschaft nicht anerkannt sei. Eine Ursache hierfür sahen sie darin, dass die Ärzt*innen die Krankheit ME/CFS nicht kannten, sie für nicht existent hielten oder nicht als somatische Erkrankung anerkannten.
Zitat: „Die Krankheit gibt es so nicht.“
A4
Angesprochen wurden auch der ungenügende Forschungsstand bei ME/CFS und die Wissensunterschiede zwischen Ärzt*innen und Patient*innen (zugunsten der Patient*innen). Allerdings sei ME/CFS nicht einfach zu diagnostizieren, da die Symptome nicht immer sichtbar seien.
„Außerdem stört mich sehr, dass vor allem die zeitverzögerte Verschlechterung nicht geglaubt wird.“
I78
ME/CFS sei keine greifbare bzw. messbare Erkrankung. Hier hoben Proband*innen hervor, dass es noch immer keine auffälligen Laborbefunde (Biomarker) gebe, die durch eine Routinediagnostik bestimmt werden könnten.
Unterschied: „Keine Biomarker/Laborbefunde.“
I3
„Es wurde nur auf die Blutwerte geguckt.“
I117
„Die Laborwerte spiegeln nicht wider, wie schwer meine Einschränkungen sind. Daher wird mir nicht geglaubt.“
I123
„Immer wieder fehlt ein Marker, mit dem man beweisen kann, diese Erkrankung zu haben. Die Möglichkeit der Diagnose über die kanadischen Kriterien wird nicht anerkannt.“
J2
Da ME/CFS für viele im somatischen Bereich tätigen Ärzt*innen nicht greifbar sei, ordneten sie sie als psychosomatisch/psychiatrisch ein.
„Wenn sich Ärzte nicht erklären können, woran es liegt, dann ist es die Psyche.“
G13
„Durch Unwissenheit und Hilflosigkeit oder Überforderung wird es häufig auf die Psyche geschoben, bevor alle körperlichen Ursachen ausgeschlossen sind.“
G3
Auch dass die Betroffenen oft ein umfangreicheres ME/CFS-Fachwissen hätten als ihre Ärzt*innen, führe nicht selten zu Änderungen im AP-Verhältnis.
„Auch die Problematik, sein inzwischen selbst angeeignetes Wissen über die Erkrankung nicht direkt ansprechen zu können, ohne automatisch eine Abwehrrektion hervorzurufen, OBWOHL derjenige Mediziner m.E. aus der vorherigen Gesprächssituation doch schon hätte erfassen müssen, dass ich in der Lage bin, Dinge differenziert zu betrachten, und nicht einfach mit irgendetwas Unpassendem, was ich mal gelesen habe, ankomme.“
I75
Einen weiteren Unterschied sahen Proband*innen darin, dass es für ME/CFS bislang keine etablierte Therapie gebe und für die behandelnden Ärzt*innen auch keine adäquaten Abrechnungsmöglichkeiten. [Tab. 3] fasst die genannten Unterschiede zu einem diagnostischen Vorgehen bei einer „normalen“ Erkrankung kurz zusammen.
Art der Fehldiagnose
Die vorschnelle Einordnung der Krankheitssymptome als psychosomatisch/psychiatrisch führe in der Regel zu Überweisungen zu psychotherapeutischen Spezialisten. Dort werde eine psychosomatische bzw. psychiatrische Diagnose gestellt, je nachdem, welche Symptome jeweils im Vordergrund ständen. Dies geschähe auch dann, wenn die Symptome für die entsprechende Erkrankung untypisch seien. Zudem werde die Diagnose später nicht mehr hinterfragt.
„Psychische Diagnosen scheinen eine Art ‚Restebecken‘ zu sein, wenn sonst keine Ursache gefunden wird – unabhängig davon, ob das im Einzelfall plausibel ist. Gestellte psychische Diagnosen werden im Nachgang selten hinterfragt und scheinen sehr willkommen (vielleicht, weil sie scheinbar eine Erklärung liefern).“
A8
„Des Weiteren, dass die psychosomatischen Erkrankungen als Sammeldiagnose für unklare Fälle missbraucht werden, trotz Nichterfüllung klinischer Kriterien.“
B5
„Zitat: ‚Sie müssen sich einfach damit abfinden, dass sie psychisch krank sind.‘“
H68
Die häufigste Fehldiagnose, die die Proband*innen angaben, war die Depression.
