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DOI: 10.1055/s-0028-1086188
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Integriertes Anämiemanagement - Welche Faktoren bei EPO-Resistenz berücksichtigt werden sollten
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
08. September 2008 (online)
- Untersuchungen bei EPO-Resistenz
- Vorgehen bei Therapieresistenz
- Infektion und Ernährungsstatus
- Pure Red Cell Aplasia
- Blutverluste vermeiden
- Integriertes Anämienmanagement mit Biosimilar
- Veranstaltungen auf dem Kongress für Nephrologie 2008
- Höchste Qualitätsansprüche
- Literatur


Die renale Anämie bei chronisch niereninsuffizienten Patienten wird mit Erythropoese stimulierenden Sustanzen behandelt. Trotz dieser Therapie gelingt es oft nicht, den Hämoglobinwert (Hämoglobin: Hb) dauerhaft im empfohlenen Zielbereich zwischen 11 und 12 g/dl zu halten.
Dies hat Auswirkungen, wie beispielsweise die RISCAVID[1]-Studie belegt [1]. Patienten mit Hb-Werten unter 11 g/dl bzw. einer überdurchschnittlich hohen EPO-Dosis (EPO: Erythropoetin) hatten eine um 70 % erhöhte kardiovaskuläre und eine um 60 % erhöhte Gesamtmortalität gegenüber Patienten, die ohne EPO-Therapie einen Hb-Wert zwischen 12,5 ± 1,2 g/dl aufwiesen. Daher ist es notwendig zu ermitteln, warum die Patienten auf die Therapie nicht ansprechen und die Ursache möglichst zu beseitigen. Wird die EPO-Resistenz korrigiert, sinken die Kosten, da geringere Dosierungen notwendig sind.
Die häufigste Ursache für eine EPO-Resistenz ist ein absoluter oder funktioneller Eisenmangel. Eine intravenöse (i. v.) Eisentherapie verbessert meist das hämatopoetische Ansprechen auf EPO.
Es gibt jedoch noch zahlreiche andere Gründe, warum Patienten auf eine EPO-Therapie nicht ansprechen. In einer Subgruppenanalyse der ECAP[2]-Studie [2] zählten 15 % der Patienten zu den Hyporespondern. Bei etwa 52 % der Patienten bestimmten vor allem folgende Faktoren die erforderlichen höheren EPO-Dosierungen:
-
Diabetes mellitus
-
Hb-Abfall durch Gabe von Hemmern des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS)
-
Proteinurie
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Transferrinsättigung (TSAT)
-
Serumeisen
-
Alter
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Hb-Wert vor Beginn der Behandlung
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Body-mass-Index (BMI).
Untersuchungen bei EPO-Resistenz
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Eisenparameter: Serumferritin, Retikulozyten-Hb-Konzentration (CHr, Ret-He), Prozentsatz hypochromer Erythrozyten (HRC), Transferrinsättigung (TSAT)
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Inflammation, Infektion: C-reaktives Protein (CRP)
-
Proteinmangelernährung: Bodymass- Index (BMI), "Subjective Global Assessment" (SGA), Serumalbumin, Serumleptin
-
Kalzium-Phosphat-Haushalt: Parathormon (iPTH), Kalzium, Phosphat
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Hämolyse: LDH, Bilirubin, Haptoglobin, Coombs-Test
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Blutverlust: Gastroskopie, Koloskopie, Haemoccult
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Diabetes mellitus: HbA1c
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Vitaminmangel: Serum-Vitamin B12,Serum-Folat
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Hämoglobinopathien: Hb-Elektrophorese
Vorgehen bei Therapieresistenz
Die europäischen Leitlinien nennen einen Grenzwert von 300 internationalen Einheiten (IE) pro kg Körpergewicht Epoetin pro Woche (ca. 20 000 IE pro Woche) bzw. 1,5 µg pro kg Körpergewicht Darbepoetin alfa (ca. 100 µg pro Woche) [3].
Wenn mit dieser oder einer höheren Dosierung der Ziel-Hb-Wert von > 11 g/dl (Hämatokrit > 33 %) nicht erreicht wird, oder wenn er nur mit kontinuierlichen Gaben der hohen Dosierungen beibehalten werden kann, liegt eine EPO-Resistenz vor.
Einige der potenziellen Ursachen für ein vermindertes Ansprechen auf eine EPO-Therapie sind behandelbar. Dazu gehört vor allem der Eisenmangel. Folgende Eisenmindestwerte sollten bei einer EPO-Therapie eingehalten werden:
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Serum-Ferritin > 100 µg/l, bei Hämodialysepatienten > 200 µg/l
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Prozentsatz hypochromer Erythrozyten (HRC) < 10 %, Transferrinsättigung (TSAT) > 20 % oder Retikulozyten-Hb-Konzentration (CHr, Ret-He) > 29 pg/Zelle.
