ergopraxis 2024; 17(04): 44-46
DOI: 10.1055/a-2245-0481
Perspektiven

Zwischen Reels und Insights – Social-Media-Strategie für Praxen

Jessica Liers
,
Swantje Kampe
 

In der digitalen Ära gewinnt die Rolle von Social Media für Ergo- und Physiotherapiepraxen zunehmend an Bedeutung. Doch welche Chancen und Möglichkeiten eröffnen sich, wenn Therapeut*innen gezielt Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram nutzen? Wie kann das Potenzial der sozialen Medien bestmöglich genutzt werden?


#
Zoom Image
Mit regelmäßigen Feeds und spannenden Storys erhalten Sie wichtige Insights in Ihre Zielgruppe. Quelle: © S. Schaaf/Thieme

Die Integration von Social Media in Therapiepraxen eröffnet innovative Wege der Kommunikation und Interaktion mit Klient*innen. Durch eine strategische Nutzung dieser Plattformen können Therapeut*innen nicht nur ihre Praxis stärken, sondern auch einen Beitrag zur Aufklärung über die Therapie leisten. Durch die Präsentation der Praxis, der Mitarbeitenden und der verschiedenen Expertisen bekommen Klient*innen, aber auch Ärzt*innen, Kooperationspartner*innen und potenzielle neue Teammitglieder einen Einblick, der sich lohnt.

Eine Content-Strategie zahlt sich dabei aus, um Zeit und Ressourcen zu schonen. Sie gibt eine klare Struktur vor und erleichtert die Kommunikation mit der eigenen Zielgruppe.

Definiere deine Zielgruppe

Der erste Schritt für therapeutische Praxen, die mit Social Media starten, sollte sein, sich mit ihrer Zielgruppe auseinanderzusetzen: Wen möchte ich erreichen und ansprechen? Klient*innen, Therapeut*innen, Ärzt*innen? Was möchte meine Zielgruppe für Inhalte sehen? Oder welche Klient*innen, Therapeut*innen oder Ärzt*innen möchte ich auf meine Praxis aufmerksam machen? Mit diesen Fragen kann man sich vor dem Start, aber auch danach immer wieder auseinandersetzen. Auch beim Verfassen von Textbeiträgen ist es wichtig, die Zielgruppe vor Augen zu haben, um die Sprache genau auf diese Gruppe anzupassen. Es ist von Vorteil, eine Mischung aus verschiedenen Inhalten zu posten. Therapeutische Angebote wie etwa eine Gruppentherapie können Wunschklient*innen auf die Praxis aufmerksam machen, aber auch für Ärzt*innen informativ sein. Fotos vom Team oder den Praxisräumen sprechen potenzielle Bewerber*innen an, aber auch Klient*innen wissen besser, was oder wer sie erwartet. Das schafft Vertrauen, die Follower haben das Gefühl, „Insider“ zu sein und dann auch mehr Lust, sich zu bewerben.


#

Wie kannst du deinen Feed füllen?

Das Füllen des Instagram-Feeds einer Ergo- oder Physiotherapiepraxis erfordert eine ausgewogene Mischung aus informativen und bildenden, inspirierenden, unterhaltenden, aktivierenden und visuell ansprechenden Inhalten. Hier sind einige Ideen, wie du deinen Instagram-Feed lebendig und ansprechend gestalten kannst.

Vorstellung des Teams: Teile Bilder und kurze Vorstellungen des Therapieteams, um eine persönliche Verbindung zu deinen Followern herzustellen.

Klientengeschichten: Mit Einverständnis der Klient*innen kannst du kurze Erfolgsgeschichten oder Fallstudien teilen, um die positive Wirkung der Therapie zu zeigen.

Gesundheitstipps: Teile nützliche Tipps und Ratschläge zur Gesundheitsförderung und zum Umgang mit gesundheitlichen Problemen.

„Hinter den Kulissen“-Einblicke: Gewähre einen Blick hinter die Praxiskulissen, das schafft Transparenz und baut Vertrauen auf.

Thementage: Führe regelmäßig Thementage durch, wie „Motivationsmontag“ oder „Freitagsfitness“, um beständige Inhalte anzubieten.

Übungen und Aktivitäten: Teile kurze Videos oder Bilder von Therapieübungen, die Klient*innen zu Hause durchführen können.