„Mir wurde eine schwere Depression diagnostiziert. Der Grund war die Fehlinterpretation von PENE/PEMPENE: Post-Exertional Neuroimmune Exhaustion; PEM: Post-Exertional Malaise. Beide Begriffe stehen für eine charakteristische Reaktion des Körpers bereits auf geringe physische, kognitive oder sensorische Belastungen, da er nicht in der Lage ist, auf Abruf genügend Energie bereitzustellen. Der Begriff PENE betont zusätzlich noch die diesem Vorgang zugrundeliegende neuroimmunologische Komponente., des erhöhten Schlafbedürfnisses und des verschobenen Tag-Nacht-Rhythmus sowie die starke, bleierne Erschöpfung. Den anderen Symptomen wurde keine Beachtung geschenkt. Auch wurde nicht beachtet, dass ich immer wieder angemerkt habe, dass ich sehr motiviert bin und ein sehr aktiver Mensch bin. Hier wurde gesagt, dass ich eine Sonderform [der] Depression habe aufgrund der Motivation.“
H25
„Viele Ärzte sehen lieber Depressionen, wo keine sind, als dass sie ME/CFS als Diagnose anerkennen würden.“
I101
„Bei mir wurde vermutet, dass ich eine Depression oder einen Burnout habe, obwohl ich mich nie so gefühlt hatte und auch mein Umfeld das nicht so gesehen hat.“
D15
„Eine Ärztin meinte, ich hätte die komischste Depression, die sie je gesehen hat, da ich alle Symptome hätte, aber gar nicht depressiv wirken würde.“
H63
Als weitere Fehldiagnosen wurden Burnout, Anpassungsstörung, Chronische Schmerzstörung, Magersucht, Panikstörung, Somatisierungsstörung bzw. Somatoforme Störung und Psychovegetative Erschöpfung genannt, aber auch die Einordnung der Symptomatik als Sozialphobie.
„Ja, vor allem psychiatrische Erkrankungen, bis hin zur Sozialphobie, aufgrund der Lärm- und Lichtempfindlichkeit.“
D31
„Ich habe von inzwischen 50 Jahren 35 Jahre getanzt, u.a. auch unterrichtet…– und ich muss mich so zusammennehmen, wenn man mir Antriebsminderung vorwirft… oder soziale Phobie, weil ich hausgebunden lebe(n) muss.“
J135
Nicht selten wurde auch eine Krankheitsfixierung diagnostiziert bzw. ein sekundärer Krankheitsgewinn unterstellt, weil die Patient*innen sich nicht mit der psychiatrischen Einordnung ihrer Symptome abfinden wollten.
„Bei eigenem Hinweis auf den aktuellen Forschungsstand unter Nennung (der) Charité Berlin wurde später (eine) ‚Fixierung‘, schwer krank und pflegebedürftig zu sein, unterstellt.“
D4
„Dort gibt es so absurde Konstrukte und Vorwürfe wie sekundärer Krankheitsgewinn, was einfach absurd ist, wenn man bedenkt, was ME/CFS-Betroffene alles verlieren, die Chance auf Familiengründung, auf Arbeit, auf Teilhabe, auf soziale Absicherung, auf Licht und das draußen Sein, auf Berührung, auf jegliche Grundelemente, die das Leben ausmachen.“
G1
Eine Probandin gab sogar an, bei ihr seien wahnhafte Ideen diagnostiziert worden (I50), andere berichteten zudem von einer fälschlicherweise diagnostizierten Demenz (I53, K1). Nur ganz wenige nannten eine somatische Fehldiagnose, in der Regel im Zusammenhang mit einer oder mehreren psychiatrischen/psychosomatischen (Fehl-)Diagnosen.
„Viele Fehldiagnosen, ich glaube, die Ärzte waren einfach mit allem überfordert. Etliche Diagnosen aus allen Fachrichtungen, keiner hat das gesamte Bild gesehen.“
D26
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Gründe für das Stellen einer Fehldiagnose aus Sicht der Erkrankten
Die wichtigsten Gründe für das Stellen von Fehldiagnosen bei ME/CFS-Patient*innen seien die mangelnden fachlichen Kenntnisse, das fehlende Können und die knappe Zeit für die Patient*innen.
„Ich denke, es ist das ‚Wir haben das immer so gemacht‘-Denken der Behandler und das fehlende Wissen.“
B5
„Dies geht meist auf Unwissenheit zurück. Es besteht oft der Eindruck, dass Befunde nicht gelesen werden und jeder Arzt eher seinen eigenen Senf dazu geben will, völlig ungeachtet dessen, was alles bestätigt und diagnostisch gelaufen ist. Das wird oft ignoriert.“
B13
„Sobald Ärzte in für sie unbekanntes Terrain kommen oder überfordert sind, vielleicht nicht genug Zeit haben, gehen sie leider oft in ein für den Patienten ganz ungünstiges Verhaltensmuster – sie weisen ihn ab, spielen Symptome herunter, sagen, es sei sicher ‚psychosomatisch‘.“
G27
Häufig wurden aber auch die Ignoranz der Ärzt*innen, ihre Voreingenommenheit und das ärztliche Selbstverständnis als (Mit-)Ursachen dafür gesehen [45].
