Z Orthop Unfall 2008; 146(4): 431
DOI: 10.1055/s-0028-1085034
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüftkopfkappen- und Total-Hüftendoprothesen - Ionenfreisetzung bei Metall-Metall-Gleitpaarungen

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Publication Date:
03 September 2008 (online)

 
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Hüftkopfkappenprothesen sind als knochensparende Methode insbesondere bei jungen und aktiven Patienten indiziert. Die große Kontaktfläche der Metall-Metall-Gleitpaarung wird allerdings in Zusammenhang mit einem Anstieg der postoperativen Ionenfreisetzung von Chrom (Cr), Kobald (Co) und Molybdenium (Mo) gebracht. Diese Abriebprodukte können sowohl im periprothetischen Gewebe als auch u. a. über das lymphatische System in Organen abgelagert werden und potentiell zytotoxische oder karzinogene Reaktionen hervorrufen.

Does Ion Release Differ Between Hip Resurfacing and Metall-on-Metall THA?, CORR 2008; 466: 700-707

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Studiendesign

Im Rahmen einer prospektiven Studie wurde die Hypothese, dass kein Unterschied der Serumkonzentration von Cr, Co und Mo zwischen Patienten mit einer Metall-Metall-Hüftkopfkappenprothese (Gruppe A; n = 20; Birmingham Hip ResurfacingTM) gegenüber Patienten mit einer 28 mm Metall-Metall-Total-Hüftendoprothese (Gruppe B; n = 26, Metasul®) besteht, untersucht. Die Serumkonzentration wurde des Weiteren mit einer gesunden Referenzgruppe (Gruppe C; n = 48) verglichen. Der durchschnittliche Zeitpunkt der Nachuntersuchung lag bei 24 Monaten postoperativ. Die Patienten sind randomisiert und nach Alter, Harris Hip Score, Länge des Follow-up und Geschlecht abgeglichen.

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Die Größe der Kontaktflächen bei Metall-Metall-Gleitpaarungen von Hüftkappen- und Hüfttotalendoprothesen hat keinen signifikanten Einfluss auf den Ionenabrieb (Bildnachweis: BVMed-Bilderpool; Bildquelle: Smith & Nephew).

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Ergebnisse

Es wurden keine signifikanten Unterschiede in der Co, Cr und Mo Serumkonzentration zwischen Gruppe A und B gefunden. Eine signifikant höhere Konzentration von Co, Cr (p < 0,001) und Mo (p = 0,005) zeigte sich in Gruppe A gegenüber der Referenzgruppe (Gruppe C). Die Cr und Co Konzentrationen in Gruppe A korrelierten (r = 0,77, p = 0,001). Eine inverse Korrelation zeigte sich zwischen dem Kopfdurchmesser und der Co (r = -0,51, p = 0,01) und der Cr (r = -0,64, p = 0,002) Konzentration. Die Länge des Follow-up und das Patientenalter korrelierten nicht mit der Ionenkonzentration.

Ein geschlechtsspezifischer Vergleich zeigte eine signifikant (p = 0,008) höhere Cr Konzentration bei Frauen der Gruppe A und eine signifikant (p = 0,037) höhere Co Konzentration bei Männern der Gruppe B.

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Kommentar

Die Studie zeigt im univariaten Modell beim Vergleich der Ionenkonzentration zwischen der Gruppe der mit Metall-Metall-Hüftkopfkappen versorgten Patienten und den mit Metall-Metall-Hüfttotalendoprothesen versorgten Patienten keinen signifikanten Unterschied. Somit hatte die Größe der Kontaktflächen der untersuchten Metall-Metall-Gleitpaarungen keinen signifikanten Einfluss auf den Ionenabrieb.

Im multivariaten Modell ist allerdings ein geschlechtsspezifischer Zusammenhang ersichtlich. Aufgrund der nachgewiesenen höhe-ren Co, Cr und Mo Ionenkonzentrationen bei Metall-Metall-Gleitpaarungen im Vergleich zur Referenzgruppe sollten diese bei Patienten mit partieller/kompletter Niereninsuffizienz nicht indiziert werden, zumal erhöhte Co-Ionenkonzentrationen in Verbindung mit einem chronischem Nierenversagen stehen. Des Weiteren sollte aufgrund der Ablagerung von Abriebprodukten in Organen und Geweben die Indikation zur Metall-Metall-Gleitpaarung bei Frauen mit Schwangerschaftswunsch kritisch gestellt werden.

Die Methodik dieser Arbeit ist sehr gut strukturiert und die Ergebnisse weisen interessante Aspekte auf. Wie die Autoren bereits erwähnen sind weitere Studien mit höheren Fallzahlen erforderlich, um Grenzwerte für die Ionenkonzentrationen im Körper bestimmen zu können und um Expositionseffekte mit klinischer Relevanz aufzuzeigen.

Dr. med. Judith Emmerich

Dr. med. Judith Emmerich

Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Email: judith.emmerich@annastift.de

 
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Die Größe der Kontaktflächen bei Metall-Metall-Gleitpaarungen von Hüftkappen- und Hüfttotalendoprothesen hat keinen signifikanten Einfluss auf den Ionenabrieb (Bildnachweis: BVMed-Bilderpool; Bildquelle: Smith & Nephew).