Veranstaltungen und Workshops: Informiere über bevorstehende Veranstaltungen, Workshops oder Webinare, die deine Praxis anbietet.

Gesundheitsbewusstseinstage: Nutze gesund-heitsbewusste Tage wie den Welt-Physiotherapie-Tag (8. September) oder den Welt-Ergotherapie-Tag (27. Oktober), um besondere Beiträge zu teilen und Bewusstsein zu schaffen.

Fragen und Antworten: Biete regelmäßig eine Fragerunde an, in der du Fragen von Followern zur Therapie beantwortest.

Visuelle Inhalte: Verwende ansprechende Bilder und Grafiken oder Zitate, um den Feed visuell attraktiv zu gestalten.

Kooperationen: Arbeite mit anderen Gesundheitsdienstleistern oder lokalen Unternehmen zusammen, um die Reichweite zu erhöhen.

Kundenbewertungen/Testimonials: Teile positive Kundenbewertungen oder Testimonials, um das Vertrauen potenzieller Klient*innen zu stärken.


#

Chancen und Möglichkeiten

Sichtbarkeit und Reichweite der Praxis
Durch regelmäßige Posts können Therapiepraxen ihre Sichtbarkeit erhöhen und eine größere Reichweite erzielen. Die Verbreitung von Fachwissen, Therapieansätzen und Erfolgsgeschichten kann dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedeutung der Ergo- oder Physiotherapie zu schärfen. Potenzielle Klient*innen bekommen einen Eindruck aus dem Praxisleben und können sich eine Meinung bilden: Passt die Praxis zu mir? Möchte ich dort zur Therapie?

Bildung und Aufklärung im Therapiekontext
Social Media bietet eine hervorragende Plattform zur Bereitstellung von Informationen über verschiedene therapeutische Ansätze, Hilfsmittel und unterstützende Maßnahmen. Therapeut*innen können aktiv dazu beitragen, Verständnis und Aufklärung zu fördern. Und sie können Spezialwissen präsentieren.

Vertrauensbildung durch authentische Inhalte
Kontinuierlich hochwertige Inhalte plus Erfolgsgeschichten, Einblicke in den Therapieprozess und Tipps für den Alltag helfen, Vertrauen in die Kompetenz der Therapiepraxis aufzubauen.

Klientenbindung und Interaktion
Direkte Interaktionen über Social Media stärken die Bindung zu aktuellen Klient*innen. Das Teilen von Ressourcen, das Beantworten von Fragen und das Schaffen einer offenen Kommunikationsplattform fördern eine positive Beziehung zwischen Therapeut*innen und Klient*innen.

Marketing und Werbung für therapeutische Dienstleistungen
Gezielte Marketingstrategien über Social Media können dazu beitragen, die Dienstleistungen der Praxis bekannter zu machen und potenzielle Klient*innen anzusprechen. So lassen sich etwa auf Facebook komplette Werbekampagnen zur Klient*innen- oder Mitarbeitendengewinnung planen.

Feedback und Bewertungen in der Therapie
Social Media bietet eine Plattform für Klient*innen, Feedback zu geben und positive Bewertungen zu hinterlassen. Diese Bewertungen können als Referenz für andere Ratsuchende dienen und das Vertrauen in die Praxis stärken.


#

10 Tipps für dein Social-Media-Leben

Kontinuität – auch als Praxis ist es wichtig, sich regelmäßig zu zeigen und zu posten (alle 3–7 Tage), besonders am Anfang, wenn es erst mal darum geht, Reichweite aufzubauen.

Tools nutzen – zum Beispiel externe Apps (Facebook-Business-Manager), um Beiträge vorzuplanen und Zeit zu sparen, oder auch Canva, um Inhalte ansprechend zu gestalten.

Passform – Instagram gibt bestimmte Formate für Beiträge oder Reels vor. Es ist unbedingt notwendig, diese zu kennen und zu beachten.

Wiedererkennungswert – ein hoher Wiedererkennungswert im Design bringt automatisch Identifikation und dadurch mehr Interaktion.

