Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-2234-1215
Wilhelm Conrad Röntgen – der Mann hinter der Entdeckung der „X-Strahlen“
- Zum 100. Todesjahr von Wilhelm Conrad Röntgen 2023
- Teil IV: Wilhelm Conrad Röntgen – von den Schweizer Höhen zu den Niederungen des Alters
Zum 100. Todesjahr von Wilhelm Conrad Röntgen 2023
Anna-Katharina Kätker, Marcel Michels, Uwe Busch, Deutsches Röntgen-Museum
Es war eine der Sternstunden der Menschheit, als Wilhelm Conrad Röntgen am 8. November 1895 am physikalischen Institut der Universität Würzburg eine neue Art von Strahlen entdeckte, die später unter dem Namen „Röntgenstrahlen“ in aller Welt bekannt wurden. Am 10. Februar 2023 jährte sich zum 100. Mal der Todestag des ersten Physiknobelpreisträgers. Aus diesem Anlass möchten wir gerne noch einmal mit einem speziellen Fokus auf die Person Röntgens und seine Heimatstadt Lennep, in der sein Geburtshaus nun als Treffpunkt und Begegnungsstätte für Röntgenforscherinnen und -forscher aus der ganzen Welt dient, zurückblicken.
#
Teil IV: Wilhelm Conrad Röntgen – von den Schweizer Höhen zu den Niederungen des Alters
Zufluchtsorte
Röntgen war aber bei Weitem kein Mensch, der ausschließlich gearbeitet hat. Im Frühjahr reiste das Ehepaar Röntgen oft für einige Wochen nach Italien und die Sommerurlaube verbrachte es von 1873 bis 1913 regelmäßig in Pontresina in der Schweiz, wo sich ein fester Kreis von Freunden jedes Jahr im Hotel Weisses Kreuz einfand. Die Hotelierfamilie (Trippi)-Enderlin war den Röntgens treu verbunden und sie korrespondierten viele Jahre regelmäßig miteinander. „Mit vier Wochen Pontresina verlängere ich jeweils mein Leben um ein Jahr“, so fasste Röntgen seine Begeisterung für den auf 1800 m Höhe gelegenen Ort im Engadin zusammen. Dort konnte Röntgen gleich zwei seiner Leidenschaften nachgehen – zum einen dem Fotografieren, ein Hobby, das später auch für seine Entdeckung eine wichtige Rolle gespielt hat, und zum anderen dem Bergsteigen. Letztere führte ihn auch in die ein oder andere brenzlige Situation, und so resümierte Röntgen in späteren Jahren selbst: „Am liebsten ist es mir noch immer, von den begangenen Wegen abzugehen und über Stock und Stein zu wandern. Ich sagte schon Ritzmann, wenn ich einmal vermisst werden sollte, so sucht mich nicht auf der Landstrasse.“ Dazu ist es zum Glück nicht gekommen, denn seine letzte Lebensstation sollte München werden. 1900 folgte er dem Ruf als ordentlicher Professor für Physik an die Ludwig-Maximilians-Universität. Nicht viel später erwarb er auch sein „Jagdhäusel“ in dem von München aus mit der Eisenbahn leicht zu erreichendem Weilheim. Schon in Gießener und Würzburger Zeit war er ein begeisterter Jäger und zog gerne mit seiner „geliebten Schrotflinte“ durch Wald und Flur.
#
Die letzten Lebensjahre – Tod der Ehefrau und Einsamkeit
Noch in den letzten Lebenstagen seiner Frau im Jahr 1919 beantragte er die Emeritierung vom Lehrbetrieb, behielt jedoch die Direktion über die physikalisch-metronomische Sammlung und das Benutzungsrecht zweier Zimmer am Physikalischen Institut, sodass er weiter die Möglichkeit zu wissenschaftlicher Arbeit hatte. Die Erinnerung an seine Frau und ihre gemeinsame Zeit prägte seine letzten Jahre – er zog sich privat immer mehr zurück und hielt nur noch mit wenigen engen Freunden Kontakt. Im Sommer 1921 zog es ihn im Sommer noch einmal ins Engadin. Sein guter Schweizer Freund Ernst Wölfflin begleitete ihn. Zurück in München veröffentlichte Röntgen neu gestärkt in den Annalen der Physik gemeinsam mit seinem Assistenten A. Joffe seine letzte wissenschaftliche Abhandlung. Sie handelte vom Einfluss der Bestrahlung auf die Elektrizitätsleitung in einigen Kristallen. Im Jahr darauf verbrachte Röntgen wieder seinen Sommerurlaub in den geliebten Schweizer Bergen. Allerdings stand sein letzter Aufenthalt im Engadin unter keinem besonders guten Stern. Röntgen wollte allerdings nicht nach Pontresina reisen. Kurz zuvor war die langjährige Freundin der Familie und Hoteliergattin Hortensia Trippi-Enderlin in Pontresina gestorben. Er reiste deshalb nach Sils-Baselgia, fühlte sich aber dabei nicht so recht wohl. Auf der Reise bekam er zudem Asthma-Anfälle und seine Darm-Erkrankung kehrte zurück. Röntgen beschloss deshalb vorzeitig wieder abzureisen und zurück nach Lenzerheide zu fahren. Dies sollte Röntgens letzter Besuch in seiner geliebten Schweiz gewesen sein ([Abb. 1]).


