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DOI: 10.1055/a-2407-9254
Autologe Brustrekonstruktion und Bestrahlung: Konsensus-Bericht der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie (DAM)
Autologous Breast Reconstruction and Radiotherapy: Consensus Report of the German-Speaking Society for Reconstructive Microsurgery (GSRM)- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Methode
- Zusammenfassung der Datenlage
- Konsensfindung
- Schlussfolgerung
- Literatur
Zusammenfassung
Die autologe Brustrekonstruktion nach Mastektomie mittels freien Lappenplastiken (kurz: autologe Brustrekonstruktion) zeigt im Vergleich zur Implantat-basierten Rekonstruktion günstige klinische Langzeitergebnisse und eine höhere Patientenzufriedenheit. Traditionell galt die adjuvante Strahlentherapie als relative Kontraindikation für die sofortige autologe Brustrekonstruktion aufgrund der unvorhersehbaren Strahlenfolgen. Moderne adjuvante Strahlentherapien (PMRT) konnten jedoch akute und chronische Strahlenschäden deutlich reduzieren. Dennoch zögern Plastische Chirurgen immer noch, Patientinnen, die eine adjuvante Strahlentherapie benötigen, eine sofortige autologe Brustrekonstruktion anzubieten. In jüngster Zeit gibt es jedoch Hinweise auf einen Paradigmenwechsel, der eine solche Rekonstruktion trotz anschließender Strahlentherapie befürwortet. Im Rahmen eines Konsensus-Workshops der 44. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie (DAM) in Bern (Schweiz) wurde die Evidenz zur PMRT und autologer Brustrekonstruktion dargestellt und Konsensus-Formulierungen zum zukünftigen chirurgischen Management und zur zeitlichen Koordinierung erarbeitet. Dabei wurde betont, dass das Ziel jeder Rekonstruktion eine weiche und möglichst sensible Brust sein sollte, welche durch ein sicheres Verfahren eine bestmögliche Symmetrie in Form und Größe zur nicht betroffenen Gegenseite schafft. Es wurde konsentiert, dass die Erhaltung des originären Haut- und Weichteilmantels im Sinne einer hautsparenden oder sogar Mamillen-Areolen-Komplex (MAK) sparenden Mastektomie bei gleicher onkologischer Sicherheit die besten ästhetischen Ergebnisse erbringt. Abschließend konnte ein Konsens gefunden werden, dass eine PMRT und die zu erwartenden Strahlenfolgen entgegen dem ursprünglichen Meinungsbild vor dem Workshop nicht mehr eine Kontraindikation für eine autologe Sofortrekonstruktion darstellen sollten.
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Abstract
Autologous postmastectomy breast reconstruction is associated with favourable long-term clinical outcomes and superior patient-reported outcomes (PROMs) compared with implant-based reconstruction. However, adjuvant radiotherapy has traditionally been considered a relative contraindication to immediate flap-based reconstruction due to its unpredictable effects on the reconstructive outcome. While modern adjuvant postmastectomy radiotherapy (PMRT) has been able to significantly reduce acute and chronic radiation-induced complications, plastic surgeons still hesitate to offer immediate autologous reconstruction to patients expected to undergo adjuvant radiotherapy. More recently, evidence has emerged suggesting a paradigm shift in favour of immediate autologous reconstruction despite subsequent radiotherapy. At the 44th Annual Meeting of the German-speaking Society for Reconstructive Microsurgery (GSRM) in Bern, Switzerland, a workshop discussed the literature on PMRT and autologous breast reconstruction, aiming to establish consensus among the participants. Several areas of agreement were identified, including the goals of postmastectomy reconstruction, specifically the creation of a soft and sensitive breast symmetrical in shape and size to the unaffected breast via the safest procedure possible. The importance of preserving the maximum amount of native breast skin envelope through skin- and nipple-sparing approaches was emphasised. Finally, a consensus was reached that PMRT should no longer be considered a contraindication to immediate autologous breast reconstruction.
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Schlüsselwörter
Autologe Brustrekonstruktion - Post-Mastektomie-Bestrahlung - Strahlenfolgen - MammakarzinomKeywords
autologous breast reconstruction - radiation-induced effect - breast cancer - postmastectomy radiotherapyDAM Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie
D-BR delayed breast reconstruction
D/I-BR delayed/immediate breast reconstruction
DIEP deep inferior epigastric perforator
DTI direct-to-implant
HRQOL health-related quality of life
I-BR immediate breast reconstruction
IGAP inferior gluteal artery perforator
LAP lumbar artery perforator
MAK Mamillen-Areolen-Komplex
PAP profunda artery perforator
PMRT Postmastektomie Radiotherapie (adjuvante Strahlentherapie)
PROMs patient reported outcome measures
SGAP superior gluteal artery perforator
SLN sentinel lymph node
TMG transverse myocutaneous gracilis
TRAM transverse rectus abdominis myocutaneous
ms-TRAM muscle-sparing transverse rectus abdominis myocutaneous
Einleitung
Im Jahr 2023 erkrankten in der EU über 370 000 Frauen an Brustkrebs, was einer Inzidenz von bis zu 190 Neudiagnosen pro 100 000 Frauen entspricht [1] Von den 75 000 erkrankten Patientinnen in Deutschland benötigt mehr als ein Viertel aufgrund der Tumorgröße, der Tumorausbreitung und des Lymphknotenbefalls eine Mastektomie [[2]
Durch zahlreiche Verbesserungen der multimodalen Therapie des Mammakarzinoms konnte nicht nur die lokoregionäre Rezidivrate reduziert, sondern auch das Gesamtüberleben deutlich erhöht werden 3]. Ein wichtiger Baustein dieser Fortschritte ist die adjuvante Strahlentherapie [10]–[14]
