physiopraxis 2024; 22(04): 38-43
DOI: 10.1055/a-2247-1345
Therapie

Kein Fall gleicht dem anderen – Symptomatische Hypermobilität

Tanja Hoch
 

Die Suche nach dem Grund für scheinbar zusammenhangslose, rezidivierende oder chronische Beschwerden ist für hypermobile Menschen zäh. Suchen sie ärztlichen Rat, erhalten sie oft Fehldiagnosen wie Fibromyalgie oder ein chronisches Fatigue-Syndrom. Im schlimmsten Fall werden sie nicht ernst genommen und landen in der Psychosomatik-Schublade. Ein Artikel, der Physiotherapeut*innen für die Diagnose der symptomatischen Hypermobilität sensibilisiert.


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„Ich habe lange gemeint, dass es normal sei, jeden Tag Schmerzen zu haben, insbesondere nach Bewegung“, erzählt Jane*. Jane hat das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom (hEDS) und bevorzugt, keine Pronomen zu verwenden. Gelenk- und Muskelschmerzen, Tendinopathien, (Sub-)Luxationen, Skoliose und Arthrose sind typische muskuloskelettale Manifestationen symptomatischer Hypermobilität [1], [2]. Viele Betroffene haben weitere Komorbiditäten und Symptome wie Kopfschmerzen, Angst und Depressionen, ADHS, Autismus, Probleme mit orthostatischer Intoleranz (Schwindel, Präsynkopen oder Synkopen), Fatigue, veränderte Wundheilung und Hauteigenschaften sowie gastrointestinale, immunologische, urogenitale und Nervensystemstörungen [1]–[9]. Verletzungen von Bändern und Sehnen können ohne klar erkennbares Trauma oder mit sehr wenig Krafteinwirkung entstehen und dauern länger, um auszuheilen [10]. Auch Herzfehler wie ein Mitralklappenprolaps aufgrund von andersartigem Bindegewebe können vorkommen [2]. Zudem haben viele hypermobile Menschen Defizite in der Propriozeption und Bewegungskoordination [11], [12]. Suchen sie ärztlichen Rat, erhalten sie oft Fehldiagnosen (wie Fibromyalgie oder chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) [13]), landen in der „Psychosomatik-Schublade“ oder bekommen zu hören, was Jane oft zu hören bekam: „Ja, das gibt es halt oft bei jungen Frauen.“

Weil viele medizinische Fachpersonen während ihrer Ausbildung lernen, dass Bindegewebsstörungen sehr selten sind, ziehen sie ein solches Krankheitsbild oft nicht in Erwägung. Dabei gibt es im englischsprachigen Raum schon länger die Floskel, die auch von Physiotherapeut*innen beachtet werden sollte: „If you can’t connect the issues, it’s the connective tissues“ (Wenn du keine Verbindung zwischen den Problemen siehst, dann liegt es am Bindegewebe). Denn hypermobile Menschen treffen auch bei Physiotherapeut*innen oft auf Ratlosigkeit, wenn das Bewegungsausmaß frei ist und die Muskelfunktionswerte mehr oder weniger normal sind. Manchmal erscheint die betroffene Person in der Beweglichkeitsüberprüfung sogar gar nicht hypermobil, weil der Körper sich über die Lebenszeit immer mehr versteift hat, um die mangelnde Gelenkstabilität zu kompensieren. Man spricht dann von historischer Hypermobilität.

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© goldnetz/stock.adobe.comQuelle: Tanja Hoch, Basel

HYPERMOBILITÄT ERKENNEN

Laut Schätzungen der EDS-Society geht man in Nordeuropa davon aus, dass eine von 500–900 Personen eine der zwei häufigsten Formen von symptomatischer Hypermobilität hat – eine Hypermobility Spectrum Disorder (HSD) oder das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom (hEDS) [14]. Die EDS-Society geht sogar davon aus, dass dies grob unterschätzt ist, da viele Menschen mit HSD und hEDS entweder fehldiagnostiziert werden, nicht diagnostiziert werden oder es sehr lange dauert, bis sie diagnostiziert werden [4]. Die Chance, dass noch undiagnostizierte hypermobile Menschen mit ihren muskuloskelettalen Problemen in einer Physiotherapiepraxis auftauchen, ist daher hoch. Und es ist wichtig, dass Physiotherapeut*innen sie screenen können und gegebenenfalls zu einer differentialdiagnostischen Abklärung mit dem Verdacht auf HSD oder hEDS (oder einer der zwölf anderen, seltenen Formen des EDS, die genetisch diagnostizierbar sind) verweisen können.