„… und ein ‚Nichtzulassen‘ dieser Erkrankung im Vorstellungsbereich der Ärzte. Oft ist es meiner Meinung nach aber einfach auch die reine Hilflosigkeit der Ärzte einem Patienten gegenüber, dessen Erkrankung für sie nicht erklärbar ist.“
D38
„Vermutlich können Ärzte einfach nicht zugeben, dass sie keine Ahnung haben. Psychische Diagnosen sind häufig eine Verlegenheitsdiagnose.“
C9
Auch wurde wieder die Vermutung geäußert, es liege daran, dass ME/CFS keine greifbare/messbare Erkrankung sei, die Ärzt*innen der Symptomatik daher ratlos gegenüberstünden und eine psychosomatische bzw. psychiatrische Einordnung der Symptome somit hochwillkommen sei.
„Es fehlen physiologische Biomarker, die so exklusiv sind, dass man die Diagnose ME/CFS zweifelsfrei stellen kann.“
B7
„Merkwürdig ist nur, dass man ja auch eine psychische Erkrankung meist nicht (labor-)medizinisch beweisen kann, diese aber anerkannt ist und sich scheinbar schnell und mit wenig Aufwand diagnostizieren lässt.“
D15
[Tab. 4] fasst die von den Proband*innen genannten Gründe für das Stellen psychosomatischer bzw. psychiatrischer Fehldiagnosen bei ME/CFS durch ihre Ärzt*innen noch einmal zusammen.
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Quantifizierung einiger Aussagen der Proband*innen
Um die relative Bedeutung der Thematik aufzuzeigen, wurde abschließend noch eine Quantifizierung der Aussagen hinsichtlich des mangelnden Fachwissens der behandelnden Ärzt*innen und der Stellung von Fehldiagnosen aus Sicht der ME/CFS-Erkrankten vorgenommen. Die Grundlagen für die Quantifizierung der Aussagen hinsichtlich des mangelnden Fachwissens der behandelnden Ärzt*innen bildeten die Antworten auf die ersten 3 der im Abschnitt Leitfadenerstellung und Survey-Durchführung genannten Fragen und Themen. Einbezogen wurden somit die Antworten (a) auf die Frage hinsichtlich der Erfahrungen, die die Erkrankten seit Krankheitsbeginn mit Ärzt*innen, gemacht haben, (b) die Frage nach einer bereits erlebten typischen Situation hierbei und (c) die Frage nach Unterschieden zu einer „normalen“ Erkrankung. Insgesamt waren dies Antworten im Umfang von 420278 Zeichen (ohne Leerzeichen) bzw. 72666 Wörtern (ø 765,5 Zeichen, ø 132,4 Wörter pro Antwort). [Tab. 5] gibt die absoluten und relativen Häufigkeiten der Proband*innen an, die entsprechende Wortfelder bzw. Homöonyme zur Beschreibung des aus ihrer Sicht mangelnden Fachwissens ihrer Ärzt*innen nutzten. Entsprechend wurde auch die in diesem Zusammenhang oft genannte Angabe quantifiziert, dass Ärzt*innen ME/CFS fälschlicherweise als psychisch bedingt einstufen. Hierbei ist zu beachten, dass nicht explizit nach der ärztlichen Expertise gefragt wurde. Die Proband*innen sprachen die Thematik von sich aus an. Pro Person wurde nur maximal eine Nennung registriert, auch wenn mehrere Wörter aus einem Wortfeld genutzt wurden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um Mindestangaben handelt. Einige Proband*innen nutzten andere Begriffe und Beschreibungen für ähnliche Aussagen, die hier jedoch nicht abgefragt wurden. Andere sprachen ein bestimmtes Themenfeld gar nicht an. Auch wurden Begriffe dann nicht gezählt, wenn Rechtschreibfehler vorlagen. Mehr als die Hälfte der Proband*innen beklagte explizit die fehlende ärztliche Expertise. Noch häufiger wurde in diesem Zusammenhang angegeben, dass die behandelnden Ärzt*innen fälschlicherweise von einer psychischen Genese ausgingen.
