Rofo 2024; 196(08): 865
DOI: 10.1055/a-2333-3843
DRG-Mitteilungen

Fachfremde Leistungen: Die gesamte Radiologie ist jetzt gefordert!

 

    Die Erbringung radiologischer Leistungen durch andere Fachgebiete haben nach den letztinstanzlichen Urteilen des Bayerischen Obersten Landesgerichtes (BayObLG Az. 1 Z RR 40/20) und des Oberlandesgerichtes Frankfurt (OLG Frankfurt Az. 22 U 131/20) nicht nur in der Radiologie zu vielen Diskussionen geführt, sondern auch andere Fachgebiete für die Möglichkeit einer Leistungsausweitung in der privaten Krankenversorgung sensibilisiert. Jede approbierte Ärztin und jeder approbierte Arzt darf nach den o. g. Urteilen medizinische Leistungen in der Versorgung privatversicherter Patientinnen und Patienten erbringen, auch wenn sie für diese Leistungen nicht hinreichend qualifiziert sind. Es zähle alleine die Approbation, eine weiterführende Qualifikation sei zur Erbringung von Leistungen im PKV-System nicht erforderlich. Dies ergebe sich daraus, dass (1) der in jedem Heilberufegesetz der versch. Bundesländer verankerte Gebietsvorbehalt kein Verbot entsprechend des § 134 BGB sei und (2) die GOÄ keinen Qualifikationsvorbehalt bzw. Abrechnungsausschluss enthielte. Greift dies um sich, sind ein substanzieller Qualitätsverlust, Patientengefährdung und Kostensteigerungen durch Selbstzuweisung unvermeidlich. Für die Radiologie hat diese Entwicklung einen substanziellen Effekt auf die Versorgung. Der Wegfall von Umsätzen aus der PKV könnte erheblichen Einfluss auf die flächendeckende Versorgung in Deutschland mit kostenintensiven Großgeräteleistungen haben. Reduzieren sich diese Erlöse aber durch Verlagerung in andere Fächer, wird dies nicht nur ein finanzielles Problem für die in der radiologischen Versorgung arbeitenden Ärztinnen und Ärzte, sondern zwangsläufig auch für die Versorgung im GKV-System. Der Berufsverband der Deutschen Radiologie und die Deutsche Röntgengesellschaft e. V. arbeiten intensiv in Kooperation mit den anderen radiologischen Fachgesellschaften und Verbänden an möglichen Lösungsansätzen. Bislang ist aber zu konstatieren, dass weder die Gremien der Selbstverwaltung noch die Gesundheitspolitik in Bund und Ländern, noch die PKV ein Interesse zeigen, das Thema auf ihre Agenda zu nehmen. Wir werden uns daher auf einen langwierigen Prozess einstellen müssen, in dessen Verlauf andere Fächer versuchen werden, Fakten zum Nachteil der Radiologie zu schaffen.

    Aufgrund der hohen Investitionskosten für radiologische Großgeräte ist zu erwarten, dass Ärztinnen und Ärzte anderer Fachgebiete zunächst eine Nutzung von Geräten bekannter Servicedienstleister anstreben werden. Unabhängig davon gibt es bereits jetzt Anfragen auch an Radiologinnen und Radiologen, ob diese sich nicht eine Kooperation vorstellen könnten. Die vorgeschlagenen Kooperationsmodelle reichen dabei von einer „gemeinsamen“ Leistungserbringung bis hin zur Nutzung radiologischer Geräte durch Ärztinnen und Ärzte anderer Fachgebiete außerhalb der Kernarbeitszeit gegen Entgelt. Auf den ersten Blick mag eine solche Kooperation als „Win-win“-Situation imponieren und gerade Krankenhausträger mögen versucht sein, so Zusatzeinnahmen durch „Vermietung“ ihrer Großgeräte zu generieren.

    Aus Sicht der Radiologie sind derartige Modelle konsequent abzulehnen. Neben wichtigen Aspekten, wie der Verfügbarkeit der Geräte für die Notfallversorgung oder dem Risiko vermehrter Ausfälle durch Fehlbedienung durch nicht oder nur unzureichend qualifiziertes Personal, sind die o. g. Themen der Qualität, der Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten, und die langfristige Sicherstellung der flächendeckenden radiologischen Versorgung in unserer Verantwortung. Hier wird es langfristig unerheblich sein, ob eine radiologische Einheit in einer Praxis oder im Krankenhaus verortet ist. Wir schaden uns daher selbst, wenn wir o. g. Kooperationsmodelle unterstützen. Für den langfristigen Erhalt einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden radiologischen Versorgung aller Patientinnen und Patienten muss die Leistungserbringung bei den Ärztinnen und Ärzten bleiben, die es auch gelernt haben. Und das sind nur wir! Die gesamte Radiologie ist jetzt gefordert!


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    Prof. Dr. Gerald Antoch (DRG)

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    Prof. Dr. Hermann Helmberger (BDR)

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    Publication History

    Article published online:
    17 July 2024

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