„Ich wünsche mir, dass sich mehr Physios mit der Therapie von Personen mit Bindegewebsstörungen auseinandersetzen“, erzählt Jane. „Wir sind auf die Physiotherapie angewiesen, um eine Verschlechterung unseres Zustands zu verhindern und Funktionen aufrechtzuerhalten. Sie kann uns im Schmerzmanagement und im Aufbau der Stabilität und Muskulatur helfen. Für mich ist es entscheidend, eine gute Physiotherapeutin zu haben, um meinen Rollstuhl nicht so oft – oder wenn möglich gar nicht – gebrauchen zu müssen.“

Vom Zeitpunkt der ersten Symptome bis zur Diagnose verstreicht oft sehr viel Zeit [14]. Bei Jane waren es 35 Jahre: „Ich war schon als Neugeborenes auffällig, und mein Kinderarzt wollte mich an einen Orthopäden überweisen. Doch meine Mutter machte nie einen Termin, da sie Angst hatte, dass die Hilfsmittel und Behandlungen zu viel kosten würden.“ So kam es, dass bei Jane erst eine Autismusdiagnose im Erwachsenenalter dazu führte, dass klar wurde, woher die Beschwerden kommen. „Ich habe mich nach der Autismusdiagnose mit typischen Komorbiditäten auseinandergesetzt und das erste Mal über EDS gelesen. Ich stellte fest, dass vieles auf mich zutraf. Nach einer erneuten Subluxation des linken Hüftgelenks mit Schleimbeutelentzündung habe ich zum ersten Mal einen Orthopäden gebeten, mich im genetischen Zentrum in Zürich anzumelden.“ Nach der hEDS-Diagnose dauerte es noch über zwei Jahre, bis Jane eine Physiotherapeutin fand, die sich mit der Behandlung von hEDS auskannte.

EDS im Netz

EDS-Society (Informationen für Betroffene und Professionelle): www.ehlers-danlos.com

Podcast der EDS-Expertin Dr. Linda Bluestein: www.bendybodiespodcast.com

Instagram: Kanal von Dr. Melissa Koehl (dr.melissakoehl.pt); (siehe auch Interview mit ihr in den Zusatzinfos zum Artikel, DOI: 10.1055/a-2247-1345); Kanal von Dr. Cortney Gensemer (cortdoesscience)

Bücher: Smith C. Understanding Hypermobile Ehlers-Danlos Syndrome & Hypermobility Spectrum Disorder. 2. Aufl. Weston-super-Mare: Redcliff-House Publications; 2024 Sturm K, Jung H, Maier A. Ratgeber Ehlers-Danlos-Syndrome. Komplexe Bindegewebserkrankungen einfach erklärt. Heidelberg: Springer; 2022

Dos und Don’ts bei symptomatischer Hypermobilität

Dos

  • auf das Individuum einlassen

  • ausprobieren, welche Maßnahmen helfen und welche nicht

  • Stabilitätsaufbau priorisiert von proximal nach distal (dann Kraftaufbau und Hypertrophie) – Beckenboden, M. trans- versus abdominis und Zwerchfell nicht vergessen

  • langsame, technisch perfekte Übungsausführung; dabei Fokus auf Details ÜBUNGEN, S. 42)

  • taktile Reize einsetzen (Hände, Gummibänder, Wand, Boden etc.); ggf. Spiegel verwenden

  • dazu anregen, gastrointestinale Symptomatiken abklären zu lassen, da diese entzündliche Prozesse und Malabsorption mit sich bringen können

  • langsamere Erholungszeit beachten (v. a. bei Untrainierten)

  • veränderte Anstrengungs- und Schmerzwahrnehmung beachten

  • Wenn das Training zu überschießenden Entzündungsprozessen beiträgt, Intensität vorübergehend reduzieren und Management von Mast Cell Activation Syndrome (MACS) und Histamin-Overload priorisieren.