Zwischen Flexibilität und Planung – vorteilhaft ist eine gute Mischung. Im Praxisalltag zusätzlich noch aktiv auf Social Media zu sein, ist nicht möglich und auch nicht nötig. Mit den zuvor angesprochenen Planungstools lässt sich Content für vier Wochen vorplanen. Trotzdem ist Flexibilität gefragt. Denn gerade aktuelle Ereignisse sollten auch zeitnah gepostet werden.

Qualität – auch bei Instagram ist es wichtig, professionell zu wirken, selbst wenn die Ansprache der Follower gern etwas lockerer sein darf. Gute Qualität bedeutet, dass es sinnvoll ist, gutes Equipment für ansprechende Fotos und Videos zu haben: ein Handy, das gute Fotos macht, ein Stativ für stabile Videoaufnahmen und auch eine Investition in gutes Licht und klaren Ton lohnen sich. Qualität bedeutet aber auch, dass wir eine Verantwortung tragen, unseren Beruf nach außen darzustellen.

Interaktion – Interaktion ist sozusagen die Währung. Es braucht klare, ansprechende Texte, die die Leserschaft motivieren, zu interagieren, oder Inhalte, die für andere Therapeut*innen so wertvoll sind, dass sie gespeichert oder versendet werden. Eine Reaktion auf Kommentare zeigt Wertschätzung und erhöht die Bindung.

Expertise zeigen – Gerade wenn es darum geht, Mitarbeitende zu akquirieren, ist es wichtig, die eigene Expertise zu zeigen. Aber auch, um von anderen Gesundheitsberufen wahr- und ernst genommen zu werden. Doch Vorsicht: Bei Instagram und Facebook sollten die Inhalte nicht zu „medizinisch“ oder „fachspezifisch“ sein, sondern für alle zugänglich.

„Einfach machen“ – einfach starten, ausprobieren, Geduld haben und dazulernen.


#

Social-Media-Wörterbuch

Algorithmus – wenn vom „Insta-Algorithmus“ die Rede ist, bedeutet es, dass die App bestimmte Beiträge, die zum Beispiel sehr beliebt sind, automatisch an mehr Nutzer ausspielt. Besonders Instagram ändert den Algorithmus regelmäßig. Bislang war Video-Content gern gesehen, nun geht es wieder mehr in Richtung Foto-Content. Früher war für eine hohe Reichweite sinnvoll, möglichst viele Kommentare unter einem Post zu sammeln. Jetzt bewertet es Instagram als positiv, wenn Beiträge gespeichert und – das ist ganz neu – privat an andere User versendet werden! In Sachen Algorithmus heißt das: informiert bleiben, aber vor allem die eigene Zielgruppe beobachten oder auch befragen.

Bio – die „Bio“ wird häufiger unter Beiträgen erwähnt: „den Link gibt’s in der Bio“ – das heißt in der Profilbeschreibung. Für Praxen ist es hier wichtig, die eigene Website zu hinterlegen oder den direkten Link zu einer Stellenausschreibung.

Caption – als Caption wird der Text unter einem Beitrag bezeichnet.

Carousel-Post – das bedeutet, dass bis zu zehn Fotos hintereinander gepostet werden. Durch diesen Mehrwert verweilen Nutzer*innen länger bei dem Beitrag, was wiederum dazu führt, dass er von Instagram als „beliebt“ eingestuft und an mehr Nutzer*innen ausgespielt wird. Als Praxis könnte man diese Art von Posts nutzen, um ein Krankheitsbild zu erklären oder ein bestimmtes Konzept vorzustellen. Gerade in der „Insta-Szene“ von Ergo- und Physiotherapie sind diese Beiträge sehr beliebt (eigene Beobachtung).

DM/PM/PN – „Schick mir eine dm/pm/pn“ bedeutet „direct message“, „private message“ oder „private Nachricht“.

Feed – „Feed“ oder auch „Newsfeed“ bezeichnet die Startseite der Nutzer*innen. Hier erscheinen die Beiträge der abonnierten Personen und gesponserte Beiträge von werbetreibenden Unternehmen. Die Beiträge sind nicht chronologisch, sondern dynamisch (abhängig vom Algorithmus).

Hashtag – Hashtags werden meistens unter einen Beitrag gesetzt. Damit kann beeinflusst werden, wer den Beitrag zu sehen bekommt – ein typisches Beispiel ist #ergotherapie, #physiopraxis, #bewerbung. Der Trend geht hier aber eindeutig weg von Hasthags hin zu gut genutzten Keywords in der Caption.

