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DOI: 10.1055/a-2266-6475
Fünf Faktoren für einen positiven Führungsstil – PERMA-Lead
- Was PERMA-Lead NICHT bedeutet
- Evidenz to go
- PERMA-Lead in der Praxis
- P = Positive Emotions
- E = Engagement
- R = Relationships
- M = Meaning
- A = Accomplishment
Weniger Fluktuation, gesunde Mitarbeitende, mehr Engagement, höhere Zufriedenheit und Motivation – zu schön, um wahr zu sein? Ganz und gar nicht! PERMA-Lead ist ein Führungsansatz, der all das ermöglicht und sogar die passende Evidenz liefert. Hier bekommen Sie einen Einblick in den Führungsansatz der Positiven Psychologie.
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Martin Seligman gilt als der Begründer der Positiven Psychologie. In seinen Arbeiten beschäftigte er sich mit den Fragen, was Menschen brauchen, um glücklich zu sein und ihr Wohlbefinden zu steigern. Aus zahlreichen empirischen Untersuchungen kristallisierten sich vor allem fünf Faktoren heraus. Daraus entwickelte er das Akronym PERMA. Laut Seligman ist PERMA die Grundlage für Flourishing, also für ein Aufblühen.
Diese Erkenntnisse hat der Organisations- und Wirtschaftspsychologe Dr. Markus Ebner auf Führung übertragen. So entstand aus dem PERMA-Modell mit PERMA-Lead der Ansatz für die „Positive Leadership“, also den positiven Führungsstil.
In der 172. WORDSEED Podcastfolge erfahren Sie im Interview mit Dr. Markus Ebner mehr zum Thema Positive Leadership, PERMA-Lead und Potenzialentfaltung – auf Spotify unter t1p.de/kskxk.
PERMA-Lead fokussiert sich auf die Stärken und Ressourcen der Mitarbeitenden. Ziel des Führungsansatzes ist es, die Mitarbeitenden individuell bei ihrer beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Hierbei stehen Fähigkeiten und Potenziale im Vordergrund. Herkömmliche Führungsstile beschäftigen sich oft eher mit „Schwächen“ von Menschen und legen ihr Hauptaugenmerk auf die Fehlerkultur. Der Fokus liegt hierbei häufig darauf, dass an Dingen gearbeitet wird, die nicht gut sind. Positive Leadership möchte ein unterstützendes und ermutigendes Umfeld schaffen.
Was PERMA-Lead NICHT bedeutet
Positive Leadership wird häufig als „Kuschelkultur“ dargestellt. Es darf kein kritisches Feedback mehr gegeben werden und permanent ist alles super. Das stimmt so natürlich nicht. PERMA-Lead ist evidenzbasiert und wird stetig weiterentwickelt. Das Wohlbefinden aller steht hier im Mittelpunkt. Es geht vor allem um die Stärkenorientierung. Etliche Studien zeigen, dass der Fokus auf die Stärken Menschen dabei unterstützt, sich weiterzuentwickeln. Wenn der Fokus auf die Schwächen gelegt wird, entwickeln Menschen sich nicht in dem Ausmaß weiter, wie es möglich wäre. Um PERMA-Lead wirklich messbar zu machen, wurden bereits drei verschiedene Testverfahren entwickelt.
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Evidenz to go
Von PERMA-Lead profitieren übrigens nicht nur die Mitarbeitenden. Viele Studien haben bisher deutlich belegt, dass der Führungsstil maßgebliche Auswirkungen auf das Stresserleben und die Burn-out-Gefährdung der Mitarbeitenden hat (BUCHTIPP, S. 40). Doch nicht nur das, der eigene Führungsstil hängt zudem signifikant mit der eigenen Burn-out-Gefährdung zusammen.
Grundsätzlich zeigen viele Studienergebnisse, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten mit dem PERMA der Mitarbeitenden zusammenhängen. Je höher das erlebte PERMA – das bedeutet, je mehr dieser Faktoren erfüllt sind –, desto geringer sind die krankheitsbedingten Fehlzeiten im Team. Gleichzeitig zeigt sich, dass ein geringes PERMA auch mit erhöhten krankheitsbedingten Fehlzeiten einhergeht (BUCHTIPP, S. 40).