  • mehrere Variationen einer Übung anleiten, damit das Gelenk im Alltag Kräfte besser abfangen kann; dabei übers ganze Bewegungsausmaß kontrolliert bis zum letzten Überstreckungsgrad Kraft aufbauen, aber nicht unter Belastung passiv in der Endposition „hängen“

  • Patientenedukation: Literatur- und Videoempfehlungen sowie Eigenübungen mitgeben

  • Optimismus verbreiten, dass Symptome in den Griff bekommen und reduziert werden können

  • Sympathikotonus senken

  • statisch aktive und dynamisch aktive Dehnungen anleiten, die durch das ganze Bewegungsausmaß kontrolliert werden können – Ziel ist es, die Lücke zwischen passiver und aktiver Flexibilität möglichst zu schließen

Don’ts

  • kein Krafttraining durchführen lassen

  • Übungen ungenau ausführen lassen

  • zu schnelle Progressionen des Trainings und zu häufig maximal ausbelasten lassen

  • Dehnen komplett vermeiden (denn es schadet nicht allen)

  • manuelle Techniken und Massage zur Detonisierung anwenden, ohne vorab Risikofaktoren wie kraniozervikale Instabilität abgeklärt zu haben und ohne zeitgleich die tiefen Stabilisatoren zu kräftigen

Hintergrund: © goldnetz/stock.adobe.com


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VERSORGUNGSLÜCKE SCHLIEßEN

Um die Suche für Betroffene zu vereinfachen, existiert ein internationales Verzeichnis der EDS-Society [15], in das sich medizinische Fachkräfte selbstständig eintragen können. Der Wunsch der Gesellschaft ist es, damit die Versorgungslücke zu schließen. Denn im Februar 2024 sind zum Beispiel in Deutschland und Österreich keine Physiotherapeut*innen registriert, in der Schweiz lediglich drei. Auch bezüglich anderer Fachdisziplinen sind die Einträge spärlich. Besonders relevant sind neben der Physiotherapie die Ergotherapie, die Rheumatologie und die Genetik.


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FÜR ANDERE OFT UNSICHTBAR

Auch wenn Bindegewebsstörungen nicht heilbar sind, das richtige Management, körperliches Training und der Einsatz von Hilfsmitteln können die Lebensqualität der betroffenen Menschen massiv steigern. Das Spektrum symptomatischer Hypermobilität ist dabei vielfältig. Einige Betroffene leben mit geringen Beschwerden und können problemlos einem Beruf nachgehen. Andere haben eine eingeschränkte Mobilität, sind auf Stützstrümpfe, Rollstuhl oder andere Hilfsmittel angewiesen, sind teilweise oder ganz arbeitsunfähig. Dazwischen existieren alle möglichen Varianten. Meist aber ist eine symptomatische Hypermobilität eine „unsichtbare“ Behinderung bei der ihr Grad sehr stark fluktuieren kann: Ein paar Tage erscheint die betroffene Person ganz normal, an anderen kann sie das Haus nicht verlassen. Dies kann im sozialen Umfeld und im Job immer wieder Verwirrung stiften.

Jane und Anna – ebenfalls an hEDS erkrankt – haben beide das Glück, dass sie Arbeitsplätze gefunden haben mit verständnisvollen Chefs und Mitarbeitenden. Teilzeitarbeit und flexibles Homeoffice sind möglich. Anna trainiert regelmäßig für Zirkusauftritte und macht sich – wie viele Menschen mit hEDS – ihre Flexibilität zunutze. Aber auch Anna leidet unter typischen Beschwerden: „Ich habe Gelenkschmerzen, Subluxationen, Verdauungsbeschwerden, Mühe mit Aufmerksamkeit und Müdigkeit. Langes Stehen und Sitzen lösen Schmerzen aus. Als Jugendliche wurde bei mir ADHS diagnostiziert, aber hEDS wurde nicht in Erwägung gezogen.“ Am ganzen Körper sind die Gelenke extrem beweglich und die Haut ist dehnbar, samtig und eher transparent. Krampfadern sind bei Anna früh aufgetreten ebenso wie Dehnungstreifen, obwohl keine Gewichtsschwankung und auch keine Schwangerschaft vorlag. Kompressionsstrumpfhosen sind für Anna unverzichtbar geworden. „Sie halten mich zusammen und wacher und somit aufmerksamer.“

