Nervenheilkunde 2025; 43(04): 250
DOI: 10.1055/a-2503-2758
Gesellschaftsnachrichten

Kopfschmerz News der DMKG

 

Kombinierte Effekte der Behandlung mit CGRP-Antagonisten auf Migräneaktivität und Übergewicht?

*** Peterlin BL, Bond DS, Ailani J, et al. Weight loss with atogepant during the preventive treatment of migraine: A pooled analysis. Cephalalgia 2024; 44(12): 3331024241299753. doi: 10.1177/03331024241299753

Hintergrund

Es besteht eine wechselseitige Beziehung zwischen Übergewicht und Migräneaktivität, wobei neben metabolischen Effekten auch Medikamentennebenwirkungen ein Rolle spielen können. Atogepant ist eine neue prophylaktische Medikation, die in klinischen Studien mit einer Gewichtsreduktion assoziiert wurde [1]. Die hier dargestellte Studie untersucht das Ausmaß und den Verlauf der Gewichtsveränderungen unter der Behandlung mit Atogepant.


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Ergebnisse

Die Untersuchung umfasste fünf klinische Studien, darunter placebo-kontrollierte Studien mit kürzerem Untersuchungszeitraum sowie Langzeitsicherheitsstudien. Bei Patienten mit episodischer Migräne zeigte Atogepant 60 mg einmal täglich nach 12 Wochen eine mittlere Gewichtsabnahme von −1,02 %, verglichen mit einer Gewichtszunahme von +0,49 % in der Placebo-Gruppe. Für chronische Migräne betrug die Gewichtsreduktion −1,50 % in der Atogepant-Gruppe gegenüber +0,10 % bei Placebo. Bereits nach zwei Wochen waren signifikante Gewichtsveränderungen messbar. Der Anteil der Patienten, die eine klinisch signifikante Gewichtsabnahme von ≥7 % erreichten, lag bei 4,9 % (episodische Migräne) und 5,8 % (chronische Migräne), während dies in der Placebogruppe 2,8 % bzw. 2,0 % erreichten.

In den Langzeitstudien setzte sich der Trend fort. Nach 40 Wochen betrug die Gewichtsabnahme bei 60 mg Atogepant −2,38 %, nach 52 Wochen stabilisierte sie sich bei −1,71 %. Der Anteil der Patienten, die eine klinisch signifikante Gewichtsabnahme von ≥7 % erreichten, lag in den Langzeitstudien bei 24,0 % in der Atogepant-Gruppe gegenüber 14,7 % in der Standardtherapie-Gruppe.

Die Gewichtsveränderungen waren dosis- und zeitabhängig und traten unabhängig von Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit oder Übelkeit auf. Übergewichtige und adipöse Teilnehmer zeigten größere Gewichtsverluste.


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Diskussion

Atogepant ist in der Migräneprophylaxe wirksam, und wurde in den untersuchten Studien mit einer moderaten Gewichtsabnahme assoziiert. Besonders bemerkenswert ist die frühe und dosisabhängige Gewichtsreduktion, die sich sowohl in kurzfristigen als auch in Langzeitstudien konsistent zeigte. Diese Wirkung könnte insbesondere für übergewichtige und adipöse Migränepatienten klinisch relevant sein, da ein Zusammenhang zwischen Adipositas und Krankheitsaktivität in Studien gezeigt werden konnte. Interessanterweise konnte ein anti-adipöser Effekt von monoklonalen Antikörpern gegen Alpha-CGRP im Tiermodell gezeigt werden [2], sodass dies möglicherweise kein exklusiver Effekt von Atogepant ist, sondern für CGRP-basierte Therapien generell zutrifft. Dies bleibt zu untersuchen

Die zugrunde liegenden Mechanismen der Gewichtsabnahme sind derzeit nicht vollständig verstanden. Es wird vermutet, dass die Modulation von CGRP und dessen Einfluss auf den Energiestoffwechsel eine Rolle spielt.

Sebastian Strauß und Robert Fleischmann, Greifswald

INFORMATION

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Exzellente Arbeit, die bahnbrechende Neuerungen beinhaltet oder eine ausgezeichnete Übersicht bietet

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Gute experimentelle oder klinische Studie

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Gute Studie mit allerdings etwas geringerem Innovationscharakter

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Studie von geringerem klinischen oder experimentellen Interesse und leichteren methodischen Mängeln

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Studie oder Übersicht mit deutlichen methodischen oder inhaltlichen Mängeln

Die Kopfschmerz-News werden betreut von der Jungen DMKG, vertreten durch Dr. Robert Fleischmann, Greifswald, Dr. Katharina Kamm, München (Bereich Trigemino-autonomer Kopfschmerz & Clusterkopfschmerz), Dr. Laura Zaranek, Dresden (Bereich Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen) und Dr. Thomas Dresler, Tübingen (Bereich Psychologie und Kopfschmerz).

Ansprechpartner ist Dr. Robert Fleischmann, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Unimedizin Greifswald, Ferdinand-Sauerbruch-Str. 1, 17475 Greifswald, Tel. 03834/86–6815, robert.fleischmann@uni-greifswald.de

Die Besprechungen und Bewertungen der Artikel stellen die Einschätzung des jeweiligen Autors dar, nicht eine offizielle Bewertung durch die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. April 2025

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