Sportphysio 2024; 12(04): 157
DOI: 10.1055/a-2353-5432
Editorial

Hat die Beweglichkeit ausgedient?

Eduard Kurz
,
Hans-Josef Haas
 

Eduard Kurz

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Hans-Josef Haas

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Mit dem Begriff „Beweglichkeit“ wird die Fähigkeit umschrieben, verschiedene Gelenkpositionen einzunehmen und Bewegungen in einem notwendigen Ausmaß auszuführen. Als eine Komponente der physischen Fitness oder eine motorische Grundeigenschaft wurden der Beweglichkeit leistungsbestimmende, leistungsbeeinflussende oder leistungslimitierende Charaktere zugeordnet. Der Einfluss der Beweglichkeit in den einzelnen Sportarten und Disziplinen kann von leistungsbestimmend bis nur leistungsbeeinflussend reichen. Der leistungslimitierende Charakter der Beweglichkeit findet sich vor allem in der Therapie und Rehabilitation wieder. In dieser Diversität des Konstrukts liegt möglicherweise auch die Begründung ihrer bislang erfolglosen Einordnung und Abgrenzung vgl. [1].

Einen Perspektivwechsel leitet Nuzzo [2] mit seiner Übersichtsarbeit ein und stellt die Bedeutung der Beweglichkeit grundsätzlich in Frage. Im Vergleich mit anderen Komponenten der physischen Fitness oder motorischen Grundeigenschaften weist die Beweglichkeit lediglich eine geringe Vorhersage- sowie Übereinstimmungsvalidität mit Gesundheits- und Leistungsindikatoren auf. In einer weiteren Übersichtsarbeit von Studienergebnissen zu statischem Dehnen [3] hingegen wurden Argumente vorgelegt, die sich für die weitere Berücksichtigung der Beweglichkeit als Komponente der physischen Fitness oder motorischen Grundeigenschaft aussprechen. Die Aussagen beider Arbeiten stützen sich auf Ergebnisse gesunder Individuen.

Von der Schwunggymnastik über das Stretching zu den Movement Preps: Die Akzente des Beweglichkeitstrainings haben sich in den letzten Jahrzehnten stetig verschoben. Zu Beginn ging dabei das Erfahrungswissen voran, später dominierten Schlussfolgerungen aus Forschungsarbeiten die praktische Umsetzung. In diesem Themenheft wird unter anderem neben einer historischen Einordnung mit wesentlichen Meilensteinen des Merkmals Beweglichkeit und des Beweglichkeitstrainings auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu limitierenden Faktoren der Beweglichkeit und auf alternative Formen des Beweglichkeitstrainings näher eingegangen.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen

Eduard Kurz und Hans-Josef Haas


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  • Literatur

  • 1 Bös K, Mechling H. Dimensionen sportmotorischer Leistungen. Schorndorf: Hofmann; 1983
  • 2 Nuzzo JL. The case for retiring flexibility as a major component of physical fitness. Sports Med 2020; 50: 853-870
  • 3 Bouguezzi R, Sammoud S, Markov A. et al. Why flexibility deserves to be further considered as a standard component of physical fitness: A narrative review of existing insights from static stretching study interventions. Youth 2023; 3: 146-156

Korrespondenzadresse

Dr. Eduard Kurz
Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Departement für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
Ernst-Grube-Str. 40
06120 Halle (Saale)
Deutschland

Publication History

Article published online:
20 September 2024

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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

  • 1 Bös K, Mechling H. Dimensionen sportmotorischer Leistungen. Schorndorf: Hofmann; 1983
  • 2 Nuzzo JL. The case for retiring flexibility as a major component of physical fitness. Sports Med 2020; 50: 853-870
  • 3 Bouguezzi R, Sammoud S, Markov A. et al. Why flexibility deserves to be further considered as a standard component of physical fitness: A narrative review of existing insights from static stretching study interventions. Youth 2023; 3: 146-156

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