Wortfelder/Homöonyme Begriffe |
Nennungen durch die Proband*innen [n = 5491] |
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[n] |
% |
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1In diese Untersuchung flossen zusätzlich zu den Antworten der 544 weiblichen und männlichen Proband*innen noch die Aussagen der 3 Teilnehmenden ein, die sich als „divers“ bezeichnet hatten, sowie die Antworten von 2 nachträglich eingegangenen Fragebögen. |
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Ärztliche Expertise: Unwissen, nicht wissen, Unkenntnis, keine Kenntnis, kennt nicht, nicht informiert, keine Expertise, keine Erfahrung, keine Ahnung, unbekannt, gibt es nicht, inkompetent*, unbelehrbar*, nicht/schlecht informiert, Unwille, sich zu informieren, schlechte Informationslage, dumm* |
289 |
52,6% |
Krankheit ist psychisch bedingt: Psyche, psychisch bedingt, psych*, psychosom*, depressiv, Depression, Somatisierungsstörung, Neurasthenie, Burnout, falsche Krankheitsüberzeugung |
347 |
63,2% |
[Tab. 6] und [Tab. 7] quantifizieren die Aussagen zur Stellung von Fehldiagnosen aus Sicht der Erkrankten. Die Grundlagen hierfür bildeten die Antworten auf die Frage nach der Stellung möglicher Fehldiagnosen (wie z.B. die einer psychischen Störung) im Verlauf der ME/CFS-Erkrankung. Knapp 80% der Befragten gaben an, dass bei ihnen eine oder mehrere Fehldiagnosen gestellt wurden. Frauen erwähnten dies häufiger als Männer (80,8% vs. 74,2%). Bei den Männern nahm der Anteil mit einer/mehreren Fehldiagnosen mit dem Alter deutlicher ab als bei den Frauen ([Tab. 4]). Bei den Angaben ist zu berücksichtigen, dass ein Teil derjenigen, der keine Fehldiagnosen nannte, das mangelnde Fachwissen und die Unwissenheit der behandelnden Ärzt*innen beklagte und damit indirekt auf das Stellen einer Fehldiagnose hinwies.
[Tab. 6] spezifiziert die genannten psychosomatischen/psychiatrischen Fehldiagnosen. Einbezogen in die Betrachtung wurden nur die Antworten der 434 Proband*innen, die bejahten, dass bei ihnen aus ihrer Sicht im Verlauf der Erkrankung eine oder mehrere Fehldiagnosen gestellt wurden. Pro Person konnten dies auch mehrere Angaben sein. Auch hier war nicht explizit danach gefragt worden, welcher Art diese Fehldiagnosen waren. Es handelt sich also um Mindestangaben. Zudem ist zu beachten, dass einige Proband*innen an anderer Stelle (d.h. bei ihren Antworten auf andere Fragen) noch weitere Einzeldiagnosen nannten, was hier jedoch nicht berücksichtigt werden konnte. So wurde die Diagnose „Sozialphobie“ insgesamt von mehreren Teilnehmenden erwähnt – bei der Frage nach möglichen Fehldiagnosen jedoch nur von einem Teilnehmer. Die Auswertung ermöglicht somit nur eine quantitative Annäherung an die Frage nach der Art der Fehldiagnosen. Die Tabelle zeigt, dass die angegebenen Fehldiagnosen von den Befragten oftmals nicht genau spezifiziert wurden. Sie sprachen davon, dass die Erkrankung fälschlicherweise als psychisch bedingt eingeordnet wurde (16,6%) oder dass von einer psychosomatischen Erkrankung gesprochen wurde (12,9%). Die Depression war die mit Abstand am häufigsten genannte Einzeldiagnose (36,6%). Es deuteten sich zudem leichte Unterschiede bei der Art der genannten Fehldiagnosen zwischen Frauen und Männern an. So nannten Frauen z.B. ein größeres Spektrum an Einzeldiagnosen als Männer. Überraschenderweise gaben Männer deutlich häufiger die Anpassungsstörung als Fehldiagnose an (9,1% vs. 1,4%).
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Kurze Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Proband*innen nannten als den zentralen Faktor bei der Diagnosestellung die fehlende Akzeptanz von ME/CFS als neuroimmunologische Systemerkrankung durch die Ärzt*innen. Damit fehle ihnen das Expertenwissen und die fachliche Kompetenz, die Erkrankung korrekt zu diagnostizieren und zu therapieren. Die Folge dieser fehlenden Akzeptanz sei, dass es zu Fehldiagnosen, v.a. aus dem psychiatrischen und psychosomatischen Bereich, sowie zu falschen Therapieansätzen komme. Den Patient*innen bliebe nichts anderes übrig, als die ärztlicherseits vorgeschlagenen, ihrer Erfahrung nach jedoch falschen Therapiemaßnahmen wie GET und CBT zu verweigern, um ihre gesundheitliche Situation nicht zusätzlich zu verschlechtern (intelligente Non-Compliance).
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Diskussion
Im Folgenden werden nun die vorliegenden Studienergebnisse in einen Zusammenhang mit bereits bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen gestellt.