Die alleinige Fokussierung auf die Tumorkontrolle durch aggressive chirurgische Therapieansätze steht heutzutage nicht mehr im Vordergrund. Insbesondere die Auswirkungen der unterschiedlichen Behandlungsansätze auf die Lebensqualität der Patientinnen werden zunehmend durch sogenannte „patient reported outcome measures“ (PROMs) in Studien als Evaluierungskriterien berücksichtigt [15]–[18]
In der Vergangenheit wurde bei entsprechender Indikation die klassische Mastektomie durch Entfernung des gesamten Brustdrüsengewebes samt umliegenden Hautweichteilmantels durchgeführt, ggf. in Verbindung mit einer Wächterlymphknoten-Biopsie (sentinel lymph node – SLN) und/oder Axilladissektion [19] Die anschließende adjuvante Bestrahlung erfolgte auf die mastektomierte Thoraxwand ohne Rücksicht auf eine Brustrekonstruktion oder deren Auswirkungen auf das Bestrahlungsfeld [9] Bei Wunsch der Patientin wurde die Brustrekonstruktion zeitlich verzögert zur adjuvanten Postmastektomie-Radiotherapie (PMRT) durchgeführt, was als sekundäre Brustrekonstruktion (delayed breast reconstruction – D-BR) bezeichnet wird. Obwohl dieses Vorgehen eine gute Tumorkontrolle ermöglichte und die zu erwartenden Strahlenschäden für die autologe Rekonstruktion vermieden werden konnten, hatte die Verzögerung der Brustrekonstruktion Auswirkungen auf den dauerhaften Verlust der körperlichen Integrität, die Lebensqualität, das verbleibende Stigma sowie psychosoziale Folgen [20]–[24]
Durch die Validierung der hautsparenden bzw. MAK-sparenden Mastektomie als onkologisch gleichwertige Operationstechnik konnte die originäre Brusthaut erhalten werden, wodurch sich andere Voraussetzungen für die Rekonstruktion und Bestrahlung ergaben [25] Zur Vermeidung einer Retraktion des Hautmantels erfordert dieser Therapieansatz einen simultanen, ggf. temporären Ersatz des verlorengegangenen Brustvolumens. Dies kann durch eine Sofortrekonstruktion (immediate breast reconstruction – I-BR) mit direkter Implantat-Einlage (direct-to-implant (DTI)-Rekonstruktion) oder autologe Brustrekonstruktion in einer Sitzung erfolgen. Ein weiteres Verfahren ist die verzögerte autologe Sofortrekonstruktion (delayed-immediate breast reconstruction – D/I-BR), bei der z. B. aus onkologischen Gründen oder bei unklarer Indikation zur PMRT in einer ersten Sitzung ein temporärer Platzhalter in Form eines Expanders oder einer Prothese eingebracht wird und die sekundäre Brustrekonstruktion mindestens bis zum Eingang der definitiven Pathologie verzögert wird [4] [26]
Bei der sekundären Brustrekonstruktion erfolgt die Operation zeitlich verzögert mehrere Monate nach Abschluss der Bestrahlung [27] Obwohl zahlreiche Studien belegen, dass die autologe Brustrekonstruktion als Goldstandard in der Behandlung der mastektomierten Brust gilt, werden weltweit weiterhin mehr Implantat-basierte Brustrekonstruktionen durchgeführt [23], [28] [29]. In den USA werden laut Angaben der „American Society of Plastic Surgeons“ (ASPS) knapp 80% der Brustrekonstruktionen mit alloplastischen Verfahren durchgeführt, zu denen die Expander-Implantat-Sequenz, die definitive sofortige Rekonstruktion mit Implantat oder die Hybridrekonstruktion mit Implantat und autologer Rekonstruktion zählen [[29]–[32]
Insgesamt konnte seit 2000 ein Anstieg sowohl bei heterologen als auch autologen Brustrekonstruktionen um 40% verzeichnet werden, mit einem weiteren Anstieg um 3% seit 2015. Dies ist vor allem auf eine deutliche Zunahme von Screening-Programmen, Genanalysen, prophylaktischen Mastektomien bei z. B. BRCA1- und BRCA2-Genmutations-bedingter Prädisposition sowie eine allgemeine Sensibilisierung für Brustkrebs durch die Medien zurückzuführen [33],[34]
Für die autologe Brustrekonstruktion werden erhebliche Kurz- und Langzeitauswirkungen der PMRT auf das Gewebe vor allem von gestielten TRAM Lappenplastiken in kleineren Fallserien aus den späten 90er und frühen 2000er Jahren nachgewiesen, was die kritische Haltung im deutschsprachigen Raum unterstützte [35] Es bleibt jedoch die Frage, ob die jüngsten Veröffentlichungen und die Erfahrung der Teilnehmer des Workshops ausreichen, um eine Neubeurteilung der Indikationen für eine autologe Sofortrekonstruktion mittels mikrovaskulärer Lappenplastiken trotz zu erwartender adjuvanter Bestrahlung zu rechtfertigen.
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Methode
Die vorliegende Publikation fasst als Konsensus die relevante Literatur sowie die Diskussion und die Empfehlungen der 51 Teilnehmer des Workshops „Zeitpunkt und Auswirkung der Bestrahlung bei autologen Brustrekonstruktionen mittels freien Lappenplastiken“ der 44. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie (DAM) in Bern (Schweiz) zusammen.
Die im Rahmen des Konsensus-Workshops diskutierten und erarbeiteten Empfehlungen beziehen sich auf eine Literaturanalyse und Diskussion der Strahlenwirkung auf die rekonstruierte Brust im Rahmen der multimodalen Behandlung des Mammakarzinoms sowie auf die Vor- und Nachteile einer Sofortrekonstruktion gegenüber einer verzögerten Sofortrekonstruktion und einer sekundären Rekonstruktion.
Vor Beginn des Workshops herrschte bei den anwesenden Mitgliedern die verbreitete Meinung, dass eine geplante adjuvante Bestrahlung aufgrund der zu erwartenden Strahlenfolgen auf das transplantierte, autologe Gewebe als Kontraindikation für eine einzeitige autologe Brustrekonstruktion nach Mastektomie zu werten sei.