Anna fällt in den Bereich des Hypermobilitätsspektrums, aus dem viele Leistungs- und Hobbysporttreibende stammen. Durch die Veranlagung, sehr flexibel zu sein, trifft man diese Menschen oft in den Sportarten an, bei denen ein hohes Bewegungsausmaß erfolgreich macht [16] – Kunstturnen, Ballett, Zirkus und Yoga ... Dabei leiden sie aber häufiger unter Verletzungen als ihre kollagen-typischen Mitstreiter*innen und brauchen oft länger, damit Verletzungen ausheilen, und haben mehr koordinative Probleme [10]. „Ich wusste, dass ich beweglicher als die meisten anderen Menschen bin. Dies war im Sport und später im Zirkus natürlich eine großartige Sache, und ich wählte entsprechende Disziplinen“, erzählt Anna. Erst andere Betroffene gaben aufgrund der Symptome den Rat, eine Hypermobilität abklären zu lassen. Davor hatte Anna noch nie von EDS gehört. Seit der Diagnose trainiert Anna zielgerichteter und bewusster. Unvorhersehbare Elemente und sehr schnelle, nicht planbare Bewegungen, Situationen, in denen Kräfte aus ungewohnten Winkeln auf die Gelenke wirken, wie sie beispielsweise in dynamischen Akrobatikelementen vorkommen, gehören nicht mehr zu ihrem Trainingsprogramm. Das Training gestaltet Anna sanft, kräftigend und stabilisierend. „Sich nicht mehr bewegen kommt gar nicht infrage, denn Nichtstun löst in mir Schmerzen aus. Ich muss nur clever sein und spüren, was mir guttut und lassen, was mir nicht guttut – dazu haben mir die Ärzte geraten und mir die Selbstverantwortung zugetraut.“


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SCREENING-TOOLS

Schätzungsweise 20 Prozent der Bevölkerung sind hypermobil [17]. Symptome haben aber längst nicht alle von ihnen. Weshalb manche symptomfrei sind und andere nicht, ist bis heute unklar [1]. Gibt es Hinweise auf eine symptomatische Hypermobilität, eignen sich verschiedene Screening-Tools, die Therapeut*innen einsetzen können. Auf der Website der EDS-Society sind die genauen Diagnosekriterien für HSD und hEDS zu finden (EDS im Netz, S. 39). Haben Physiotherapeut*innen den Verdacht auf Vorliegen einer Hypermobilität, eignet sich der Beighton-Score für eine erste Abklärung. Ist dieser positiv (siehe unten) und liegen verschiedene rezidivierende chronische muskuloskelettale Beschwerden und unklare Beschwerden anderer Körpersysteme vor, sollte man in Richtung HSD und hEDS denken. Der Unterschied zwischen beiden liegt in ein paar spezifischen Diagnosekriterien, auf die hier nicht genauer eingegangen werden kann. Denn bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob es sich um zwei verschiedene Erkrankungen oder um ein Spektrum derselben Krankheit handelt. Es sollte aber beachtet werden, dass hEDS nicht die „stärkere“ Variante von HSD ist. Beide Krankheitsbilder existieren auf einem Spektrum, und Menschen können bei jeder Variante und jedem Symptom sehr stark, mittelmäßig oder wenig betroffen bzw. eingeschränkt sein ([ABB. 2]).