Ein absoluter Eisenmangel (niedriges Serumferritin) wird mit intravenösen Eisengaben behandelt. Bei funktionellem Eisenmangel (Serumferritin und Prozentsatz hypochromer Erythrozyten erhöht bzw. Retikulozyten-Hb-Konzentration erniedrigt) kann mit niedrig dosiertem i. v. Eisen (z. B. 40 mg/Woche) oder eventuell mit Vitamin C (z. B. 300 mg pro Dialyse über 8 Wochen) behandelt werden.
#Infektion und Ernährungsstatus
Weitere Ursachen für eine EPO-Resistenz können Entzündungen und Infektionen sein. Deshalb sollte das C-reaktive Protein (CRP) bei Dialysepatienten mindestens alle 3 Wochen bestimmt werden [4]. Bei erhöhten Werten muss nach möglichen Ursachen wie Katheterinfektionen, Harnwegsinfekten, Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantation und auch Parodontose gesucht werden. Während einer nachgewiesenen Infektion sollte die i. v. Therapie mit Eisen unterbrochen werden, da diese das Bakterienwachstum fördern kann.
Auch der Ernährungszustand kann eine EPO-Resistenz verursachen. Diagnostisch gibt neben dem BMI, dem "Subjective Global Assessment" (SGA) und der Serumalbuminkonzentration auch die Serumleptinkonzentration über den Ernährungsstatus Aufschluss. In einer Studie an 65 Hämodialysepatienten verbesserte die Gabe von hochkalorischen Supplementen den Ernährungsstatus und damit auch den Erfolg der EPO-Therapie [5].
Eine optimale Blutzuckereinstellung schafft bei Patienten mit Diabetes die Voraussetzung für eine bessere Effektivität der Anämietherapie. Auch die Progression der diabetischen Nephropathie kann dadurch verlangsamt werden.
#Pure Red Cell Aplasia
In seltenen Fällen sprechen Patienten wegen der Antikörper vermittelten "Pure Red Cell Aplasia" (PRCA) auf eine EPO-Therapie nicht an. Der Arzt sollte einen Patienten dann auf eine PRCA untersuchen, wenn dieser seit über 4 Wochen eine EPO-Therapie erhält und folgende Laborveränderungen aufweist:
-
schneller, plötzlicher Abfall des Hb-Wertes oder
-
Transfusionsbedürftigkeit ohne nachweisbare Blutungsquelle, normale Thrombozyten- und Leukozytenzahl, Retikulozytenzahl < 10 000/µl.
Zur Diagnosesicherung steht der Nachweis von Antikörpern gegen Erythropoetin zur Verfügung. Bei Verdacht auf eine PRCA muss die EPO-Therapie abgebrochen werden. In einem solchen Fall benötigen die Patienten meist Erythrozytentransfusionen.
#Blutverluste vermeiden
Allgemein müssen bei Hämodialysepatienten unnötige Blutverluste vermieden werden. Deshalb sollte für diagnostische Tests nur die wirklich benötige Blutmenge abgenommen und die während einer Dialyse verworfene Blutmenge so gering wie möglich gehalten werden. Nach der Hämodialyse kann die Blutung optimal gestillt werden, indem die Punktionsstelle ausreichend lange abgedrückt wird.
#Integriertes Anämienmanagement mit Biosimilar
Zur Therapie der Anämie bei niereninsuffizienten Patienten steht jetzt im Rahmen eines integrierten Anämiemanagements ein kostengünstiges, biotechnologisch hergestelltes Biosimilar des Hormons Epoetin alfa (Abseamed®) zur Verfügung. In einem umfangreichen Studienprogramm mit etwa 1 000 Patienten konnte nach den Richtlinien der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) die Sicherheit und therapeutische Äquivalenz mit dem Originalpräparat Epoetin alfa (Erypo®) belegt werden - so in der randomisierten, doppelblinden und multizentrischen Zulassungsstudie an 478 erwachsenen Hämodialysepatienten. Die Studienteilnehmer hatten zunächst über 8 Wochen das Epoetin-alfa-Originalpräparat erhalten (maximal 300 IE pro kg KG pro Woche, i. v.), bevor sie im Verhältnis 2:1 auf das Biosimilar (n = 314) umgestellt wurden oder das Originalpräparat (n = 164) weiter erhielten.
In diesem 1. Teil der Studie, den insgesamt 403 Patienten regulär beendet hatten, konnte die therapeutische Äquivalenz belegt werden. Im 2. Teil der Studie wurden 386 Patienten offen mit dem Biosimilar weiter behandelt. Dabei blieb der Hb-Wert über mehr als 12 Monate stabil.
Die Prüfärzte beurteilten die Wirksamkeit des Biosimilars bei über 93 % der Patienten als "gut" bis "sehr gut". Die Langzeitanwendung erwies sich als sicher. Unter der Therapie mit dem Biosimilar wurde keine "Pure Red Cell Aplasia" beobachtet. Ärzte und Patienten beurteilten die Verträglichkeit nach über 12 Monaten Therapiedauer zu über 88 % als "gut" bis "sehr gut".