Die Zusammenhänge zwischen dem PERMA der Mitarbeitenden und anderen Faktoren wie beispielsweise Organisationskultur, Fluktuation oder durchschnittliche Kundenbewertungen sind hochsignifikant (BUCHTIPP, S. 40). Zusammenfassend zeigt sich, dass eine stärkenorientierte Führung die Gesundheit aller fördert, die Arbeitszufriedenheit stärkt, Flow-Zustände begünstigt, nternehmensschädigendes Verhalten reduziert, Fluktuation verringert, die Leistungsfähigkeit fördert und sogar Einfluss auf Dritte, also beispielsweise Kund*innen und Patient*innen hat.
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PERMA-Lead in der Praxis
Wichtig zu berücksichtigen ist, dass alle PERMA-Faktoren erfüllt sein müssen. Studienergebnisse belegen, dass es nicht ausreichend ist, wenn nur drei oder vier von fünf Faktoren am Arbeitsplatz erfüllt sind. Es braucht alle fünf Faktoren, um die Vorteile von PERMA-Lead zu spüren.
Positive Emotions
ermöglicht positive Emotionen
Engagement
fördert individuelles Engagement
Relationships
schafft tragfähige Beziehungen
Meaning
vermittelt Sinn in der Arbeit
Accomplishment
macht Erreichtes sichtbar
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P = Positive Emotions
Viele Studien der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Stimmung am Arbeitsplatz eminente Auswirkungen auf die Gesundheit, die Motivation, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden hat. Hier setzt der PERMA-Lead-Faktor „Positive Emotions“ an. Das Führungsverhalten trägt dazu bei, dass sich Mitarbeitende an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Hierbei geht es auch um eine Wertschätzungskultur. „Positive Emotions“ beinhaltet zudem, dass Mitarbeitende die Möglichkeit haben, über Themen zu sprechen, die sie belasten und herausfordern. Das erlebte Mitgefühl stärkt positive Emotionen. Erst wenn auch Raum für negative Emotionen besteht, können sich positive Emotionen entfalten. Nachweislich stärken Führungspersonen, die auch Raum für negative Emotionen bieten, die Beziehung zu ihren Mitarbeitenden, was sich wiederum positiv auf die Leistungsfähigkeit auswirkt (BUCHTIPP, S. 40).
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Was sorgt am Arbeitsplatz für positive Emotionen?
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Wie können positive Emotionen am Arbeitsplatz verstärkt und gefördert werden?
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Inwiefern erlebe ich als Führungsperson positive Emotionen?
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Geben Sie positives Feedback und Wertschätzung.
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Sorgen Sie für kleine Überraschungen, etwa zum Geburtstag oder Jubiläum.
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Nehmen Sie sich Zeit für Smalltalk.
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E = Engagement
Wenn Menschen ihre Stärken am Arbeitsplatz ausleben und einbringen, hat das einen positiven Einfluss auf das Unternehmen, wie die Forschung bestätigt. Positive Leader fördern individuelles Engagement. In der Zusammenarbeit mit verschiedenen Teams wird gemeinsam geschaut, welche Stärken die Mitarbeitenden mitbringen. Hierbei geht es nicht nur um therapeutische Stärken etwa in der Behandlung spezifischer Klientengruppen. Die Mitarbeitenden werden als Ganzes betrachtet. Vielleicht schlummert in der ein oder anderen Person ein Organisationstalent oder ein Kreativgenie. Diese Stärken können im Praxisalltag ebenfalls gefördert und gestärkt werden, sofern das die Mitarbeitenden möchten. In vielen Teams erlebe ich, dass Mitarbeitende gern neben ihrer therapeutischen Tätigkeit andere Tätigkeiten im Arbeitsalltag übernehmen, um die Praxis weiterzuentwickeln. Engagement zu fördern, begünstigt übrigens positive Emotionen.
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In welchen Bereichen sehe ich die Stärken meiner Mitarbeitenden?
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In welchen Bereichen sehen die Mitarbeitenden selbst ihre Stärken?
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Inwieweit bringen Mitarbeitende bereits ihre Stärken ein?
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Fördern Sie gezielt die Personalentwicklung durch Mitarbeitendengespräche.
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Erstellen Sie Stärkenprofile und integrieren sie in den Alltag.
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Fördern Sie bewusst Vielfalt.
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R = Relationships
Menschen sind „Rudeltiere“ und brauchen soziale Beziehungen – auch am Arbeitsplatz. Es ist ein ganz normales, menschliches Bedürfnis, Teil von etwas zu sein. Die Wichtigkeit des Zugehörigkeitsgefühls wird häufig noch unterschätzt. Insbesondere im Therapiewesen ist es anspruchsvoll, nicht nur eine Gruppe zu sein, sondern zu einem echten Team zusammenzuwachsen. Manche Mitarbeitende sehen sich selten oder gar nicht. Jede Person therapiert so „vor sich hin“, da bleiben die zwischenmenschlichen Verbindungen zu Kolleg*innen oft auf der Strecke. Das R im PERMA-Modell steht für ein Führungsverhalten, das Wert darauf legt, dass sich das Team gegenseitig unterstützt und wertschätzend miteinander umgeht. Eine offene, lösungsorientierte und gesunde Gesprächskultur wird kultiviert.
