Hintergrund und Methodik
Die Zusammensetzung des menschlichen Körpers (Body Composition, kurz: BC) aus verschiedenen Gewebearten, insbesondere Fett, Muskulatur und Knochen, kann mit den Methoden der Radiologie quantifiziert werden. Von besonderer Relevanz sind derartige Analysen bei Krankheitsbildern wie Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit), Kachexie (pathologischer Muskelschwund) und Sarkopenie (altersbedingter Muskelschwund) sowie Osteopenie (Verminderung der Knochendichte) und Osteoporose (Knochenabbau mit Frakturgefahr). [Abb. 1] fasst die wesentlichen Begriffe der BC zusammen. Vor allem die Computer- (CT) und die Kernspintomografie (MRT) ermöglichen eine gute, nahezu anatomische Abgrenzung der Gewebe und bieten genaue Informationen über die räumliche Verteilung. Mit Hilfe von Gewebeparametern lassen sich Phänotypen identifizieren, die im Zusammenhang mit einer bestimmten Erkrankung stehen, zum Beispiel der sarkopenen Adipositas. Im klinischen Alltag der Radiologie werden BC-Parameter bisher kaum berücksichtigt. Befunde wie z. B. eine „viszeral betonte Adipositas“ oder „lipomatös aufgelockerte Rückenmuskulatur“ sind nicht üblich.
Abb. 1 Übersicht zu den Begriffen der Body Composition.
Die vorliegende Übersichtsarbeit stellt zunächst die gegenwärtigen Methoden und Besonderheiten einer BC-Analyse vor. Neben ausgewählten Beispielen aus der Forschung steht die Translation in die klinische Praxis im Vordergrund. Hierzu wurde die in der US-amerikanischen National Library of Medicine (pubmed.gov) gesammelte Literatur der letzten fünf Jahre nach den Begriffen body composition, obesity, sarcopenia, osteopenia in Verbindung mit den Schlüsselwörtern imaging oder radiology durchsucht, um relevante Arbeiten auszuwählen.
Übergeordnetes Ziel dieser Arbeit ist ein besseres Verständnis der aktuell verfügbaren Anwendungen. Der Schwerpunkt liegt auf tomografischen Verfahren, die für eine genaue räumliche Gewebedarstellung, z. B. dem viszeralen Fettkompartiment (visceral adipose tissue, VAT), erforderlich sind. Grundsätzlich lassen sich BC-Parameter auch mit einfacheren Verfahren wie z. B. der DEXA (Dual Energy X-ray Absorptiometry) erheben. Dies geht jedoch oft mit Limitationen einher, z. B. der Unterschätzung des viszeralen Fettanteils (VAT, visceral adipose tissue) [1]. Ein weiterer Vorteil der Tomografie ist die große Auswahl an verfügbaren Biomarkern. Bei der Muskulatur lässt sich z. B. neben dem Volumen auch die Fettinfiltration einzelner Muskel bestimmen [2]. Während die herkömmlichen Verfahren zur BC-Analyse Vorteile in der Verfügbarkeit und Durchführbarkeit aufweisen, sind CT und MRT vielseitiger und zuverlässiger. Für eine weiterführende Darstellung der Techniken und Einsatzmöglichkeiten von DEXA und Sonografie sei auf die Literatur verwiesen [3]
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Parameter der Body Composition
Übergewicht und Adipositas werden von der Weltgesundheitsorganisation WHO als Verhältnis von Körpergewicht und Quadrat der Körpergröße (Body-Mass-Index) definiert mit Schwellwerten bei 25 bzw. 30 kg/m2
[10]. Die Prävalenz der Adipositas hat in den vergangenen Jahren global zugenommen, mittlerweile zeigt ein Drittel der Bevölkerung Übergewicht bzw. Adipositas und es wird von einer Pandemie gesprochen [11]. Der BMI ist trotz bekannter Limitationen aufgrund der Einfachheit und Praktikabilität weiterhin das am weitesten verbreitete Maß der BC [12]. Intraindividuelle Änderungen des BMI im Verlauf einer Therapie gelten als besonders aussagekräftig [13]. Aber auch Studien zu Übergewicht und Adipositas verwenden radiologische Methoden zur Beurteilung der BC, wenn die Anthropometrie nicht ausreicht [14]
[15]
[16], z. B. zur Unterscheidung von Fett- und Muskelmasse [17]. Erst kürzlich wurde der eingeschränkte Nutzen anthropometrischer Parameter in einer longitudinalen Studie mit über 3000 Probanden aufgezeigt. Dabei hatten sich über zwei Jahre BMI, Körpergewicht oder WHR (waist-to-hip-ratio) der Teilnehmer praktisch nicht verändert, während sich mit der MRT deutliche Veränderungen im viszeralen und intermuskulären Fettgewebe gezeigt hatten [18]. Eine umfangreiche Segmentierung sämtlicher Schnittbilder im Sinne einer volumetrischen BC-Erfassung ist eher selten. Häufig beschränkt sich die Analyse aus Zeitgründen auf die Segmentierung einer repräsentativen Schicht, z. B. auf Höhe der Lendenwirbelsäule für die abdominelle Fettquantifizierung [1]
[19]
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[21]
[22]. Mit differenzierten Ansätzen kann die MRT beispielsweise bei longitudinalen Studien auch kleinere Änderungen in der Body Composition nachweisen, nicht selten bedeutend früher als herkömmliche Verfahren [18].