Methodisch wurde der Konsensus-Workshop nach den Vorgaben der DAM aufgebaut, indem zur Abgleichung des Wissensstands aller Teilnehmer die aktuelle Studienlage im Zuge dreier Impulsvorträge gegenübergestellt wurde. Anschließend wurden Empfehlungen für die Indikation und das chirurgische Vorgehen sowie das Timing im Zusammenhang mit der PMRT bei freier, autologer Brustrekonstruktion erarbeitet. Die Implantat-basierte Sofortrekonstruktion war aufgrund der Heterogenität der verbreiteten Verfahren (prä- vs. subpektorale Implantatlage; Wahl des Netzes oder der dermalen Matrix (synthetisch vs. allogen vs. xenogen; etc.)) und aufgrund des weiten Spektrums der verwendeten Materialen nicht Teil des Workshops.
Die im Anschluss erfassten Empfehlungen basieren auf den Ergebnissen der Impulsvorträge, der relevanten Literatur und der Erfahrung und Diskussion der anwesenden Teilnehmer dieses Workshops. Sie dürfen somit definitionsgemäß nicht als evidenzbasierte Leitlinie gewertet werden.
Indikation für PMRT
Die PMRT umfasst die Anwendung von ionisierenden Strahlen auf die Brustwand und/oder die angrenzenden Lymphknotenabflusswege mittels externer Bestrahlung. Diese Strahlen wirken direkt auf zellulärer Ebene, indem sie Proteine und DNA-Moleküle zerstören und die Freisetzung von freien Radikalen und Elektronen verursachen, die zu weiterem Zellschaden führen. Zu den direkten Zellschäden gehören Chromosomenveränderungen, mikrovaskuläre Stenosen mit anschließender Gewebeischämie und eine erhöhte Aktivität von Fibroblasten. Dies führt zu einem fortschreitenden Verlust von Endothelzellen der Gefäße und damit zu weiterer Ischämie. Auf Hautebene führt die Bestrahlung zu Veränderungen der epidermalen und dermalen Keratinozyten und Melanozyten, Schädigung der Hautanhangsgebilde, Atrophie und Fibrose [8] [11] [36] [37] Strahlenfolgen können sowohl von der kumulativen Gesamtdosis der einzelnen Strahlenfraktionen als auch von der Frequenz der Einzeldosisapplikation abhängen und werden allgemein in Früh- und Spätfolgen unterteilt. Frühfolgen umfassen Veränderungen, die unmittelbar nach der Bestrahlung durch eine einsetzende Entzündungsreaktion auftreten, wie Fibrose, Fettgewebsnekrose und letztlich Gewebeschrumpfung oder Volumenverlust. Spätfolgen treten Jahre nach Bestrahlung auf und umfassen Umbauprozesse nach der initialen Gewebeveränderung, wie Teleangiektasien, bindegewebige Kontraktur, Veränderung der Brustform mit Asymmetrie, chromatische Veränderungen der Haut. Die Grenzen zwischen Früh- und Spätfolgen sind nicht eindeutig definiert.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass PMRT die lokoregionale Tumorkontrolle, das krankheitsfreie Überleben (Rezidivfreiheit) und das Gesamtüberleben bei Frauen mit lokal fortgeschrittenem und Lymphknoten-positiven Mammakarzinomen verbessern kann [5] [6] [7],[13] [14] [Tab. 1] fasst die aktuellen Empfehlungen gemäß der interdisziplinären S3-AWMF-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms zusammen.
pT4 |
pT3 pN0 R0 bei Vorliegen von Risikofaktoren (Lymphgefäßinvasion (L1), Grading G3, prämenopausal, Alter<50 Jahre) |
R1-/R2-Resektion und fehlender Möglichkeit der sanierenden Nachresektion a)>3 befallene axilläre Lymphknoten b) 1–3 tumorbefallene axilläre Lymphknoten und Vorliegen eines erhöhten Rezidivrisikos: |
– HER2-positiv, triple-negativ, G3, L1, Ki-67>30%,>25% der entfernten Lymphknoten tumorbefallen |
– Alter≤45 Jahren mit zusätzlichen Risikofaktoren, wie medialer Tumorlokalisation oder Tumorgröße>2 cm, oder |
ER-negativ c) Bei 1–3 tumorbefallenen axillären Lymphknoten und Tumoren mit geringem Lokalrezidivrisiko (pT1, G1, ER-positiv, HER2-negativ, wenigstens 3 Eigenschaften müssen zutreffen) sollte auf die PMRT verzichtet werden d) Bei allen anderen Patientinnen mit 1–3 tumorbefallenen axillären Lymphknoten soll die individuelle Indikation interdisziplinär festgelegt werden. |
Auch wenn die Einführung der PMRT die Behandlungsergebnisse des Mammakarzinoms deutlich verbesserte, führte ihre flächendeckende Implementierung in den 90er Jahren zu veränderten Strategien für die zeitliche Abfolge der autologen Brustrekonstruktion nach Mastektomie. Aufgrund der folgenden Überlegungen bleibt der gewählte Zeitpunkt der autologen Brustrekonstruktion in Zusammenhang mit PMRT weiterhin kontrovers diskutiert.
1. Der autolog rekonstruierte Brusthügel beeinflusst die applizierte Strahlendosis auf die Brustwand negativ.
2. Eine geplante PMRT führt zu einer höheren Rate an Komplikationen und hat negative Auswirkungen auf das operative Endergebnis.
Im Folgenden wird anhand der aktuellen Datenlage auf die zwei Hypothesen eingegangen und dargestellt, welche Auswirkung PMRT auf die unterschiedlichen Rekonstruktionsverfahren hat.
