3 Epidemiologie, Risikofaktoren und Pathogenese
3.1 Epidemiologie
Die Prävalenz der EAA ist von Umweltfaktoren wie Antigenkonzentration, Häufigkeit und Dauer der Antigenexposition, Antigenlöslichkeit, Partikelgröße, klimatischen Verhältnissen, aber auch von sozialen und kulturellen Bedingungen sowie dem Rauchverhalten abhängig. Auch methodische Probleme der Datengewinnung erschweren eine genaue Aussage über die Prävalenz der EAA.
Prävalenzdaten aus Querschnittsuntersuchungen beruhen meist auf Fragebögen und ggf. zusätzlich auf Daten von serologischen Bestimmungen sowie klinischen Untersuchungen und führen oft zu falsch hohen Angaben, da die klinische Symptomatik der EAA eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen zulässt [23 ]. Allerdings ist auch eine Unterschätzung der Prävalenz chronischer Verlaufsformen möglich, da die Differenzialdiagnostik zu idiopathischen interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) schwierig sein kann [24 ].
Die EAA ist meist eine Erkrankung des Erwachsenenalters und betrifft alle Geschlechter. Erkrankungen von Kindern wurden kasuistisch beschrieben [25 ]
[26 ]. In einer größeren Kohorte betrug das mittlere Alter 52 Jahre. 58 % der Patienten waren weiblich, wobei in jüngeren Jahren Männer überwogen [27 ]. Im Gegensatz zu anderen interstitiellen Lungenerkrankungen tritt die EAA überwiegend bei Nichtrauchern auf [28 ]
[29 ].
Die EAA zählt zu den seltenen Erkrankungen. In England wurde zwischen 1991 und 2003 eine stabile Inzidenz mit ca. 1 Neuerkrankung pro 100 000 Einwohner/Jahr in der Allgemeinbevölkerung nachgewiesen [28 ]. Auch aktuellere Daten zeigen in Dänemark im Zeitraum von 1998–2010 eine ähnliche jährliche Inzidenz von 1,16 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner und in den USA im Zeitraum 2004–2013 sogar von 1,28–1,94 pro 100 000 Einwohnern [27 ]
[30 ]. In Registerstudien zu interstitiellen Lungenerkrankungen variieren die Angaben zu einer EAA deutlich zwischen 1,5–47,3 % aller Patienten [31 ]
[32 ].
Bezüglich einzelner Krankheitsbilder der EAA liegen die meisten Prävalenzdaten zur Farmerlunge und Vogelhalterlunge vor. Die Prävalenz der Farmerlunge wird in der Allgemeinbevölkerung mit 0,01–2 % angegeben [33 ]
[34 ], bei Landwirten mit 0,25–10,4 % [35 ]
[36 ]
[37 ]
[38 ]
[39 ]
[40 ]
[41 ]
[42 ]
[43 ]. Bei Wellensittichhaltern gibt es Prävalenzdaten von 3,4 % [44 ] und bei Taubenzüchtern sogar bis 21 % [45 ]
[46 ]
[47 ].
In Großbritannien wird die Inzidenz der berufsbedingten EAA mit 1–2/Mio. Berufstätige/Jahr angegeben. Aber auch hier ist eine Dunkelziffer wahrscheinlich [48 ].
3.2 Risikofaktoren
Aufgrund der Tatsache, dass nur wenige Patienten eine EAA nach Exposition entwickeln, wird u. a. ihre Entstehung auf dem Boden einer genetischen Prädisposition vermutet. [
Tab. 1
] fasst wesentliche Studien zu genetischen Befunden zusammen, deren Auftreten mit der Entstehung oder Prognose einer EAA korrelieren.
Tab. 1
Auswahl an wichtigen genetischen Befunden als Risikofaktoren einer EAA.
Studie
Fallzahl und EAA-Typ
genetischer Befund
Rittner C et al. 1983 [49 ]
52 mit Taubenzüchterlunge, 64 asymptomatische Taubenzüchter
erhöhte HLA-DR3-Genfrequenzen
Ando M et al. 1989 [50 ]
66 mit japanischer Sommer-Typ-EAA, 462 gesunde Kontrollen
erhöhtes HLA-DQw3-Antigen
Camarena A et al. 2001 [51 ]
44 mit Vogelhalterlunge, 50 asymptomatische Taubenzüchter und 99 gesunde Kontrollen
gentische Faktoren in der MHC-II-Region und TNF-α-Polymorphismus
Aquino-Galvez A et al. 2008 [52 ]
73 mit Vogelhalterlunge, 58 gesunde Kontrollen
TAP-1-Gen (MHC-II-Gene)-Polymorphismus
Camarena A et al. 2010 [53 ]
50 mit Vogelhalterlunge, 50 asymptomatische Vogelhalter
PSMB8- und PSMB9-Gen-Polymorphismus
Falfán-Valencia R et al. 2014 [54 ]
19 familiäre EAA-Fälle (9 Familien), 25 gesunde Angehörige und 246 gesunde Kontrollpersonen
HLA-DRB-Varianten und Polymorphismus im TNFα-Promotorgen vermehrt bei EAA
Newton CA et al. 2016 [55 ]
115 mit Lungenfibrose und Telomeropathie, davon 9 mit EAA
Telomeropathien durch genetische Varianten in den Telomerregionen
Ley B et al. 2017 [56 ]
2 Kohorten (145 und 72) mit chronischer EAA
gehäuftes Vorkommen von MUC5b rs3570590
Ley B et al. 2019 [57 ]
2 Kohorten (144 und 209) mit chronischer EAA
gehäufte Telomeropathien durch genetische Varianten in den Telomerregionen
Furusawa C et al. 2020 [58 ]
82 mit chronischer EAA, 103 mit IPF und 103 gesunde Kontrollen
MUC5b-mRNA-Expression assoziiert mit Fibrose und Honeycombing
Abbasi A et al. 2022 [59 ]
75 mit fibrotischer EAA, 84 IPF und 194 gesunde Kontrollen
Genpolymorphismen (SNP) der Surfactant-Protein-codierenden Gene assoziiert mit gehäuftem oder vermindertem Auftreten einer fibrotischen EAA im Vergleich zu IPF
Es konnte festgestellt werden, dass Polymorphismen bei EAA-Patienten oft zeitgleich an unterschiedlichen Genen vorliegen, sodass von einem Zusammenspiel unterschiedlicher genetischer Veränderungen auszugehen ist [51 ]. Auch die Tatsache, dass familiäre Häufungen dokumentiert werden konnten, unterstreicht die Hypothese einer genetischen Disposition [60 ]
[61 ]
[62 ].
Bei der EAA wurden sowohl häufige als auch seltene Genvarianten beschrieben. Die Varianten befinden sich hauptsächlich innerhalb des Haupthistokompatibilitätskomplexes einschließlich der TNF-Gen-Promoterregion. HLA-DRB1- und HLA-DR3-Varianten sind bei Vogelhalterlunge beschrieben, HLA-DQ3 bei Sommertyp-EAA und Varianten in den HLA-A-, -B- und -C-Loci bei Farmerlunge [54 ]. Ähnlich wie bei IPF wurde das Minor-Allel T im MUC5B-Polymorphismus bei chronischer EAA häufiger als bei gesunden Kontrollen nachgewiesen [56 ]. Es konnten vergleichbare Genexpressionen zwischen der IPF und der chronischen EAA gezeigt werden, die z. B. für die Kollagenbildung verantwortlich sind [55 ]. Genpolymorphismen in den Surfactant-Protein-codierenden Genen (SFTPs), die für die Biosynthese des Surfactants relevant sind, zeigen eine Assoziation mit erniedrigtem bzw. erhöhtem Risiko eine fibrotische EAA zu entwickeln im Vergleich zu IPF [59 ]. Telomerdysfunktionen aufgrund von Varianten in den Telomergenen TERT, RTEL, and PARN sind bei EAA-Patienten ebenfalls beschrieben worden und mit einer ungünstigen Prognose sowie verminderter Toleranz für immunsuppressive Therapien assoziiert [57 ].
Neben genetischen Varianten werden auch andere Risikofaktoren diskutiert. In einer Studie aus 2007 konnte gezeigt werden, dass bei Vorliegen von fetalem Mikrochimärismus die EAA mit einem schweren Verlauf assoziiert ist [63 ]. Darüber hinaus liegen Daten vor, die nahe legen, dass eine intensive Antigenexposition zu einer Verschlechterung einer bestehenden EAA führen kann [64 ]. Zudem stellen Infekte der oberen Atemwege durch Viren ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Lungenfibrose dar [65 ]. Sie lösen eine erhöhte Expression von MHC-Klasse-II-Proteinen aus, die wiederum die Bildung von Interleukin-1 (IL-1), Interleukin-6 (IL-6), Tumornekrosefaktor (TNF) und Interferon-γ bewirken, was Inflammation und Zellschaden für die Alveolen bedeutet [66 ].
Auch Pestizide können durch die Zytokine TNF-α, IL-2 und IL-4 zu einer vermehrten Inflammation führen und somit einen Risikofaktor für die Entstehung einer EAA darstellen [67 ].
Rauchen ist mit einem verminderten Risiko für eine EAA verbunden. Immunsuppressive Eigenschaften des Rauchens, v. a. des inhalierten Nikotins, auf die Funktion der Alveolarmakrophagen werden hierfür verantwortlich gemacht, wie z. B. die reduzierte Bildung des proinflammatorischen Zytokins TNF-α oder reduzierte Expression B7-kostimulierender Moleküle (CD80, CD86) [68 ]. Es konnte gezeigt werden, dass Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern nach einer hohen Antigenexposition geringere Mengen messbarer spezifischer Antikörper im Blut aufwiesen [29 ]
[69 ]
[70 ]. Allerdings ist eine chronisch fibrotische EAA häufiger mit Rauchen assoziiert [71 ]
[72 ]
[73 ].
Risikofaktoren für einen schweren, potenziell letalen Verlauf einer chronischen EAA sind höheres Alter, männliches Geschlecht und ein UIP-Muster in der HR-CT [74 ].
3.3 Pathogenese
Die Pathogenese der EAA ist bislang nicht vollständig geklärt. Sie wird als komplexe Immunkrankheit mit einer Kombination von humoralen (Typ III) und zellvermittelten (Typ IV) Reaktionsabläufen nach Inhalation von Antigenen mit einer Partikelgröße < 5 µm beschrieben. Für die Erkennung der verschiedenen Antigene und anschließende Initiierung der inflammatorischen Reaktion sind sog. Toll-like-Rezeptoren (TLR) verantwortlich, insbesondere TLR2 [75 ].
In den ersten 48 h nach Antigenexposition ist mittels BAL eine IL-8-gesteuerte neutrophile Alveolitis nachweisbar [76 ]
[77 ]
[78 ]. Anschließend dominiert bei der akuten EAA eine Th1-Immunreaktion. Aktivierte Alveolarmakrophagen sezernieren proinflammatorische Zytokine, die wiederum die Th1-Lymphozyten zur Bildung von INF-α stimulieren, welches notwendig für die Granulombildung im Lungenparenchym ist. Th1-Zytokine (TNF-α, INF-γ, IL-12, IL-18) führen letztlich zu der im Vordergrund stehenden lymphozytären Infiltration mit überwiegend CD8+ -Lymphozyten [77 ]
[79 ]. Dementsprechend ist die EAA durch eine ausgeprägte lymphozytäre Alveolitis in der BAL 48–72 h nach Antigenexposition gekennzeichnet.
Neben der Th1-Immunreaktion haben auch Th17-Lymphozyten eine Bedeutung in der Pathogenese der EAA und hängen wahrscheinlich mit dem Schweregrad der Erkrankung zusammen [77 ]
[80 ]. Funktionell eingeschränkte regulatorische T-Zellen (Treg-Lymphozyten) sind bei EAA-Patienten nachweisbar und möglicherweise mit einer Antigentoleranz bei asymptomatisch Exponierten assoziiert [81 ].
Spezifische IgG-Antikörper, die durch aktivierte B-Lymphozyten gebildet werden, gelten als Expositionsmarker, deren eigentliche pathogenetische Rolle nicht geklärt ist, da sie auch regelhaft bei gesunden exponierten Personen vorkommen können [82 ].
Unklar ist auch, warum einige Patienten eine chronische EAA mit Lungenfibrose entwickeln. Bei Patienten mit einer chronischen EAA kommt es zu einem Th2-Switch in der Immunantwort, der auch bei der IPF dominiert [83 ]. V. a. auch bei Patienten mit chronischer EAA und histologischem Nachweis eines UIP-Musters wurde eine dominierende Th2-Immunreaktion im Lungengewebe gefunden [84 ]. Diese Th2-Immunreaktion wurde auch durch Lymphozytencharakterisierung in der BAL von Patienten mit chronischer EAA bestätigt [85 ]. Neben IL-17 scheinen auch eine übermäßige Apoptose von Epithelzellen und eine gesteigerte Fibroblastenaktivität eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der Lungenfibrose bei EAA zu spielen [86 ]
[87 ]
[88 ].
Bei einem erheblichen Teil der EAA-Patienten lässt sich trotz umfassender Suche ein auslösendes Antigen nicht nachweisen und andererseits werden Krankheitsbilder, die radio- und histomorphologisch einer fibrotischen EAA entsprechen, auch in Fällen von familiärer Lungenfibrose berichtet. Häufig wird in diesen Fällen vermutet, dass das auslösende Antigen nicht gefunden wurde. Alternativ besteht aber auch die Möglichkeit, dass das klinische Bild einer v. a. chronisch-fibrotischen EAA ohne auslösendes Antigen aufgrund genetischer Faktoren (s. Kapitel 3.2) vorgetäuscht wird. Dafür wird in der englischen Literatur der Begriff einer cryptogenic hypersensitivity pneumonitis vorgeschlagen [3 ].
4 Krankheitsbilder und Antigenquellen
Häufige Krankheitsbilder einer EAA sind die Vogelhalterlunge, die Farmerlunge und die Befeuchterlunge sowie im beruflichen Kontext mittlerweile die Metallarbeiterlunge. Im Folgenden werden wichtige Krankheitsbilder kurz dargestellt. Eine Vielzahl von weiteren Antigenen bzw. Antigenquellen sind beschrieben und können ursächlich für eine EAA sein und daher andere Krankheitsbilder der EAA definieren ([
Tab. 2
] und [
Tab. 3
]). Weitere Informationen zur Antigenrecherche bei bekannter Exposition bzw. beschriebene EAA-Fälle auf bekannte Antigene, findet man auf der Online-Plattform www.hplung.com
[89 ]. Für viele dieser Antigene besteht keine Möglichkeit einer serologischen Testung mit kommerziell erhältlichen Testextrakten.
Tab. 2
Auswahl an Krankheitsbildern in alphabetischer Reihenfolge mit entsprechenden Antigenen und Antigenquellen einer EAA (modifiziert und erweitert nach [2 ]
[128 ]
[129 ]).
Krankheit
Antigene
Antigenquelle
Ahornrindenschälerlunge (auch Holzarbeiterlunge)
Cryptostroma corticale
befallene Ahornrinde („rußrindenkranker“ Ahornbaum)
Bagassose
Thermoactinomyces sacchari, Saccharopolyspora rectivirgula
schimmelige Bagasse (= Rückstand aus Zuckerrohr)
Befeuchterlunge
Achromocbacter, Alcaligenes thermophile Aktinomyzeten, Mykobakterien, Aureobasidium pullulans
kontaminierte Befeuchter, Klimaanlagen, Wasserreservoirs; Abwasser
Bettfedern-Alveolitis
Federn von Gänsen und Enten
Produkte aus Gänse- und Entendaunen
Blasinstrumentenlunge
Candida albicans, Candida famata, Fusarium sp., M. chelonae/abscessus, U. botrytis, Phoma sp.
kontaminierte Blasinstrumente
Chemiearbeiterlunge
Anhydride, Isocyanate
Plastik- und Farbenproduktion, Epoxydharzherstellung
Dampfbügeleisen-Alveolitis
Sphingobacterium spiritivorum
Dampfbügeleisen
Detergenzienlunge (oder Reinigungsmittellunge)
Bacillus subtilis bzw. dessen Enzymbestandteil Subtilisin
Reinigungsmittelindustrie, medizinische Desinfektion
Enzym-Alveolitis
Phytase, Subtilisin
Tierfutterherstellung, Reinigungstätigkeiten
Esparto-Gras-Alveolitis (oder Stipatosis)
Aspergillus fumigatus , thermophile Aktinomyzeten
Verarbeitung von Esparto-Gras
Farmerlunge
Bakterien: Thermoactinomyces vulgaris/sacchari/dichotomicus, Leycella, Erwinia herbicula
Pilze: Aspergillus fumigatus/flavus, Lichtheimia (Absidia) corymbifera, Penicillium spp., Wallemia sebi
Heu, Stroh, schimmelige Pflanzen
Fußpflege-Alveolitis
Candida (früher: Torulopsis) glabrata, Trichophyton rubrum
befallene Fußnägel und Haut
Gemüsesortiererlunge
Penicillium sp., Fusarium solani
schimmlige Zwiebeln und Kartoffeln
Hausstaub-Alveolitis (oder Innenraum-Alveolits)
Thermophile Aktinomyzeten, Aspergillus spp., Penicillium spp., Cladosporium herbarum, Fusarium spp. Epicoccum nigrum, Hefen (Geotrichum, Rhodotorula), Phoma spp., Serpula lacrymans, Stachybotrys chartarum, Pullularia pullulans
Hausstaub, Schimmel in Wohn- und Arbeitsräumen
Holzarbeiterlunge
Alternaria, Acremonium, Aspergillus fumigatus, Mucor, Penicillium, Rhizopus, Paecilomyces, Thermoactinomyces vulgaris, Trichoderma
schimmeliges Holz bzw. Holzschnitzel
Hot tub lung (oder Whirlpoollunge)
Mycobacterium avium complex (MAC)
Whirlpools, Jacuzzis
Hypophysenschnupferlunge
heterologes Eiweiß
Therapie des Diabetes insipidus mit Hypophysenpulver von Tieren
Isocyanat-Alveolitis
Isocyanate (TDI, MDI, HDI)
Zweikomponentenkleber, -lacke, Polyurethanschäume, Elastomere
Lycoperdonosis
Lycoperdon sp.