Bei der BC-Analyse der Muskulatur lassen sich sowohl die Größe als auch die Qualität beurteilen, insbesondere der Grad der Verfettung. Patienten mit einer onkologischen Grunderkrankung zeigen häufig eine eigene Form der Kachexie (cancer cachexia). Ein Schwund der Skelettmuskulatur geht mit einer eingeschränkten Funktion einher und lässt sich oft nur teilweise kompensieren, z. B. durch eine angepasste Ernährung [23]. Zur Optimierung des Vorgehens haben sich Studien schon früh damit beschäftigt, ob sich der Massenverlust der Muskulatur, z. B. im Rahmen der Sarkopenie, auch über die Reduktion der angeschnittenen Fläche eines Muskels auf einer definierten Höhe, häufig einer axialen CT-Aufnahme auf Höhe der Lendenwirbelsäule, nachweisen lässt [24]. Auch mit der MRT lassen sich Volumen und Qualität der Rumpfmuskulatur quantifizieren [25].
Die BC-Analyse von Knochen wird traditionell über die Röntgenschwächung gemessen – in Projektionstechnik mit der DEXA oder tomografisch mit der CT. Für periphere Knochen bietet die Bildgebung eigene Biomarker wie z. B. Durchmesser, Krümmung, Volumen oder dreidimensionale Geometrie [26]. Die MRT stellt für Knochengewebe spezielle Techniken bereit, mit denen sich die trabekuläre Knochenstruktur (QSM, quantitative susceptibility mapping) und die Kortikalis (UTE-Bildgebung, ultrashort echo time TE) analysieren lassen. Zur Unterscheidung zwischen osteoporotischen und pathologischen Frakturen bietet die MRT verschiedene Methoden zur Evaluation des Knochenmarkfetts, speziell die MR-Spektroskopie oder eine Bildgebung auf Basis der sogenannten chemischen Verschiebung zwischen Fett- und Wassersignalen [27].
Weiteres Zielorgan einer BC-Analyse ist die Leber, insbesondere im Zusammenhang mit der Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease (MASLD). Auch hier bietet sich die MRT zur Bildgebung an, mit der sich Fett- und Wasseranteile aus dem Verhältnis der Signale der jeweiligen Wasserstoffkerne (PDFF, proton density fat fraction) bestimmen lassen. Hierzu werden die MRT-Signale zu mehr als zwei Zeitpunkten (oft sechs) aufgenommen und mit Hilfe einer speziellen Software-Applikation ausgewertet. Eine weitere, funktionelle Technik ist die MR-Elastografie (MRE), bei der über eine externe periodische Anregung (nichtinvasiv) Scherwellen im Körper erzeugt werden, die sich gewebespezifisch ausbreiten. Mit einer Serie von MR-Phasenbildern werden die Informationen über die mikroskopischen Auslenkungen während der Wellenausbreitung erfasst, aus der sich über ein mathematisches Inversionsverfahren ein Elastogramm ergibt, welches die Verteilung der Gewebesteifigkeit darstellt. Die MRE wird seit langem zur nichtinvasiven Beurteilung der Fibrose der Leber eingesetzt, technisch lässt sich die Technik jedoch auch in weiteren Zielstrukturen nutzen, z. B. zur Bestimmung der mechanischen und elastischen Eigenschaften muskulärer Strukturen [28]
[29]
[30]. Wenngleich keine tomografische Technik, muss in diesem Zusammenhang auch die sonografisch basierte Elastografie als BC-Methode erwähnt werden, die abermals breite Anwendung in der Leber findet [31]. Im Vergleich zu den elastografischen Verfahren findet die MRT-Diffusionsbildgebung bisher, trotz ihrer klinischen Bedeutung für zahlreiche diagnostische Fragestellungen, nur sehr bedingte Anwendung zur BC-Erfassung. Dennoch gibt es vereinzelte Ansätze, z. B. zur Beurteilung von Knochengewebe [32]
[33].
