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DOI: 10.1055/a-2288-1351
Was tun, wenn’s Streit gibt? – Konfliktmanagement
Konflikte kommen in den besten Teams vor – selbst wenn diese sehr effektiv arbeiten und gut funktionieren. Doch diese Kontroversen lassen sich nutzen: als Gelegenheit zur Verbesserung der Kommunikation, zur Förderung von Kreativität und zur Entwicklung von innovativen Lösungen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Arten von Konflikten es gibt, wie Sie gemeinsam damit umgehen können und welche Möglichkeiten der Prävention es gibt.
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Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass es in Teams, die sich gut verstehen, keine Konflikte gibt. Je mehr Menschen zusammenkommen, desto mehr Bedürfnisse und Wahrnehmungen treffen aufeinander. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit von Uneinigkeit. Studien zufolge verbringen Mitarbeitende 15 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Konflikten. Bei Führungspersonen sind es sogar bis zu 40 Prozent [1]. Es gibt bereits etliche Konfliktkostenstudien, die zeigen, wie teuer Kontroversen für Unternehmen sind.
Ursachen und Symptome
Die Ursachen für Konflikte können sehr vielfältig sein – doch dazu später mehr. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Uneinigkeit häufig durch Kommunikationsprobleme, unklare Verantwortlichkeiten und Rollen, ungleiche Arbeitsaufteilung, Vernachlässigung oder Bevorzugung einzelner Teammitglieder, sehr unterschiedliche Charaktere, mangelnde Führung und Zeitdruck entsteht. Ob es einen offensichtlichen oder unterschwelligen Streit gibt, lässt sich oft an der Art der Kommunikation erkennen. Passiv-aggressive Bemerkungen, ein Abflachen der Kommunikation, Andeutungen und der vermehrte Einsatz von Sarkasmus können auf einen Konflikt hindeuten. Oft kommt es vermehrt zu krankheitsbedingten Fehlzeiten, die Einsatzbereitschaft lässt nach, Sie bemerken unkollegiales Verhalten, Informationsdefizite, schlechte Stimmung im Team und eine angespannte Atmosphäre. Ebenfalls können Beschwerden Dritter und Fehler zunehmen. Alles in allem besteht keine gesundheitsförderliche Atmosphäre.
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Konfliktarten
Konflikte können unterschiedliche Ursachen haben. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Konflikten. Wenn Sie wissen, um welche Art es sich handelt, ist es einfacher, nachhaltige Lösungen finden.
Rollenkonflikt
Ein Rollenkonflikt in einem Team tritt auf, wenn die Erwartungen, Verantwortlichkeiten oder Anforderungen, die mit einer bestimmten Rolle verbunden sind, mit denen einer anderen Rolle innerhalb desselben Teams kollidieren oder die Person, die die Rolle innehat, ihren eigenen und den Erwartungen anderer nicht gerecht werden. Es kommt ebenfalls zu Rollenkonflikten, wenn Rollen und Verantwortlichkeiten nicht geklärt sind.
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Wertekonflikt
Wertekonflikte in Teams entstehen, wenn die grundlegenden Überzeugungen, Prinzipien oder Werte, nach denen die Teammitglieder handeln, so unterschiedlich sind, dass Streit entsteht. Das kann sich bei Entscheidungsfindungen, Arbeitsweisen oder in der Art der Kommunikation zeigen. Mitarbeiterin A legt beispielsweise sehr viel Wert auf Sorgfalt und Genauigkeit in der Arbeit. Mitarbeiter B ist es wichtig, Zeit effektiv zu nutzen und zügig in die Umsetzung zu kommen. Mitarbeiterin C hat das Bedürfnis, zunächst genug Wissen einzuholen und in Ruhe darüber zu kommunizieren. Aus dieser Konstellation kann schnell ein Wertekonflikt entstehen.
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Kommunikationskonflikt
Kommunikationskonflikte in Teams entstehen, wenn es Missverständnisse, ineffektive oder fehlende Kommunikation gibt, die zu Spannungen und Problemen führen. Begünstigt wird diese Art von Uneinigkeiten, wenn es zur Fehldeutung von Mimik, Gestik und Blicken kommt. Wenn nicht klar kommuniziert wird und es vermehrt zu Interpretationen kommt, treten auch Kommunikationskonflikte häufiger auf. Sie werden zusätzlich befördert, wenn übereinander statt miteinander gesprochen wird.