Sporen von Bovisten
Käsewäscherlunge
Penicillium casei, Käsemilben
Reinigung schimmeligen Käses durch Abreiben
Karminrot-Alveolitis
Karminrot (aus Coccus cactus )
Nahrungsmittelfarbstoff
Korkarbeiterlunge
Penicillium frequentans
schimmeliger Kork
Kornkäfer-Alveolitis
Kornkäfer (Sitophilius granarius)
Getreide, Mehle
Maisstärkelunge
Maisstärke
mit Maisstärke beschichtete Kondome
Malzarbeiterlunge
Aspergillus clavatus
verschimmelte Gerste
Maschinenarbeiterlunge (oder Metallarbeiterlunge)
Acinetobacter Iwoffii, Achrobacter, M. immunogenum, Pseudomonas spp.
Kühlschmiermittel, Schneideöle, Maschinenflüssigkeiten
Mehlstaub-Alveolitis
Mehlstäube von Weizen, Roggen, Hafer und Mais; Aspergillus fumigatus, Penicillium spp., Kornkäfer
Mehlstäube bzw. Getreidemehl in Bäckereien oder in der Landwirtschaft
Methacrylat-Alveolitis
(Methyl-)Methacrylate
Zahntechnik, Lacke, Harze, Klebstoffe
Obstbauernlunge
Penicillium notatum, Aspergillus fumigatus, Botrytis cineria
verschimmelte Obstkühlhäuser
Orchideenzüchterlunge
Cryptostroma corticale
verschimmelte Holzschnitzel, auf denen Orchideen wachsen
Perlmutt-Alveolitis
Glykoproteine aus der Muschel
Perlmuschelbearbeitung
Pilzarbeiterlunge
thermophile Aktinomyzeten, Aspergillus fumigatus
Pilzkompost (feuchtwarm)
Rattenprotein-Alveolitis
Proteine in Urin und Serum
Tierhandel, Tierlabor
Saunalunge
Aureobasidium pullulans
Wasserbehälter in Sauna
Seidenraupen-Alveolitis
Staub von Seidenraupenlarven
Seidenraupen
Sequoiosis
Graphium sp., Pullularia sp. und Trichoderma sp.
Sägestaube von Mammutbäumen
Sojabohnen-Alveolitis
Proteine der Sojabohne
Verarbeitung von Sojabohnen
Sommer-Hypersensitivitätspneumonitis
Trichosporon cutaneum
Hausstaub, Vogelkot (endemisch in Japan)
Speisepilzsporen-Alveolitis
Sporen von Pleurotus florida, Pleurotus ostreatus, Lentinus edodes , Shiitake
Austern- und Shiitake-Pilze
Suberosis
Penicillium frequentans, A. fumigatus
schimmeliger Kork
Tabakarbeiterlunge
Aspergillus sp .
schimmeliger Tabak
Tiger-nut-Alveolitis
Staub der Erdmandel
Verarbeitung der Erdmandel
Tierpflegerlunge
Aspergillus versicolor
Tierpflege
Tomatenzüchterlunge
Penicillium brevicompactum
elke Tomaten- und Begonienblätter
Torfstecherlunge
Monocillium sp., Penicillium sp.
schimmeliger Torf
Vogelhalterlunge
Serum, Kot und Federn
Vögel (Tauben, Sittiche, Papageien u.v. a.), v. a. in Käfighaltung/Volieren
Winzerlunge
Botrytis cineria
Edelfäule (Beerenauslese)
Wurstarbeiterlunge
Penicillium casei, P. candidum, P. frequentans
Verarbeitung von Salamiwürsten
Zimmerspringbrunnen-Alveolitis
Bacillus spp., Pseudomonas spp., Stenotrophomonas spp. und Mucores
Zimmerbefeuchter auf Ultraschallbasis
Tab. 3
Antigenkategorien mit Antigenen und entsprechenden Antigenquellen sowie Auswahl an Krankheitsbildern einer EAA (modifiziert und erweitert nach [2 ]
[128 ]
[129 ]).
Kategorie
Antigene
Antigenquelle
Krankheitsbilder
Bakterien
Achromobacter/Alcaligenes
kontaminierte Befeuchter-/Klimaanlagen, Abwasser
Befeuchterlunge
Acinetobacter Iwolfii , Ochrobactrum anthropi
Kühlschmierstoffe, Schneideöle, Maschinenflüssigkeiten
Maschinenarbeiterlunge/Metallarbeiter-Alveolitis
Bacillus subtilis (s. auch Enzyme)
Reinigungsmittel
Detergenzien-Alveolitis
Klebsiella oxytoca
Befeuchter
Befeuchterlunge
Lichtheimia (Absidia) corymbifera
Heu, Stroh, schimmelige Pflanzen, Landwirtschaft
Farmerlunge
Mycobacterium avium complex (MAC) u. a. NTM
Whirlpools, Jacuzzis
Hot tub lung (Whirlpool-Alveolitis)
Mycobacterium chelonae/abscessus
kontaminierte Blasinstrumente
Blasinstrumente-Alveolitis
Mycobacterium immunogenum, Mycobacterium chelonae, Mycobacterium gordonae
Kühlschmierstoffe, Schneideöle, Maschinenflüssigkeiten
Maschinenarbeiterlunge/Metallarbeiter-Alveolitis
Pseudomonas aeroginosa, Pseudomonas alcaligenes, Pseudomonas fluoreszenz, Pseudomonas oleovorans
Kühlschmierstoffe, Schneideöle, Maschinenflüssigkeiten
Maschinenarbeiterlunge/Metallarbeiter-Alveolitis
Sphingobacterium spitivorum
Dampfbügeleisen
Dampfbügeleisen-Alveolitis
Streptomyces albus
Kompost
Kompostierer-Alveolitis
thermophile Aktinomyzeten
Saccharopolyspora rectivirgula (früher Micropolyspora faeni ), Thermoactinomyces vulgaris, Laceyella sacchari
Heu, Stroh, schimmelige Pflanzen, Landwirtschaft
Farmerlunge
Saccharopolyspora. rectivirgula, Thermoactinomyces sacchari, Laceyella sacchari
schimmelige Bagasse
Bagassose
Schimmelpilze
Alternaria alternata
Befeuchter, Holzverarbeitung
Befeuchterlunge, Holzarbeiterlunge
Aspergillus spp.
schimmelige Pflanzen, Heu, Stroh, Landwirtschaft, kontam. Innenräume
Farmerlunge, Innenraum-Alveolitis, Malzarbeiter-Alveolitis, Espartogras-Alveolitis
Aureobasidium pullulans
Wasserbehälter in Sauna
Sauna-Alveolitis
Botrytis cinerea
befallene Weintrauben („Edelfäule“)
Winzerlunge
Cryptostroma corticale
befallene Ahornbäume („Rußrindenkrankheit“) Orchideen
Holzarbeiter-/Orchideenzüchterlunge
Fusarium spp.
kontaminierte Blasinstrumente,
Hydrokulturen
Blasinstrumente-Alveolitis, Innenraum-Alveolitis
Penicillium spp.
Landwirtschaft, schimmelige Pflanzen, Heu, Stroh, Lebensmittel-verarbeitung, kontam. Innenräume
Farmerlunge, Innenraum-Alveolitis, Tomatenzüchter-/Gemüsesortierer-/Torfstecher-Alveolitis
Penicillium casei/candidum, frequentans
Salamiverarbeitung
Wurstarbeiterlunge
Penicillium glabrum (ehem. frequentans )
schimmeliger Kork
Korkarbeiterlunge („Suberosis“)
Penicillium roqueforti/camemberti
Käse-Verarbeitung
Käsearbeiterlunge
„Käsewäscher-Krankheit“
Speisepilze
Shiitake, Lentinus, Pleurotus u. a.
Sporen von Austern- und Shiitake-Pilzen
Speisepilzsporen-Alveolitis
Hefen
Candida albicans/famata
kontaminierte Blasinstrumente
Blasinstrumente-Alveolitis
Candida (früher: Torulopsis ) glabrata
befallene Fußnägel und Haut
Fußpfleger-Alveolitis
Rhodotorula
Abwasser, Befeuchter
Befeuchterlunge/Innenraum-Alveolitis
Trichosporon cutaneum (endemisch in Japan)
kontaminierte Innenräume, Vogelkot
Sommer-Hypersensitivitäts-pneumonitis („summer-type HP“)
tierische Proteine/Insekten
Proteine in Federn, Serum und Kot von Vögeln
Vogelzucht- und -haltung
Vogelhalterlunge (z. B. Taubenhalterlunge)
Exposition zu Gänse- und Entendaunen (meist in Decken und Kissen)
Bettfedern-Alveolitis
Proteine im Urin und Serum von Ratten
Tierhandel, Tierlaborarbeiter
Rattenprotein-Alveolitis
Karmin aus Cochenille-Schildläusen
Farbstoff in Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie
Karminrot-Alveolitis
Kornkäfer (Sitophilus gr .)
Landwirtschaft (Mehlherstellung, Getreideverarbeitung)
Kornkäfer-Alveolitis
Glykoproteine in Muscheln
Perlmuschelverarbeitung
Perlmutt-Alveolitis
Staub von Seidenraupen-Larven
Seidenherstellung
Seidenraupen-Alveolitis
pflanzliche Proteine
Proteine der Sojabohne
Lebensmittelverarbeitung
Sojabohnen-Alveolitis
Staub der Erdmandel
Lebensmittelverarbeitung
Tiger-nut-Alveolitis
Holzstäube (Ramin, Pinie, Carbreuva)
Holzverarbeitung
Holzarbeiterlunge
Mehlstäube
Bäcker, Mehlherstellung
Mehlstaub-Alveolitis
Chemikalien
Isocyanate (HDI, MDI, TDI)
Zweikomponentenkleber, -lacke, Polyurethanschaum
Isocyanat-Alveolitis
Säureanhydride
Plastik- und Farbenproduktion, Epoxidharzherstellung
Chemiearbeiterlunge
Methacrylate
Lacke, Harze, Klebstoffe, Zahntechniker
Methacrylat-Alveolitis
Enzyme
Phytase
Tierfutterherstellung
Subtilisin
Reinigungstätigkeiten
Detergenzien-Alveolitis
Metalle
Kobalt
Hartmetalle
Hartmetallunge
Zink
Hüttenwerke, Schmelzereien
Zinkrauch-Alveolitis
Zirkonium
Keramikarbeiter
Zirkonium-Alveolitis
4.1 Vogelhalterlunge
Ursache einer EAA durch Vogelantigene ist meistens die Exposition mit Tauben, Wellensittichen, anderen Sittichen oder Papageien. Aber auch Expositionen zu anderen Vogelarten (u. a. auch Wildvögel) können eine EAA verursachen [90 ]
[91 ]
[92 ]. Das Krankheitsbild wird allgemein als Vogelhalter- oder Vogelzüchterlunge bzw. speziell als Taubenhalter- oder Taubenzüchterlunge oder Wellensittichhalterlunge bezeichnet und ist weltweit wohl die häufigste Form einer EAA.
Als Antigene wurden proteinhaltige Vogelstäube durch Vogelexkremente (engl. bird droppings ), Vogelfedern und Vogelserum nachgewiesen. Bei den Vogelfedern spielen die Daunenfedern an der Unterseite der Vögel die wahrscheinlich bedeutende Rolle, da diese einen Federpuder produzieren, welcher die Vögel vor Feuchtigkeit und Wärmeverlust schützt [93 ]. Auch indirekter Vogelkontakt kann zu einer Vogelhalterlunge führen [94 ]
[95 ]
[96 ]. Bis zu 18 Monate nach Entfernung eines Vogels aus einer Wohnung konnten im Hausstaub noch Vogelantigene nachgewiesen werden [97 ], und eine japanische Studie konnte zeigen, dass die Menge von Vogelantigenen im Haushalt auch nach Abschaffen der Vögel einen Einfluss auf den Progress einer chronischen Vogelhalterlunge hat [98 ].
Eine besondere Form dieser durch Vogelantigene verursachten EAA stellt die Bettfedern-Alveolitis dar, die in den letzten Jahren eine zunehmende Rolle als Auslöser einer EAA zu spielen scheint. Anamnestisch sind der Kontakt zu Gänsefedern bzw. zu Entendaunen in der Jugend und der Gebrauch nicht industriell hergestellter Daunenbetten oftmals auffallend [99 ]. Eine spanische Arbeit hat bei 26 % von 127 diagnostizierten EAA-Patienten eine Bettfedern-Alveolitis als Ursache festgestellt und eine Prävalenz von 6,2/100 000 bei Daunen-Exponierten angegeben, verglichen mit 54,6/100 000 bei Vogelhaltern [100 ]. In der Labordiagnostik ist v. a. die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper gegen Gänse- und Entenfedern bedeutend und kann in der Abgrenzung zur Vogelhalterlunge hilfreich sein [101 ].
An Kreuzreaktionen mit anderen Vogelantigenen muss gedacht werden, sodass Patienten mit Vogelhalterlunge immer auch ihre Daunenkissen/-betten und Daunenkleidung im Sinne einer Antigenkarenz entfernen sollten [99 ]
[101 ]. Darüber hinaus ist klar geworden, dass auch eine indirekte Exposition gegen Vogelantigene eine EAA auflösen kann, sodass Vogelantigene als ubiquitäre Antigene betrachtet werden sollten, denen jeder ausgesetzt sein kann [102 ].
4.2 Farmerlunge
Die Farmerlunge war eine in Europa häufige Form der EAA, ausgelöst durch die wiederholte Exposition mit feuchtem Heu und Stroh, deren Inzidenz in den letzten Jahrzehnten jedoch durch geänderte Lagerungsbedingungen und Fütterungstechniken abgenommen hat. Bei der Heulagerung finden thermophile Aktinomyzeten, gram-positive Bakterien, durch Feuchtigkeit und durch Gärungsprozesse und die dadurch entstehende Temperaturerhöhung (Temperaturen zwischen 40 und 60 °C) optimale Wachstumsbedingungen vor und zählen zu den wichtigsten Antigenen der Farmerlunge. Dazu gehören u. a. Saccharopolyspora rectivirgula (früher bekannt als Micropolyspora faeni ), Thermoactionmyces vulgaris, Thermoactinomyces viridis, Laceyella sacchari und Thermoactinomyces sacchari
[103 ]
[104 ]. Entsprechend besteht eine klimatische Abhängigkeit, da in Gegenden mit hohen Niederschlagsmengen, v. a. zum Erntezeitpunkt, ein gehäuftes Auftreten der Erkrankung verzeichnet wird.
Auch Schimmelpilze, v. a. Aspergillen, aber auch Alternaria, Lichtheimia (früher Absidia) corymbifera und Botrytis, wachsen im feuchtwarmen Stallklima besonders gut und geben ihre Sporen ab. Durch die Einbringung von Futtermittel und Einstreu in den Stall und während der Fütterung lösen sich die Pilzsporen und verteilen sich in der Atemluft [105 ]
[106 ].
4.3 Befeuchterlunge
Die Befeuchterlunge war initial überwiegend berufsbedingt und wurde durch Klimaanlagen bzw. Befeuchtungssysteme in Schreinereien, Buchbindereien und -druckereien verursacht [107 ]
[108 ]
[109 ]. Das Auftreten der Befeuchterlunge im beruflichen Bereich konnte durch entsprechende hygienetechnische Maßnahmen der Unfallversicherungsträger an den Arbeitsplätzen deutlich gesenkt werden.
Allerdings kam es in Deutschland in den letzten Jahren durch die modeartige Verbreitung von Zimmerspringbrunnen auf Ultraschallbasis im privaten Haushalt und auch in Praxisräumen zu der Beschreibung einer besonderen Form der Befeuchterlunge, der Zimmerspringbrunnen-Alveolitis [110 ]
[111 ].