Datenlage zur verzögerten autologe Sofortrekonstruktion (D/I-BR) und sekundären autologen Rekonstruktion (D-BR) der Brust
Williams et al. veröffentlichten 1997 in einer retrospektiven Studie die Strahlenfolgen nach gestielten TRAM-Lappenplastiken und zeigten auf, dass es bei 52,6% der adjuvant bestrahlten Patientinnen zu Strahlen-induzierten Schäden kam, welche in 31,6% aufgrund starker Fibrosierung eine Revisionsoperation nach sich zogen [38]. Rogers et al. verglichen 2002 je 30 bestrahlte DIEP-Lappenplastiken mit 30 nicht bestrahlten DIEP-Lappenplastiken und beobachteten signifikant höhere Raten an Fettgewebsnekrose, Fibrose und Geweberetraktionen in der bestrahlten Gruppe [[39] Diese und ähnliche Studien führten zu einer Ablehnung der autologen Sofortrekonstruktion bei geplanter oder zu erwartender adjuvanter Bestrahlung und favorisierten eine sekundäre oder Spätrekonstruktion mit vorgeschalteter PMRT [35].
Bei der klassischen sekundären Brustrekonstruktion (delayed-breast-reconstruction – D-BR) fällt die originäre Brusthaut bei der Mastektomie weg, und es erfolgt keine Implantation einer Platzhalterprothese oder eines Gewebeexpanders. Daher muss neben der Wiederherstellung des Brustvolumens auch die verlorengegangene originäre Brusthaut ersetzt werden. Eine größere Hautinsel ist in der Regel erforderlich, die Hautfarbe und -textur unterscheiden sich teilweise von der ursprünglichen Hautqualität, und ein Teil der Narbe liegt unweigerlich weiter kranial. Die Ausformung des Brustmantels stellt somit einen komplexeren Operationsschritt dar.
Um den endgültigen pathologischen Befund abzuwarten, die rekonstruktiven Vorteile einer hautsparenden bzw. MAK-sparenden Mastektomie zu wahren und den Brusthügel zu adressieren, veröffentlichten Kronowitz et al. 2004 eine Modifikation der klassischen, zweizeitigen Brustrekonstruktion nach vollständiger Mastektomie. Nach Durchführung der Brusthüllen-erhaltenden Mastektomie wird ein Gewebeexpander eingesetzt und so weit befüllt, bis das ursprüngliche oder von der Patientin gewünschte Brustvolumen erreicht ist. Während der sich anschließenden PMRT kann das Volumen abgelassen und danach wieder befüllt werden [26]. So können negative Einflüsse des Expanders auf das Strahlenfeld und eine Reduktion der Strahlendosis auf die Brustwand vermieden werden. Nach Abschluss der Bestrahlung erfolgt dann die Entfernung des Platzhalters und die endgültige Rekonstruktion der Brust mit autologem Gewebe (delayed/immediate breast reconstruction – D/I-BR).
Ziel dieses Behandlungsalgorithmus ist es, den natürlichen, formgebenden Brustmantel nach der Mastektomie durch Implantation eines Gewebeexpanders zu erhalten, die onkologische Sicherheit durch histologische Aufarbeitung der Resektionsränder zu maximieren und bei Bedarf den Lymphknotenbefall zu definieren. In seltenen Fällen kann durch dieses Vorgehen auch eine zuvor zu erwartende, adjuvante Bestrahlung nach histopathologischer Befundung und entsprechendem „down-grading“ vermieden werden. Bei erforderlicher PMRT wirken sich die Strahlenfolgen auf die provisorische alloplastisch durchgeführte Brustrekonstruktion aus und schädigen nicht autolog transplantiertes Gewebe. Gleichzeitig bleibt es bei diesem Vorgehen der Patientin selbst überlassen, den Zeitpunkt der endgültigen Brustrekonstruktion zu wählen oder das Verfahren zu überdenken. Durch das Aufteilen von zwei Teilschritten der Operation in unterschiedliche Eingriffe kann sich auch ein logistisch-organisatorischer Vorteil ergeben.
Den erwähnten Vorteilen der verzögerten autologen Brustrekonstruktion stehen die in zahlreichen Studien belegten Nachteile des zweizeitigen Verfahrens gegenüber. Interessanterweise konnten Kronowitz et al. 6 Jahre nach der Erstvorstellung der D/I-BR-Technik nachweisen, dass bei der Hälfte ihrer Patientinnen eine PMRT nicht mehr notwendig war und somit das Einbringen eines Gewebeexpanders überflüssig war. 14% der eingebrachten Platzhalter mussten aufgrund von Hautnekrosen (56%), Infektionen (33%) und Expanderexposition nach der Bestrahlung (11%) vorzeitig operativ entfernt werden [[40], [41] Auch beim direkten Vergleich der D/I-BR-Technik gegenüber der sekundären Rekonstruktion wurden signifikant höhere Komplikationsraten nach Einbringen eines Platzhalters festgestellt. Shammas et al. verglichen 2021 in einer retrospektiven Analyse von 194 Patientinnen (n=140 D-BR und n=54 D/I-BR) die Inzidenz postoperativer Komplikationen. In der Gruppe der D/I-BR zeigte sich im Vergleich zu verzögerten Rekonstruktion neben einer signifikant höheren Rate an Wundinfektionen (40,7% versus 6,5%; p<0,001), Wundheilungsstörungen (29,6% versus 12,3%; p=0,004), Hämatomen (11,1% versus 0,7%; p<0,001), und notwendigen Revisionsoperationen (27,8% versus 4,4%; p<0,0001), dass bei 18,5% der Patientinnen (n=10) der Gewebeexpander wieder entfernt werden musste. Interessant war auch, dass diese Komplikationen vorwiegend während der Expansionsphase auftraten. In der Phase der autologen Brustrekonstruktion konnten keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die mikrochirurgische Komplikationsrate und die Verlust- oder Nekroserate der Lappenplastiken festgestellt werden. Die Autoren dieser Arbeit stellen daher die Frage, ob die postulierten ästhetischen und psychosozialen Vorteile einer D/I-BR es rechtfertigen, die doch deutlich erhöhten Komplikationsraten während der Expansionsphase in Kauf zu nehmen [42] [▶Abb. 1] und [2] zeigen exemplarisch den Fall eines Strahlen-bedingten Rekonstruktionsversagens der Brust im Rahmen einer verzögerten autologen Sofortrekonstruktion.