Diagnostische „Schubladen“
Das klassische Pathogenese-Modell unserer biomedizinisch orientierten Medizin interpretiert Krankheit als Abweichung von einem definierten Normalzustand des Körpers. Krankheiten haben spezifische Ursachen. Kennt man diese Ursachen, lassen sich auf dieser Basis auch kausale Therapien entwickeln [58, S. 15f]. Um eine Krankheitsdiagnose zu stellen, schaut man hier in der Regel nach spezifischen Biomarkern, deren Anwesenheit auf eine bestimmte Krankheit hinweist. Nach Donner-Banzhoff [59, S. 39f] ist jedoch klar, dass sich Erkrankungen oft nur unscharf von einem Normalzustand bzw. vom Zustand der Gesundheit abgrenzen lassen. Auch das in der Gesundheitsförderung präferierte Modell der Salutogenese nach Antonovsky [50] geht davon aus, dass wir es mit einem Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit zu tun haben.
Unser westliches Diagnosesystem mit der diagnostischen Zuordnung konkreter lokalisierbarer körperlicher Störungen zu einer bestimmten Diagnose hat sich in den letzten 200 Jahren im Rahmen des Pathogenese-Modells fortlaufend weiterentwickelt. Auch vielen Ärzt*innen ist heute nicht immer bewusst, dass die Krankheitsbezeichnungen, die wir nun wie selbstverständlich verwenden, irgendwann einmal von Ärzt*innen konstruiert wurden und nicht als objektive Entitäten existieren [51]. Nach Donner-Banzhoff [59, S. 41f] hängt es bei der Diagnosestellung in hohem Maße von der Brille ab, durch die wir Phänomene wie etwa Schmerzen oder eine eingeschränkte Funktion wahrnehmen und einordnen. Klinische Lehrbücher zeigen dabei immer ein idealtypisches Krankheitsbild mit entsprechenden Symptomen und Befunden. Es handelt sich um Verallgemeinerungen, mit denen Ärzt*innen dann in die Lage versetzt werden, im Rahmen der Diagnosestellung wissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden. Die Fähigkeit zum Diagnostizieren setzt also eine bestimmte, von einer fachlichen Gemeinschaft entwickelte und weitervermittelte Sozialisation voraus. Die auf diese Art und Weise geschulte Fähigkeit zur Wahrnehmung und Interpretation ist Voraussetzung für die klinische Anwendung des Diagnosesystems [59, S. 225]. Allerdings gibt es viele Patient*innen, deren Beschwerden und Befunde nicht in diese diagnostischen Schubladen passen. Es werden daher immer wieder Restekategorien für die übriggebliebenen Fälle geschaffen [59, S. 231]. Nicht zuletzt daran zeigt sich, dass die moderne Biomedizin nicht alle Beschwerden erklären kann [59, S. 44]. Johansen und Risør [52] bekräftigen in diesem Zusammenhang, dass insbesondere das Beispiel der Patient*innen mit sog. MUS (Medically Unexplained Symptoms) zeigt, dass die Krankheitsmodelle, die die medizinische Ausbildung und das klinische Denken dominieren, mangelhaft sind. Dies umfasst auch die mit der Konstruktion von Krankheitsbegriffen („Schubladen“) einhergehenden Vorstellungen, dass es sich bei den biochemischen und pathophysiologischen Prozessen in unserem Körper um Prozesse handelt, die immer gleich ablaufen, so wie wir dies aus Lehrbüchern gelernt haben (deterministisches Bild). Donner-Banzhoff [59, S. 37] betont, dass es sich hierbei um eine Illusion handelt, da all diese Reaktionen nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit geschehen (probabilistische Beziehungen) und es sich bei den Beschreibungen in unseren Lehrbüchern um extreme und tendenziöse Vereinfachungen der Abläufe im Körper handelt. Zudem werden in den Bereichen Biologie und Medizin erst seit einigen Jahren Ansätze entwickelt, die das Denken in Systemen in den Vordergrund stellen [53] [54]. Sie spielen allerdings in der Praxis der Diagnosefindung noch keine Rolle, insbesondere, weil dem die Aufsplitterung in medizinische Fachbereiche entgegensteht.
Auch ME/CFS-Proband*innen aus unserer Studie wiesen darauf hin, dass das Schubladendenken der konsultierten Ärzt*innen ihrer Ansicht nach dafür verantwortlich sei, dass Menschen mit ME/CFS aufgrund der von den Ärzt*innen nicht einzuordnenden Symptome in eine Art Restebecken (A8) oder Mülleimer aussortiert würden, „wo man alles reinsteckt, was man nicht zuordnen kann“ (H17). Andere beschrieben, dass es ihren Ärzt*innen an der Fähigkeit mangele, über diese Schubladen hinaus zu denken und die bei ME/CFS auftretenden Symptome systemisch zu betrachten, denn „…so funktioniert der menschliche Körper nicht. Gehirn, Nieren, Herz, Leber, Darm usw. arbeiten nicht getrennt voneinander.“ (J15).
