Pneumologie
DOI: 10.1055/a-2567-4715
Positionspapier der DGP

Kontextfaktoren für die Durchführung endoskopischer Untersuchungen als stationäre Leistung bei Erwachsenen

Context factors for performing endoscopic examinations as an inpatient service in adults
Joanna Krist
1   Lungenklinik Heckeshorn, Klinik für Pneumologie; Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin, Deutschland
,
Lars Hagmeyer
2   Klinik für Pneumologie und Allergologie, Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin, Krankenhaus Bethanien Solingen, Deutschland
,
Nicolas Schoenfeld
1   Lungenklinik Heckeshorn, Klinik für Pneumologie; Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin, Deutschland
,
Kaid Darwiche
3   Abteilung für Pneumologie, Lungenklinik Hemer, Hemer, Deutschland
,
Judith Maria Brock
4   Abteilung für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Thoraxklinik Heidelberg, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
,
Anne Piening
3   Abteilung für Pneumologie, Lungenklinik Hemer, Hemer, Deutschland
,
Dirk Skowasch
5   Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
,
Winfried Randerath
2   Klinik für Pneumologie und Allergologie, Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin, Krankenhaus Bethanien Solingen, Deutschland
,
Torsten Bauer
1   Lungenklinik Heckeshorn, Klinik für Pneumologie; Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin, Deutschland
,
Ralf-Harto Hübner
6   Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin mit dem Arbeitsbereich Schlafmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten endoskopischer Verfahren haben in der Pneumologie in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Viele dieser Eingriffe können heute sicher und effizient ambulant durchgeführt werden.

Dennoch gibt es bestimmte Indikationen und klinische Konstellationen, die eine stationäre Überwachung oder Behandlung erfordern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen oder invasive Diagnostik und Therapie ein intensives Monitoring erfordern, das nur in spezialisierten Einrichtungen eines Krankenhauses gewährleistet werden kann. Zu den relevanten Faktoren zählen Begleiterkrankungen, die das Risiko von Komplikationen bergen, welche ein sofortiges ärztliches Eingreifen erfordern oder einen zusätzlichen hohen pflegerischen Aufwand verursachen, der unter ambulanten Bedingungen nicht geleistet werden kann. Ebenso kann die Notwendigkeit von Zusatzuntersuchungen, die in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Diagnose stehen (z. B. bildgebende Verfahren), eine stationäre Behandlung erforderlich machen.

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) geht davon aus, dass bei den folgenden zusätzlichen Indikationen im Zusammenhang mit den AOP-Kriterien und den Ausschlusskriterien für eine Hybrid-DRG ein relevanter Grund für einen vollstationären Aufenthalt vorliegt. Der genannte Kriterienkatalog erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Kriterienkatalog

  1. Pulmonale Komorbiditäten

    • Vorliegen einer akuten oder chronischen ventilatorischen oder respiratorischen Insuffizienz

      • mit pCO2 > 45 mmHg am Tage

      • mit einem spO2 < 92 % unter Raumluft oder pO2 < 60 mmHg in der kapillären oder arteriellen BGA

      • vorbestehende Langzeit-Sauerstofftherapie

      • vorbestehende (nächtliche) Abhängigkeit von invasiven oder nicht-invasiven Beatmungsverfahren

      • Obesitas-Hypoventilationssyndrom

      • nächtliche alveoläre Hypoventilation (pCO2 > 55 mmHg)

    • Atmungsregulationsstörung bei Opiatdauertherapie

    • obstruktive Lungenerkrankungen mit Exazerbation oder COPD Stadium III–IV nach GOLD oder schlecht kontrolliertes Asthma bronchiale

    • Lungenemphysem

    • (mittel-)schwere fibrosierende Lungenparenchymerkrankungen (FVC < 60 %/Soll oder DLCO < 50 %/Soll)

    • Erkrankungen mit erhöhtem Pneumothoraxrisiko, z. B. Lymphangioleiomyomatose, Z. n. Pneumothorax in der Vorgeschichte, bullöses/paraseptales Lungenempyhsem

    • absaugpflichtiges Tracheostoma

    • klinisch relevante Trachealstenose

    • fortgeschrittenes thorakales Tumorleiden mit Einengung oder Stenosierung der zentralen Atemwege (z. B. Bifurkationssyndrom) und/oder mit oberer Einflussstauung

    • Lungenatelektase

    • Hämoptysen

    • Vorliegen einer tracheoösophagealen Fistel

    • akute oder subakute Lungenarterienembolie innerhalb der letzten 4 Wochen

  2. Endoskopie-spezifische Risikofaktoren

    • vorbestehend schwieriger Atemweg (Anästhesie-Ausweis)