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Verteilungskonflikt
Wer bekommt das Praxisauto? Wer teilt sich einen Schreibtisch und wer bekommt einen für sich allein? Wer darf im großen, lichtdurchfluteten Therapieraum therapieren? Wer macht den Wochenenddienst? Hier können Verteilungskonflikte im Team entstehen, was immer dann der Fall ist, wenn es Uneinigkeit über die Verteilung von Ressourcen wie Zeit, Geld, Material, Arbeitslast oder Anerkennung innerhalb des Teams gibt.
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Zielkonflikt
Zielkonflikte entstehen vor allem dann, wenn keine klaren Ziele formuliert werden oder wenn die Ziele oder Prioritäten der einzelnen Teammitglieder oder Teams innerhalb einer Organisation oder Praxis nicht miteinander vereinbar sind. Das geschieht, wenn die Ressourcen begrenzt sind oder wenn es unterschiedliche Vorstellungen darüber gibt, welche Ziele priorisiert werden sollten.
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Machtkonflikt
Machtkonflikte gehen oft Hand in Hand mit Rollenkonflikten. Machtkonflikte in Teams entstehen, wenn es Uneinigkeit über die Verteilung von „Macht“, Autorität oder Einfluss innerhalb des Teams gibt. Das zeigt sich beispielsweise häufig dann, wenn aus dem Team heraus eine fachliche Leitung ernannt wird und nicht klar beschrieben ist, wofür diese Person konkret zuständig ist. Ein anderes Beispiel für einen Machtkonflikt ist, wenn langjährige Teammitglieder eine gewisse „Macht“ neueren Mitarbeitenden gegenüber erwarten. Das kann sich zum Beispiel dadurch äußern, dass sie erwarten, zuerst den Urlaub aussuchen zu dürfen, bevor alle anderen die übrigen Tage unter sich verteilen.
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Seien Sie offen gegenüber Problemen
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Etablieren Sie eine gesunde Fehlerkultur
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Zeigen Sie Empathie und hören Sie zu
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Schaffen Sie klare Rollenverteilungen und Verantwortlichkeiten
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Etablieren Sie eine gesunde Kommunikationskultur
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Stärken Sie das Miteinander und Füreinander
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Zeigen Sie Transparenz gegenüber Entscheidungen
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Führen Sie regelmäßige Feedbackgespräche
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Kommen Sie miteinander ins Gespräch
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Fertigen Sie „Kommunikationssteckbriefe“ an, um mehr über die Kommunikation aller Teammitglieder und Führungspersonen zu erfahren.
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Kommunizieren Sie offen
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Klären Sie die Interessen oder das Ziel
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Statt Fragen nach dem Warum oder Wer zu stellen, fragen Sie lieber nach dem Was oder Wie
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Führen Sie lösungsorientierte Gespräche
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Holen Sie sich eventuell Unterstützung durch Mediator*innen
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Lassen Sie sich verschiedene Perspektiven schildern
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Planen Sie genug Zeit ein
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Schaffen Sie eine Vorbereitungsgrundlage für das Gespräch
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Geben Sie Möglichkeiten zur Selbstreflexion
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Setzen Sie eine Person als Vermittler*in ein
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Bieten Sie Schutz und eine angenehme Atmosphäre
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Vereinbaren Sie Follow-up-Gespräche
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Sachkonflikt
Sachkonflikte in Teams entstehen, wenn es Uneinigkeit bezüglich der Aufgaben, Ziele, Methoden oder Lösungen gibt, die das Team erreichen oder implementieren möchte. Hier wird über eine Sache debattiert, bei der es sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Ich erlebe Sachkonflikte häufig in Bezug auf die Ausführlichkeit von Therapieberichten oder die Regelung von Ausfallrechnungen. Sachkonflikte können auch entstehen, wenn darüber diskutiert wird, wie der Arbeitsablauf „korrekt“ ist. Das geschieht insbesondere dann, wenn es Missverständnisse, unterschiedliche Priorisierungen oder verschiedene Auffassungen gibt.