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ABB. 2 Die Grafik der EDS-Society veranschaulicht, wie unterschiedlich die Symptome bei gleicher Diagnose sein können. Quelle: With permission of The Ehlers-Danlos Society; www.ehlers-danlos.com

Beighton-Score: Der Beighton-Score ist der Klassiker, um eine generelle Hypermobilität zu erkennen ([TAB]. und ABB. 1, S. 38/39). Ein Beighton-Score von 6/9 bei vorpubertären Kindern, 5/9 bei Erwachsenen unter 50 und 4/9 bei Erwachsenen über 50 gilt als positiv [20]. Da der Score nur wenige Gelenke testet und damit nicht alle Menschen mit Hypermobilität erfasst, sollte er allerdings nicht als Einziges herangezogen werden. Dr. Melissa Koehl, Physiotherapeutin mit Schwerpunkt Hypermobilität aus den USA empfiehlt daher, hEDS basierend auf dem Vorhandensein von fünf oder mehr Gelenken, die hypermobil sind, einzustufen, „auch wenn es nicht dieselben Gelenke des Beighton-Scores sind, solange die Person auch die anderen diagnostischen Kriterien erfüllt“ (INTERVIEW ALS ZUSATZINFO).

TAB.

Beighton-Score zur Bestimmung einer generalisierten Hypermobilität

Test

Punkte

Handflächen können bei gestreckten Knien auf den Boden aufgelegt werden.

1 Punkt

Überstreckbarkeit der Ellenbogen um ≥ 10°, jeweils rechts und links (ABB. 1B)

je Seite 1 Punkt

Daumen berührt den Unterarm (ABB. 1C).

je Seite 1 Punkt

Überstreckung des Grundgelenks des kleinen Fingers auf 90° (ABB. 1A)

je Seite 1 Punkt

Überstreckbarkeit der Kniegelenke um ≥10°

je Seite 1 Punkt

Quelle: Grim C. Beighton-Score. In: Engelhardt M, Grim C, Nehrer S, Hrsg.Das Sportlerknie. 1. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2019

5 PQ – Five-Part-Questionnaire: Der 5 PQ kann vor allem bei älteren Menschen helfen, eine historische Hypermobilität zu identifizieren. Er gilt als positiv für generelle Hypermobilität, wenn die Befragten zwei oder mehr Fragen mit „Ja“ beantworten.

  • Können oder konnten Sie jemals Ihre Hände flach auf dem Boden platzieren, ohne die Knie zu beugen?

  • Können oder konnten Sie jemals Ihren Daumen zum Unterarm beugen und berühren?

  • Haben Sie als Kind Ihren Freundeskreis unterhalten, indem Sie Ihren Körper in merkwürdige Figuren gedehnt haben, oder konnten Sie Spagat?

  • Haben Sie als Kind oder Teenager mehr als einmal Ihre Patella oder Schulter luxiert?

  • Nehmen Sie sich selbst als überdurchschnittlich gelenkig wahr?

HST – Hypermobility Screening Tool: Der HST ist ein neues Tool, dass Aiko Callahan und Team 2022 veröffentlichten [16] und dessen Nutzen sich noch in Studien wird nachweisen lassen müssen. Es soll helfen, symptomatische Hypermobilität und ihre multisystemischen Auswirkungen zu erfassen und herauszufinden, an welche medizinischen Fachpersonen Betroffene überwiesen werden sollten. Die Kenntnis dieses Tools hilft aber in jedem Fall, in der Anamnese geeignete Fragen zu stellen. Das Tool ist im Internet frei verfügbar (bit.ly/HypermobilityScreeningTool).

Upper and Lower Limb Hypermobility Assessment Tools: Die Upper and Lower Limb Hypermobility Assessment Tools [18], [19] systematisieren die Beweglichkeitsüberprüfung aller Gelenke der oberen und unteren Extremitäten. Sie sind besonders hilfreich, um zu eruieren, ob andere Gelenke als diejenigen des Beighton-Scores hypermobil sind.


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Squatty Single Leg Deadlift mit Miniband

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Ziel
Kräftigung der lateralen und tiefen Hüftgelenkmuskulatur, der dorsalen Kette und des M. quadriceps. Fördern des Gleichgewichts und der motorischen Kontrolle. Funktionell für alle ADLs, die Kniebeugeelemente enthalten (Treppe, Radfahren, Aufstehen). Ist die Übung noch zu schwierig, zuerst mit Kniebeugen beginnen und dann mit Lunges steigern.