      • z. B. Sklerodermie, Z. n. kieferchirurgischen Eingriffen oder Eingriffen im HNO-Bereich, Erkrankungen der Halswirbelsäule

    • schwere Thoraxdeformitäten

    • komplikative Sedierung/Narkosen in der Vergangenheit (z. B. kardiovaskuläre Instabilität, respiratorisches Versagen)

    • komplikative Bronchoskopie in der Vergangenheit (z. B. schwere Blutung, Pneumothorax)

    • prolongiertes bronchoskopisches Verfahren mit zu erwartendem Sedierungsüberhang (Prozeduren > 60 min)

  3. Kardiale Komorbiditäten

    • Myokardinfarkt innerhalb der letzten 4 Monate

    • instabile Angina Pectoris

    • manifeste Herzinsuffizienz im Stadium NYHA III oder IV

    • höhergradige Herzrhythmusstörung, wenn keine medikamentöse oder gerätetechnische Korrektur vorliegt, oder unzureichend kontrollierte Herzrhythmusstörung

    • pulmonaler Hypertonus (sPAP > 50 mmHg) oder Cor pulmonale

    • höhergradige Herzklappenvitien

    • arterielle Hypertonie mit hypertensiver Krise

  4. Allgemeine Komorbiditäten

    • Pflegegrad 3 und höher

    • Schwerbehinderung mit Merkzeichen „H“ oder „BL“

    • Barthel-Index (nach Hamburger Manual) ≤ 60 Punkte

    • Belastungsinsuffizienz, Treppensteigen < 1 Etage

    • Adipositas (BMI > 30 kg/m2)

    • Kachexie

  5. Sonstige Komorbiditäten

    • Diabetes mellitus mit symptomatischen nächtlichen Hypoglykämien und schwer einstellbarer Diabetes mellitus mit rezidivierenden Hyperglykämien

    • Notwendigkeit der Antikoagulation in therapeutischer Dosis (VKA, NOAC, Heparine), wenn Pausierung nicht möglich, mit mehrfachen klinischen Nachkontrollen über mindestens 12 h

    • angeborene oder erworbene Koagulopathien

    • angeborene und dauerhaft erworbene Blutungsdiathesen

    • relevante hämorrhagische Diathesen

    • unzureichend kontrollierte endokrine Erkrankung (z. B. symptomatische Hyperthyreose)

    • Vorliegen einer Schwangerschaft

  6. Neurologische/neuromuskuläre Komorbiditäten

    • mit erheblichen Einschränkungen der ADL

    • Apoplexie mit persistierenden erheblichen Einschränkungen der Bewegungskoordination, Paresen oder Plegien

    • Morbus Parkinson im Stadium IV u. V nach Hoehn und Yahr (schwere Behinderung oder Rollstuhl oder bettlägerig)

    • progrediente neuromuskuläre Erkrankungen

    • Post-Polio-Syndrom mit schweren Einschränkungen

    • medikamentös unzureichend eingestellte Epilepsie (persistierende Symptomatik bzw. nächtliche Krampfpotenziale)

    • schwere Husteninsuffizienz, ggf. mit Abhängigkeit einer apparativen Hustenhilfe

  7. Psychiatrische Komorbiditäten

    • schwere Formen von Schizophrenie, Borderline-Syndrom, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen

    • mittel- oder schwergradige Intelligenzminderung mit erheblicher Beeinträchtigung der Kognition, Sprache, motorischer Fähigkeiten

    • Demenz mit Störung der Orientierung, Fluchtverhalten, Aggressivität

    • mittelschwere oder schwere Depression

  8. Soziale Faktoren

    • fehlende Transportmöglichkeit oder schlechte Erreichbarkeit von Stellen, die Notfallhilfe leisten können

    • fehlende Versorgungsmöglichkeiten, z. B. häusliche Verhältnisse, die eine sichere Betreuung bzw. Nachbeobachtung nicht gewährleisten

    • nicht behebbare Einschränkung der Selbstversorgung (z. B. alleinstehend mit schwerer körperlicher Behinderung), allgemeine Gebrechlichkeit (Frailty)


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Joanna Krist
Lungenklinik Heckeshorn, Klinik für Pneumologie; Helios Klinikum Emil von Behring
Walterhöferstraße 11
14165 Berlin
Deutschland   

Publication History

Article published online:
01 April 2025

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