Psychiatr Prax 2024; 51(08): 453-454
DOI: 10.1055/a-2440-7977
Mitteilungen ackpa

Mitteilungen des Arbeitskreises der Chefärzte und Chefärztinnen von Kliniken für Psychiatrie und Psycho- therapie an Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland (ackpa)

 

Weiterbildung am Vorabend eines Krankenhaus-Strukturwandels – Bericht von der gemeinsamen Tagung von ackpa und BDK am 26./27.09.2024 in Magdeburg

Nach Begrüßungen durch die Gastgeber Willi Lamp, Geschäftsführer des Klinikum Magdeburg, Wolfgang Jordan, Chefarzt der dortigen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sylvia Claus, BDK-Vorsitzende und Bettina Wilms, Sprecherin von ackpa, erfolgt unter Vorsitz von Christian Kieser, Potsdam (ackpa) sofort der Einstieg in den ersten Vortragsblock durch Wolfgang Jordan: Wie kann aus Sicht der Klinik Weiterbildung innovativ gestaltet werden im Lichte von Fachkräftemangel und der Flut an zu erwarteten „Direkt“-Psychotherapeut*innen? Die neue (Muster-)WBO fordert Kompetenzen statt Fallzahlen, eLogbücher müssen geführt werden mit die Sachlage unnötig verkomplizierenden länderspezifischen Regelungen, hinzu kommen eine Diversität an öffentlichen und privaten Trägern und die bevorstehende Krankenhausreform nebst dem allgegenwärtigen ökonomischen Druck. Angesichts dieser schwierigen Gemengelage und um unser Tätigkeitsfeld weiterhin einigermaßen attraktiv für neue Generationen zu halten, schlägt Jordan vor, einen Masterstudiengang für psychosoziale Medizin aus der Taufe zu heben, an dessen Ende die Approbation in diesem Fachgebiet steht. Er plädiert weiterhin für engere Zusammenarbeit zwischen Kassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Landesärztekammern, schließlich handle es sich bei der Sicherstellung der psychosozialen Versorgung der Bevölkerung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe; als gelungenes Beispiel, das Schule machen könnte, stellt er den Magdeburger Weiterbildungsverbund vor, in dem Fort- und Weiterbildung und deren Finanzierung integriert über die Sektoren hinweg erfolgen. Den zweiten Vortrag hielt Tom Bschor, Berlin, Vorsitzender der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung am Bundesministerium für Gesundheit: Noch im Oktober soll das Krankenhausversorgungs-Verbesserungsgesetz KHVVG vom Bundestag beschlossen werden. Die Regierungskommission hatte in ihrer 8. Stellungnahme im Hinblick auf Fachkräftemangel und angestrebtem Ende des Aufwuchses finanzieller Ressourcen die personalintensive und teure vollstationäre Behandlung als besonders problematisch identifiziert und extensive Ambulantisierung bzw. einen entsprechenden Ausbau tagesklinischer Kapazitäten gefordert, die sich bereits in einigen unserer Nachbarländer als machbar erwiesen hat. Außerdem sei in Ballungsräumen, wo z.T. Mehrfachstrukturen vorgehalten werden, eine entsprechende Zentralisierung voranzutreiben; Weiterbildung als solche sei erst in zweiter Linie zu bedenken, da die Aufmerksamkeit zuvorderst der Versorgung der Bevölkerung gelten müsse. Weiterbildung in der somatischen Medizin findet paradoxerweise ganz überwiegend im stationären Bereich statt, während im Anschluss viele der Kolleg*innen ambulant arbeiten, auch mangele es der somatischen Medizin an einer bevölkerungsbezogenen Beplanung notwendiger Gesundheitsservicestrukturen. Künftige Modellprojekte nach § 64b SGB V sollten vorzugsweise unter Einbezug des KV-Bereiches erfolgen. Eine Optionslösung für Globalbudgets sei weiterhin wünschenswert. Die sog. Direkt-Psychotherapeut*innen werden vermutlich zumindest mittelfristig nicht extra finanziert werden. Im letzten Vortrag dieses Blocks berichtete Michael Krebs, niedergelassener Kollege in Berlin, über seine Beobachtungen: Weiterzubindende strebten öfters 70–90% Teilzeittätigkeit an, seien allgemein anspruchsvoller im Hinblick auf ihre Arbeitsbedingungen geworden, beklagten vor allem Bereitschaftsdiensttätigkeit und unzulängliche Soft-/Hardware und würden tendenziell deshalb mehr ambulante Weiterbildung (vergleichsweise „normale“ Arbeitszeiten, weniger administrative Tätigkeiten und weniger hierarchische Strukturen als im Krankenhaus, längerfristige Betreuung von Patient*innen in flexiblen Frequenzen, besseres Erlernen von Psychotherapie im engeren Sinn, mehr Einblick in soziale Aspekte) bevorzugen; Krebs rät in diesem Zusammenhang von den in den Kliniken üblichen und aus seiner Sicht wenig ergiebigen zahlreichen ritualisierten Visiten und Besprechungen ab. In der anschließenden Diskussion zu Block I wurden weiterhin sogenannte Arbeitnehmerüberlassungsagenturen und die in Deutschland einzigartige extensive Vorhaltung von Psychosomatikkapazitäten, wo hochqualifiziertes Personal oftmals weniger schwer erkrankte Menschen sehr intensiv behandelt, während für schwer Kranke Personal knapp ist, als Probleme benannt.