4.4 Maschinenarbeiterlunge
Hierbei handelt es sich um Erkrankungen bei Patienten, die an ihrem Arbeitsplatz zu wasserlöslichen Kühlschmiermitteln (KSS), die mit Mikroorganismen kontaminiert sein können, Kontakt haben [112 ]
[113 ]
[114 ]. KSS werden bei der Metallverarbeitung immer dann eingesetzt, wenn es um Verminderung von Reibung zwischen Werkzeug und Bauteil, um Wärmeabführung und die Abführung von Spänen bei der Metallbearbeitung geht. Über die dabei erfolgende Aerosolbildung kann es zu Expositionen der Beschäftigten gegen mikrobielle Komponenten kommen. Eine aktuelle Registerstudie aus Großbritannien zeigt bei 206 EAA-Patienten, dass bei 50 von ihnen eine berufliche Exposition ursächlich für die Erkrankung war. Davon waren die häufigsten Auslöser mit eindeutig beruflicher Zuordnung mikrobiell belastete Kühlschmierstoffe (KSS), auf die 36 der insgesamt 50 beruflichen EAA-Fälle zurückzuführen waren [115 ].
Als typische Mikroorganismen in wassergemischten KSS, die auch als Auslöser einer EAA identifiziert wurden, gehörten Bakterien wie: Pseudomonas fluorescens, Pseudomonas aeruginosa, Pseudomonas oleovorans, Pseudomonas alcaligenes, Ochrobactrum anthropi, Actinobacter lwoffii , nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM) wie Mycobacterium immunogenum , Mycobacterium chelonae , Mycobacterium gordonae , aber auch Schimmelpilze wie Fusarium solani, Fusarium oxysporum, Fusarium verticillioides, Aspergillus fumigatus und Aureobasidium pullulans . Allerdings wurden Pseudomonaden- und Mykobakterienantigene besonders häufig als dominante KSS-Antigene identifiziert [2 ]
[116 ].
Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper gegen M. immunogenum gelang mittels ELISA- und Elektrophoreseverfahren und kann zur Differenzierung zwischen gesunden und erkrankten Exponierten beitragen [117 ]. Das Diagnostikspektrum für den Nachweis einer EAA wurde mittlerweile erweitert und es sollte immer mindestens ein Pseudomonadenantigen plus M. immunogenum getestet werden. Bei möglicher Schimmelpilzexposition empfiehlt sich, diese Antigene ebenfalls in das Testrepertoire aufzunehmen [118 ].
4.5 Hot tub lung (Whirlpoollunge)
Erstmals wurde 1997 über Patienten in den USA berichtet, die an einer Lungenerkrankung litten, nachdem sie whirlpoolähnliche Gemeinschaftsbecken – sog. hot tubs – benutzten, in deren Wasser Mykobakterien des Mycobacterium avium complex (MAC) nachgewiesen wurden [119 ]
[120 ]. Die klinischen Befunde ergaben teilweise Hinweise für ein infektiöses Geschehen, teilweise aber auch für eine immunologische Erkrankung. So konnte durch kulturelle Anzuchtmethoden teils in Sputum, BAL oder in Lungenbiopsien MAC nachgewiesen werden, dennoch kam es oftmals allein durch entsprechende Karenzmaßnahmen oder zusätzliche Gabe von Kortikosteroiden und ohne antimykobakterielle Therapie zu einem vollständigen Ausheilen der Erkrankung. Für diese Erkrankungen wurde der Begriff der hot tub lung eingeführt.
Außer den Whirlpools wurden als Expositionsquelle auch eine Dusche und ein privates Hallenschwimmbad beschrieben [121 ]
[122 ]. Bei einer EAA in Verbindung mit der Benutzung eines Schwimmbads muss allerdings auch an andere auslösende Antigene gedacht werden, so z. B. Aureobasidium pullulans
[123 ], Saccharopolyspora rectivirgula und Neurospora sitophilia
[124 ] sowie Candida albicans
[125 ].
Eine hot tub lung wurde auch als Berufskrankheit beschrieben, wobei arbeitsmedizinische Untersuchungen ergaben, dass v. a. Reinigungskräfte von Schwimmbädern ein deutlich erhöhtes Risiko allgemein für Atembeschwerden hatten (OR 9,6) und hier insbesondere die Reinigung der Wasserfilteranlagen mit dem höchsten Risiko verbunden war [126 ]
[127 ].
5 Diagnostik
5.1 Identifizierung des verursachenden Antigens bzw. der Antigenquelle
5.1.1 Anamnese
Der anamnestische Hinweis auf eine potenzielle Antigenexposition ist ein wesentlicher Bestandteil in der Differenzialdiagnostik von ILDs. So lagen in einer großen prospektiven Registerstudie aus Indien bei 75 % aller Patienten mit einer EAA, die mit 47 % die häufigste ILD darstellte, anamnestische Nachweise einer Antigenexposition vor, die mittels eines strukturierten Erhebungsbogens geprüft wurden [32 ]. In einer anderen prospektiven, multizentrischen Studie war der anamnestische Nachweis einer offensichtlichen Exposition zu einem Antigen bzw. einer Antigenquelle der stärkste von sechs klinischen Prädiktoren zur Diagnosestellung einer EAA (OR 38,8) [18 ]. Die Daten einer retrospektiven Studie zeigten, dass die anamnestische Angabe einer Exposition gegenüber Vögeln bzw. Bettfedern neben Alter und charakteristischen HRCT-Befunden eines von drei diagnostischen Kriterien ist, um die Diagnose einer chronischen EAA mit einer Spezifität von 90 % und einer Sensitivität von 48 % zu stellen [130 ].
Bei akuten Formen einer EAA muss neben der Identifikation einer potenziellen Antigenquelle auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Exposition und Symptomatik berücksichtigt werden. Dieses Kriterium versagt bei primär chronischen Verlaufsformen [4 ]. Bei einer relevanten Anzahl von Patienten (bis 50 %) mit einer chronischen EAA kann kein ursächliches Antigen identifiziert werden, was mit einer erhöhten Mortalität assoziiert ist [72 ]
[131 ]. Es empfiehlt sich potenzielle Gefährdungen strukturiert zu erfragen [132 ].
Unklar ist hier die Bedeutung eines Fragebogens zur Evaluation einer potenziellen Exposition bzw. der Identifizierung des ursächlichen Antigens. In zwei Beobachtungsstudien konnte mittels eines solchen Fragebogens das auslösende Antigen in 59 % bzw. 100 % identifiziert werden, wobei die kleinen Fallzahlen von 19 bzw. 46 Patienten die Aussagekraft limitieren. Dabei konnte man mithilfe eines Fragebogens das auslösende Antigen eher identifizieren als mittels einer klinischen Anamnese (RR 3,80; 95 %-KI 1,79–8,06) oder mittels Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper (RR 1,58; 95 %-KI 1,12–2,23), aber nicht wahrscheinlicher als mit der Kombination spezifischer IgG-Antikörper und inhalativer Provokationstestung (RR 0,90; 95 %-KI 0,65–1,24) [24 ]
[133 ]. Fragebögen sollten regionale, kulturelle und saisonale Aspekte berücksichtigen. Die Sensitivität strukturierter Fragebögen ist auch abhängig von der Art der Antigenquelle. Dabei werden neben der Exposition per se auch Faktoren erfasst, die für die Relevanz einer Exposition bedeutsam sind [134 ]. Ebenso sollte ein indirekter Antigenkontakt, z. B. über Kleidung oder Materialien von anderen Personen beachtet werden [132 ]. Kürzlich wurde ein deutscher Fragebogen zur Differenzialdiagnostik von ILDs publiziert, der auch eine Vielzahl von potenziellen Antigenquellen einer EAA beinhaltet [135 ].
Frage 2
Soll bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und dem Verdacht auf eine EAA unabhängig von einer offensichtlichen Antigenexposition eine detaillierte Anamnese auch mithilfe eines standardisierten Fragebogens zur Identifizierung einer potenziellen Antigenexposition für eine EAA durchgeführt werden?
Empfehlung
E2
Eine umfassende klinische Anamnese soll zur Erkennung einer möglichen Antigenexposition im individuellen häuslichen oder beruflichen Umfeld bei allen Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und klinischem Verdacht auf eine EAA erhoben werden.
Ein standardisierter Fragebogen zur Erkennung einer möglichen Antigenquelle bzw. eines potenziell auslösenden Antigens, sollte verwendet werden, ersetzt aber keinesfalls die klinische Anamnese.
starker Konsens (100 %)
5.1.2 Umweltdiagnostik/Biosampling
Zahlreiche Substanzen/Antigene wurden als mögliche Ursachen der EAA beschrieben. Die relevanten Auslöser können grob in sechs Kategorien eingeteilt werden: Bakterien, Pilze, tierische (Glyko-)Proteine, pflanzliche (Glyko-)Proteine, niedermolekulare Chemikalien und Metalle. In einem Modell der quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehung zeigte sich, dass Chemikalien, die eine berufsbedingte EAA verursachen, ein höheres prognostiziertes Asthmarisiko haben, stärker lipophil sind und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Proteinvernetzer sind als Substanzen, die ‚nur‘ ein Berufsasthma verursachen [136 ]. Insgesamt konnten in dieser Publikation zehn Chemikalien identifiziert werden, die eine chemical worker’s lung induzieren können. Dazu gehören verschiedene spezifische Diisocyanate, die auch als Auslöser von einem Berufsasthma beschrieben wurden, sowie aus der Säureanhydridgruppe das Pyromellitsäureanhydrid.
Probenahme aus der Umgebung des Patienten
Zur Bestimmung antigenspezifischer IgG-Antikörper ist es notwendig, die entsprechende Antigenquelle z. B. am Arbeitsplatz oder im häuslichen Umfeld des Patienten zu identifizieren [2 ]. Wenn ein in Verdacht stehendes Antigen nicht kommerziell erhältlich ist oder wenn die Quelle eines versteckten Antigens gefunden werden muss, ist es notwendig, am Arbeitsplatz Material, z. B. abgesetzten Staub, zu sammeln bzw. personengetragene oder stationäre Luftsammelgeräte einzusetzen [137 ]. Extrakte aus diesen gesammelten Materialen vom Arbeitsplatz können als Testantigene zur direkten IgG-Bestimmung verwendet [138 ] oder als Inhibitoren im Rahmen einer IgG-Inhibitionstestung eingesetzt werden [96 ]. Wenn es sich bei der in Verdacht stehenden Antigenquelle um Pilze oder andere Mikroorganismen handelt, kann eine mikrobiologische Analyse des gesammelten Materials wichtig sein, um den Zusammenhang mit der Arbeitsplatzexposition zu dokumentieren; diese Analyse sollte jedoch durch die Bestimmung der antigenen Aktivität mittels antigenspezifischem IgG-Inhibitionstest vervollständigt werden [139 ]. Neben der Identifizierung von spezifischen Bakterien in einer mikrobiell kontaminierten wassergemischten Kühlschmierstoff (KSS)-Probe und der Verwendung der Isolate als Antigenquelle kann auch die direkte Aufarbeitung und Verwendung einer KSS-Arbeitsplatzprobe als Antigenquelle zum Nachweis der IgG-Antikörperkonzentration zur Aufklärung der KSS-verursachten EAA hilfreich sein [116 ]
[118 ]. Prinzipiell kann dieses Biosampling bzw. diese Umweltdiagnostik auch bei vermutlich außerberuflich verursachter EAA ohne eindeutig identifizierbarer Antigenquelle durchgeführt werden, die Kosten werden dann aber nicht von dem Unfallversicherungsträger getragen und i. d. R. auch nicht von der Krankenversicherung.
5.1.3 Spezifische IgG-Antikörper
Im Mittelpunkt der Labordiagnostik bei der EAA steht der Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörperkonzentrationen gegen in Verdacht stehende Antigene. Allerdings weist ein positiver IgG-Antikörpertest zunächst nur auf eine Exposition hin und bestätigt allein nicht die Diagnose einer EAA.
Es existieren verschiedene qualitative und quantitative kommerziell erhältliche Testverfahren zur Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper, mit jeweils unterschiedlichen Spezifitäten und Sensitivitäten. Die Anzahl von potenziellen Antigenen einer EAA, die im jeweiligen Test eingesetzt werden können, ist begrenzt [4 ].
Ursprünglich wurden die IgG-Antikörper mittels der Doppelimmundiffusion nach Ouchterlony oder mit der Immunelektrophoresetechnik bestimmt. In den letzten Jahren wurden diese Methoden durch empfindlichere Enzymimmunoassays, die teilweise laborintern entwickelt wurden, ersetzt. Kommerzielle Tests ergänzen das Angebot. Da bei jedem dieser Assays die Ergebnisse in unterschiedlichen, willkürlich gewählten quantitativen Einheiten ausgedrückt wurden und weil die verwendeten Antigenpräparate nicht standardisiert waren, ist ein Vergleich der Ergebnisse zwischen den Laboren schwierig. Mittlerweile stehen automatisierte Systeme für die quantitative Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper (angegeben als mgA /L) zur Verfügung [140 ].
Zur Bedeutung der Bestimmung von Antikörpern der IgG-Subklassen (insbesondere IgG2) bei EAA gibt es nur sehr wenige Untersuchungen, sodass hierfür keine Empfehlung ausgesprochen werden kann [141 ].
Zusätzlich wird die Interpretation der Daten durch die Tatsache erschwert, dass keine Einigung über Grenzwerte besteht, d. h. was ist der „Normalbereich“ bei gesunden Personen und was sind „pathologische“ Werte, die auf eine EAA hinweisen. Im Gegensatz zur Bewertung der spezifischen IgE-Konzentrationen (mit dem Cut-off > 0,35 kU/L) können die Cut-off-Werte für verschiedene IgG-Antigene und verschiedene Methoden nicht als einheitlicher Wert betrachtet werden und variieren je nach Antigen in einem breiten Spektrum [142 ]. Bei Verlaufsbestimmungen sollte daher immer die gleiche Methode verwendet werden. Für jedes Antigen und jede Methode müssen daher anhand eines entsprechenden nichtexponierten, gesunden Referenzkollektivs Cut-off-Werte festgelegt werden. Da die Bildung antigenspezifischer IgG-Antikörper per se ein physiologischer Prozess ist, der sowohl von der Exposition mit den – häufig ubiquitär vorkommenden – Antigenen als auch durch den individuellen Immunstatus einer Person beeinflusst wird, kommt es bei Festlegung von Cut-off-Werten unausweichlich zu Überlappungsbereichen zwischen „gesund“ und „krank“. Selbst deutlich erhöhte IgG-Konzentrationen sind nicht für das Vorliegen einer EAA beweisend, auch wenn eine Korrelation zwischen Höhe der IgG-Titer und Krankheitswahrscheinlichkeit besteht [143 ]
[144 ]
[145 ]. Die publizierten Daten zu Normwerten für die antigenspezifischen IgG-Antikörperkonzentrationen zeigen bei einigen Antigenen deutliche Differenzen, was z. T. durch regionale Unterschiede in der Antigenexposition bedingt sein dürfte [101 ]
[129 ]
[146 ]
[147 ]
[148 ]
[149 ]. Daneben ist es jedoch auch nicht verlässlich möglich, eine unbemerkte Exposition mit ubiquitär vorkommenden Antigenen wie bspw. Aspergilli bei den Kontrollprobanden mittels Fragebogen auszuschließen.
Darüber hinaus ist sowohl eine teils deutliche Kreuzreaktivität einzelner Antigene zu berücksichtigen als auch unspezifische Testreaktionen (z. B. in dem FEIA-System vom Hersteller als „Hintergrundaktivität“ bezeichnet). An diese sollte insbesondere dann gedacht werden, wenn gegen alle getesteten Antigene die spezifischen IgGs erhöht sind [101 ]
[149 ]
[150 ].
Bei Patienten mit klinischem Verdacht auf eine EAA hat der Nachweis spezifischer IgG-Antikörper einen hohen prädiktiven Vorhersagewert (OR 5,3) [18 ]. In der Differenzierung zu anderen ILDs wird allerdings für den Nachweis spezifischer IgG-Antikörper nur eine Sensitivität von 83 % und Spezifität von 68 % angegeben, in der Differenzierung zu anderen exponierten nicht-erkrankten Personen aber von 90 bzw. 91 % und zu nicht-exponierten und nicht-erkrankten Personen sogar von 93 bzw. 100 % [3 ]
[151 ].
Eine durchgeführte Allergenkarenz nach Diagnosestellung einer EAA führt häufig innerhalb von 6–12 Monaten zu einem Abfall der Antikörperkonzentration, aber nur bei 50 % der Patienten kommt es zu einer Normalisierung [152 ]. So kann ein Abfall erhöhter spezifischer IgG-Antikörper nach Antigenkarenz auch auf die Diagnose einer EAA hinweisen [144 ]. Auch eine Therapie mit systemischen Steroiden führt zu einem Abfall der gesamten Serum-IgG-Spiegel [153 ]
[154 ], allerdings gibt es nach unserem Wissen keine publizierten Untersuchungen zu dem Einfluss systemischer Steroide auf die spezifischen IgG-Antikörper.