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Beziehungskonflikt
Es gibt Menschen, die mögen sich einfach nicht. Hier ist kein Deut von Sympathie zu erkennen und das ist häufig der Nährboden für Beziehungskonflikte. In Beziehungskonflikten werden persönliche Differenzen, Spannungen oder Uneinigkeiten ausgetragen. Hierbei handelt es sich um eine subjektive Ablehnung, die häufig auf keinen erkennbaren Gründen fußt.
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Was können Sie tun?
Am besten ist es natürlich, Sie tun alles, damit Konflikte in Ihrem Team gar nicht erst entstehen (KONFLIKTPRÄVENTION, S. 41). Sollte sich dennoch ein Streit entwickeln, helfen unsere Tipps, damit er nicht weiter eskaliert (TIPPS BEI KONFLIKTEN, S. 41).
Lisa Holtmeier
Die Konfliktstufen nach Glasl sind eine Methode zur Analyse und Bewertung von Konflikten, die von dem österreichischen Organisationsentwickler Friedrich Glasl ausgearbeitet wurde. Diese Stufen dienen dazu, den Grad und die Intensität eines Streits zu verstehen und Lösungsstrategien abzuleiten. Glasls Konfliktmodell hat drei Ebenen und neun Stufen.
Erste Ebene: Win-win
Stufe 1: Verhärtung – Die Beteiligten haben eine Meinungsverschiedenheit. Diese wird nicht zwangsläufig als Konflikt wahrgenommen. Es entstehen zunehmend Spannungen.
Stufe 2: Debatte – Die Konfliktparteien versuchen, ihre Standpunkte deutlich zu machen und ihre Positionen zu verteidigen. Hier kommen alle Argumentationsstrategien zum Einsatz. Die Kommunikation ist durch „Schwarz-weiß-Denken“ geprägt. Die Situation verhärtet sich.
Stufe 3: Taten statt Worte – In dieser Phase werden keine verbalen Diskussionen mehr geführt, sondern Maßnahmen ergriffen, um der anderen Person zu schaden oder sie zu schwächen. Es kann zu unkonventionellem Verhalten oder zu Aggressionen kommen.
Zweite Ebene: Win-lose
Stufe 4: Sorgen ums Image – Die Konfliktparteien suchen nach Verbündeten, um ihre Interessen zu stärken und die Gegenpartei zu schwächen. Eine sachliche Klärung wird ab hier immer schwieriger.
Stufe 5: Gesichtsverlust – In dieser Phase geht es darum, das Gesicht zu wahren und keine Niederlage einzugestehen. Die Konfliktparteien sind oft darauf bedacht, ihr Ansehen und ihren Ruf zu schützen. Durch persönliche Angriffe wird versucht, die andere Person bloßzustellen.
Stufe 6: Drohungen – Die Konfliktparteien setzen Drohungen ein, um ihre Ziele durchzusetzen oder die Gegenpartei einzuschüchtern. Die Kommunikation ist oft durch Feindseligkeit und Aggression gekennzeichnet.
Dritte Ebene: Lose-lose
Stufe 7: Begrenzte Vernichtung – In dieser Phase werden begrenzte Schäden oder Verluste in Kauf genommen, um der Gegenpartei zu schaden. Allerspätestens auf dieser Stufe ist professionelle Hilfe notwendig.
Stufe 8: Zersplitterung – Die Konfliktparteien verlieren die Kontrolle über den Streit und es kommt zu einer Zersplitterung der Gruppen oder Organisationen. Die gegenseitigen Attacken sind emotionaler, physischer, materieller und psychischer Natur.
Stufe 9: Gemeinsam in den Abgrund – In dieser letzten Phase wird deutlich, dass der Konflikt für alle Beteiligten zu einem Verlust führen wird, und es besteht die Gefahr eines gemeinsamen Untergangs. Es kommt zur totalen Konfrontation.
Teamdynamiken erkennen 06.08.2024, 10:30–11:15 Uhr (online, wird aufgezeichnet): bit.ly/WORDSEED-Teamdynamiken-erkennen


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Lisa Holtmeier


Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
04. Juni 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany