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„Objektive“ und „subjektive“ Befunde
Ein weiteres Problem ist die Unterteilung der ärztlicherseits erhobenen Untersuchungsergebnisse in objektive und subjektive Befunde. Die über die Anamnese erhaltenen Informationen zu Patient*in und Krankheitsgeschehen werden von vielen Ärzt*innen heute nur noch dahingehend analysiert, ob sie Hinweise (Trigger) darauf enthalten, welche Laboruntersuchungen, Bildgebungsverfahren etc. jetzt zu veranlassen sind. Andere, im meist sehr kurzen Gespräch mit den Patient*innen erhaltene Informationen werden bei der Diagnosefindung kaum berücksichtigt. Die Festlegung auf eine Diagnose geschieht in der Regel erst, wenn die technischen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Auch die körperliche Untersuchung ist oft nur noch ein „schlampig durchgezogene[s] Ritual, das irgendwie sein muss, von dem man sich jedoch wenig erwartet“ [59, S. 272]. Man erliegt dabei der Illusion, über Laborwerte und Bildgebungsverfahren einen direkten Zugriff auf den pathologischen Prozess im Patienten-Körper zu haben. Anamnese und körperliche Untersuchung bieten hiernach nur einen indirekten Zugang zum Krankheitsgeschehen. Sie können ggf. über technische Prozeduren „objektiviert“ werden. Dabei werden die Grenzen, Unzulänglichkeiten und Fehler, die auch bei den „objektiven“ Untersuchungsergebnissen regelmäßig auftreten, meist ignoriert. Der Patient und seine eigene Wahrnehmung der Erkrankung wird ebenso wenig berücksichtigt wie dessen familiärer, beruflicher und kultureller Kontext [59, S. 281f]. Risikofaktoren, „pathologische“ Messwerte und genetische Faktoren rücken immer mehr ins Zentrum der ärztlichen Betrachtung, die „mit wahrnehmbaren Beschwerden nichts mehr zu tun haben. […] In der Medizinsoziologie ist vom ‚Verschwinden der Patientin‘ die Rede“ [59, S. 226]. Dies führt dazu, dass der Krankheitsstatus bei Patient*innen mit „negativen“ Befunden unsicher wird. Die Legitimität ihrer Krankenrolle wird angezweifelt. Die Folgen sind Unverständnis und Diskriminierung durch das soziale Umfeld, aber auch durch Ärzt*innen. Patient*innen mit „objektiven“ Befunden erhalten positive Zuwendung, während über solche mit „negativen“ Befunden geklagt wird. Man würde sie gerne loswerden. Nicht selten werden Patient*innen „ohne Befund“ (o.B.) stigmatisiert [59, S. 228].
Da Laborwerte und Bildgebungsverfahren o.B. waren, sich also keine „objektiven“ Biomarker fanden, wurden auch die Symptome der Proband*innen – entgegen ihrer subjektiven Überzeugung (und oft auch entgegen den Überzeugungen ihres sozialen Umfelds) – als psychisch bzw. psychosomatisch bedingt eingestuft, was von diesen als stigmatisierend empfunden wurde. Ärztlicherseits wurde das Nichtakzeptieren der psychiatrischen/psychosomatischen Diagnose wiederum als Bestätigung dieser Diagnose angesehen, denn „Patienten mit einer somatoformen Störung sind überwiegend gegen eine psychische Erklärungsursache eingenommen und suchen wiederholt die Aufmerksamkeit des Arztes, häufig, indem sie hartnäckig weitere medizinische Untersuchungen einfordern. Als wichtige Kriterien werden also eine längere Dauer der Beschwerden, die subjektive Beeinträchtigung des Befindens und eine spezifische, subjektive Interpretation der Symptomatik durch den Patienten angesehen“ [60, S. 20].
Welche Bedeutung das Finden eines „objektiven“ Biomarkers für die von uns befragten ME/CFS-Erkrankten daher hat, zeigen Aussagen wie diese: „Immer wieder fehlt ein Marker, mit dem man beweisen kann, diese Erkrankung zu haben,“ (J2) und: „Die Laborwerte spiegeln nicht wider, wie schwer meine Einschränkungen sind. Daher wird mir nicht geglaubt“ (I123). Den Erkrankten war bewusst, dass eine adäquate Behandlung und Unterstützung durch die konsultierten Ärzt*innen innerhalb unseres biomedizinisch orientierten Gesundheitssystems nur dann stattfindet, wenn ihre Symptome in eine der Diagnose-„Schubladen“ passen. Dabei sind Biomarker im Rahmen der Diagnosefindung von entscheidender Bedeutung. Das Finden eines Biomarkers hat somit erhebliche Auswirkungen auf die gesundheitliche und soziale Situation der Betroffenen. Zudem könnte ein Biomarker die auf der subjektiven Körpererfahrung der Erkrankten und dem Krankheitsgeschehen basierende Überzeugung bestätigen, dass es sich bei ME/CFS nicht um eine psychiatrische oder psychosomatische Erkrankung handelt. Die befragten ME/CFS-Patient*innen störte es sehr, dass Ärzt*innen ihrer Ansicht nach der Körperwahrnehmung und dem Urteilsvermögen ihrer Patient*innen nicht trauten (J22) und ihnen die Kenntnis über ihren eigenen Körper absprachen (G3).