Der fehlende Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper schließt jedoch eine EAA keinesfalls aus. Eine sog. „seronegative“ EAA ohne Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper ist möglich, meist wurde das auslösende Antigen (noch) nicht identifiziert [155 ]. V. a. bei der chronisch-fibrotischen Verlaufsform lässt sich in bis zu 50 % der Fälle keine offensichtliche Antigenquelle feststellen, sodass hier die Bewertung spezifischer IgG-Antikörper schwierig ist [14 ]. Auf die Diskussion über eine sog. kryptogene EAA z. B. im Rahmen einer familiären ILD sei an dieser Stelle nochmals hingewiesen [3 ]. Ebenfalls ergeben sich Hinweise, dass bei einer chronischen Vogelhalterlunge deutlich niedrigere spezifische IgG-Antikörper mittels eines quantitativen ELISA-Verfahrens vorliegen als bei akuten Verläufen. Diese sind bei Patienten mit chronischer EAA dennoch signifikant höher als bei IPF-Patienten [156 ]. Auch muss beachtet werden, dass bei rauchenden Exponierten signifikant niedrigere spezifische IgG-Antikörper nachgewiesen werden, die jedoch nach Rauchkarenz wieder ansteigen [155 ]
[157 ]. Prinzipiell kann es hilfreich sein, bei Patienten mit Verdacht auf eine EAA ein Panel von spezifischen IgG-Antikörpern gegen häufige potenzielle Allergene einer EAA zu bestimmen [151 ]
[158 ]. In Einzelfällen kann die Durchführung von Inhibitionstests hilfreich zur Identifizierung der Allergenquelle sein [139 ].
Bei klinisch unauffälligen Personen mit Antigenexposition zeigt der Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper lediglich eine Sensibilisierung und keine Erkrankung an. So lassen sich bei 10 % asymptomatischer Landwirte und bei 40 % asymptomatischer Vogelzüchter typische spezifische IgG-Antikörper nachweisen [159 ]. Der Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper bei diesen asymptomatischen exponierten Landwirten hat keine prognostische Bedeutung bezüglich der Entstehung einer EAA [160 ].
Frage 3
Sollen bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und dem Verdacht auf eine EAA spezifische IgG-Antikörper bestimmt werden?
Empfehlungen:
E3
Es sollen bei allen Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und der Differenzialdiagnose einer akuten oder chronischen EAA spezifische IgG-Antikörper bestimmt werden.
Es sollte ein Verfahren verwendet werden, für welches publizierte Grenzwerte in einer Kontrollpopulation existieren.
Dabei sollte sich die Bestimmung der spezifischen IgG-Antikörper entweder nach der wahrscheinlichen Antigenquelle richten (z. B. Vogelhaltung, Landwirtschaft, Schimmelpilzexposition) oder eine Auswahl an potenziellen, häufigen Antigenen (z. B. Vogelstäube inkl. Gänsefedern, Schimmelpilze und thermophile Aktinomyzeten) beinhalten.
starker Konsens (100 %)
5.1.4 Sonstige Laborparameter
Die Evidenz für Lymphozytenproliferationstests zur Antigenidentifizierung ist sehr gering, daher werden diese nicht empfohlen [4 ]. Bei akuten Verläufen der EAA können unspezifische Entzündungszeichen im Serum wie eine Leukozytose, ein erhöhtes C-reaktives-Protein und eine beschleunigte Blutkörperchensenkung nachweisbar sein [93 ].
Des Weiteren können eine Erhöhung des Gesamt-IgG und ein positiver Rheumafaktor auffallen, wobei letzteres zu der Fehldiagnose einer Rheumatoiden Arthritis (RA)-assoziierten ILD führen kann [161 ]. Positive ANA-Titer wurden in 43–58 % bei EAA-Patienten gefunden und gingen mit einem rascheren Krankheitsprogress einher [162 ]
[163 ].
Während die Konzentration von YKL-40 in EAA-Patientenseren höher war als bei Kontrollprobanden, scheinen sie niedriger als bei anderen ILDs zu sein, sodass YKL-40 ein vielversprechender Marker für die Diskriminierung zwischen EAA und anderen ILDs zu sein scheint [164 ]
[165 ]. Weitere Biomarker wie KL-6 (Krebs Von Den Lungen-6), SP-D (Surfactant-Protein D) und Apolipoproteine haben vielversprechende Ergebnisse in einigen Studien gezeigt und könnten das Potenzial haben, in die tägliche Praxis umgesetzt zu werden. Mit fortschreitender Forschung wird damit gerechnet, dass weitere Biomarker neue und erfolgreiche Werkzeuge zur Ergänzung der derzeitig verfügbaren Diagnostik sein können [165 ].
5.2 Lungenfunktion
Der typische Befund einer EAA ist eine restriktive Ventilationsstörung und als Zeichen der Gasaustauschstörung eine erniedrigte Diffusionskapazität bzw. blutgasanalytisch eine Ruhe- oder Belastungshypoxämie [18 ]
[166 ]
[167 ]
[168 ]. Die Ergospirometrie mit Messung der AaDO2 ist auch bei der EAA die sensitivere Methode zum Nachweis einer Diffusionsstörung. Hier findet sich auch eine erhöhte Totraumventilation und eine eingeschränkte Atemreserve als Ausdruck der ventilatorischen Limitation [169 ]. Zu beachten ist, dass eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilität bei bis zu 50 % der Patienten mit akuter EAA festgestellt werden kann und dies nicht zu der Fehldiagnose eines Asthma bronchiale führen darf [170 ].
Bei der chronischen EAA liegt meist eine restriktive Ventilationsstörung vor, und selten auch eine obstruktive Funktionsstörung. Die Bedeutung des Lungenemphysems ist dabei zu beachten und sollte nicht als Argument gegen eine chronische EAA verwendet werden [171 ]. So zeigten mehrere Studien ein zusätzliches Lungenemphysem bei Patienten mit EAA durch Landwirtschafts- oder Vogelantigene, im Gesamtkollektiv zwischen 17 und 33 %, in der Gruppe der Nieraucher zwischen 18 und 36 % [21 ]
[22 ]
[168 ]
[172 ]
[173 ]
[174 ].
In der Differenzialdiagnostik der EAA zu anderen interstitiellen Lungenerkrankungen spielt die Lungenfunktion keine Rolle. Wie bei anderen ILDs sollte bei chronischer EAA ein klinisches wie auch lungenfunktionelles Monitoring alle 3–6 Monate erfolgen [5 ]. Die Lungenfunktion dient der Beurteilung der funktionellen Konsequenzen der Erkrankung, der Wirkung einer etwaigen Antigenkarenz oder medikamentösen Therapie, der Identifizierung eines progredient-fibrotischen Verlaufs, der Prognose bei chronischen Verläufen und bei gutachtlichen Fragestellungen z. B. der Einschätzung der Erwerbsfähigkeit.
5.3 Radiologie
Bei Verdacht auf eine exogen allergische Alveolitis hat die historisch übliche Thoraxübersicht ihre Bedeutung weitgehend verloren. Sowohl bei einem unauffälligen, den klinischen Befund nicht erklärenden Bild als auch bei einem auffälligen Thoraxbefund soll zur Differenzialdiagnostik eine weiterführende Computertomografie (CT) des Thoraxes erfolgen (s. 5.3.1).
Die dünnschichtige Volumen-CT des Thoraxes ist gegenüber der Projektionsradiografie aufgrund der überlagerungsfreien hochauflösenden Darstellung der pulmonalen Feinstrukturen bei allen interstitiellen Lungenerkrankungen inzwischen die bildgebende Methode der Wahl. Als Standarddiagnostik ist sie daher in den aktuellen Leitlinien maßgeblicher Bezugspunkt der bildgebenden Kriterien für die Diagnostik der EAA.
5.3.1 Röntgenthorax
Früher diente die Thoraxübersicht bei einer akuten Symptomatik primär dem Ausschluss anderer möglicher Ursachen und nicht dem Nachweis einer EAA [175 ]. Der Röntgenbefund ist aber in 20 % unauffällig [176 ]. Bei befund-„positiver“ Thoraxübersicht sind an wenigen Patienten unscharf begrenzte noduläre Verschattungen (nach ILO: kleine rundliche Schatten p/q/r) beschrieben worden. Selten waren Konsolidierungen nachweisbar. Die Verteilung der nodulären Schatten ist diffus mit basal relativer Aussparung [177 ]
[178 ].
Bei chronischer Symptomatik kann eine beginnende Fibrosierung mit der Thoraxübersicht nicht ausgeschlossen werden. Die Projektionsradiografie unterschätzt subtile Veränderungen. Nur bei fortgeschrittenen Umbauten können als Korrelat fibrotischer Veränderungen retikuläre Verschattungen (nach ILO: kleine irreguläre Schatten s/t/u) nachweisbar sein. Diese können mit nodulären Veränderungen aus der akuten Phase kombiniert bzw. überlagert sein. Die Verteilung ist variabel [178 ].
5.3.2 Computertomografie des Thorax
Bei allen ILDs, wie auch bei Verdacht auf eine EAA, wird die dünnschichtige Volumen-Computertomografie (auch als HR [high resolution]-CT bezeichnet) standardmäßig nativ (ohne Kontrastmittel) mit enger Kollimierung in einem Atemzug in Endinspiration durchgeführt. Für die Beurteilung des Lungenparenchyms soll zur Optimierung der Ortsauflösung ein kantenbetonter hoher Kernel verwendet werden. Für die Beurteilung der Weichteile soll zur Optimierung der Kontrastauflösung ein glättender, niedriger Kernel verwendet werden. Die ausgespielte Schichtdicke soll 1,5 mm nicht überschreiten. Eine 30 %ige Schichtüberlappung ist empfehlenswert. Unabhängig von der Akquisitionsrichtung sollte die Bildsortierung immer kraniokaudal erfolgen. Neben der axialen Orientierung sind zusätzlich max. 1,5 mm dicke multiplanare Rekonstruktionen in sagittaler und koronarer Ebene gefordert. Minimum-Intensity Projections (minIP) sind optional. Niedrigdosis-CTs (low dose; LD-HRCT) sind insbesondere bei Verlaufskontrollen zu empfehlen. Zusätzliche Aufnahmen in Exspiration oder Bauchlage können entweder als Einzelscans oder in einer erneuten Spiralakquisition in Low-dose-Technik erfolgen [179 ].
Aufgrund der höheren Spezifität und Sensitivität stellt die dünnschichtige Volumen-Computertomografie gegenüber der Thoraxübersicht inzwischen die radiologische Referenz in der Diagnostik der EAA dar. Daher wurden in zwei aktuellen internationalen Leitlinien auf Basis von HRCT-Kriterien Wahrscheinlichkeitsgrade für das Vorliegen einer EAA definiert („typisch“, „vereinbar“ oder „unbestimmt“, wobei selbst „unbestimmt“ eine EAA nicht ausschließt [3 ]
[4 ]). Nach der 2021 in Chest erschienenen internationalen Leitlinie hat die HRCT einen hohen Stellenwert in der Diagnostikrangfolge [4 ]. In Abhängigkeit von der jeweiligen HRCT-Kategorie bestimmt die HRCT bereits unmittelbar nach der Expositionsanamnese bzw. Antigenspezifizierung das weitere diagnostische Vorgehen. In Deutschland konnte sich die o. g. HRCT-Einteilung nach Wahrscheinlichkeitsgraden aufgrund ihrer komplexen Konstellation von HRCT-Befundmustern in der Routine bislang nicht durchsetzen (Tab. e1 und Tab. e2 ).
In Bezug auf die teils in der Literatur [15 ] und auch in der vorliegenden Leitlinie empfohlene Einteilung der EAA nach ihrem klinisch zeitlichen Verlauf in „akut“ und „chronisch“ sowie weitergehend in „chronisch nicht-fibrotisch“ und „chronisch-fibrotisch“ wird aus radiologischer Sicht vorgeschlagen, in der HRCT pragmatisch zwischen einer rein inflammatorischen Form und einer fibrotischen Form zu unterscheiden. Dabei können die HRCT-Zeichen der „inflammatorischen EAA“ sowohl bei der EAA mit klinisch akutem Verlauf vorkommen als auch bei chronischem Verlauf. Die Systematik der HRCT-Analyse ist nach den Zeichen und ihrer Verteilung geordnet.
EAA ohne Fibrose (rein inflammatorisch):
Folgende Befunde können bei einer EAA ohne Fibrose auftreten ([
Tab. 4
], [
Tab. 5
]).
Tab. 4
Begrifflichkeiten der HRCT-Zeichen bei EAA, Verteilung und pathophysiologisches Korrelat.
HRCT-Zeichen
CT-Morphologie
Verteilung
Korrelation
Milchglastrübung
Areale vermehrter Dichte mit noch erkennbarer Anatomie (Gefäße, Bronchialwände)
diffus (axial und kraniokaudal) oder multilokulär, beidseitig
Inflammation oder feine Fibrose
Milchglasknötchen
Noduli (bis ca. 5 mm) mit Milchglasdichte
zentrilobulär, diffus, beidseitig
inflammatorische Bronchiolitis
Konsolidierung
Areale vermehrter Dichte ohne erkennbare Anatomie (Gefäße, Bronchialwände)
multilokulär
Inflammation, organisierende Pneumonie
Mosaikmuster durch Air Trapping
Areale mit geografisch konfigurierter abwechselnd hoher und niedriger Dichte
Zeichen der Mosaikperfusion in pathologisch „dunklen“ Arealen: reduzierte Gefäßkaliber
Zunahme der Dichteunterschiede in Exspiration
zufällig, multilokulär, meist beidseits
obstruktive Bronchiolitis, sekundäre Mosaikperfusion: reflektorische hypoxische Vasokonstriktion
3-Dichte-Zeichen
Areale mit drei unterschiedlichen Dichtequalitäten:
erhöht: entspricht Milchglas
erniedrigt: entspricht Air Trapping
mittlere Graustufe: entspricht normalem Parenchym
zufällig, multilokulär, meist beidseitig
Kombination aus infiltrativem und obstruktivem Prozess sowie nicht betroffenem Lungenparenchym
Zysten
zart berandet bis ca. 1,5 cm Diameter
vereinzelt, innerhalb von Milchglas
Folge einer partiellen bronchiolären Obstruktion
Retikulationen
irregulär-feinmaschig oder grobmaschig
mit oder ohne Traktionsbronchi(ol)ektasen oder
Honigwabenzysten
weites Spektrum:
meist asymmetrisch:
10 % OL-dominant
20 % peribronchovaskulär
20–40 % Aussparung dorsobasal
Fibrosierung des v. a. intralobulären Interstitiums
Honigwaben
gruppierte, zystische Lufträume, die von dicken fibrotischen Wänden umgeben sind
s. Retikulationen
Fibrosierung im Endstadium
Tab. 5
HRCT-Zeichen und Verteilung der rein inflammatorischen EAA.
HRCT-Zeichen
Verteilung
Milchglastrübungen
diffus (axial und kraniokaudal) oder
multilokulär, beidseitig
Milchglasknötchen
zentrilobulär
Konsolidierungen (selten)
multilokulär, beidseitig
Air Trapping
multilokulär, beidseitig
3-Dichte-Zeichen
multilokulär, beidseitig
Zysten in bis zu 13 %
innerhalb von Milchglas
Zeichen
Milchglastrübungen ([
Abb. 2
]) Bei der akuten/subakuten Erkrankung sind Milchglastrübungen (neben Milchglasnoduli, s. u.) das dominierende Zeichen. Sie korrespondieren mit der akuten Inflammation des Parenchyms. Die Milchglastrübung kann diffus-konfluierend oder multilokulär ausgeprägt sein.
Milchglasnoduli ([
Abb. 3
]) Die Milchglasnoduli sind unscharf begrenzt und maximal 5 mm groß („wattebausch“-ähnlich). Sie sind das HRCT-morphologische Korrelat der Bronchiolitis.
Konsolidierungen ([
Abb. 4
]) Konsolidierungen können vorliegen, sind jedoch deutlich seltener als Milchglastrübungen. Sie repräsentieren wie die Milchglastrübungen eine Inflammation und entsprechen histologisch häufig einer organisierenden Pneumonie. Wenn Konsolidierungen auftreten, dann meist multilokuär.
Air Trapping ([Abb. 2 ], [
Abb. 3
] und [
Abb. 4
]) Ein Air Trapping stellt sich durch ein Mosaikmuster dar. Ein Mosaikmuster kann prinzipiell verschiedene Ursachen haben. Im Fall eines Air Trappings als Ursache handelt es sich bei den typischerweise polygonal konfigurierten „dunklen“ Arealen um das pathologische Substrat der lokalen Überblähung durch die obstruktive Komponente der EAA. In den überblähten Arealen ist die Kaliberabnahme der Gefäße das Resultat der sekundären hypoxischen Vasokonstriktion (früher Euler-Liljestrand-Mechanismus genannt) ([
Abb. 5
]). Das Air Trapping kann bereits auf den Inspirationsaufnahmen sichtbar sein, leichter erkennbar ist es auf exspiratorischen Aufnahmen anhand einer im Vergleich zur inspiratorischen Aufnahme fehlenden Volumenabnahme und fehlenden Dichtezunahme. Minimum-Intensitäts-Rekonstruktionen führen zu einer noch eindrücklicheren Darstellung, da sie die hypodensen Areale akzentuiert abbilden. Einige Autoren verweisen auf die Heterogenität des Oberbegriffs „Mosaikmuster“ und verwenden den Begriff „Air Trapping“ nur, wenn sich der Befund in Exspiration bestätigt [180 ]
[181 ] ([
Abb. 2
] und [
Abb. 3
]).
