Nervenheilkunde 2024; 43(06): 378
DOI: 10.1055/a-2261-0773
Buchbesprechungen

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Resilienz-Coaching

Ein Praxismanual zur Unterstützung von Menschen in herausfordernden Zeiten

Tantjana Reichhart, Claudia Pusch: Resilienz-Coaching. Ein Praxismanual zur Unterstützung von Menschen in herausfordernden Zeiten. Wiesbaden: Springer, 2023; 316 Seiten, gebunden, 49,99 Euro, ISBN 9783658374310

Jeder darf sich Coach nennen. Krankenkassen zahlen nicht für Coaching, Klienten müssen gesund sein… Und Resilienz ist sicher mehr als ein Gummiball, der nach Schicksalsschlägen umgehend in seine Ausgangsform zurückspringt. Wir wissen zwar ungefähr was resiliente von weniger resilienten Menschen unterscheidet. Aber ob bzw. inwieweit sich solche bio-psycho-sozial angelegten Muster durch Coaching gezielt und schnell wunschgemäß modifizieren lassen, ist empirisch kaum gesichert.

In diesem Feld aus Pragmatismus, Rhetorik, institutionellen Scheuklappen und (allseitigen) wirtschaftlichen Interessen bewegt sich Coaching derzeit. Die Erstautorin des vorliegenden Buches, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, hat es angesichts dessen leichter, weil sie sich aus dem wissenschaftlich fundieren Fundus ihrer Fächer bedienen kann. Wobei, dass Resilienz-Coaching eine eigenständige Disziplin sei, kann bezweifelt werden. Zielt nicht jedes Coaching darauf ab, Kompetenzen zur Lösung relevanter Probleme und damit Resilienz zu erhöhen?

Das etwa 300 Seiten starke Buch beginnt mit Begriffsdefinitionen und Resilienz-Faktoren. Der allgemeine Ablauf eines Coachings wird skizziert, kurze Kapiteln sind anatomisch-physiologischen Grundlagen, Motivationspsychologie und Verhaltensmodifikation gewidmet. Differenziert werden Parallelen des Resilienz-Begriffes u. a. zur Salutogenese aufgezeigt. Der folgende Teil fokussiert auf die Erstellung von Resilienz-Profilen, Achtsamkeit als Aspekt von Resilienz wird vorgestellt, bevor Optimismus, Soziale Netzwerke, Selbstwirksamkeit und die Bedeutung von Werten thematisiert werden. Stressmanagement, einem zentralen Coaching-Thema, wird auf 20 Seiten abgehandelt, noch kürzer das offenbar unvermeidliche Burnout-Thema. Abschließend widmet sich das Buch der Professionalität des Coachs, der Unterschied zwischen Therapie und Coaching wird korrekt dargelegt, wobei bezweifelt werden kann, dass sich auf 4 Seiten hinreichend vermitteln lässt, wie man psychische Erkrankungen erkennt. Abschließend geht es um die persönliche Psychohygiene des Coachs. Im Anhang finden sich Ablaufpläne und praktisch verwendbare Schaubilder.

Die Propagierung des Resilienz-Begriffes hätte etwas relativierender erfolgen können. Ansonsten: Resilienz-Coaching ist, gemessen an psychotherapeutischen Standards, ein substanzielles Buch, das mitunter wie eine Art Kompendium von diesbezüglichen Theorien und Konzepten („Tools“) imponiert. Coachs mit wenig Praxiserfahrung hätten sich vermutlich mehr Fallbeispiele und engmaschiger auf die Gestaltung von Therapieabläufen bezogene Handreichungen gewünscht. Therapeuten überraschen die Inhalte des Buches nicht, Coachs hingegen vermittelt es substanzielle Grundkenntnisse, deren praktische Umsetzung dann intensiv geübt werden kann.

Andreas Hillert, Prien am Chiemsee


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Publication History

Article published online:
11 June 2024

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