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Anlass zahlreicher Studien war die Frage, ob der Transfer von autologem Gewebe auf ein bestrahltes Brustfeld und der mikrochirurgische Anschluss an durch ionisierende Strahlung veränderte Anschlussgefäße mit einer erhöhten intraoperativen Komplikationsrate an der Gefäßanastomose einhergeht und somit die Lappenverlustrate erhöht. Fracol et al. untersuchten retrospektiv ein Patientenkollektiv von 199 Frauen, bei denen beidseits autologe Brustrekonstruktionen durchgeführt wurden, wobei die Rekonstruktion auf einer Seite in zuvor bestrahltem Gebiet erfolgte. Somit konnte eine Kontrollgruppe gebildet werden, bei der alle intrinsischen Patientenfaktoren als Ursache von Komplikationen ausgeschlossen werden konnten. Dabei wurde festgestellt, dass Komplikationen des arteriellen Gefäßanschlusses signifikant häufiger auf der bestrahlten Seite auftraten (8% versus 3%, p=0,04), während keine Unterschiede für die venösen Anastomosen beobachtet wurden. Dies wurde auf Veränderungen der arteriellen Gefäßwand im Sinne einer Verdickung der Intima und Verkleinerung des Gefäßlumens zurückgeführt. Gleichzeitig zeigten sich die Anschlussgefäße bei der Durchführung der Anastomose an der A. mammaria interna nach Bestrahlung fragiler. Die Rekonstruktion nach Bestrahlung zeigte häufigere postoperative Wundinfektionen (4% versus 0.5%, p=0,04) im Vergleich zur nicht bestrahlten Seite [[43]. Die erhöhte Komplikationsrate in der Gruppe der bestrahlten Empfängerareale ging jedoch nicht mit einer erhöhten Verlustrate an Lappenplastiken einher.
Weder bei der D-BR noch bei der D/I-BR ist das Zeitintervall, in dem die finale autologe Brustrekonstruktion durchgeführt werden soll, festgelegt bzw. validiert. In der Originalarbeit von Kronowitz et al. von 2004 wurde für die verzögerte Sofortrekonstruktion ein Zeitintervall von 2 Wochen veranschlagt, sofern nach Eingang der histologischen Befunde keine PMRT erforderlich erschien. Im Falle einer indizierten PMRT konnte der zweite Schritt im Sinne einer sekundären Rekonstruktion im Abstand von 3 oder mehr Monaten nach Bestrahlung geplant werden [[40]
Baumann et al. zeigten bei 189 Patientinnen, die sich einer autologer Rekonstruktion im Sinne einer D-BR unterzogen, dass ein zeitliches Intervall von 12 Monaten nach Beendigung der Bestrahlung eingehalten werden sollte, da die operative Revisions- und Verlustrate der Lappenplastiken signifikant höher innerhalb der ersten 12 Monate nach PMRT waren. Zusätzlich zeigte sich ein Trend zu höheren Inzidenzen an mikrovaskulären Thrombosen, Infektionen und Wundheilungsstörungen. Hier wurde geschlussfolgert, dass die Veränderungen an den Empfängergefäßen zeitabhängig sind und mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Bestrahlung weniger ins Gewicht fallen. Ein zeitlicher Endpunkt, bei dem die Komplikationsraten wieder vergleichbar waren, konnte jedoch nicht herausgearbeitet werden [[44] Diese Ergebnisse wurden allerdings in anderen Studien nicht reproduziert, bei denen entweder auch ein Jahr abgewartet oder sogar schon nach 6 Monaten rekonstruiert wurde [[43], [45] Ursächlich hierfür kann die oben erwähnte Heterogenität der Strahlenfolgen und die individuell variable zeitliche Abfolge von Früh- und Spätschäden sein. Zusammenfassend zeigt sich in der zeitlichen Abstimmung, dass die autologe Brustrekonstruktion durch das Vorschalten der Strahlentherapie signifikant verzögert wird. Wu Young et al. haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass die abschließende Brustrekonstruktion bei D/I-Verfahren im Schnitt erst 19 Monate und bei D-BR sogar 41 Monate nach PMRT durchgeführt wurde, während in der Gruppe der I-BR die PMRT 2 Monate nach dem Eingriff begonnen wurde [[22].
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Datenlage zur autologen Sofortrekonstruktion (I-BR) der Brust
Die Sofortrekonstruktion mit autologem Gewebe wird in den USA bei ca. 14% der betroffenen Patientinnen durchgeführt. Dabei sind gestielte Lappenplastiken aus der Bauchregion mit 68% der Eingriffe am weitesten verbreitet, während lediglich 28% der autologen Rekonstruktionen mittels Gewebetransfers mit mikrochirurgischem Gefäßanschluss durchgeführt werden, vornehmlich in universitären Institutionen [[2]. Die Überlegenheit der sofortigen, autologen Brustrekonstruktion im Vergleich zur Implantat-basierten Brustrekonstruktion nach PMRT hinsichtlich der Komplikationsrate und der Erfassung der subjektiven Ergebnisse mittels Breast-Q Scores konnte sowohl durch prospektive, multizentrische Studien (MROC – Mastectomy Reconstruction Outcomes Consortium), als auch anschließend durch interdisziplinäre Expertenmeinung im Zuge des Oncoplastic Breast Consortiums 2021 bestätigt werden [46], [47] Es blieb jedoch ungeklärt, in welchem zeitlichen Abstand zur PMRT die autologe Brustrekonstruktion stattfinden sollte.
[Abb. 3] zeigt den exemplarischen Verlauf einer Patientin nach Sofortrekonstruktion mit freien DIEP-Lappenplastiken mit anschließender Bestrahlung.