Drei-Dichte-Zeichen ([
Abb. 4
]) Durch das Nebeneinander von drei Graustufen im Lungenparenchym (Air Trapping, normale Lunge, Milchglas/Konsolidierung) entsteht das 3-Dichte-Zeichen (= three-density pattern , ehemals head cheese sign ), das als Indikator für einen gemischt infiltrativen und obstruktiven Prozess, wenn auch nicht pathognomonisch, so doch sehr suggestiv für die EAA ist [182 ].
Zysten ([
Abb. 6
]) Parenchymzysten kommen in bis zu 13 % im Rahmen der inflammatorischen EAA vor. Die zartwandigen Zysten messen von wenigen Millimetern bis 1,5 cm Größe [183 ].
Verteilung
Die inflammatorische EAA betrifft i. d. R. sowohl axial als auch kraniokaudal diffus und symmetrisch die gesamte Lunge. Es kann jedoch eine Betonung der Mittel- oder Unterfelder oder des peribronchovaskulären Raumes vorliegen. Die Milchglasnoduli sind in Bezug zum pulmonalen Lobulus zentrilobulär angeordnet. Die Zysten finden sich innerhalb von Milchglastrübungen, haben jedoch ansonsten keine Präferenz bezüglich der Lokalisation ([Abb. 2 ], [
Abb. 3
] und [
Abb. 6
]).
Abb. 2 Inflammatorische EAA (Native HRCT; Lungenfenster MPR axial, a Inspiration, b Exspiration). 1. Zeichen: Milchglastrübung und Air Trapping (beachte die geografisch konfigurierten, in Exspiration zunehmenden Dichteunterschiede). 2. Verteilung: diffus ohne Präferenz. [rerif]
Abb. 3 Inflammatorische EAA mit zentrilobulären Milchglasnoduli (native HRCT; Lungenfenster MPR axial, a Inspiration, b Exspiration). 1. Zeichen: Milchglasnoduli und Air Trapping (beachte die geografisch konfigurierten, in Exspiration zunehmenden Dichteunterschiede). Beachte: Mosaikmuster bereits in Inspiration erkennbar: Untersuchung in Exspiration verzichtbar. 2. Verteilung: Milchglasnoduli: zentrilobulär, Air Trapping: zufällig. [rerif]
Abb. 4 Drei-Dichte-Zeichen (native HRCT; Lungenfenster MPR axial in Inspiration; a ohne und b mit Kennzeichnung). Kombination aus Milchglastrübung/Konsolidierung (gestrichelte Umrandung), Air Trapping (dunkle Areale, durchgehende Umrandung) und normalem Parenchym (gepunktete Umrandung). [rerif]
Abb. 5 Strukturierte Bildanalyse bei Mosaikmuster (aus Hamer OW und Rehbock B, (2024) HRCT der Lunge. Springer, Heidelberg). [rerif]
Abb. 6 Zysten bei inflammatorischer EAA (native HRCT, Inspiration, Lungenfenster. MPR axial). 1. Zeichen: Milchglastrübung, Milchglasnoduli, dünnwandige Zysten in der Lingula. 2. Verteilung: Milchglas diffus, Milchglasnoduli zentrilobulär, Zysten innerhalb des Milchglases. [rerif]
Nicht alle aufgeführten Merkmale sind obligat, d. h. nicht alle Zeichen müssen nachweisbar sein. Vielmehr liegt meist eine Auswahl der o. g. Zeichen in unterschiedlicher Kombination und Gewichtung vor. Auch ein typisches HRCT-Zeichen allein (z. B. Milchglasknötchen) in charakteristischer Verteilung (zentrilobulär) kann hoch suggestiv für die Diagnose einer (inflammatorischen) EAA sein. Grundsätzlich gilt aber, dass die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer EAA umso höher ist, je mehr Zeichen in typischer Verteilung vorliegen. In ca. 8 % der Fälle kann die HRCT bei der rein inflammatorischen Form unauffällig sein [18 ].
Milchglastrübungen und Konsolidierungen sind potenziell reversibel. Milchglastrübungen können jedoch auch über einen langen Zeitraum bestehen bleiben ([
Abb. 7
]). Aus radiologischer Sicht korreliert ein solcher Befund mit der klinischen Form der chronisch nicht-fibrotischen EAA. Das kann jedoch nicht ausschließen bzw. es bleibt unklar, dass bzw. ob dem chronisch nachweisbaren Milchglas eine sog. „feine Fibrose“ unterliegt oder alternativ einer nicht-fibrotischen Inflammation entspricht [184 ].
Abb. 7 Persistierende Milchglastrübung bei EAA (native HRCT, Inspiration, Lungenfenster. a Ausgangsbefund, b nach 1 Jahr). a und b diffuse Milchglastrübung und Mosaik (passend zu Air Trapping). Bei weitgehend unveränderter Ausprägung der Milchglastrübung über 1 Jahr ist die Einordnung der Milchglastrübung als Inflammation oder feine Fibrose in der HRCT nicht sicher möglich. Eindeutige Fibrosezeichen (Traktionsbronchiektasen, Honigwabenzysten, irreguläre Retikulationen) liegen nicht vor. [rerif]
EAA mit Fibrose
Folgende Befunde können bei einer EAA mit Fibrose auftreten ([
Tab. 4
] und [
Tab. 6
]).
Tab. 6
HRCT-Zeichen und Verteilung der EAA mit Fibrose.
HRCT-Zeichen
Verteilung
zusätzlich zu inflammatorischen Zeichen (s. o.) oder nur Zeichen der Fibrose
Retikulationen
Traktionsbronchi(ol)ektasen
Architekturstörung
Honigwaben
axial:
peribronchovaskulär
peripher (Lungenmantel)
zufällig
kraniokaudal:
OL-betont (10 %)
UL-betont (30 %)
diffus oder zufällig 60 %
relative Aussparung dorso-basal 20–40 %
Zysten in bis zu 39 %
innerhalb von Milchglas
Lungenemphysem
variabel, OL-Dominanz möglich
Zeichen
Fibrose ([Abb. 8 ], [
Abb. 9
] und [
Abb. 10
]) Es können sich alle Zeichen der Fibrose darstellen. Dazu gehören grob- und/oder feinmaschige irreguläre Retikulationen, Traktionsbronchiektasen und -bronchiol-ektasen, Architekturstörungen, Honigwaben und eine Volumenminderung der betroffenen Lungenareale. Diese Fibrosezeichen allein sind nicht pathognomonisch für eine fibrotische EAA.
Zysten sind bei der fibrotischen EAA in bis zu 39 % der Fälle beschrieben.
Lungenemphysem Als Spätfolge der EAA können einige Patienten ein meist zentrilobuläres Lungenemphysem allein oder in Kombination mit einer ILD entwickeln, was v. a. für die „Farmerlunge“ beschrieben ist. Bei diesen Patienten wurde ein Emphysem bei 48 % der Patienten beschrieben, das gegenüber dem fibrotischen Anteil dominant war [186 ]. Auch andere Emphysemformen (paraseptal; bullös) sind möglich [21 ]
[187 ]
[188 ]. Pathophysiologisch wird die bronchioläre Inflammation und Obstruktion angeschuldigt. Anamnestische Daten sind hier wegweisend, da diese Patienten unabhängig vom Raucherstatus ein Emphysem aufweisen.
Verteilung
Fibrose ([Abb. 8 ], [
Abb. 9
] und [
Abb. 10
]) Die Fibrose ist sowohl in axialer als auch kraniokaudaler Ebene meistens multilokulär konfiguriert und kann alle Lappen involvieren. Ein asymmetrischer Befall ist möglich. Ein Teil der Patienten weist Charakteristika auf, die differenzialdiagnostisch hilfreich sind: Bei ca. 10 % der Fälle sind dominant die Oberlappen betroffen, bei ca. 20 % der Fälle zeigt sich anteilig eine Betonung des peribronchovaskulären Raumes und in 20–40 % sind die kostophrenischen Winkel relativ ausgespart.
Zysten Die Zysten treten innerhalb von Milchglas auf.
Lungenemphysem Variabel, Oberlappendominanz möglich.
Abb. 8 Fibrotische EAA mit viel Inflammation (native HRCT, Inspiration, Lungenfenster. a MPR axial, b MPR koronar). 1. Zeichen: irreguläre Retikulation, Traktionsbronchiektasen und Honigwaben = Fibrose. Milchglastrübung und zentrilobuäre Milchglasnoduli auch außerhalb der Fibrose = Inflammation. 2. Verteilung: axial und kraniokaudal: Fibrose: Oberlappen, Inflammation: diffus. [rerif]
Abb. 9 Fibrotische EAA mit wenig Inflammation (native HRCT, Inspiration, Lungenfenster). a MPR axial, b MPR koronar, c minIP (minimum intensity projection) koronar. 1. Zeichen: feine Retikulation mit anteilig Traktionsbronchiolektasie (durchgängige Pfeile) = Fibrose. Milchglastrübung vorwiegend innerhalb der Fibrose = mutmaßlich einer feinen Fibrose entsprechend. Mosaikmuster mit multilokulären geografisch konfigurierten hypodensen Arealen mit zentral reduzierten Gefäßkalibern (gestrichelte Pfeile) = air trapping mit sekundärer Mosaikperfusion. Beachte: Mosaikmuster bereits in Inspiration deutlich erkennbar: Untersuchung in Exspiration verzichtbar. 2. Verteilung: axial und kraniokaudal: zufällig ohne Dominanz für Lungenkern oder -mantel, anteilig peribronchovaskulär (durchgängige Pfeile), Air Trapping > 5 % pro Lappen. [rerif]
Abb. 10 Fibrotische EAA ohne Inflammation (native HRCT, Inspiration, Lungenfenster). a MPR axial, b MPR koronar. 1. Zeichen: irreguläre Retikulation mit Traktionsbronchiektasen = Fibrose. Kein Milchglas, keine Milchglasnoduli = keine Inflammation. 2. Verteilung: axial und kraniokaudal: deutliche Beteiligung der Oberlappen, überwiegend peribronchovaskulär (Pfeile). [rerif]
Differenzialdiagnostisch sind folgende Parameter hilfreich:
Häufig liegen auch Zeichen des inflammatorischen Stadiums vor. Diese Kombination aus einer ggf. HRCT-morphologisch nicht zuzuordnenden Fibrose und den inflammatorischen Zeichen (Milchglastrübung, Milchglasknötchen) sowie Air Trapping und/oder 3-Dichte-Zeichen ist differenzialdiagnostisch entscheidend und erhöht die Diagnosewahrscheinlichkeit einer fibrotischen EAA. Hierbei ist Folgendes zu beachten:
Der jeweilige Anteil von Inflammation und Fibrose sollte im radiologischen Befund semiquantitativ gewichtet werden. Als Inflammation wird dabei nur die Milchglastrübung außerhalb einer eindeutigen Fibrose gewertet ([
Abb. 8
] und [
Abb. 10
]).
Auch Air Trapping sollte nur außerhalb von offensichtlicher Fibrose als Zeichen einer primär von den Atemwegen ausgehenden Obstruktion gewertet werden. Innerhalb einer Fibrose jedweder Genese kann es durch Architekturstörungen zu Ventilphänomenen kommen ([
Abb. 9
]).
Zudem ist auch beim Air Trapping die quantitative Ausprägung wichtig: Die Wahrscheinlichkeit der Diagnose fibrotische EAA steigt, wenn Air Trapping in mehr als 3 Lappen zu finden ist oder (derzeit noch) visuell ein Schwellenwert der Ausprägung von > 5 % des Lungenparenchyms geschätzt wird ([
Abb. 9
]) [189 ].
Honigwaben sind nicht die dominante fibrotische Veränderung.
Ein ungewöhnlich stark ausgeprägtes Mosaikmuster und insbesondere das 3-Dichte-Zeichen sprechen für eine zugrunde liegende fibrotische EAA [130 ]
[180 ]
[190 ]. So wird das 3-Dichte-Zeichen mit einer Spezifität > 90 % für das Vorliegen einer fibrotischen EAA angegeben, kommt aber auch bei anderen Erkrankungen (z. B. bei Sarkoidose und DIP) vor (Sensitivität knapp 50 %) ([
Abb. 5
] und [
Abb. 9
]) [191 ].
Die Fibrose kann auch dem Muster einer NSIP oder UIP entsprechen und lässt sich dann radiologisch von anderen Genesen dieser Muster nicht differenzieren. Nach der aktuellen Literatur sind UIP-Muster in fast 50 % bei fibrotischer EAA aufgetreten [192 ].
Besondere klinische Manifestationen der EAA in der HRCT
HRCT-Zeichen der akuten Exazerbation bei EAA
In der HRCT können neu aufgetretene Milchglastrübungen und/oder Konsolidierungen Hinweise auf eine akute Exazerbation bei fibrosierenden ILDs sein, somit auch bei der fibrotischen EAA [193 ]
[194 ]
[195 ]. Eine akute Exazerbation betraf in einer japanischen Kohorte die fibrotische Form der EAA (3 % nach 1 Jahr; 10 % nach 3 Jahren) weniger häufig als die IPF (8 % und 20 %). Die HRCT-Kriterien einer „Progressiven pulmonalen Fibrose“ waren kein Prädiktor einer akuten Exazerbation [196 ].
HRCT-Zeichen der pulmonalen Hypertonie bei EAA
Das fibrotische HRCT-Muster bei Patienten mit EAA ist einer der Prädiktoren für eine pulmonale Hypertonie [197 ]
[198 ]
[199 ]. In einer im Rahmen der ILD-Diagnostik durchgeführten nativen HRCT kann es indirekte Hinweise auf eine pulmonale Hypertonie geben. Dazu gehören die Erweiterung der zentralen und peripheren Pulmonalarterien (zentral: Pulmonalishauptstamm ≧ 29 mm bei Männern und 27 mm bei Frauen) sowie ein Verhältnis der Kaliber des Truncus pulmonalis zur Aorta ascendens > 1. Diese Kriterien variieren aber stark, insbesondere nach Alter, Geschlecht und Gewicht. Normkalibrige Pulmonalarterien schließen eine pulmonale Hypertonie nicht aus. Daher wurden von der Fleischner-Society Risiko-basierte Schwellenwerte in Bezug auf den klinischen Kontext formuliert. Nur in Bezug auf eine Hoch-Risiko-Population wie z. B. bei einer fibrotischen EAA können je nach Ausmaß der Fibrose die oben angegebenen Maße angewendet werden [200 ].
Differenzialdiagnose der inflammatorischen EAA in der HRCT
Respiratorische Bronchiolitis (RB)
Die raucherassoziierte RB hat mit der inflammatorischen EAA zentrilobuläre Milchglasnoduli sowie Milchglastrübungen gemeinsam. Die Verteilung unterscheidet sich durch eine Oberlappendominanz bei der RB im Gegensatz zur diffusen Verteilung bei der inflammatorischen EAA. Air Trapping kommt bei beiden Erkrankungen vor, bei der Raucherbronchiolitis geht Air Trapping aber auch mit Veränderungen der großen Atemwege in Form von Bronchialwandverdickungen einher, die kein Begleitzeichen der EAA sind.
Infektiöse Bronchiolitis
Eine infektiöse Bronchiolitis kann sich in der HRCT mit zentrilobulären milchglasdichten Noduli darstellen. Im Gegensatz zur EAA ist die Verteilung aber extrem selten diffus, sondern i. d. R. multilokulär. Ein typisches Zeichen der infektiösen Bronchiolitis sind begleitende entzündliche Bronchialwandverdickungen, anteilig auch mit bronchialen Lumenverlegungen. Tree-in-bud als Korrelat der entzündlichen bronchialen und alveolären Sekretretention kommen bei der EAA nicht vor. Zudem ist in Verlaufskontrollen ein schnellerer Befundwandel zu erwarten.
Lymphozytäre interstitielle Pneumonie (LIP)
Die wesentlich seltenere LIP kann mit ihren zentrilobulären Milchglasnoduli, Milchglastrübungen und Zysten formal der EAA ähnlich sein. Zysten sind bei der LIP häufiger, zahlreicher und meist größer. Air Trapping ist kein Charakteristikum der LIP. Wegweisend für die Diagnose der seltenen LIP ist auch die Assoziation mit einer autoimmunologischen Grunderkrankung (v. a. Sjögren-Syndrom).