In einer alternden Gesellschaft treten die Phänotypen metabolischer Grunderkrankungen (Adipositas, Osteoporose oder Kachexie) häufig kombiniert auf und beeinflussen dann die BC. Dabei zeigen sich die Knochenmineralisation und Muskelmasse oft vermindert und der Körperfettgehalt erhöht [34]. Für eine standardisierte BC-Analyse müssen neben dem Alter auch das Geschlecht und die ethnische Herkunft einbezogen werden [35]. So zeigte z. B. bei Männern der intramuskuläre Fettgehalt eine ausgeprägte Assoziation mit kardiometabolischen Risikofaktoren, während das bei Frauen eher für das viszerale Fett galt [36]. Trotz gleichem BMI haben Menschen asiatischer Herkunft im Vergleich mit Kaukasiern oft einen höheren Körperfettanteil, eine vermehrte abdominale Adipositas und einen höheren Fettgehalt in Leber- und Muskelzellen [37].
Besonders vielversprechend sind BC-Parameter, die als Zielgrößen bzw. Biomarker für neuartige therapeutische Strategien dienen. Bei Patienten mit onkologischen Erkrankungen wird die körperliche Leistungsfähigkeit erfasst, um die Risiken von Morbidität und Mortalität abzuschätzen. Die krankheitsassoziierte und oft unbewusste Reduktion des Körpergewichts bei der Kachexie [38] kann nicht immer von der im Alter scheinbar physiologischen Abnahme der Muskelmasse im Rahmen der Sarkopenie unterschieden werden [39]
[40]
[41]
[42].
Die Schnittstelle zwischen Radiologie und anderen diagnostischen Disziplinen einschließlich der Humangenetik könnte Phänotypen noch genauer beschreiben [43]. Diese neuartige Interpretation von Diagnostik heißt in der englischsprachigen Literatur integrated diagnostics
[44].
Bildgebungsverfahren und Auswertemethoden
Die Schnittbildgebung wird bereits seit den 1990er Jahren zur Quantifizierung von Fettkompartimenten eingesetzt. Die bisherigen radiologischen BC-Analysen sind meistens retrospektiv und nutzen z. B. onkologische CT-Daten im Rahmen des Stagings. In der Regel werden die entsprechenden Gewebe zunächst segmentiert, d. h. deren Grenzen oder Konturen digital markiert. [Abb. 2] zeigt exemplarisch die Segmentierung der Flächen gängiger Fett- und Muskelgruppen auf einer definierten axialen CT-Schicht. Hierfür stehen manuelle, halb- oder vollautomatisierte Analysewerkzeuge zur Verfügung, die sich in den radiologischen Arbeitsablauf einbetten lassen [16]. Im Rahmen von Forschungsprojekten wird die Software mitunter selbst entwickelt und für weitere Zwecke zur Verfügung gestellt, teilweise als offener Quellcode [45]. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung und Erweiterung der Funktionalität, auch für Dritte, und geht in der Regel mit geringeren Kosten einher. Kommerzielle Applikationen sind weniger offen, lassen sich jedoch, je nach Grad der Zertifizierung (zum Beispiel als Medizinprodukt), meist unbedenklicher einsetzen und verfügen in der Regel auch über Schnittstellen zu den radiologischen Informationssystemen [46]
[47]
[48]. Zur Beschleunigung und Automatisierung der Auswertung finden mittlerweile Methoden des Deep Learning vermehrte Anwendung. Derartige Verfahren sind insbesondere für die Analyse großer Kohorten oder auf nationaler Ebene erforderlich – ein prominentes Beispiel ist die Bewältigung der Datenmengen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie [49]
[50]
[51].