Insights – therapeutische Praxen sollten einen Business-Account betreiben. Im Gegensatz zum privaten Account hat ein Business-Account Zugriff auf die Insights der eigenen Beiträge. Diese helfen dabei, ein Gefühl für den Account und die eigene Zielgruppe zu entwickeln und die eigene Strategie entsprechend anzupassen.

Reel – so wird Video-Content bei Instagram bezeichnet.

Story – eine Story wird, im Gegensatz zu den Beiträgen, nur 24 Stunden für die Follower angezeigt.

Story-Highlights – es ist möglich, sogenannte „Story-Highlights“ zu erstellen. Diese sind im Profil leicht zu finden zwischen Profilbeschreibung und Beiträgen. Sie bieten sich daher optimal an, um beispielsweise wichtige Infos für Klient*innen zu hinterlegen (Unsere Angebote, „Good to know“, Terminabsagen etc.)

Viral – wenn ein Video „viral geht“ heißt das, es verbreitet sich schnell und unaufhaltsam.


#

Immer am Ball bleiben!

Zoom Image

Achte darauf, konsistent zu posten, deine Community zu engagieren und auf Kommentare zu antworten. Durch die Vielfalt der Inhalte kannst du eine ansprechende Instagram-Präsenz schaffen, die die Werte deiner Praxis widerspiegelt.

Ein Beispiel

Woche 1: informativer Post (zum Beispiel Teamvorstellung) – dazu passend in der Story „Wir haben freie Plätze für Hausbesuche“ mit allgemeinen Informationen zu Hausbesuchen (das kann auch ein eigener Post werden!)

Woche 2: inspirierender Content (zum Beispiel Fallbeispiel/Therapieeinblick) – dazu passend in der Story eine Roomtour durch die Praxis

Woche 3: bildender Content (Vorstellung eines Krankheitsbildes mit Bezug zur Therapie) – dazu passend in der Story Therapiematerialien zeigen

Woche 4: unterhaltender Content (kurzes Reel, zum Beispiel etwas Lustiges aus dem Praxisalltag) – dazu passend eine Fragerunde in der Story


#

Veranstaltungsempfehlung zum Artikel

Digitaler Auftritt für Ergotherapeut*innen: Authentisch und zeitgemäß, 27.09.2024, 14 Uhr, Veranstalter: Innovative Ergotherapie (www.innovative-ergotherapie.de), Swantje Kampe und Jessica Liers


#

Tipps zum Weiterlesen

Roman Kmenta: „Was soll ich bloß posten?“ 150+ kreative Content-Ideen für Ihr Social-Media- und Onlinemarketing – Perfekt für Unternehmer, Berater und Coaches. VoV media; 2020

Michael Moesslang: „Facts tell, Storys sell“ – Mit Storytelling wirkungsvoll präsentieren, überzeugen und verkaufen. Remote Verlag; 2020


#

Podcast

Zoom Image

Sie würden jetzt am liebsten mit Ihrer Praxis auf Social Media loslegen? Dann hören Sie in diese Podcastfolge rein, in der Jessica Liers und Swantje Kampe erzählen, was Sie dabei beachten sollten, welche Strategien es gibt und welche Vorteile ein Auftritt haben kann.


#
#

Jessica Liers

Zoom Image
ist Ergotherapeutin und Inhaberin einer Ergotherapiepraxis in Paderborn.

Swantje Kampe

Zoom Image
ist Ergotherapeutin in einer interdisziplinären Praxis und Content-Creatorin für mehrere therapeutische Social-Media-Kanäle. Sie bietet zu diesem Thema auch 1:1-Coachings an.

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. April 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

Zoom Image
ist Ergotherapeutin und Inhaberin einer Ergotherapiepraxis in Paderborn.
Zoom Image
ist Ergotherapeutin in einer interdisziplinären Praxis und Content-Creatorin für mehrere therapeutische Social-Media-Kanäle. Sie bietet zu diesem Thema auch 1:1-Coachings an.
Zoom Image
Mit regelmäßigen Feeds und spannenden Storys erhalten Sie wichtige Insights in Ihre Zielgruppe. Quelle: © S. Schaaf/Thieme
Zoom Image
Zoom Image