Differenzialdiagnose der fibrotischen EAA in der HRCT
Idiopathische Lungenfibrose (IPF)
Die IPF ist die wichtigste Differenzialdiagnose. Das UIP-Muster unterscheidet sich im klassischen Fall durch seine Verteilung mit subpleuraler und dorsobasaler Dominanz im Gegensatz zur relativen Aussparung der Rezessus bei der EAA in bis zu 40 % der Fälle. Zudem betrifft die fibrotische EAA bei einem Teil der Patienten dominant die Ober- und Mittelfelder und den peribronchovaskulären Raum [201 ].
Eine grobmaschige Retikulation wurde kürzlich in einer Studie als „hexagonales Muster“ bei fibrotischer EAA beschrieben [202 ]. Es wurde als eine Verdickung der Interlobulärsepten definiert, die sich in zwei oder mehr Lagen pulmonaler Lobuli von subpleural nach zentral ausdehnen kann (1[
Abb. 11
]). Dieses kam signifikant häufiger (70 %) bei einer fibrotischen EAA als bei der IPF (32 %) vor.
Abb. 11 „Hexagonal Pattern“ (native HRCT, Inspiration, Lungenfenster). a MPR axial, b MPR sagittal. Irreguläre Verdickung der interlobulären Septen in der Lungenbasis, die sich in mehreren Lagen von subpleural nach zentral hin ausdehnt. [rerif]
Honigwabenzysten sind bei der EAA seltener und sie treten wesentlich später im Krankheitsprozess auf [203 ]. In wenigen Fällen kann sich eine fibrotische EAA mit einem UIP-ähnlichen Muster präsentieren. In einer portugiesischen Studie an 63 progressiv fibrosierenden EAA-Fällen hatten 46 % in der HRCT ein UIP- oder UIP-ähnliches Muster [192 ].
In diesen Fällen sind die eine EAA im fibrotischen Stadium häufig begleitenden inflammatorischen Zeichen (zentrilobuläre Noduli) und/oder das 3-Dichte-Zeichen [3 ]
[180 ]
[204 ] hinweisend auf die der Fibrose zugrunde liegende EAA. Das 3-Dichte-Zeichen hat die höchste Spezifität bei der Differenzierung einer fibrotischen EAA gegenüber einer IPF [180 ]. Die Spezifität von Air Trapping nimmt mit steigender Ausprägung zu.
In einer spanischen retrospektiven Studie wurde an 83 lungenbioptisch gesicherten ILD ein quantitativ relevantes Mosaik/Air Trapping als ein wichtiges Unterscheidungskriterium fibrotischer ILDs beschrieben. Der Nachweis eines Mosaik/Air Trappings in mehr als drei Lappen außerhalb von fibrotischen Arealen sprach hier gegen eine UIP und für eine fibrotische EAA oder eine CTD-ILD (61 % bei Non-UIP vs. 20 % bei UIP) [181 ]. In einer kanadischen Studie ließ exspiratorisches Air Trapping > 5 % des Lungenparenchyms die Differenzierung einer fibrotischen EAA von anderen fibrotischen ILD mit einer Sensitivität von 91 % und Spezifität von 77 % zu [189 ].
Pulmonale Ossifikationen können bei ILDs mit Fibrose vorkommen. Am häufigsten sind diese bei der IPF und der SSc-ILD nachweisbar (IPF 31 %; SSc-ILD 29 %). Auch bei der fibrotischen EAA können sie auftreten, aber signifikant seltener (19 %) [205 ].
ILD mit NSIP-Muster
Das NSIP-Muster ist morphologisch sehr variabel. Selten kann es auch ein diskretes Air Trapping aufweisen. Das NSIP-Muster weist jedoch selten zentrilobuläre Noduli auf und befällt das Lungenparenchym homogener als die fibrotische EAA. Zudem zeigt es charakteristischerweise eine basale und periphere Dominanz. Auch die bei dem NSIP-Muster in einem Teil der Fälle zu sehende relative Aussparung des Subpleuralraums ist für die fibrotische EAA untypisch. Die fibrotische EAA kann sich aber auch mit dem klassischen Muster einer NSIP äußern und lässt sich dann radiologisch von anderen Genesen dieses Musters nicht differenzieren (s. o.).
Asbestose
Die Fibrose nach Asbestexposition hat aufgrund ihrer bronchiolozentrischen Pathogenese histopathologische Gemeinsamkeiten mit der fibrotischen EAA. In der HRCT betrifft die Asbestose aber dominant die dorsobasalen Unterlappen ähnlich der IPF. Die fibrotische EAA zeigt nur in einem Drittel der Fälle eine Unterlappendominanz und neigt zur relativen Aussparung der Rezessus. In einer chinesischen retrospektiven Studie (204 Asbestosen; 74 fEAA) bestätigte sich diese Verteilung bzw. auch eine Oberlappendominanz für die fibrotische EAA. Die Asbestexponierten hatten signifikant mehr und charakteristischere Pleuraveränderungen als die EAA-Patienten. Bei den fibrotischen Veränderungen waren subpleurale intralobuläre Noduli, als sog. „Frühfibrose“ der wesentliche spezifische Befund der Asbestose bei allerdings moderater Sensitivität (Spezifität 86 %, Sensitivität 57 %, PPV 92 %, NPV 42 %). Die Expositionsdosen wurden in dieser Arbeit aber nicht berücksichtigt. Interessanterweise traten auch bei der Asbestose in mehr als der Hälfte ein Mosaikmuster und 3-Dichte-Zeichen ohne signifikanten Unterschied zur fibrotischen EAA auf [206 ]. Dies könnte auf die asbestinduzierte „small airways disease“ im Bereich der Bronchioli respiratorii zurückgeführt werden, die bei der Asbestose selten zu einer obstruktiven Ventilationsstörung führen kann [207 ]
[208 ].
Insgesamt wird abschließend über die Radiologie der EAA Folgendes zusammengefasst:
Aufgrund geringer Sensitivität und Spezifität ist die projektionsradiografische Thoraxübersicht in der Diagnostik der EAA inzwischen verzichtbar. Methode der Wahl ist die dünnschichtige Mehrzeilen-Volumen-HRCT ggf. mit Exspirationsaufnahmen.
Gegenüber den hochkomplexen radiologischen Befundkriterien der internationalen ATS/JRS/ALAT-Leitlinie nach Wahrscheinlichkeitsgraden aus 2020 wird radiologisch eine „pragmatische“ Einteilung vorgeschlagen. Nach HRCT-Kriterien kann eine rein inflammatorische Form von einer fibrotischen EAA differenziert werden. Bei beiden EAA-Formen spiegeln die HRCT-Zeichen die zwei Erkrankungskomponenten der „Parenchyminfiltration“ und der „Beteiligung der kleinen Atemwege“ wider.
Die inflammatorischen Zeichen sind potenziell reversibel. Ob bei chronischer Milchglastrübung von einer feinen Fibrose auszugehen ist, kann HRCT-morphologisch nicht aufgelöst werden.
Für die herausfordernde Diagnose der „EAA mit Fibrose“ ist die Kombination von Fibrosekriterien (jedweden Musters) mit Zeichen des inflammatorischen Phänotyps – insbesondere des 3-Dichte-Zeichens – hoch suggestiv. Zudem ist die bei der fibrotischen EAA variable kraniokaudale und axiale Verteilung in die Diagnoseabwägung integrativ einzubeziehen.
Die berufsbedingte exogen-allergische Alveolitis stellt sich mit den o. g. bildgebenden Kriterien identisch dar. Auf Zeichen anderer Pneumokoniosen ist bei möglicher Koexposition mit anorganischen Stäuben zu achten und im Rahmen einer Begutachtung eine Klassifikation nach ICOERD durchzuführen.
Frage 4
Soll in der radiologischen Befundung der HRCT bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und dem Verdacht auf eine EAA eine Klassifizierung nach „rein inflammatorischer“ und „fibrotischer“ Form der EAA erfolgen?
Empfehlung
E4
Der HRCT-morphologische Befund einer ILD soll enthalten, ob charakteristische Zeichen und Verteilung einer inflammatorischen oder fibrotischen EAA vorliegen. Bei der fibrotischen EAA soll im Befund festgehalten werden, ob eine inflammatorische Komponente vorliegt und wie die Gewichtung zwischen Fibrose und Inflammation ist.
starker Konsens (100 %)
5.4 BAL
Die Durchführung einer bronchoalveolären Lavage (BAL) ist ein wesentlicher diagnostischer Baustein bei der Abklärung von Patienten mit Verdacht auf eine EAA [5 ]. Der Nachweis einer lymphozytären Alveolitis in der BAL ist charakteristisch und gilt als ein sehr sensitiver Parameter [15 ].
Die EAA hat unter allen interstitiellen Lungenerkrankungen die höchste Gesamtzellzahl und stärkste Lymphozytose, mit oftmals deutlich über 50 % der Gesamtzellen. Mit zunehmenden Lymphozytenanteil nimmt die Wahrscheinlichkeit für eine EAA zu. Eine fehlende Lymphozytose macht eine akute EAA sehr unwahrscheinlich [209 ].
Bei akuten, nicht-fibrotischen Verläufen einer EAA ist der Lymphozytenanteil höher (46 %; 20–80 %) als bei chronisch-fibrotischen Verläufen (19 %; 11–41 %) [210 ]. In einer Metaanalyse fand sich allerdings kein Unterschied im Ausmaß der BAL-Lymphozytose zwischen chronischer EAA insgesamt (43 %) und der radiologisch/histologisch definierten Subgruppe mit chronisch-fibrotischer EAA [211 ].
Bei chronisch-fibrotischen Verläufen kann aber auch eine nur geringe oder eine fehlende Lymphozytose mit Erhöhung der Neutrophilen beobachtet werden [19 ]
[159 ]
[209 ]
[212 ]
[213 ]
[214 ].
Ein Lymphozytenanteil von > 30 % wurde als gute Diskriminierungsschwelle zwischen einer chronisch-fibrotischen EAA und einer IPF vorgeschlagen [215 ]. Eine Metaanalyse im Kontext der internationalen EAA-Leitlinie zeigte, dass diese Trennschwelle von > 30 % Lymphozyten geeignet ist, eine fibrotische EAA von einer IPF mit einer Spezifität von 80 % und einer Sensitivität von 55 % zu unterscheiden, eine nicht-fibrotische EAA von einer IPF gar mit einer Sensitivität von 88 % bei einer identischen Spezifizität von 80 % [216 ]. Bei einer niedrigeren Trennschwelle von 20 % Lymphozyten zur Unterscheidung einer chronischen EAA von einer IPF ist die Spezifität niedriger, zugunsten einer höheren Sensitivität (Spez. 72,7 %; Sens. 68,1 %; PPV 56,9 %; NPV 81,1 %), und umgekehrt bei einer höheren Trennschwelle von 50 % Lymphozyten (Spez. 95,1 %; Sens. 30,9 %; PPV 77,6 %; NPV 71,6 %) [211 ]. Im Allgemeinen wären höhere Trennschwellen der BAL-Lymphozytose aufgrund der höheren Spezifität geeigneter für die Anwendung in der klinischen Routine, um EAA von IPF zu trennen [211 ]
[216 ]
[217 ]
[218 ].
Zu beachten ist allerdings auch, dass bei der akuten EAA innerhalb der ersten 48 h nach Antigenexposition eine neutrophile Alveolitis nachweisbar sein kann [219 ]. Dieses Zeitfenster gilt es zu berücksichtigen, falls im Anschluss an eine inhalative Provokationstestung eine BAL durchgeführt wird.
Bei der Bewertung der Lymphozytensubtypen galt eine Erhöhung der CD8+ -T-Lymphozyten und somit mit einem erniedrigten CD4+ /CD8+ -Quotienten als typischer Befund einer EAA [220 ]. Es konnte aber zunehmend gezeigt werden, dass der CD4+ /CD8+ -Quotient nur eine untergeordnete Rolle in der Differenzierung der EAA von einer Sarkoidose hat [209 ]
[221 ]. Ein normaler oder erhöhter CD4+ /CD8+ -Quotient schließt keinesfalls eine EAA aus. Die Variabilität kann von der verursachenden Antigenart, dem Zeitpunkt der letzten Antigenexposition und vom klinischen Verlauf abhängen, da insbesondere bei chronisch-fibrotischen Verläufen erhöhte Quotienten gefunden werden [85 ]
[222 ].
Weitere Merkmale der BAL bei einer EAA können vermehrte Eosinophile, Mastzellen, Plasmazellen und schaumige Makrophagen (Schaumzellen) sein [223 ]
[224 ].
Bei asymptomatisch exponierten Personen (z. B. Landwirten) hat der Nachweis einer lymphozytären BAL analog dem Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper gegen potenzielle Antigene keine prognostische Bedeutung und wird als subklinische lymphozytäre Alveolitis bezeichnet [160 ].
Frage 5
Soll bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und dem klinischen Verdacht auf eine EAA eine zelluläre BAL-Analyse durchgeführt werden?
Empfehlung
E5
Bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und bei denen eine EAA differenzialdiagnostisch erwogen wird, soll eine BAL mit Zelldifferenzierung erfolgen.
Ein erhöhter Lymphozytenanteil von > 30 % in der BAL bei Patienten mit einer ILD sollte eine weiterführende Diagnostik in Hinblick auf eine EAA nachsichziehen.
Der CD4/CD8-Quotient in der BAL-Analyse soll nicht für die Diagnosestellung einer EAA verwendet werden.
starker Konsens (100 %)
5.5 Histopathologie
5.5.1 Biopsieverfahren
Bezüglich der Bedeutung einer Lungenbiopsie bei Patienten mit einer EAA muss zunächst unterschieden werden, ob klinisch eine akute oder chronische Verlaufsform vorliegt und ob die chronische Form fibrotisch oder nicht-fibrotisch verläuft bzw. der Verdacht auf eine anderweitige Lungenerkrankung besteht, welche die bioptische Abklärung rechtfertigt.
Falls die Indikation zur Durchführung einer Lungenbiopsie gestellt wird, stehen neben den beiden bronchoskopischen Verfahren einer transbronchialen Zangen- (TBZ) und Kryobiopsie (TBK) auch die chirurgische Lungenbiopsie zur Verfügung (SLB = surgical lung biopsy ). Prinzipiell ist die diagnostische Genauigkeit bzw. Trefferquote, grundsätzlich bei allen ILDs, mit einer TBZ aufgrund der unvollständigen Erreichbarkeit v. a. subpleuraler Lungenareale, der kleineren Gewebsproben und Quetschartefakten geringer als bei der TBK. Die Evidenz für die diagnostische Genauigkeit bzw. Trefferquote der TBZ bei EAA-Patienten ist begrenzt. Der Nachweis charakteristischer EAA-Befunde gelingt bei der akuten bzw. nicht-fibrotischen Verlaufsform in ca. 50 % der Patienten. Werden Patienten mit akuter bzw. nicht-fibrotischer EAA und solche mit chronisch-fibrotischer EAA eingeschlossen, liegt die diagnostische Trefferquote nur bei 40 % [210 ]
[225 ]
[226 ].
Die TBK ist mittlerweile bei der Diagnostik von ILDs etabliert [5 ]. In einer Metaanalyse zur Trefferquote und Komplikationsrate der TBZ und TBK bei Patienten mit EAA zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der TBK mit 82 % (95 %-KI 78–86) als mit der TBZ mit 37 % (95 %-KI 32–42). Dabei zeigte sich eine etwas höhere Komplikationsrate für die TBK bezüglich Blutungen und Pneumothorax [227 ]. In einer prospektiven, multizentrischen Studie, die die TBK mit der SLB bei 65 Patienten mit ILD verglich, wurde für die Diagnose einer chronischen EAA zunächst eine histopathologische Konsensusdiagnose mittels TBK bei 15 % bzw. mittels SLB bei 23 % gestellt, und nach einer MDD bei 23 bzw. 28 % aller Fälle. Dabei zeigte sich eine hohe Übereinstimmung bei den letztlich eindeutigen EAA-Fällen zwischen den beiden Biopsieverfahren (95 %) [228 ]. Insgesamt lässt sich bei 82–91 % aller Patienten durch eine TBK eine SLB vermeiden [3 ].
Die Datengrundlage für die Wertigkeit der SLB bei EAA-Patienten, i. d. R. bei solchen mit einer chronisch-fibrotischen Form, ist ebenfalls begrenzt: Bei 46 Patienten mit der initialen Diagnose einer IPF wurde nach Re-Evaluation mit zusätzlichen serologischen Tests und Umweltanalysen letztlich bei 20 Patienten die Diagnose einer chronischen EAA gestellt. Bei 16 von diesen 20 Patienten konnten in der SLB zuvor definierte Merkmale einer chronisch-fibrotischen Form festgestellt werden [24 ]. Bei Patienten mit einer unklaren ILD lag die Verdachtsdiagnose einer EAA nach den CT-Befunden zunächst bei 24 %, nach den histopathologischen Befunden mittels SLB bei 32 %. Letztlich wurde aber unter Berücksichtigung aller zugrunde liegenden Informationen inklusive CT- und Histopathologiebefunden nur bei 21 % die Diagnose einer EAA gestellt [229 ]. Gerade bei Patienten mit einer initial unklassifizierbaren ILD kann die SLB zu der Diagnose einer EAA führen [230 ].