Abb. 2 CT-Einzelschicht auf Höhe der mittleren LWS L3/L4 zur Beurteilung der Body Composition bei einem 60-jährigen Patienten ohne bekannte metabolische Grunderkrankung (BMI 20,8 kg/m2). Kompartimente des subkutanen (ohne Markierung, Fläche 89,3 cm2) und viszeralen (gelb, 43,5 cm2) Fettgewebe, des Psoas-Muskels (grün, 12,6 cm2) und der paravertebralen Muskulatur (blau, 50,1 cm2). Die mittlere Abschwächung der Muskulatur beträgt 40,4 Hounsfield-Einheiten (HU).
Hinsichtlich der Verfügbarkeit von Bilddaten für eine BC-Analyse nimmt die CT eine gesonderte Rolle ein. Die Bildgebung ist relativ unkompliziert und schnell, oft Bestandteil radiologischer Routine-Untersuchungen, und wird bei Verlaufskontrollen entsprechend oft wiederholt. [Abb. 3] zeigt exemplarisch die Beurteilung einer Kombination von Sarkopenie und Adipositas. Ein Vorteil der CT gegenüber der MRT ist die einheitliche Skala der Messwerte (Hounsfield-Einheiten). In Zukunft könnte die quantitative CT auch bei der Charakterisierung der MASLD eine größere Rolle spielen [52]. So gibt es z. B. eine Deep-Learning-Analyse der Skelettmuskulatur, die auf Routine-CT-Aufnahmen des Abdomens basiert [53]. Darüber hinaus lassen sich DL-Algorithmen auch für die Qualitätskontrolle der Bildgebung einsetzen [54].
Abb. 3 Mittlere Muskel (Röntgen)-Abschwächung (MA) zur Beurteilung einer sarkopenen Adipositas. Die axialen CT-Aufnahmen zweier weiblicher Patienten mit ähnlichem BMI (A: 32,3 kg/m2, B: 33,5 kg/m2) aber unterschiedlicher MA (A: 47,2 HU, B: 11,3 HU).
In den letzten Jahren haben MRT-basierte BC-Analysen die Charakterisierung wichtiger metabolischer Krankheitsbilder verbessert, u. a. des metabolischen Syndroms oder Typ-2 Diabetes mellitus. Im Vordergrund standen Zusammenhänge mit der Insulinresistenz, dem viszeralen Fettgewebe oder dem Therapieerfolg nach Adipositas-Chirurgie. Exemplarisch zeigt [Abb. 5] die longitudinale MRT-Erfassung des relativen Fettanteils im Rahmen einer Intervention, konkret vor und nach Adipositas-Chirurgie. Auch für pharmakologische Studien kam die MRT vermehrt zum Einsatz. So konnten z. B. PDFF-Messungen, zumindest vorläufig, den positiven Effekt des Semaglutids auf die MASLD bestätigen, welches im Jahr 2023 öffentlich auch als „Abnehmspritze“ bezeichnet wurde [55]
[56]. Auch nach bariatrischer Operation sinkt die PDFF typischerweise, [Abb. 6].
Abb. 5 Abdominelle Fettverteilung eines 54 Jahre alten Mannes auf Höhe des Bauchnabels vor und 6 bzw. 12 Monate nach einer bariatrischen Operation (Roux-Y-Magenbypass). Das nach Segmentierung aller axialen MR-Schichten (zwischen Zwerchfell und Symphyse) bestimmte viszerale Fettvolumen zeigte eine deutliche Reduktion – 8,3 L > 4,9 L > 4,2 L.
Abb. 6 Verlauf der Proton density fat fraction (PDFF) der Leber vor Adipositas-Chirurgie (Roux-Y-Gastric Bypass) mit 14 %, sowie in den Kontrolluntersuchungen nach 1 und 7 Monaten mit 8,5 bzw. 4,6 % (Messwerte einer ausgewählten Region of interest, nicht gezeigt).
Die hierfür erforderlichen MRT-Sequenzen (T1-gewichtet oder Dixon-Technik) sind praktisch auf jedem Gerät verfügbar. Dennoch wird die Methode bislang nicht routinemäßig eingesetzt [57]. Die interaktive Segmentierung von Fett- und Muskelflächen erfordert Zeit und Training, viele Hersteller bieten aber bereits erweiterte Module für eine automatisierte Auswertung und Visualisierung der Ergebnisse an. Tatsächlich gibt es Berichte über entsprechende Anfragen an klinische Radiologen. Zudem gibt es einige kommerzielle Dienstleister, die eine derartige, nicht-klinische Leistung anbieten.