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Eine oft zitierte Studie aus dem Jahr 2001 von Tran et al. zeigte eine signifikant höhere Inzidenz an Spätkomplikationen (wie Volumenverlust, Fettgewebsnekrose und Geweberetraktion) nach Bestrahlung sowohl mikrovaskulär angeschlossener als auch gestielter TRAM-Lappenplastiken [48] Obwohl zwischen bestrahlten und nicht-bestrahlten Lappenplastiken keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf frühe Gefäßkomplikationen und damit verbundene Verlustraten der Lappenplastiken festgestellt wurden, führte bei 28% der Patientinnen der PMRT-Gruppe ein Schrumpfen der Lappenplastik zu einer erforderlichen zweiten Lappenplastik; vergleichbare Ergebnisse wurden durch Albino et al. 2010 berichtet [49]
Auch aus onkologischer Sicht wurde die autologe Sofortrekonstruktion als nachteilig erachtet, da sie den Beginn der notwendigen Bestrahlung verzögern würde. Diese Annahme konnte jedoch durch Shammas et al. im Jahr 2019 entkräftigt werden, indem festgestellt wurde, dass zwar eine geringfügige Verzögerung (22 Tage) auftritt, diese jedoch keine Auswirkungen auf das Gesamtüberleben hat [50] Des Weiteren wurde postuliert, dass die autologe Sofortrekonstruktion vor der Strahlentherapie das Strahlenfeld dahingehend verändert, dass die Brustwand aufgrund der veränderten Form nur durch höhere Dosisapplikation auf Herz und Lunge ausreichend bestrahlt werden könne [51] Diese Aussage konnte jedoch durch die Gruppe um Koutcher et al. widerlegt werden, zumindest für die Implantat-basierte Sofortrekonstruktion, und nachgewiesen werden, dass die Brustwand auch nach Rekonstruktion des Brusthügels mit ausreichender onkologischer Sicherheit mit akzeptabler Dosiserhöhung und akzeptablen Folgen auf Herz und Lunge bestrahlt werden kann [[52]
In einer Metaanalyse von 44 Studien konnten Hershenhouse et al. 2020 anhand von 1927 autologen Sofortrekonstruktionen und 1546 sekundären autologen Brustrekonstruktionen vergleichbare Ergebnisse in Bezug auf Früh- und Spätkomplikationen (wie Gefäßthrombosen, Hämatome, Infektionen, Verlust der Lappenplastik, Fettgewebsnekrose,) feststellen. Die Rate von Seromen war bei Sofortrekonstruktionen sogar signifikant niedriger [[53] Eine weitere Metaanalyse von Heimann et al. ein Jahr später stellte die Überlegenheit der Sofortrekonstruktion in Bezug auf Lappenplastikteil- oder -totalverlustraten fest, bei jedoch signifikant höheren Raten an Infektionen und Wundheilungsstörungen im Vergleich zur sekundären Rekonstruktion. Interessanterweise war die Anzahl an Revisionseingriffen in der Gruppe der sekundären Rekonstruktionen signifikant höher [29] Im Jahr 2015 verglichen Taghzadeh et al. in einer prospektiven Kohortenstudie 61 DIEP-Lappenplastiken mit PMRT mit 95 DIEP-Lappenplastiken ohne PMRT hinsichtlich des Auftretens von Wundheilungsstörungen, Fettgewebsnekrosen, zusätzlichen Eingriffen zur Entfernung von Fettgewebsnekrosen, operationsrelevanten Volumendefiziten und Lappenplastikverlustraten. Dabei konnten auch sie keine signifikanten Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen feststellen und sehen daher die geplante PMRT nach autologer Sofortrekonstruktion nicht als Kontraindikation an [54] Analog verglichen Wu Young et al. in einer retrospektiven Studie 36 Patientinnen mit autologer Sofortrekonstruktion und anschließender PMRT mit 89 Patientinnen mit sekundärer Brustrekonstruktion nach adjuvanter PMRT. Auch sie konnten keine signifikanten Unterschiede in der Rate der Gesamtkomplikationen (61,1% vs. 71,9%, p=0,29) nachweisen. Die Revisionsrate in der Gruppe der Sofortrekonstruktion war jedoch signifikant niedriger (47,2% vs. 69,7%, p=0,02). Die Gruppe der sekundären Rekonstruktion brauchte größere Volumina an Fetttransfer (durchschnittlich 180 ml vs. 53 ml, p=0,01) und häufiger durchgeführte angleichende Bruststraffungen der Gegenseite zum Ausgleich von Asymmetrien (18,0% vs. 2,8%, p=0,02) [[22] Der sofortige Brustaufbau mit autologem Gewebe und anschließender PMRT stellt somit auch für die Gruppe um Wu Young et al. eine sichere Therapieoption nach Mastektomie vor PMRT dar.
Davon unabhängig konnte die Kosteneffizienz einer autologen Sofortrekonstruktion im Vergleich zur sekundären Rekonstruktion für die Gesundheitssysteme anhand von Studien sowohl für den amerikanischen Raum als auch für Europa festgestellt werden. Es wurde dabei nachgewiesen, dass bei einer Sofortrekonstruktion aufgrund einer einzigen Operation und der damit verbundenen Kosten für Narkoseverfahren, stationärem Aufenthalt und nur einer Genesungsperiode Ressourcen eingespart werden. Shammas et al. verglichen 2023 Patientinnen mit Sofort-, verzögerter Sofort- und sekundärer Brustrekonstruktion in Hinblick auf Komplikationsraten, allgemeine Kosten und Belastung für Gesundheitsressourcen (Revisionsoperationen, ambulante Wiedervorstellungen, stationäre Wiederaufnahmen, etc.). Die höchsten Komplikationsraten und Kosten und somit die höchste Belastung für die Gesundheitsressourcen wurden in dieser Arbeit in der Gruppe der verzögerten Sofortrekonstruktion festgestellt, während die Gruppe der Patientinnen mit Sofortrekonstruktion am besten abschnitt [55]–[57]
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PROMs und HRQOL
Durch Verbesserungen in der der multimodalen Therapie des Brustkrebses und der damit verbundenen verbesserten Überlebensraten sowie der allgemeinen Reduzierung der Komplikationsraten bei rekonstruktiven Eingriffen an der weiblichen Brust rücken Patientenzufriedenheit und die Bewertung der Lebensqualität zunehmend in den Vordergrund bei der Bewertung verschiedener Therapieansätze [[47], [58]. Der BREAST-Q ist ein validierter und weltweit verbreiteter Fragebogen, der speziell darauf ausgerichtet ist, die Patientenzufriedenheit und die Auswirkungen auf die Lebensqualität von rekonstruktiven Brusteingriffen zu bewerten [[59.]