In der Differenzialdiagnose zu einer IPF finden sich bei EAA-Patienten in 67 % der Fälle in allen gewonnenen Lungenbioptaten einer SLB Charakteristika einer EAA [231 ]. Eine internationale Leitlinie zur Diagnose der EAA gab die diagnostische Trefferquote der SLB bei bekannter oder verdächtiger EAA mit 96 % an. In 91 % der Fälle wurde durch den histopathologischen Befund der SLB die Diagnose einer EAA bestätigt und in 9 % eine alternative Diagnose gestellt [3 ].
Bezüglich der Komplikationsrate der einzelnen Biopsieverfahren wird auf die deutsche Diagnostik-Leitlinie der ILDs verwiesen [5 ].
Frage 6
Soll bei Patienten mit V. a. eine EAA eine notwendige Lungenbiopsie mittels transbronchialer Zangenbiopsie (TBZ), transbronchialer Kryobiopsie (TBK) oder chirurgischer Lungenbiopsie (SLB) erfolgen?
Empfehlung
E6
Ist zur Diagnosestellung einer akuten bzw. chronisch nicht-fibrotischen EAA eine Lungenbiopsie notwendig, sollte diese entweder mit einer TBZ oder TBK erfolgen.
Ist zur Diagnosestellung einer chronisch-fibrotischen EAA eine Lungenbiopsie notwendig, soll diese mittels TBK erfolgen.
Ist zur Diagnosestellung einer chronisch-fibrotischen EAA eine Lungenbiopsie notwendig und eine vorausgegangene TBK hat keinen verwertbaren Befund ergeben oder die Durchführung einer TBK ist nicht möglich, sollte eine SLB erfolgen.
starker Konsens (100 %)
5.5.2 Histopathologische Befunde
Grundsätzlich ist für die adäquate Interpretation histopathologischer Befunde und die Diagnosestellung einer EAA im Besonderen immer die Angaben von klinischen Informationen und Kontext notwendig. Die histopathologischen Veränderungen im Lungengewebe von Patienten mit einer EAA unterscheiden sich bei der nicht-fibrotischen Verlaufsform deutlich von solchen bei fibrotischen Verlaufsformen [3 ]
[232 ]. Ob es sich um eine akute oder chronische nicht-fibrotische EAA handelt, kann dann abschließend nur im Rahmen einer interdisziplinären Besprechung im Rahmen eines spezialisierten ILD-Boards beurteilt werden. Daher wird im Folgenden histopathologisch nur zwischen einer nicht-fibrotischen und fibrotischen EAA unterschieden.
Nicht-fibrotische EAA
Bei nicht-fibrotischer EAA ist folgende Trias charakteristisch [3 ]
[233 ]
[234 ]:
lymphozytäre, teils plasmazelluläre entzündliche Infiltration des Interstitiums mit bronchiolozentrischer Akzentuierung,
oftmals ungeordnete, teils epitheloidzellige, unregelmäßig im peribronchiolären Interstitium verteilte, nicht-nekrotisierende Granulome,
lymphozytäre, teils plasmazelluläre Bronchiolitis mit organisierender Pneumonie (OP-Muster).
Findet sich die lymphozytäre Infiltration i. d. R. immer, so lassen sich die Granulome nur in zwei Drittel der Fälle und ein OP-Muster in der Hälfte der Fälle nachweisen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die granulomatöse Entzündungskomponente bei der EAA meist unscharf abgegrenzt in die vorbeschrieben lymphozytären Infiltrate eingebettet ist und so leicht übersehen werden kann. Gleichsam ist das OP-Muster bei einer EAA meist heterogener verteilt und weniger raumgreifend als z. B. im Rahmen einer pulmonalen Infektion. Bei Vorhandensein aller drei zuvor genannten histologischen Charakteristika gilt die Diagnose einer EAA als typisch, bei zwei Charakteristika als wahrscheinlich und bei einem als möglich bzw. unbestimmt ([
Tab. 7)
]
[3 ]
[233 ]
[234 ].
Tab. 7
Histopathologische Merkmale der nicht-fibrotischen EAA (modifiziert nach [3 ]).
1. zelluläre interstitielle Pneumonie
2. zelluläre Bronchiolitis
lymphozytäre Prädominanz (Lymphozyten > Plasmazellen)
organisierende Pneumonie (OP)
Schaumzellen in den terminalen Atemwegen
3. ungeordnete, nicht-nekrotisierende Granulome
unscharfe, lockere Akkumulate von Epitheloidzellen und/oder mehrkernige Riesenzellen
vor allem im peribronchialen Interstitium lokalisiert
Typisch für eine akute, nicht-fibrotische EAA ist der Nachweis aller drei Merkmale in einer Lungenbiopsie.
Wahrscheinlich für eine akute, nicht-fibrotische EAA ist der Nachweis der ersten beiden Merkmale, also ohne den Nachweis von Granulomen.
Unbestimmt bzw. möglich für eine akute, nicht-fibrotische EAA ist der alleinige Nachweis der ersten oder zweiten Kriterien bzw. eines bestimmten ILD-Musters (cNSIP-artige Veränderungen, OP, peribronchiale Metaplasie – synonym Lambertose).
Merkmale, welche die histopathologische Diagnose einer EAA konterkarieren, da diese auf eine alternative Diagnose hinweisen:
Plasmazellen > Lymphozyten
schwergradige lymphozytäre Hyperplasie
zahlreiche, gut geformte Granulome vom Sarkoidose-Typ oder nekrotisierende Granulome
Aspirationspartikel
Die OP ist ein sehr unspezifisches Schädigungsmuster, welches bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten kann. Bei alleinigem Nachweis eines OP-Musters müssen daher andere Schädigungen mit möglichem OP-Muster (z. B. medikamentös-toxische Pneumonitis, genuine kryptogen organisierende Pneumonie [COP]) als eigenständiges Krankheitsbild differenzialdiagnostisch abgegrenzt werden [234 ].
Eine wichtige differenzialdiagnostisch zu erwägende granulomatöse ILD ist die Sarkoidose. Hierbei steht die granulomatöse Reaktion deutlich prominenter im Vordergrund mit größeren, geordneten und teils konfluierenden Granulomen und fällt durch eine Lokalisation überwiegend entlang der Lymphwege des bronchovaskulären Bündels, der interlobulären Septen und der viszeralen Pleura auf [235 ].
Weitere histopathologische Differenzialdiagnosen können u. a. eine bronchiolozentrische Inflammation bei Aspiration sein, eine respiratorische Bronchiolitis bei Rauchern, eine Pneumokoniose (z. B. Berylliose), eine ILD im Rahmen einer Kollagenose, eine medikamentös-toxische Schädigung, eine granulomatöse ILD im Rahmen eines Immundefekts oder auch eine granulomatöse Infektion (z. B. durch Mykobakterien oder Pilze) [4 ]. Daher ist bei einer (Erst-)Diagnose einer Granulomatose eine infektiöse Genese von pathologischer Seite mittels adäquater Techniken (z. B. Ziehl-Neelsen-Färbung, Auramin-Färbung mit subsequenter fluoreszenzmikroskopischer Untersuchung, Grocott-Färbung, Mykobakterien- oder Pilz-PCR etc.) auszuschließen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollten stets mit den radiologischen Befunden wie auch den (konventionellen) mikrobiologischen Befunden und der Klinik (z. B. Vorhandensein einer Immunsuppression?) korreliert werden.
Fibrotische EAA
Bei der fibrotischen EAA kommt es zu einer interstitiellen Fibrosierung. Meist können hier nur noch vereinzelt Granulome nachgewiesen werden, wodurch die Zuordnung zu einer EAA bei einem entsprechend klinischen Verdacht meist noch möglich ist, sich aber verglichen mit einer akuten EAA deutlich herausfordernder gestalten kann. Insbesondere eine zentrilobuläre bzw. bronchiolozentrische Fibrosierung oder auch eine sog. bridging fibrosis sprechen für das Vorhandensein einer EAA. Letztere entspricht einer kontinuierlichen Fibrosierung zwischen zentrilobulären und perilobulären (subpleural oder in Nähe der interlobulären Septen) Regionen. Weitere histopathologische Charakteristika einer fibrotischen EAA können einzelne Areale mit einem akuten Schädigungsmuster (vgl. „akute EAA“) sowie Riesenzellreaktionen mit Cholesterinlücken oder Oxalatkristallen sein. Gerade letztgenannte können leicht als ein Aspirationsgeschehen fehlinterpretiert werden [231 ]
[236 ]
[237 ]
[238 ].
In Abhängigkeit vom klinischen Progress bzw. dem Stadium der Erkrankung kann das prädominante oder auch alleinige darstellbare histopathologische Muster einer zellulären oder fibrotischen NSIP oder einer UIP nachweisbar sein [231 ]
[236 ]
[237 ]
[238 ]. Eine Autopsiestudie zeigte, dass insbesondere Granulome bei fibrotischer EAA auch vollkommen fehlen können. Im Vergleich zur idiopathischen Lungenfibrose, welche histopathologisch typischerweise ebenfalls durch ein UIP-Muster gekennzeichnet ist, sind bei der fibrotischen EAA zwar auch honigwabig veränderte Lungenareale in den Unterlappen charakteristisch; allerdings finden sich diese bei der fibrotischen EAA zusätzlich auch in den Oberlappen und sind oftmals sehr asymmetrisch verteilt [239 ]. Letztlich kann sich die Abgrenzung einer chronisch-fibrotischen EAA von anderen fibrosierenden Lungenerkrankungen herausfordernd gestalten. Hilfreich ist insbesondere der Nachweis eines fibrotischen NSIP-Musters in Kombination mit einer atemwegszentrierten Fibrose und mit Merkmalen einer nicht-fibrotischen EAA, insbesondere von Granulomen [3 ].
Liegen alle diese Merkmale gemeinsam vor, so wird dies als typischer Befund einer fibrotischen EAA angesehen. Auch ohne den Nachweis von Granulomen ist diese Kombination noch als wahrscheinlich für eine fibrotische EAA einzuordnen. Wird nur eine fibrotische interstitielle Pneumonie, insbesondere eine fibrotische NSIP, nachgewiesen, so wird dies als unbestimmtes Muster, aber weiterhin auch als möglich für eine fibrotische EAA bewertet ([
Tab. 8
]) [3 ].
Grundsätzlich bleibt festzustellen, dass die differenzialdiagnostische Abgrenzung zu anderen fibrotischen ILDs mit fibrotischem NSIP- oder UIP-Muster schwierig sein kann, insbesondere, wenn klinische oder radiologische Informationen unzureichend sind oder ganz fehlen. [
Abb. 12
] zeigt charakteristische histopathologische Befunde der nicht-fibrotischen und fibrotischen EAA ([
Abb. 12
])
Tab. 8
Histopathologische Charakteristika der fibrotischen EAA (modifiziert nach [3 ]).
1. chronisch fibrotisch interstitielle Pneumonie
Architekturstörung, fibroblastäre Foci ± Honigwaben (auch in den Lungenoberlappen, häufig asymmetrisch)
fibrotisches NSIP-Muster (fNSIP)
2. atemwegszentrierte Fibrose
3. ungeordnete, locker geformte, nicht-nekrotisierende Granulome
Typisch für eine chronische, fibrotische EAA ist der Nachweis der Merkmale 1., 2. und 3. in derselben Lungenbiopsie.
Wahrscheinlich für eine chronische, fibrotische EAA ist der Nachweis der Merkmale 1. und 2. und ggf. zusätzlich eine zelluläre interstitielle Pneumonie, eine zelluläre Bronchiolitis, ein OP-Muster sowie die Abwesenheit von histologischen Veränderungen, welche eine anderweitige Diagnose nahelegen (s. u.).
Unbestimmt bzw. möglich für eine chronisch-fibrotische EAA ist der alleinige Nachweis des Merkmals 1. (Architekturzerstörung, Fibroblasten-Foci ± subpleurale Honigwaben oder fNSIP-Muster) und ggf. zusätzlich eine zelluläre interstitielle Pneumonie, eine zelluläre Bronchiolitis, ein OP-Muster sowie die Abwesenheit von histologischen Veränderungen, welche eine anderweitige Diagnose nahelegen (s. u.).
Merkmale, die nicht nachgewiesen werden dürfen, da diese auf eine alternative Diagnose hinweisen:
Plasmazellen > Lymphozyten
schwergradige lymphozytäre Hyperplasie
zahlreiche, gut geformte Granulome vom Sarkoidose Typ oder nekrotisierende Granulome
Aspirationspartikel
Abb. 12 Charakteristische histopathologische Befunde der exogen-allergischen Alveolitis. a Mikroskopische Übersichtsaufnahme eines transbronchialen Lungenbiopsats, in dem sich eine Reduktion der lufthaltigen Alveolarräume zugunsten des Interstitiums darstellt (H&E, Messbalken = 1000 μm). b In höherer Vergrößerung zeigt sich das alveoläre Interstitium dabei aufgeweitet durch ein dichtes, lymphozytäres Infiltrat im Sinne einer interstitiellen Pneumonitis, die in initialen Stadien der EAA bronchiolozentrisch akzentuiert auftritt (H&E, Messbalken = 100 μm). c In subsequenter immunhistochemischer Aufarbeitung demaskiert sich das lymphozytäre Infiltrat dabei als prädominant T-zellulär (CD3-Positivität). Die Ausbildung von Lymphfollikeln ist i. d. R. nicht zu beobachten (CD3, Messbalken = 50 μm). d Transbronchiales Lungenbiopsat, in dem sich angrenzend an entzündlich durchsetzte Alveolarsepten am linken Bildrand ein unscharf begrenztes, epitheloidzelliges Granulom ohne Nekrosen nachweisen lässt (H&E, Messbalken = 250 μm). e In höherer Vergrößerung zeigen sich zentral einliegend plumpe Epitheloidzellen (Pfeil) mit umgebend lockeren Lymphozytenansammlungen (H&E, Messbalken = 50 μm). f Die Granulome einer EAA können auch mehrkernige, in diesem Beispiel geordnete Riesenzellen, enthalten. Zum angrenzenden Gewebe sind die Granulome dabei insgesamt nur locker abgegrenzt (H&E, Messbalken = 50 μm). g Die mehrkernigen Riesenzellen zeigen fakultativ zytoplasmatische Einschlüsse, hier beispielhaft in Form einer Cholesterollücke (Asterisk). Ferner findet sich am unteren Bildrand eine intraalveolär polypoide myofibroblastäre Knospe (Pfeil), die von desquamierten Makrophagen und Lymphozyten umgeben wird und in Zusammenschau mit der angrenzenden interstitiellen Pneumonitis dem Herd einer organisierenden Pneumonie entspricht. Somit zeigen sich in diesem transbronchialen Biopsat die drei pathognomischen Schädigungsmuster einer EAA: Eine interstitielle Pneumonitis, epitheloidzellige Granulome und Herde einer organisierenden Pneumonie (H&E, Messbalken = 100 μm). h Die intraalveolären Myofibroblastenproliferate der organisierenden Pneumonie können sich auch prominenter in Form zopfartiger, die Alveolarräume großflächig auskleidender Formationen (Asterisk) präsentieren (H&E, Messbalken = 100 μm). i Transbronchiales Biopsat, in dem sich benachbart zu den im Rahmen der interstitiellen Pneumonitis zellulär verbreiterten Alveolarsepten eine heterogene, interstitielle Fibrose (Asterisk) zeigt, die den Übergang in die fibrotische Form der EAA anzeigen kann. Angrenzend zeigt sich ferner eine polypoide Myofibroblastenknospe einer organisierenden Pneumonie (Pfeil) (H&E, Messbalken = 100 μm).
Frage 7
Soll in der histopathologischen Befundung von Lungengewebe bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ILD und dem Verdacht auf eine EAA eine Klassifizierung nach „nicht-fibrotischer“ und „fibrotischer“ Form der EAA erfolgen?
Empfehlung
E7
Der histopathologische Befund einer ILD sollte dazu Auskunft geben, ob charakteristische Veränderungen einer nicht-fibrotischen oder einer fibrotischen EAA vorliegen und ob diese somit für das Muster einer nicht-fibrotischen oder einer fibrotischen EAA typisch oder wahrscheinlich wären.