ASTE
Hüftbreiter Stand mit Band oberhalb der Patellae. Das Band sollte so fest sein, dass es nicht zu einer Abweichung in Hüftgelenkabduktion kommt, wenn man die Knie in den Widerstand des Bandes presst. Ein Bein wird leicht nach hinten versetzt und auf die Zehen gestellt. Gewichtsbelastung Standbein: 80–95 %, Hände am Becken.

Durchführung
Bewegung über die Hände am Becken initiieren, Becken nach vorne kippen, Oberkörper neigt mit neutraler Wirbelsäule nach vorne, Standbein beugen. Die Knie pressen während der ganzen Bewegung seitlich ins Band. Wiederholungen und Serien so dosieren, wie es der aktuelle Trainingszustand ermöglicht.

Häufiger Fehler
Becken nicht parallel zum Boden, Standbein gerät in Abduktion


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Außenrotationmit Gurt

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Ziel
Kräftigung des M. serratus anterior und der Schultergelenkaußenrotatoren. Hilft bei allen Alltagshandlungen, die über Kopf stattfinden. Vergrößerung des kontrollierbaren Bewegungsausmaßes (ROM).

ASTE
Ellenbogen und Hände schulterbreit auseinander, 90° EG-Flexion und Supination, Hände halten Gurt kräftig nach lateral in den Widerstand des Gurtes, die Ellenbogen bleiben permanent schulterbreit auseinander, die Schulterblätter in sanfter Depression

Durchführung
Alle Positionen und Winkel sowie der Zug in den Gurt bleiben gleich, während ohne Ausweichbewegung der LWS in Schultergelenkflexion bewegt wird. Die Bewegung soll nur so weit ausgeführt werden, wie die LWS kontrolliert werden kann und der M. trapezius pars descendens inaktiv bleibt. Ein taktiler Reiz am Angulus inferior kann helfen, die Aufwärtsrotation der Skapula spürbar zu machen.

Häufige Fehler
Hyperlordose; Ellenbogen drehen nach lateral weg und/oder Hände wandern nach medial und können Zug in den Gurt nicht mehr aufrechterhalten


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Segmentale Katze-Kuh

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Ziel
Aktivierung der tiefen Rückenstabilisatoren. Fördern der motorischen Kontrolle und Koordination. Mobilisation der BWS. Kann die Übung nicht kontrolliert umgesetzt werden, mit Beckenbewegungen in Rückenlage oder im Sitz beginnen und über reguläre Katze-Kuh steigern.

ASTE
Katzenbuckel mit Händen im Lot unter Schultern und den Knien im Lot unter den Hüftgelenken. Die Therapeutin legt den Zeigefinger auf L5/S1 und erklärt, dass nur dort in Extension bewegt werden soll, wo man den Finger spürt. Das Tempo soll dabei sehr langsam gehalten werden.

Durchführung
Wirbel für Wirbel fährt die Therapeutin mit dem Finger an der Wirbelsäule bis zur HWS hoch, und die oder der Übende versucht, Segment für Segment in Extension zu bewegen. Im Anschluss folgt die Gegenbewegung in den Katzenbuckel (wieder beginnend mit dem Finger auf L5/S1). Wiederholungen und Serien so dosieren, wie es der aktuelle Trainingszustand ermöglicht.

Häufige Fehler
Protraktion der Scapulae geht bei BWS-Extension verloren. Ellenbogen beugen sich als Ausweichbewegung bei BWS-Extension. HWS/Kopf bewegen sich zu früh mit.


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Dreibeinstand

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Ziel
Verbesserung der Skapula- und Rumpfstabilität. Fördern der motorischen Kontrolle.

ASTE
Handgelenke im Lot unter den Schulter-gelenken, Knie im Lot unter den Hüftgelenken, neutrale Wirbelsäule. Schultern in Protraktion und sanfter Depression.

Durchführung
Um Skapula- und Rumpfstabilisatoren zu aktivieren, eine Hand 1–2 cm vom Boden abheben, ohne dass es zu einer Gewichtsverlagerung weg vom abgehobenen Arm kommt. Halten der Postition für 30–60 s, mehrere Durchläufe links und rechts. Anzahl so dosieren, wie es der aktuelle Trainingszustand ermöglicht.