Block II unter Vorsitz von Jens Langosch, Greifswald (BDK), beginnt mit einem Referat von Richard Serfling, Weimar, der sich auch in seinem Ruhestand intensiv um Weiterbildungsbelange kümmert: In der neuen (Muster-)WBO sind nun auch Dreimonatsabschnitte anrechenbar und Teile der Verfahren in Thüringen seien transparenter geworden (etwa die Benennung der Experten/Fachberater); als kritische Themen benennt Serfling die Gerontopsychiatrie, Intelligenzminderungen, Opioidsubstitution, Stimulationsverfahren und die Regelung intersektoraler „Verbund“weiterbildungen. Mattias Bender, Kassel, skizziert in seinem Referat zahlreiche z. T. skurril anmutende Blockaden und Bürokratismen, die die Weiterbildung in Hessen ungemein erschweren, beispielsweise aberwitzig lange Antwortlatenzen und Bearbeitungsdauern bei Kammer und Landesamt, es bedürfe eigenständiger Anträge im Falle unterschiedlicher Adressen derselben Institution. Bei nicht in der Klinik angebotener EKT würde automatisch ein Abzug von 6 Monaten WB-Befugnisdauer erfolgen, Hospitationen würden nicht akzeptiert. Bernhard Kis, Niederwenigern, schilderte die Situation in NRW: In Sachen Psychopathologie würden kontraintuitiverweise lediglich theoretische Kenntnisse verlangt, bei EKT genüge Mitwirkung, in der Opioidsubstitution müsse selbstverantwortliche Durchführung nachgewiesen werden. Die Fachberater sind aufgerufen die WB-Befugnisanträge mit einem Summenscore zu bewerten, wobei bereits ein fehlender Punkt mit 6 Monaten Befugnisabzug geahndet werde; Psychotherapiekenntnisse hingegen würden nicht geprüft. Auch in der Diskussion zu Block II wird deutlich, dass in den unterschiedlichen Bundesländern z. T. erstaunlich unterschiedliche Regelungen bestehen, obwohl das eLogbuch bei der Bundesärztekammer geführt wird, was bei entsprechenden Zugriffsrechten somit auch länderübergreifend funktionieren sollte. Der intensive Tag klingt angenehm aus in Form einer Führung durch das Kunstmuseum Kloster Unserer Lieben Frauen mit anschließendem gemeinsamen Abendessen und geselligen Beisammensein.