Im ersten postoperativen Jahr nach Brustrekonstruktion waren laut der „Michigan Breast Reconstruction Outcome Study“ die Ergebnisse zwischen Implantat-basierter und autologer Rekonstruktion, gemessen an den genannten PROMs, vergleichbar. Im zweiten postoperativen Jahr ändern sich die Ergebnisse signifikant zugunsten der autologen Rekonstruktion [17] Eine Analyse des BREAST-Q Fragebogens bei 7619 Patientinnen bestätigte diese Ergebnisse sogar nach durchschnittlich 6,7 Jahren [2]
Es ist allgemein akzeptiert, dass Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion bei diesem Fragebogen bessere Ergebnisse erreichen als Patientinnen mit autologer Sofortrekonstruktion [18] Es wird angenommen, dass Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion die Ergebnisse mit einer flachen Brustwand nach Mastektomie vergleichen, während Patientinnen nach Sofortrekonstruktion die normale Brustform als Referenz betrachten. Dieses Phänomen spiegelt bereits die Grenzen der PROMs bei der Therapiewahl der Brustrekonstruktion wider, da subjektive Bewertungen von Endergebnissen mit unterschiedlichem Ausgangsbefund verglichen werden. Um diesem Bias entgegenzuwirken, fügten O’Connell et al. in ihrer Studie eine Auswertung durch ein Fachgremiums hinzu. Sie untersuchten die Patientenzufriedenheit anhand des BREAST-Q Fragebogens über einen Zeitraum von 5 Jahren bei Patienten, die sich einer Rekonstruktion mit DIEP-Lappenplastik im Rahmen einer PMRT unterzogen hatten. Die ästhetischen Ergebnisse wurden durch ein Gremium aus zwei plastischen Chirurgen und 2 Senologen anhand einer 3D-Fotodokumentation bewertet. Die Patientinnen wurde in 4 Gruppen unterteilt: Sofortrekonstruktion mit DIEP-Lappenplastik ohne Bestrahlung, Sofortrekonstruktion mit DIEP-Lappenplastik und Bestrahlung, sekundäre Rekonstruktion mit vorgeschalteter PMRT und verzögerte Sofortrekonstruktion mit temporärem Expander während der Bestrahlung und anschließender autologer Brustrekonstruktion. Patientinnen ohne PMRT erzielten signifikant bessere Ergebnisse sowohl in den BREAST-Q Scores als auch in der Bewertung des Gremiums. In den Untergruppen mit PMRT erzielten Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion die besten Ergebnisse in Bezug auf den BREAST-Q, jedoch wurden diese Ergebnisse durch die Bewertung des Fachgremiums nicht bestätigt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in den 3 weiteren Gruppen [[18.]
Billig et al. zeigten hingegen im direkten Vergleich der BREAST-Q Werte von Sofortrekonstruktion und sekundärer Rekonstruktion, dass Patientinnen mit sekundärer Rekonstruktion bei den präoperativ erhobenen Fragebögen deutlich niedrigere Werte in der Zufriedenheit mit der Brust sowie psychischem und sexuellem Wohlbefinden aufwiesen. Ein und zwei Jahre nach der Brustrekonstruktion zeigte sich jedoch kein Unterschied mehr zwischen den beiden Gruppen. Somit beeinflusst die PMRT nach einer autolog rekonstruierten Brust nach Sofortrekonstruktion das subjektive Empfinden der Patientinnen bezüglich Lebensqualität und Ästhetik zumindest nicht negativ [20], [58] [60].
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Zusammenfassung der Datenlage
In der ersten Dekade des 21. Jahrhundert konnte aufgrund der vorliegenden Datenlage eine Sofortrekonstruktion der mastektomierten Brust mit geplanter PMRT nicht empfohlen werden. Die in Einzelfällen gezeigten Strahlenfolgen auf transplantiertes, autologes Gewebe, dokumentiert bei gestielten und mikrovaskulär angeschlossenen MS-TRAM-Lappenplastiken, deuteten auf eine Überlegenheit der sekundären Brustrekonstruktion nach erfolgter PMRT hin.
Es ist anzunehmen, dass aufgrund moderner Verfahrenstechniken in der Applikation der benötigten Strahlenquelle, einer Erweiterung der Indikation der PMRT sowie einer allgemeinen Reduktion der mikrovaskulären Komplikationen im Zuge der autologen Brustrekonstruktion diese Überlegenheit in aktuellen Studien nicht mehr nachgewiesen werden kann. Auch wenn sich das Komplikationsspektrum im direkten Vergleich unterscheidet, kommt es zu vergleichbaren kumulativen Komplikationsraten sowie Lappenplastikverlust- oder -teilverlustraten. Auch die subjektive Patientenwahrnehmung, gemessen an BREAST-Q-Scores, zeigt keine signifikanten Unterschiede in den Langzeitergebnissen. Die aktuelle Datenlage unterstützt nicht mehr die Auffassung, dass eine PMRT aufgrund der zu erwartenden Strahlenfolgen als Kontraindikation für eine Sofortrekonstruktion der mastektomierten Brust mit autologem Gewebe gewertet werden kann.