Das Anlernen beim Deep Learning mit MRT-Bildern ist aufgrund der Vielzahl und Variabilität der Bildwichtungen – je nach anatomischer Region und klinischer Fragestellung – deutlich schwieriger. Auch herkömmliche T1-gewichtete Bilder sind dabei grundsätzlich geeignet, wenngleich die Segmentierung etwas anspruchsvoller ist. Die Vorteile bei der Wahl einer größeren Schichtdicke – weniger Aufwand für die Aufnahme und Segmentierung der Bilder sowie ein höheres Signal-Rausch-Verhältnis – überwiegen meist den Nachteil einer reduzierten räumlichen Auflösung. Aus praktischen bzw. zeitlichen Gründen beschränken sich viele MRT-Studien, ähnlich dem CT-Prozedere, auf die Analyse einzelner Schichten. Eine individuelle Gegenüberstellung der abdominellen Gesamtvolumina zeigte z. B. für verschiedene Fettkompartimente einen relativ guten linearen Zusammenhang [19]
[20]
[21]
[22]. Mittlerweile sind die Sequenzen auf den meisten MRT-Geräten so zeiteffizient, dass selbst eine Ganzkörper-Bildgebung nur wenige Minuten dauert. [Abb. 4] illustriert den Nutzen der MRT für eine Evaluation von Patienten mit Adipositas.
Abb. 4 MRT-Untersuchung von Patienten mit Adipositas: Vergleich von zwei Patienten mit ähnlichem Alter und BMI (A: weiblich, 50 Jahre alt, BMI 40,9 kg/m2, B: männlich, 48 Jahre alt, BMI 39,2 kg/m2). Erst die Schnittbildgebung (A: Höhe mittlere LWS, L3/L4, B: Höhe lumbosakraler Übergang L5/S1) zeigt die Unterschiede zwischen gluteofemoralem (A) und viszeralem (B) Fettverteilungstyp.
Im Rahmen der PET-MRT-Ganzkörperbildgebung werden Dixon-Sequenzen routinemäßig zur Schwächungskorrektur herangezogen, sodass entsprechende Fett- und Wasserbilder bereits vorliegen. Solche Datensätze können mittlerweile vollautomatisch segmentiert werden, um Kompartimente wie Fett, Muskulatur, Knochen und Organe zu analysieren, u. a. auch bei pädiatrischen Patienten [58]. Neuartige PET-Detektoren ermöglichen mittlerweile mehrphasige PET/CT-Untersuchungen bei kontinuierlicher Tischbewegung mit robuster Datenauslese (besser als die herkömmliche step-and-shoot-Technik) und werden z. B. in der onkologischen Bildgebung eingesetzt. Derartige Fortschritte in der Technik dürften allmählich auch genauere Einblicke in ausgewählte Stoffwechselvorgänge ermöglichen. Tatsächlich zeitaufgelöste Verfahren wie z. B. das dynamische Ganzkörper-PET/CT sind gegenwärtig noch wenig verbreitet [59].
Eine tomografisch basierte Analyse der Body Composition ist in der Regel mit der klinischen Anforderung verknüpft, Verlaufsmessungen sind daher seltener. In einem Beispiel wurde ein mobiles MRT-System eingesetzt, um die Body Composition im Verlauf eines Ultramarathons (4500 km) zu erfassen. Dabei zeigten die Athleten eine deutliche Abnahme von Muskel- und Fettmasse (VAT und SAT) [60].
Die Ergebnisse von benutzerabhängigen BC-Techniken sollten mit etwas Vorsicht interpretiert werden [61]. Hinsichtlich ihrer Genauigkeit und Reproduzierbarkeit übertreffen manche KI-basierte Ansätze mittlerweile die herkömmliche Segmentierung von ausgewählten Schichten [62]. Dennoch fehlen Standards, mit denen sich die vorhandene Evidenz auf den klinischen Alltag übertragen ließe. Hierzu gehören klare Vorgaben, insbesondere bei therapeutischen Fragestellungen, z. B. zur Definition einer kontrollierten physischen Aktivität bei Sport- oder Bewegungsmaßnahmen. Auch sollte die eingesetzte Hardware kritisch betrachtet werden. Welchen Einfluss hat z. B. das spezielle Bildgebungssystem oder das verwendete Protokoll? Eine der wenigen methodischen Studien zu diesem Thema zeigte z. B. an 18 Probanden, dass die Ungenauigkeit von BC-Analysen mit der MRT (u. a. PDFF in der Leber, Fett- und Muskelvolumina) weitgehend durch die Wiederholbarkeit der Messung am selben Gerät bestimmt war [63].