Häufige Fehler
Brust- und Lendenwirbelsäule und/oder HWS können nicht in neutraler Stellung gehalten werden. „Wegshiften“ vom abgehobenen Arm, Protraktion/Depression kann nicht gehalten werden.


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MIT PHYSIOTHERAPIE AKTIVITÄT FÖRDERN

Damit Menschen mit hEDS ihrem sportlichen Beruf oder Hobby nachgehen können, brauchen sie physiotherapeutische Unterstützung. Therapeut*innen sollten ein möglichst hohes und regelmäßiges Aktivitätsniveau unterstützen. So konnte beispielsweise eine Studie mit jugendlichen Tänzer*innen und Zirkusartist*innen belegen, dass sich sonst die Beschwerden verstärken. Bei denen, die nach einer EDS-Diagnose ihre Sportart aufgegeben hatten, waren eine Symptomverschlechterung und ein Angst-Vermeidungsverhalten die Folge [16]. Wichtige Eckpfeiler der Physiotherapie sind die Patientenedukation, die Schulung der Körperwahrnehmung und Propriozeption sowie ein Stabilisations- und Krafttraining.

Haben Physiotherapeut*innen eine symptomatische Hypermobilität identifiziert, gilt es einen individuellen Therapieplan zu erstellen. Generell sinnvoll ist es, die Propriozeption zu verbessern, Haltungsgewohnheiten und Atemmuster anzupassen sowie kompensatorische Abstützungs- und Schutzmechanismen zu identifizieren. Anders als früher häufig postuliert, sind sich viele Expert*innen heute einig, dass es neben Stabilitätsverbesserung sinnvoll ist, ein progressives Krafttraining anzuleiten. Dabei sollten Physiotherapeut*innen detailliert auf die Ausführung der Übungen schauen (Übungen). Es sollte mit niedriger Intensität begonnen werden, da die eigene Belastungsgrenze häufig nicht gut gespür wird und Überlastung droht. Zudem ist es wichtig, genügend Aufmerksamkeit auf Erholungsstrategien zu legen, um zu vermeiden, dass das Training Schmerzschübe und überschüssige Immunreaktionen triggert.

Müdigkeit, schlechter Ernährungszustand, orthostatische Intoleranz, Bauchschmerzen, Übelkeit und vieles mehr können Therapiesitzungen und Heimübungsprogramme beeinträchtigen. Es ist wichtig, den Betroffenen zu helfen, diese Symptome zu identifizieren und sie bei der Suche nach Anbietern zu unterstützen, die die Begleiterkrankungen von EDS verstehen und managen. Ebenso sinnvoll ist es, wo hilfreich, Hilfsmittel wie Orthesen, Tapes, Stützen oder Schienen einzusetzen, um eine bessere gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Tanja Hoch

* Name von der Redaktion geändert


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Tanja Hoch

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selbst von HSD betroffen, ist Physiotherapiestudentin, Personal Trainerin und Yogalehrerin. Im Rahmen von Yoga, Luftakrobatik & Co trifft sie vielerorts auf Menschen mit symptomatischer Hypermobilität. Mit diesem Artikel möchte sie dazu beitragen, die Suche nach dem Grund für Symptome und nach der passenden Therapie für andere zu verkürzen. Kontakt: tanja.hoch@gmx.ch oder über die Website: www.samastatraining.com.

Publication History

Article published online:
22 April 2024

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selbst von HSD betroffen, ist Physiotherapiestudentin, Personal Trainerin und Yogalehrerin. Im Rahmen von Yoga, Luftakrobatik & Co trifft sie vielerorts auf Menschen mit symptomatischer Hypermobilität. Mit diesem Artikel möchte sie dazu beitragen, die Suche nach dem Grund für Symptome und nach der passenden Therapie für andere zu verkürzen. Kontakt: tanja.hoch@gmx.ch oder über die Website: www.samastatraining.com.
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© goldnetz/stock.adobe.comQuelle: Tanja Hoch, Basel
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ABB. 2 Die Grafik der EDS-Society veranschaulicht, wie unterschiedlich die Symptome bei gleicher Diagnose sein können. Quelle: With permission of The Ehlers-Danlos Society; www.ehlers-danlos.com
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