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Abb. 1 Vorstand BDK und Geschäftsführender Ausschuss von ackpa: Olaf Hardt, Florian Metzger, Christian Kieser, Thomas Kraus, Wolfgang Jordan, Bettina Wilms, Karel Frasch, Sylvia Lorenz, Barbara Florange, Birgit Janssen und Jens Langosch. Auf dem Bild fehlen Sylvia Claus, Stephan Schieting und Andreas Bechdolf.

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ackpa-Mitgliederversammlung am 27.09.2024 in Magdeburg

Bettina Wilms (Querfurt), Sprecherin von ackpa, begrüßt die zahlreich erschienenen Mitglieder und berichtet über die diversen Tätigkeiten des Geschäftsführenden Ausschusses (GA). Nach dem Bericht der Kassenführerin Sylvia Lorenz, Bad Salzungen, wird diese entlastet. Derzeit vakant sind noch die Ländersprecherposten für Baden-Württemberg, das Saarland und Schleswig-Holstein. Martin Schäfer, Essen, Marcel Sieberer, Hamm und Barbara Florange, Olpe, berichten über die Krankenhausreform in NRW, die möglicherweise als Blaupause für die entsprechende bundesweite Reform angesehen werden kann: Die Existenz interdisziplinärer Notaufnahmen ist massiv gefährdet, ebenso wie mehr kleinere als größere Kliniken; Psychiatrien sicherten den Bestand somatischer Krankenhäuser, wobei Trägerwechsel derzeit recht häufig seien. Bettina Wilms weist weiterhin auf das ackpa- und das ackpa-BDK-Symposium auf dem kommenden DGPPN-Kongress (27.–30.11.2024) hin; Felix Böcker (Naumburg) ist Diskutant eines Diskussionsforums zum Thema Notfallversorgung. Weitere Termine: Netzwerk Steuerungs- und Anreizsysteme für eine moderne psychiatrische Versorgung in Berlin-Wannsee am 30.01.2025, NFEP 30.06.–01.07.2025, ackpa Jahrestagung 13.–14.03.2025 in Troisdorf, nächste gemeinsame Tagung von ackpa und BDK im September 2026 in Essen. Personalia: Bettina Wilms, Andreas Bechdolf (Berlin-Kreuzberg/Friedrichshain) und Karel Frasch (Donauwörth) sind Mitglieder im DGPPN-Vorstand und kandidieren erneut für die Periode 2025/2026, Karel Frasch steht zur Wiederwahl in den GA von ackpa an. Die Mitgliederversammlung stimmt dem Vorhaben, die Wahlen zu synchronisieren und künftig immer im März anlässlich der Jahrestagung abzuhalten, zu. Nach einer kurzen Pause folgt unter Leitung von Olaf Hardt (Berlin-Neukölln) und Martin Schäfer (Essen) Vorstellung und Diskussion des in fortgeschrittenem Arbeitsprozess befindlichen grundständigen ackpa-Positionspapiers; weiteren Feinschliffes bedürfen vor allem die teilweise kontroversen Themen Psychosomatik, Umgang mit Zwang und Stigmatisierung sowie Forensik, wobei um weitere elektronische Eingaben gebeten wird, so dass das Schriftstück in den nächsten online-Konferenzen, einer GA-Klausur sowie einer MV finalisiert werden kann. Wir freuen uns darauf und danken unserem Gastgeber Wolfgang Jordan und seinem Team für die Ausrichtung der Tagung und das exzellente Rahmenprogramm!


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Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Karel Frasch, IDFAPA
stellv. Sprecher von ackpa
Bezirkskrankenhaus Donauwörth
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik an der Donau-Ries Klinik
Neudegger Allee 6
86609 Donauwörth, Deutschland

Publication History

Article published online:
13 November 2024

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Abb. 1 Vorstand BDK und Geschäftsführender Ausschuss von ackpa: Olaf Hardt, Florian Metzger, Christian Kieser, Thomas Kraus, Wolfgang Jordan, Bettina Wilms, Karel Frasch, Sylvia Lorenz, Barbara Florange, Birgit Janssen und Jens Langosch. Auf dem Bild fehlen Sylvia Claus, Stephan Schieting und Andreas Bechdolf.