Bei der fibrotischen EAA sollte im Befund festgehalten werden, wie die Gewichtung zwischen nicht-fibrotischen und fibrotischen Befunden einer EAA ist.
starker Konsens (100 %)
5.6 Inhalative Provokation
In der klinischen Routine ist i. d. R. eine inhalative Provokationstestung nicht notwendig. Gründe für eine inhalative Provokationstestung können sein, dass die Diagnose einer EAA mit den erhobenen diagnostischen Parametern nicht sicher zu beweisen ist, eine aufwendige Antigenkarenz, wie Wohnungs- oder Berufswechsel notwendig wäre und gutachtliche (Berufskrankheit) bzw. wissenschaftliche Fragestellungen (Sicherung eines neuen Antigens bzw. einer Antigenquelle) [240 ]. Dabei kann der inhalative Provokationstest prinzipiell wie folgt durchgeführt werden [240 ]
[241 ]:
als Reexposition unter natürlichen, der Realität entsprechenden Bedingungen (z. B. am Arbeitsplatz),
als realitätsnahe bzw. arbeitsplatzbezogene Provokation in der Klinik (z. B. mit mitgebrachtem Heu des Landwirts) oder
als Provokation mit Extrakten der verdächtigen Substanzen in der Klinik (z. B. mit Aspergillus fumigatus)
In der größten retrospektiven Studie zur inhalativen Provokationstestung mit verschiedenen ursächlichen Antigenen wird die Sensitivität mit 73 %, die Spezifität mit 84 %, der PPV mit 94 % und der NPV mit 47 % angegeben [242 ]. In einer weiteren retrospektiven Untersuchung der gleichen Arbeitsgruppe, die nur Patienten mit V. a. eine durch Vogelstaub ausgelöste EAA einschloss, wurde die Sensitivität sogar mit 92 %, die Spezifität mit 100 %, der PPV mit 100 % und der NPV mit 80 % angegeben. Allerdings wurde der spezifische Inhalationstest teils selbst zur Diagnosestellung der EAA verwendet [168 ]. In einer weiteren retrospektiven kleineren Arbeit aus Japan wurden eine Sensitivität von 93 % und eine Spezifität vom 95 % berechnet [243 ]. Ein negatives Testergebnis schließt eine EAA somit nicht definitiv aus und ein positives Ergebnis belegt eine EAA sehr stark. Bei akuten Verläufen der EAA liegen die meisten Erfahrungen zur Heustaubprovokation vor [240 ]
[244 ], aber auch bei chronischen Verläufen ist diese möglich [245 ]
[246 ]. Anhaltende schwere negative Effekte auf den Verlauf der EAA wurden nicht beobachtet, teilweise mussten bei positiver Reaktion kurzfristig ein orales Steroid oder Sauerstoff verabreicht werden [168 ]
[243 ]
[245 ]
[246 ]
[247 ]. Bei der chronischen Vogelhalterlunge waren die anamnestische Angabe einer Vogelhaltung bzw. -zucht oder die offensichtliche Exposition gegenüber Vögeln starke Prädiktoren für ein positives Provokationsergebnis. Der Abfall der FVC > 16 % und der Sauerstoffsättigung (SpO2 ) von 3 % bzw. des Sauerstoffpartialdrucks (PaO2 ) von 3 mmHg sowie der Anstieg der Temperatur von > 0,5 °C sind gute Diskriminierungswerte für ein positives Provokationsergebnis [245 ]
[247 ].
Bei Patienten mit einer akuten EAA und neu vermuteter Antigenquelle konnte die inhalative Provokationstestung die Diagnose einer EAA und die Antigenquelle bestätigen [110 ]. Bei einer Heustaubprovokation muss beachtet werden, dass neben der typischen Spätreaktion mit Allgemeinsymptomen, restriktiver Ventilations- und Diffusionsstörung im Sinne einer EAA auch eine alleinige obstruktive („asthmatische“) Sofortreaktion sowie eine kombinierte „asthmatisch-alveolitische“ Reaktion auftreten kann [248 ]. Auch kann nur eine systemische Reaktion im Sinne eines ODTS auftreten [240 ].
Aufgrund der Komplexität der Durchführung und Beurteilung sowie des zeitlichen Verlaufs sollte die inhalative Provokationstestung nicht ambulant durchgeführt werden, sondern nur unter stationären Bedingungen in Kliniken, die über ausreichende Erfahrung verfügen.
Die Durchführung und Bewertung des inhalativen Provokationstests ist weder standardisiert noch validiert [168 ]
[241 ]
[242 ]
[245 ]
[246 ]
[249 ]. In der amerikanischen Leitlinie wird aufgrund der fehlenden Standardisierung und Validierung der Antigenpräparate und ebenfalls fehlender Standardisierung der Provokationsmethodik die inhalative Provokationstestung prinzipiell nicht zur Diagnosestellung einer EAA empfohlen [4 ]. In Deutschland gibt es zur Durchführung Hinweise in der S2k-Leitlinie zum arbeitsplatzbezogenen Inhalationstest [250 ].
Frage 8
Soll bei Patienten mit V. a. eine EAA eine inhalative Provokationstestung durchgeführt werden?
Empfehlung
E8
Bei klinischem Verdacht auf eine akute EAA und offensichtlicher Antigenquelle oder Antigen kann die inhalative Provokationstestung in mit der Durchführung erfahrenen Zentren in der Diagnostik eingesetzt werden, falls mit den anderen diagnostischen Schritten die Diagnose nicht belegt werden kann, z. B. auch zur erstmaligen Bestätigung einer neuen Antigenquelle bzw. eines neuen Antigens.
Bei klinischem Verdacht auf eine chronische, insbesondere chronisch-fibrotische EAA und offensichtlicher Antigenquelle oder Antigen sollte keine inhalative Provokationstestung durchgeführt werden.
starker Konsens (100 %)
5.7 Karenztest
Wird das auslösende Antigen oder die Antigenquelle vermutet, kann ggf. ein Karenztest durchgeführt werden. Nach einer Karenzzeit mit entsprechender Meidung eines möglichen Expositionsorts (z. B. Arbeitsplatz, Wohnung) und damit einhergehender Normalisierung initial pathologischer Parameter kann dann der Patient unter kontrollierten Bedingungen wieder dem verdächtigten Umfeld ausgesetzt werden (Karenz-Reexpositionstest).
Bei eindeutigen Antigenquellen wie Ziervögeln, Zimmerspringbrunnen oder Bettfedern kann auf eine Reexposition verzichtet und nur die Normalisierung der pathologischen Parameter dokumentiert werden [128 ]. Zur Bedeutung des Karenztests liegen allerdings nur retrospektive Daten vor. Die meisten dieser Studien untersuchten den Verlauf der Lungenfunktion unter Durchführung einer Antigenkarenz [64 ]
[251 ]
[252 ]
[253 ]. Dabei wurde in einer Studie eine Sensitivität von 51 % und eine Spezifität von 81 % nach 2-wöchiger Antigenkarenz bei chronischer EAA beschrieben [64 ]. Andere berichteten über die Verbesserung der klinischen Symptome unter alleiniger Durchführung einer Antigenkarenz [152 ]
[253 ]
[254 ]
[255 ]. Dabei wurde eine klinische Besserung selbst bei chronisch-fibrotischer EAA noch in 41 % der Fälle beobachtet, bei akuter bzw. nicht-fibrotischer EAA in 52–100 % der Fälle.
Frage 9
Soll bei Patienten mit V. a. eine EAA ein Karenztest durchgeführt werden?
Empfehlung
E9
Bei klinischem Verdacht auf eine EAA und offensichtlicher Antigenquelle oder Antigen sollte ein Karenztest in der Diagnostik eingesetzt werden, falls mit den anderen diagnostischen Schritten die Diagnose nicht belegt werden kann.
Die klinische und/oder funktionelle Verbesserung unter Antigenkarenz sollte in der Diagnosestellung einer EAA berücksichtigt werden, wobei die Relevanz bei Patienten mit vermuteter akuter bzw. nicht-fibrotischer EAA höher ist als bei Patienten mit chronischer bzw. fibrotischer EAA.
Die alleinige fehlende klinische und/oder funktionelle Verbesserung unter Antigenkarenz soll nicht zum Ausschluss der Diagnosestellung einer EAA führen.
starker Konsens (100 %)
5.8 Diagnosestellung
Die Diagnose der EAA stützt sich auf den Nachweis der Exposition (Anamnese), der Sensibilisierung (spezifische IgG-Antikörper und/oder BAL-Lymphozytose) und einer ILD (charakteristische Morphologie in HRCT und/oder Biopsie). Daher wird die Diagnose anhand einer Kombination von Diagnosekriterien gestellt, da kein singulärer Befund die Diagnose einer EAA zweifelsfrei belegen kann. Diese diagnostischen Kriterien wurden nicht prospektiv validiert, sodass deren diagnostische Genauigkeit unklar bleibt.
Bei akuter Verlaufsform der EAA wurden einzelne Kriterien bezüglich ihrer Vorhersagewertigkeit untersucht. So beträgt bei Patienten mit offensichtlicher Antigenexposition (z. B. Landwirten, Vogelhaltern), einer typischen Anamnese mit zeit- und ortsabhängigen Symptomen, dem Nachweis antigenspezifischer IgG-Antikörper und auskultatorischem Nachweis einer Sklerosiphonie (inspiratorischem Knisterrasseln) die Wahrscheinlichkeit für eine EAA 97 %. Ist eine Antigenexposition nicht offensichtlich, so reduziert sich die Wahrscheinlichkeit auf 62 %, bei Fehlen weiterer Kriterien auf deutlich < 50 % [18 ]. Dies unterstreicht die Bedeutung einer genauen, teils detektivischen Anamnese zur Identifizierung einer Antigenexposition bei klinischem Verdacht auf eine EAA. Dabei können standardisierte Fragebögen eingesetzt werden [135 ].
Unter Berücksichtigung der zuvor genannten Erkenntnisse wurde auf Grundlage der deutschen Diagnosekriterien eine europäische Diagnoseempfehlung sowohl für eine akute als auch chronische Form der EAA publiziert [1 ]
[2 ]. Auch wenn diese Kriterien ursprünglich für berufsbedingte Formen einer EAA erarbeitet wurden, können diese auch allgemein angewendet werden.
Neben einer Kombination von Diagnosekriterien sind auch Diagnosealgorithmen für die EAA beschrieben [256 ]. In einer kürzlich erschienenen internationalen Leitlinie wurde ein Diagnosealgorithmus auf Grundlage diagnostischer Kriterien als Expertenkonsens publiziert [3 ]. Dabei wurde in dem Diagnosealgorithmus insbesondere auf die Bedeutung einer multidisziplinären Diskussion der vorliegenden Befunde analog anderer interstitieller Lungenerkrankungen hingewiesen. Die unterschiedliche Kombination der Befunde führt hier zu verschiedenen Wahrscheinlichkeiten der Diagnose EAA: definitive Diagnose, hohe, moderate oder niedrige Wahrscheinlichkeit einer EAA bzw. eine EAA kann nicht ausgeschlossen werden. Eine separate Bewertung der Kriterien bzw. deren Bedeutung für eine akute oder chronische Form bzw. für eine nicht-fibrotische oder fibrotische Form erfolgte nicht. Diese verschiedenen Stufen der Diagnosewahrscheinlichkeiten würden v. a. im Begutachtungswesen der EAA (Berufskrankheit nach Nr. 4201) Probleme in der Anerkennung bereiten. So müsste dort selbst für die akute Verlaufsform einer Diagnose EAA mit zumindest „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine invasive Diagnostik (BAL und/oder Lungenbiopsie) immer erfolgen.
Es wird daher empfohlen, für die Diagnose einer EAA getrennt nach akuter bzw. nicht-fibrotischer und chronisch-fibrotischer Verlaufsform Diagnosekriterien anzuwenden ([
Tab. 9 a
] und [
Tab. 9 b
]). Dabei wurde sich an den zuvor bereits genannten europäischen Diagnoseempfehlungen orientiert [2 ]. Allerdings wurde spezifiziert, dass eine BAL-Lymphozytose von mindestens 30 % gefordert wird, da hier v. a. bei der chronisch-fibrotischen EAA die beste Diskriminierung zur IPF gelingt. Auch wurde bei der chronisch-fibrotischen EAA auf das Kriterium der eingeschränkten DLCO bzw. der Ruhe- oder Belastungshypoxämie verzichtet, da dieses Kriterium keine Spezifität für eine chronisch-fibrotische EAA darstellt, sondern bei allen fibrotischen ILDs vorkommt. Ebenfalls wurde bei der chronisch-fibrotischen EAA auf das Kriterium der inhalativen Provokationstestung bzw. Karentest verzichtet, da die Leitliniengruppe die inhalative Provokationstestung bei der chronisch-fibrotischen EAA nicht empfiehlt (s. Kapitel 5.6) bzw. die Relevanz des Karenztests bei der chronisch-fibrotischen EAA nur eingeschränkt verwendbar einschätzt (s. Kapitel 5.7).
Prinzipiell sollte die Diagnosestellung optimalerweise im Rahmen der interdisziplinären ILD-Konferenz getroffen werden.
Tab. 9 a
Diagnosekriterien für die akute bzw. nicht-fibrotische EAA (modifiziert nach [2 ]).
1. Exposition gegen eine potenzielle Allergenquelle
2. rezidivierende Symptomepisoden, beginnend 4–8 Stunden nach der Exposition
3. erhöhte spezifische IgG-Antikörper-Titer gegen ein potenzielles Antigen
4. Nachweis von inspiratorischem Knisterrasseln bei der klinischen Untersuchung
5. HRCT-Befund vereinbar mit einer inflammatorischen EAA
Bei Vorliegen dieser 5 Kriterien ist die sichere Diagnose einer akuten EAA gestellt. Falls nicht alle diese Kriterien vorliegen, können ersatzweise die nachfolgenden invasiven Kriterien verwendet werden:
6. Nachweis einer Lymphozytose (> 30 %) in der bronchoalveolären Lavage
7. histopathologischer Befund einer Lungengewebsprobe, typisch oder wahrscheinlich für eine akute bzw. nicht-fibrotische EAA
8. positiver inhalativer Provokationstest/Re-Expositionstest bzw. positiver Karenztest
Tab. 9 b
Diagnosekriterien für die chronisch fibrotische EAA (modifiziert nach [2 ]).
1. Exposition gegen eine potenzielle Antigenquelle
2. erhöhte spezifische IgG-Titer gegen ein potenzielles Antigen
und/oder Lymphozytose (> 30 %) in der BAL
3. HRCT-Befund des Thoraxes vereinbar mit fibrotischer EAA
4. Pathologiebefund einer Lungenbiopsie typisch oder wahrscheinlich für chronisch-fibrotische EAA
Die Diagnose einer chronisch-fibrotischen EAA ist dann gesichert, wenn mindestens 3 der genannten Kriterien vorliegen.
5.9 Differenzialdiagnostik
Häufig werden Patienten mit einer akuten EAA unter dem Verdacht auf eine bzw. rezidivierende Infektionen der Atemwege bzw. einen grippalen Infekt behandelt. Dies betrifft besonders die seltenen Fälle einer akuten EAA bei Kindern.
Wichtig ist die Abgrenzung einer akuten EAA von einer toxischen Alveolitis (ODTS = organic dust toxic syndrome ). Das ODTS ist eine durch Endotoxine aus der Zellwand gram-negativer Bakterien oder durch Mykotoxine hervorgerufene Krankheit, die ähnlich wie eine akute EAA durch eine febrile Reaktion ca. 3–12 h nach Inhalation organischer Stäube gekennzeichnet ist, jedoch i. d. R. ohne Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper, ohne pulmonale Funktionseinschränkungen und ohne pathologischen Röntgenthoraxbefund [257 ]
[258 ]. Definiert ist das ODTS als eine nichtinfektiöse, febrile Erkrankung mit Husten, evtl. bronchialer Hyperreagibilität, leichter Atemnot, Kopfschmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl [259 ]. Dieses Krankheitsbild wird bei Landwirten „Drescherfieber“ und bei Befeuchterexposition „Befeuchterfieber“ genannt [260 ].
Infektiöse (Mykobakteriosen, Histoplasmose) und nichtinfektiöse (Sarkoidose) granulomatöse Lungenerkrankungen müssen ebenfalls bedacht werden.
Weitere wichtige Differenzialdiagnosen sind medikamentös induzierte parenchymatöse Lungenparenchymerkrankungen (www.pneumotox.com ) und durch inhalative Noxen induzierte Lungenschädigungen, wie eine Silofüllerkrankheit [261 ]
[262 ], Popcornarbeiterlunge [263 ], Ardystil-Syndrom [264 ] oder nylonflockenassoziierte ILD [265 ].
Bei der chronischen EAA müssen eine Vielzahl von interstitiellen Lungenerkrankungen in die Differenzialdiagnostik mit einbezogen werden, wie lymphoide interstitielle Pneumonie (LIP), desquamative interstitielle Pneumonie (DIP), kryptogen organisierende Pneumonie (COP); idiopathische NSIP, Asbestose u. a.. Insbesondere bei chronisch-fibrotischen Verläufen einer EAA kann die Unterscheidung zu anderen chronisch-fibrotischen interstitiellen Lungenerkrankungen, insbesondere zur IPF, schwierig sein [24 ]
[266 ]. Es gilt auch pulmonale Manifestationen von Autoimmunerkrankungen abzugrenzen [267 ].
Die Schwierigkeit der korrekten Diagnosestellung einer EAA zeigt sich in einer Arbeit über die Übereinstimmung eines multidisziplinären Boards bezüglich der Diagnose IPF und EAA. Diese war bei der Diagnose IPF gut (κ = 0,79), bei der EAA jedoch deutlich schlechter (κ = 0,29) [266 ].