Das Biosimilar wurde auch in einer Studie an 114 Krebspatienten geprüft, die eine Chemotherapie erhielten. Dabei erwies sich die subkutane Injektion als ebenso wirksam wie die Therapie mit dem Originalpräparat.
#Veranstaltungen auf dem Kongress für Nephrologie 2008
Vorsymposium "EPO Hyporesponse - was wissen wir und was kann uns helfen!" 27.9.2008: 13.00-15.00 Uhr, Hörsaal 22 (Kupferbau):
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Prof. Dr. Florian Lang: Der EPO Hyporesponder - eine physiologische Betrachtung
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Prof. Dr. Dr. Walter Hörl: Der EPO Hyporesponder - eine klinische Betrachtung
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Prof. Dr. Walter Zidek: Integriertes Anämiemanagement - ein Therapie-Algorithmus
Frühstückssymposium
29.9.2008: 07.30-08.30 Uhr, Audi Max (Neue Aula):
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Prof. Dr. Franz Schaefer: Eisenmanagement - ein Update
Workshop
29.09.2008: 20 Uhr, Aquarium der Wilhelma, Stuttgart:
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Prof. Dr. Franz Schaefer & Prof. Dr. Dr. Walter Hörl
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Thema: EPO-Hyporesponder - Optimierung der Anämie-Therapie anhand praxisnaher Fallbei-spiele
Höchste Qualitätsansprüche
Aufgrund der hohen Variabilität biologisch generierter Makromoleküle werden Biosimilars von der EMEA im Gegensatz zu Generika als "ähnlich" ("similar biological medicinal products") dem Originalpräparat bezeichnet. Während für die Zulassung von Generika nur Bioäquivalenzstudien verlangt werden, sind bei Biosimilars umfangreiche präklinische und klinische Studien mit dem Originalpräparat als Kontrolle notwendig.
Die hohe Komplexität des Herstellungsprozesses und die hohen Anforderungen an die Zulassung als Arzneimittel haben zur Folge, dass Biosimilars wesentlich schwerer und aufwendiger als Generika zu entwickeln sind. Um bei dem Epoetin-alfa-Biosimilar ein Höchstmaß an Qualität zu gewährleisten, wird der gesamte Produktionsprozess in Deutschland durchgeführt, wo die Produktion und Qualitätskontrolle strengsten Kriterien unterliegen.
Für ein umfassendes integriertes Therapiemanagement der renalen Anämie stellt der Arzneimittelhersteller MEDICE Nephrologen und Internisten neben dem vorgestellten Biosimilar auch verschiedene andere Produkte zur Verfügung.
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
#Literatur
-
01 Panichi V et al. ERA-EDTA Congress 2008.
- 02 Rossert J . Gassmann-Mayer C . Frei D . Mc-Cellan W . Prevalence and predictors of epoetin hyporesponsiveness in chronic kidney disease patients. Nephrol Dial Transplant. 2007; 22 794-800
- 03 Locatelli F . Aljama P . Bárány P . et al . Revised European best practice guidelines for the management of anaemia in patients with chronic renal failure. Nephrol Dial Transplant. 2004; 19 (Suppl. 2) ii1-47
- 04 European Best Practice Guidelines Expert Group on Hemodialysis, European Renal Association. Section VII. Vascular disease and risk factors. Nephrol Dial Transplant. 2002; 17 (Suppl. 7) 88-109
- 05 Hung SC . Tung TY . Yang CS . Tamg DC . High-calorie supplementation increases serum leptin levels and improves response to rHuEPO in long-term hemodialysis patients. Am J Kidney Dis. 2005; 45 1073-1083
01 RISchio CArdiovascolare nei pazienti afferenti all Area Vasta In Dialisi
Literatur
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01 Panichi V et al. ERA-EDTA Congress 2008.
- 02 Rossert J . Gassmann-Mayer C . Frei D . Mc-Cellan W . Prevalence and predictors of epoetin hyporesponsiveness in chronic kidney disease patients. Nephrol Dial Transplant. 2007; 22 794-800
- 03 Locatelli F . Aljama P . Bárány P . et al . Revised European best practice guidelines for the management of anaemia in patients with chronic renal failure. Nephrol Dial Transplant. 2004; 19 (Suppl. 2) ii1-47
- 04 European Best Practice Guidelines Expert Group on Hemodialysis, European Renal Association. Section VII. Vascular disease and risk factors. Nephrol Dial Transplant. 2002; 17 (Suppl. 7) 88-109
- 05 Hung SC . Tung TY . Yang CS . Tamg DC . High-calorie supplementation increases serum leptin levels and improves response to rHuEPO in long-term hemodialysis patients. Am J Kidney Dis. 2005; 45 1073-1083
01 RISchio CArdiovascolare nei pazienti afferenti all Area Vasta In Dialisi