Röntgens immer schlechter werdender gesundheitlicher Zustand veranlasste ihn dann auch Ende Januar 1923 von seinem Landhaus in Weilheim wieder zurück nach München zu siedeln. Am 7. Februar traten bei ihm schwere Unterleibsschmerzen auf. Der Hausarzt verordnete sofort narkotische Suppositorien. Nach einer vorübergehenden Verbesserung verschlimmerte sich sein Zustand allerdings wieder. Aufgrund ausgesprochener Ileuserscheinungen wurde am Morgen des 10. Februar Ferdinand Sauerbruch zur Vornahme eines operativen Eingriffs kontaktiert. Kurze Zeit später verstarb Wilhelm Conrad Röntgen am 10. Februar 1923 in seiner Münchener Wohnung in der Maria-Theresia-Straße 11. Die Einäscherung fand am 13. Februar 1923 auf dem östlichen Friedhof in München satt. Im Namen des Königshauses sprach Prinz Alfons, für die Bayerische Regierung Ministerpräsident Dr. Eugen von Knilling und der zweite Bürgermeister der Stadt München Dr. Hans Küfner ihr tieftes Mitempfinden aus. Traueransprachen hielten u. a. Oskar von Miller, für das Deutsche Museum, Wilhelm Wien, Nachfolger Röntgens auf dem Lehrstuhl für Physik in München, Hermann Rieder für die Deutsche Röntgengesellschaft und Rudolf Grashey für die Münchener Röntgenvereinigung ([Abb. 2]).


Im November 1922 besuchte Röntgen ein letztes Mal Gießen. Er wollte das Grab seiner Eltern besuchen und mit den Behörden sprechen. In einem Brief an seinen Freund ernst Wölfflin vom 8.12.1922 berichtete er über sein Vorhaben. „In den ersten Tagen von November fuhr ich auf einen Tag nach Giessen, um dort das Grab meiner Eltern zu besuchen und Einiges darüber anzuordnen. Die Aschenurne [seiner Frau sic.], die ich jetzt verwahre, und die meinige sollen dort später beigesetzt werden.“ Nach einer zunächst erteilten Ablehnung wurden dann aber doch auf seinen besonderen testamentarischen Wunsch seine Asche und die Asche seiner geliebten Frau in der Familiengruft neben seinen Eltern Ende November 1923 auf dem Alten Friedhof in Gießen beigesetzt. Die geschah unter großer Anteilnahmen. Zugegen war u. a. der Rektor der Universität Gießen, Prof. Laqueur und seinem Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Physik Prof. Walter König. Das Lenneper Kreisblatt veröffentlichte einen Nachruf für seinen Ehrenbürger „Die Stadt Lennep wird den großen Forscher und stets hilfsbereiten Bürger nicht vergessen. Gleich groß als Gelehrter wie als Mensch steht er als leuchtendes Vorbild vor uns.“


Weitere Informationen zur Geschichte Wilhelm Conrad Röntgens und der Radiologie finden Sie unter roentgen-geburtshaus.de und roentgenmuseum.de.
Zudem engagieren sich die Mitglieder der Historischen Kommission in der Deutschen Röntgengesellschaft mit der Geschichte unseres Faches, um so Impulse für die Gestaltung der Radiologie von Morgen zu geben: historische-kommission.drg.de
#
#
#
Publication History
Article published online:
31 January 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany