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Über die letzten Jahre werden radiologische Verfahren vermehrt für BC-Analysen eingesetzt, insbesondere auf dem Gebiet der Sarkopenie [64]
[65]. Mittlerweile gilt z. B. bis auf wenige Ausnahmen eine niedrige Muskelmasse als Risikofaktor für den ungünstigen Verlauf einer Chemotherapie. Grundlage hierfür ist eine Metaanalyse aus dem Jahr 2023 mit 35 Studien und über 3800 Patienten [66]. Im Jahre 2022 wurden die Ergebnisse einer automatisierten BC-Analyse von über 9200 asymptomatischen Erwachsenen mit CT-gestütztem Darmkrebs-Screening über einen medianen Zeitraum von 9 Jahren veröffentlicht. Hierbei zeigten die Röntgenabschwächung der Skelettmuskulatur und der Kalziumgehalt der Bauchaorta einen prognostisch signifikanten Effekt auf das 10-Jahres-Überleben – die AUC (area under the curve) lag bei 0,72 (Männer) bzw. 0,76 (Frauen) [67].
Einige grundlegende Limitationen bleiben weiterhin, so fehlt z. B. oft ein Standard zur Erhebung und Verarbeitung der BC-Daten. Die Analysen erfolgen dennoch, mitunter auch deswegen, weil sich viele Parameter relativ leicht erfassen lassen. Nicht selten werden die radiologischen BC-Parameter in jenen klinischen Fachbereichen erhoben, deren Patienten einer radiologischen Diagnostik zugeführt werden. Nachfolgende Korrelationen mit klinischen Outcome-Variablen sind weit verbreitet und reichen von degenerativen orthopädischen Erkrankungen wie einer lumbalen Bandscheibenherniation [68], über diverse Malignome (z. B. Nierenzellkarzinome [69] oder nicht-metastasierte kolorektale Karzinome [70]) und inflammatorische Krankheitsbilder (chronisch-entzündliche Darmerkrankungen) [71] bis hin zur Hospitalisierung bei SARS-CoV2-Infektion [72]. BC-Analysen gelten meist einer konkreten Fragestellung und Population, weitergehende Bewertungen sind oft nachrangig [4]. BC-Parameter können z. B. auch aus nicht diagnostischen CT-Datensätzen einer Bestrahlungsplanung abgeleitet werden [73]. Demgegenüber gibt es nur selten kontrollierte Analysen aus großen Kohorten wie z. B. der UK Biobank
[74] oder Nationalen Kohorte (Deutschland) [49], die für eine zuverlässige Translation in die klinische Routine erforderlich sind.
Der aus mangelnden Standards und Referenzwerten entstehende Wunsch nach mehr Evidenz für eine radiologische BC-Analyse ist nicht neu. So wurde bereits im Jahr 2007 die Quantitative Imaging Biomarkers Alliance (QIBA) der Nordamerikanischen Röntgengesellschaft RSNA gegründet, die sich eine möglichst hohe Validität und Reproduzierbarkeit der Bilddatenanalyse als Ziel gesetzt hat. Ein prominentes Ergebnis ist die multizentrische Evaluation von Multiecho-MR-Sequenzen (Dixon-Technik) zur Bestimmung des Leberfettgehalts (PDFF) [75]. Hierbei zeigte sich, dass Feldstärke, Gerätehersteller oder Rekonstruktionsmethode kaum Einfluss auf die Reproduzierbarkeit hatten. Ein wesentlicher Aspekt dieser Arbeit waren klare methodische Vorgaben. Möglicherweise trägt der zunehmende Drang zur wissenschaftlichen Publikation in Kombination mit leicht verfügbaren Bilddaten zu einer weniger stringenten Betrachtung bei. In der Radiologie wächst der Anspruch, die Evidenz solcher Analysen auf eine solide Basis zu stellen.
Grundsätzlich soll eine radiologische Bildgebung nach rechtfertigender Indikation konkrete Fragen der überweisenden Ärzte beantworten, um die Patienten optimal zu versorgen. Bei der CT-Untersuchung werden die Vor- und Nachteile für den Patienten besonders streng geprüft, da sie mit ionisierender Strahlung einhergeht. Die moderne Multidetektor-CT generiert z. B. bei Routine-Staging-Untersuchungen hochaufgelöste 3D-Datensätze mit lückenloser Körperabdeckung. Unabhängig von der ursprünglichen Indikation lassen sich die Bilddaten für ein „opportunistisches Screening“ nutzen, also der Suche nach weiteren, noch nicht diagnostizierten Erkrankungen [76]. Gleichzeitig können quantitative metabolische bzw. BC-Parameter abgeleitet werden, die bestenfalls als Biomarker dienen. Zu diesen Merkmalen zählen insbesondere der Mineralsalzgehalt bei Osteopenie, das viszerale Fettvolumen bei Übergewicht und Adipositas, Gefäßverkalkungen bei Arteriosklerose, das intrahepatische Fett bei der MASLD, sowie Größe und Qualität der Rumpfmuskulatur bei der Sarkopenie. Für die Patienten besteht dabei grundsätzlich ein klarer medizinischer Vorteil; aus radiologischer Sicht, speziell außerhalb von klinisch-wissenschaftlichen Studien, bleibt jedoch die Vergütung der zusätzlichen Leistungen zu klären [77].
Aus der Fülle dieser Merkmale lässt sich perspektivisch ein eigenes Risikoprofil definieren. Auch unter ethischen Gesichtspunkten ist eine Erfassung der BC von Belang. Zeigt z. B. die Screening-Untersuchung nicht das gesuchte bildgebende Merkmal, so ergeben sich vielleicht aus der quantitativen BC-Analyse weitere Erkenntnisse. Hierbei stellt sich grundsätzlich auch die Frage, ob die relativ leicht zu bestimmenden BC-Informationen dem Patienten vorenthalten werden dürfen? Bereits heute wäre ein Mehraufwand durchaus vertretbar, zukünftig dürften derartige Auswertungen zunehmend automatisiert werden. Einige Experten sehen die BC-Informationen auch schon als Beitrag zu einer Radiologie, die sich mehr an der Wertigkeit (value) als an der Menge (volume) der Informationen bemisst [53].
Untersuchungszahlen und Datenmengen in der Radiologie werden sehr wahrscheinlich weiter ansteigen. Die traditionelle, risikoadaptierte Stufendiagnostik könnte durch eine höhere Priorisierung der Bildgebung abgelöst werden, insbesondere wenn Nachteile wie die Strahlenbelastung durch Weiterentwicklungen reduziert werden und der Effizienzdruck der Zuweiser, z. B. in der Notaufnahme, zunimmt. Ein relativer Mangel an ärztlicher Expertise sowie unzureichende Ausbildungsstrukturen könnten den Trend verstärken, sich in einer klinischen Entscheidung durch eine großzügig indizierte Bildgebung abzusichern. Bisher ist eine dringliche, d. h. frühzeitige Bildgebung bestimmten Notfällen vorenthalten, z. B. bei vaskulären Fragestellungen. In der Literatur wird bereits die Indikation für eine Bildgebung gegenüber anderen diagnostischen Tests diskutiert: Welche Auswirkungen hätte z. B. eine vorgezogene CT auf den klinischen Verlauf eines älteren Menschen mit Verdacht auf eine akute Appendizitis [78]
[79]
[80]? Stünde die Schnittbildgebung eher am Anfang des diagnostischen Pfads, könnte eine BC-Analyse mit abgeleitetem metabolischem Risikoprofil sinnvoll sein, um die Patienten individueller zu betreuen. Hierfür wären dann allerdings gut geschultes Personal, moderne und verfügbare Bildgebungssysteme mit entsprechenden IT-Kapazitäten und eine geregelte Kostenaufteilung Voraussetzung.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Stellenwert der Radiologie bei der Beurteilung der Body Composition in den letzten Jahren gestiegen ist. Das Anwendungsspektrum wird sich wahrscheinlich erweitern, begünstigt durch die fundamentalen Herausforderungen im Gesundheitssystem, insbesondere angesichts des demografischen Wandels und der Zunahme von Adipositas-assoziierten Krankheitsfällen. Für die Radiologie lohnt es sich also, den Überblick sowie die wesentlichen Entwicklungen und Interaktionen der beteiligten Akteure im Blick zu behalten.