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Konsensfindung
Im Anschluss an die Vorträge des Workshops wurde unter den 51 Workshopteilnehmern ein Konsens zu den folgenden Themen erzielt (siehe auch [Tab. 2]):
Sekundäre Rekonstruktion (D-BR): Autologe Brustrekonstruktion zeitlich versetzt zur Mastektomie |
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Verzögerte Sofortrekonstruktion (D/I-BR): Durchführung der Mastektomie gefolgt von Implantat- oder Expander-Einlage mit anschließender Entfernung des alloplastischen Materials in einem zweiten Eingriff mit gleichzeitigem freiem autologen Gewebetransfer |
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Ziele jeder Brustrekonstruktion |
Ästhetische Annäherung zur Gegenseite gemäß der "6S" (size, shape, symmetry, softness, safety, sensation) |
Schonung des Hautmantels |
MAK-sparende oder hautsparende Verfahren anzustreben |
Radikale Mastektomie ästhetisch unterlegen |
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Präferierter Behandlungspfad im DACH-Raum |
Verzögerte autologe Sofortrekonstruktion |
Durchführung der autologen Rekonstruktion 3–6 Monate nach PMRT |
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PMRT: Keine Kontraindikation |
PMRT und zu erwartende Strahlenfolgen stellen keine Kontraindikation für eine autologe Sofortrekonstruktion dar |
1. Definition der einzelnen Behandlungsalgorithmen bei geplanter PMRT
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Sofortrekonstruktion (I-BR):
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Einzeitige Rekonstruktion mit freier Lappenplastik direkt im Anschluss an die
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Mastektomie
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Sekundäre Rekonstruktion (D-BR):
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Autologe Brustrekonstruktion, die zeitlich versetzt zur Mastektomie durchgeführt wird
-
-
Verzögerte Sofortrekonstruktion (D/I-BR):
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Durchführung der Mastektomie, gefolgt von Implantat- oder Expander-Einlage, mit anschließender Entfernung des alloplastischen Materials in einem zweiten Eingriff mit gleichzeitigem freiem autologen Gewebetransfer
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2. Ziele der Rekonstruktion
Das Ziel jeder Rekonstruktion sollte eine weiche und sensible Brust sein, welche durch ein sicheres Verfahren eine Symmetrie in Form und Größe zur nicht betroffenen Gegenseite schafft (6S: size, shape, symmetry, softness, sensation, safety) [[32], [61]
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3. Schonung des Hautmantels
Um die unter Punkt 2 genannten Ziele zu erreichen, ist es, sofern onkologisch gerechtfertigt, erforderlich, den Hautmantel bei der Mastektomie zu schonen. Die sekundäre Brustrekonstruktion nach Mastektomie (mastectomia simplex) ist ästhetisch allen Verfahren unterlegen, bei denen der Hautmantel vollständig (MAK-sparend) oder fast vollständig (hautsparend) erhalten wird. Dieser Grundsatz ist unabhängig von einer PMRT zu bewerten. Je mehr Haut- und Weichteilmantel bei gleicher onkologischer Sicherheit erhalten werden kann, desto besser ist das spätere klinisch-ästhetische Ergebnis.
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4. Bestandsaufnahme der bevorzugten Technik
Bei der Bestandsaufnahme der derzeit im DACH-Raum bestehenden klinischen Behandlungspfade konnte festgehalten werden, dass die Mehrzahl der Teilnehmer eine verzögerte Sofortrekonstruktion in ihrem klinischen Alltag verfolgt. Hinsichtlich des zeitlichen Intervalls zwischen Bestrahlung und definitivem autologen Brustaufbau waren die meisten übereingekommen, dass ein Zeitraum von 3–6 Monaten nicht überschritten werden sollte.
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5. PMRT: Keine Kontraindikation
Als Gründe für eine häufig nicht umgesetzte Sofortrekonstruktion trotz validierter Daten in der Literatur wurden medizinische, logistische und ökonomische Faktoren angegeben.
Entgegen dem ursprünglichen Meinungsbild vor dem Workshop wurde eine PMRT und die damit zu erwartenden Strahlenfolgen nicht mehr als Kontraindikation für eine autologe Sofortrekonstruktion angeführt.
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Schlussfolgerung
Im Zuge des Workshops „Zeitpunkt und Auswirkung der Bestrahlung bei autologen Brustrekonstruktionen mittels freien Lappenplastiken“ konnte nach Darlegung der neuesten Datenlage und anschließender Konsensfindung festgehalten werden, dass die adjuvante PMRT keine Kontraindikation für die Durchführung einer sofortigen Brustrekonstruktion mit autologem Gewebetransfer darstellt. Somit sollte sie als eine der Therapieoptionen in Beratungsgesprächen angeboten werden. Eine Aufklärungspflicht über mögliche Strahlenfolgen wie Fibrose und Verhärtung der Lappenplastik bei der sofortigen Brustrekonstruktion bleibt jedoch weiterhin bestehen.
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Autorinnen/Autoren
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ist seit April 2020 Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Mikrochirurgie in der BG-Unfallklinik in Frankfurt am Main. Er wurde 1984 in Wien geboren und schloss 2008 nach Aufenthalten an der Mayo Medical School in Rochester, Minnesota, USA und am Hospital for Special Surgery, New York City, USA sein Studium an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg ab. Seine Facharztausbildung absolvierte er an der Abteilung für Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Verbrennungsmedizin der München Kliniken. Er ist Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie mit Zusatzbezeichnung Handchirurgie mit langjähriger Expertise in der Verbrennungschirurgie, rekonstruktiven Mikrochirurgie, Brustchirurgie und Handchirurgie. Er ist ordentliches Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRAEC) und der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie (DAM).
Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Korrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Eingereicht: 07. Mai 2024
Angenommen: 29. August 2024
Artikel online veröffentlicht:
02. Oktober 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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ist seit April 2020 Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Mikrochirurgie in der BG-Unfallklinik in Frankfurt am Main. Er wurde 1984 in Wien geboren und schloss 2008 nach Aufenthalten an der Mayo Medical School in Rochester, Minnesota, USA und am Hospital for Special Surgery, New York City, USA sein Studium an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg ab. Seine Facharztausbildung absolvierte er an der Abteilung für Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Verbrennungsmedizin der München Kliniken. Er ist Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie mit Zusatzbezeichnung Handchirurgie mit langjähriger Expertise in der Verbrennungschirurgie, rekonstruktiven Mikrochirurgie, Brustchirurgie und Handchirurgie. Er ist ordentliches Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRAEC) und der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie (DAM).
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