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Limitationen der Studie
Eine qualitative Analyse des Datenmaterials des gesamten Samples von 544 Proband*innen ist für eine qualitative Studie, vor allem aufgrund des hohen Ressourcenaufwandes, sehr ungewöhnlich. Dieser Weg wurde gewählt, um keine Hinweise der Teilnehmenden zu übersehen, die später für die Entwicklung darauf aufbauender Verbesserungsvorschläge relevant sein könnten, und um dem potenziellen Argument einer Antwortselektion vorab zu begegnen. Zudem war eine Erschließung aller Texte für die zusätzlich geplante Quantifizierung der qualitativen Daten nötig. Um die Texte inhaltlich gut durchdringen zu können, wurde die Untersuchung ohne Zuhilfenahme einer Qualitativen Analyse-Software durchgeführt. Die Daten wurden innerhalb von 6 Wochen von Hand ausgewertet.
Auch die große Anzahl an Zitaten im Ergebnistext ist ungewöhnlich. Die Befragten sollten auf diese Weise im Sinne eines patientenzentrierten Ansatzes auch immer wieder selbst mit ihren eigenen Aussagen zu Wort kommen, sodass die Akteure im Gesundheitssystem die Situation der Betroffenen besser nachvollziehen können.
Über die genaue Zahl der ME/CFS-Erkrankten in Deutschland war zum Zeitpunkt der Studiendurchführung noch wenig bekannt. Viele Betroffene sind zudem nicht oder unter einer anderen Diagnose in ärztlicher Behandlung. Anhand der erhobenen demografischen Variablen konnte jedoch gezeigt werden, dass das Sample zumindest im Hinblick auf das Geschlecht – Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer [10] – den Erhebungen früherer Studien entspricht.
Grundsätzlich gibt es bei qualitativen Studien das Problem, dass eine Generalisierung der Studienergebnisse je nach Methode und Zusammensetzung des Samples nur sehr eingeschränkt möglich ist. Nach Mayring [61] kann hier das Arbeiten mit einer größeren Probandenzahl als Strategie verfolgt werden. Je mehr Fälle – wie hier – analysiert werden, umso besser kann generalisiert werden.
Beim Sampling durch Selbstaktivierung ergeben sich jedoch automatisch Selektionsprozesse [62, S. 141f]. Auch beim Sampling nach dem Schneeballprinzip besteht die Gefahr, dass es zu einer stärkeren Homogenität der gewonnenen Informationen kommt. Die Befragten können sich untereinander austauschen und dadurch die Datenvarianz einengen [62, S. 141f; 63, S. 102]. Dies wurde jedoch durch die sehr große Zahl an Teilnehmenden in unserer Studie mehr als wettgemacht.
Um auch Personen mit moderatem bis schwerem Krankheitsverlauf in die Studie einzubeziehen, wurde die Befragung schriftlich durchgeführt. Dadurch waren allerdings keine Nachfragen möglich. Diese waren aufgrund des umfangreichen Textmaterials auch nicht nötig. Auch fehlten aufgrund der schriftlichen Erhebung zusätzliche Informationen über die Körpersprache der Proband*innen während der Fragenbeantwortung. Einige Probandinnen unterstrichen jedoch die zuvor geäußerten schriftlichen Aussagen über das Verwenden von Emojis.
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Fazit für die Praxis
Solange ME/CFS von Vertreter*innen der Ärzteschaft nicht als neuroimmunologische Multisystem-Erkrankung anerkannt wird, ist es aus Sicht der Betroffenen schwer, eine der Krankheit entsprechende Diagnose und Therapie sowie die benötigte Unterstützung beim Erhalt von Leistungen des Gesundheits- und Sozialsystems zu bekommen. Zudem bildet die Anerkennung als neuroimmunologische Multisystem-Erkrankung aus ihrer Sicht die Grundlage für den Aufbau einer guten Arzt-Patienten-Beziehung. Die vorliegende Untersuchung zeigt, wie wichtig die Einbeziehung der Patient*innen als Expert*innen ihrer eigenen gesundheitlichen und sozialen Situation ist, um auf diese Weise die Lage der ME/CFS-Erkrankten besser zu verstehen und dann, hierauf aufbauend, Handlungsempfehlungen für eine bessere, patientenzentrierte Versorgung von ME/CFS-Patient*innen, entsprechend dem Integrativen Modell der Patientenzentrierung [55] [56] zu erarbeiten, die letztendlich zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Erkrankten beitragen sollen. Weitere Publikationen werden daher zunächst auf Basis der APAV-ME/CFS-Studie noch näher auf das Arzt-Patienten-Verhältnis von ME/CFS-Erkrankten eingehen und die unterschiedliche Sicht von Patient*innen und Ärzt*innen auf die Erkrankung (biologisch verursachte Multisystem-Erkrankung vs. biopsychosoziales Erklärungsmodell der Krankheitsentstehung) evidenzbasiert betrachten und diskutieren.