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Wie empfinde ich das Miteinander im Team?
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Welche Rückmeldung bekomme ich von den Teammitgliedern zum Miteinander?
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Was tun wir bereits regelmäßig, um das Miteinander im Team zu fördern und zu stärken?
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Richten Sie eine kollegiale Beratung ein.
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Etablieren Sie einen „Einarbeitungs-Buddy“, also für jedes neue Teammitglied eine feste Ansprechperson aus dem Team.
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Führen Sie gemeinsame Teamaktionen durch, zum Beispiel Spendensammeln oder Naturschutzprojekte unterstützen.
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M = Meaning
In den vergangenen Jahren wurde viel Forschung im Bereich der Sinnhaftigkeit betrieben. Es wird immer deutlicher, wie wichtig Sinn in unserem Leben ist. Etwas als sinnvoll zu erleben, ist die Grundlage dafür, dass wir uns wohlfühlen und uns engagieren. In nahezu jedem Mitarbeitendengespräch frage ich deshalb nach, was die Kolleg*innen als sinnlos in ihrer Arbeit empfinden. Denn wenn sie etwas als sinnlos empfinden, werden sie es entweder gar nicht oder nur halbherzig tun. Für eine Führungsperson ist es von eminenter Wichtigkeit, darüber Bescheid zu wissen. Das M im PERMA-Modell steht für einen Führungsstil, der Sinnhaftigkeit und Sinnfindung unterstützt. Oftmals wird es im Gesundheitswesen als selbstverständlich angesehen, wofür unsere Arbeit sinnvoll ist. Doch Untersuchungen zeigen, dass der Faktor Sinnhaftigkeit gerade im Gesundheitswesen nicht sonderlich ausgeprägt ist.
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Was empfinde ich als Führungsperson als sehr sinnvoll?
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Was empfinden meine Mitarbeitenden als sinnvoll?
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Wie kann ich Sinnhaftigkeit weiter fördern?
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Liefern Sie das Warum mit: Warum sollen Mitarbeitende Anweisungen umsetzen?
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Finden Sie heraus, was Ihre Mitarbeitenden als besonders sinnvoll empfinden.
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Erarbeiten Sie Ziele gemeinsam und setzen sie auch gemeinsam um.
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A = Accomplishment
Erfolge, Fortschritte, Ressourcen und Kompetenzen sichtbar und erlebbar machen – dafür steht das A im PERMA-Modell. Gerade für Mitarbeitende im Gesundheitssystem ist dieser Punkt von großer Bedeutung. Zum einen, weil viele Klient*innen die Fortschritte der Therapie kaum sehen und dadurch viele Therapeut*innen frustriert sind; zum anderen, weil viele Therapeut*innen das Gefühl haben, keinen Einfluss auf das Gesundheitssystem nehmen zu können. Positive Leadership unterstützt Mitarbeitende dabei, Erfolge, Fortschritte und den eigenen Einfluss zu erkennen. Für Menschen ist es sehr wichtig zu erkennen, welchen Einfluss sie durch ihr eigenes Zutun haben können. Viele therapeutische Teams nehmen gar nicht wahr, welchen Einfluss sie als Gruppe und jedes Individuum für sich nehmen kann.
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Wie kann ich als Führungsperson Fortschritte und Erfolge sichtbar machen?
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Inwieweit können meine Mitarbeitenden an ihrem Arbeitsplatz Einfluss nehmen?
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Inwieweit mache ich als Führungsperson meine eigenen Fortschritte und Erfolge sichtbar?
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Machen Sie Erfolge und Fortschritte sichtbar und feiern Sie sie, zum Beispiel den „Stolz der Woche“.
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Tauschen Sie sich in Teamsitzungen bewusst über Erfolge und Fortschritte aus, etwa indem Sie Erreichtem in einer „wall of success“ visualisieren.
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Führen Sie Potenzialgespräche mit Mitarbeitenden.
Lisa Holtmeier
Markus Ebner. „Positive Leadership – Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüssel zur High Performance“. Wien: facultas Verlag; 2019
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Lisa Holtmeier


Publication History
Article published online:
06 May 2024
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