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Ethische Aspekte
Die vorliegende Studie wurde 2022 von der Ethikkommission der Hochschule Furtwangen (Antrag Nr.: 22 – 057) genehmigt.
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Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Danksagung
Die Autor*innen bedanken sich herzlich bei allen Studienteilnehmer*innen, dass sie uns ihre Zeit für die Studie zur Verfügung gestellt haben. Herzlichen Dank auch an die ME/CFS-Patientenorganisationen und die beiden ME/CFS-Zentren in Berlin und München für die Weiterleitung des Aufrufs zur Teilnahme an der Studie sowie an die Personen, die unsere wissenschaftliche Arbeit in den ersten Monaten durch kleine Spenden für Büromaterialien etc. unterstützt haben.
1 ICD-10-GM-Diagnose G93.3: Chronisches Fatigue-Syndrom [Chronic fatigue syndrome] Inkl.: Chronisches Fatigue-Syndrom bei Immundysfunktion, Myalgische Enzephalomyelitis, Postvirales (chronisches) Müdigkeitssyndrom.
2 APAV-ME/CFS-Studie: Studie zum Arzt-Patient-Verhältnis von ME/CFS-Erkrankten.
3 Um Unterstützung gebeten wurden die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS, Fatigatio e.V., die Lost Voices Stiftung, #Millions Missing Deutschland, die Initiative ME/CFS Freiburg und das ME-CFS Portal.
4 Link zum Fragebogen: https://www.viph-public-health.de/forschungsprojekte/forschungsprojekt-me-cfs-2022/fragebogen-me-cfs-2022/
5 EUTB = Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung.
6 PENE: Post-Exertional Neuroimmune Exhaustion; PEM: Post-Exertional Malaise. Beide Begriffe stehen für eine charakteristische Reaktion des Körpers bereits auf geringe physische, kognitive oder sensorische Belastungen, da er nicht in der Lage ist, auf Abruf genügend Energie bereitzustellen. Der Begriff PENE betont zusätzlich noch die diesem Vorgang zugrundeliegende neuroimmunologische Komponente.
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Literatur
- 1 Scheibenbogen C, Wittke K, Hanitsch L. et al. Chronisches Fatigue-Syndrom/CFS. Praktische Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie. Ärzteblatt Sachsen 2019; 9: 26-30
- 2 Vyas J, Muirhead N, Singh R. et al. Impact of myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS) on the quality of life of people with ME/CFS and their partners and family members: an online cross-sectional survey. BMJ Open 2022; 12: e058128
- 3 Eaton-Fitch N, Johnston SC, Zalewski P. et al. Health-related quality of life in patients with myalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome: an Australian cross-sectional study. Qual Life Res 2020; 29 (06) 1521-1531
- 4 Yoo EH, Choi ES, Cho SH. et al. Comparison of Fatigue Severity and Quality of Life between Unexplained Fatigue Patients and Explained Fatigue Patients. Korean J Fam Med 2018; 39 (03) 180-184
- 5 Bateman L, Bested AC, Bonilla HF. et al. Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Essentials of Diagnosis and Management. Mayo Clin Proc 2021; 96 (11) 2861-2878
- 6 Deumer US, Varesi A, Floris V. et al. Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS): An Overview. J Clin Med 2021; 10 (20) 4786
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- 8 Kassenärztliche Bundesvereinigung. Stellungnahme der KBV zum Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „ME/CFS-Betroffenen sowie deren Angehörigen helfen – Für eine bessere Gesundheits- sowie Therapieversorgung, Aufklärung und Anerkennung“. Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 19. April 2023. Bt-Drs.: 20/4886 vom 14. Dezember 2022. Berlin: Kassenärztliche Bundesvereinigung. 2023 https://www.kbv.de/media/sp/2023–04–14_KBV_Stellungnahme_AfG_Anhoerung_MECFS.pdf
- 9 Jason LA, Mirin AA. Updating the National Academy of Medicine ME/CFS prevalence and economic impact figures to account for population growth and inflation. Fatigue 2021; 9 (01) 9-13
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14 December 2023
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