Der Klinikarzt 2008; 37(9): 434-435
DOI: 10.1055/s-0028-1089974
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Leitliniengerechte Akuttherapie mit vereinfachter Loading Dose - Bei Verdacht auf akutes Koronarsyndrom: Sofort duale Thrombozytenaggregationshemmung initiieren

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Publication Date:
01 October 2008 (online)

 
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Sowohl in der Akuttherapie als auch zur Sekundärprävention in der Langzeittherapie des akuten Koronarsyndroms (ACS) spielt die duale Thrombozytenaggregationshemmung mit Clopidogrel-Hydrogensulfat (z. B. Iscover®) und Azetylsalizylsäure (ASS) eine entscheidende Rolle. Clopidogrel-Hydrogensulfat zählt in dieser Indikation inzwischen zu den am besten erforschten Thrombozytenaggregationshemmern und ist in Kombination mit ASS für das gesamte Spektrum des akuten Koronarsyndroms zugelassen [3]. Um bei Vorliegen einer instabilen Angina pectoris oder eines Nicht-ST-Hebungsinfarkts die sofortige Gabe der von den ESC-Leitlinien 2007 der European Society of Cardiology (ESC) empfohlenen 300-mg-Loading-Dose von Clopidogrel-Hydrogensulfat [1] zu vereinfachen, steht jetzt eine neue 300-mg-Tablette Clopidogrel-Hydrogensulfat zur Verfügung.

Die aktuellen ESC-Leitlinien 2007 verweisen erneut auf die Bedeutung einer unmittelbaren, möglichst zeitnahen interventionellen myokardialen Revaskularisation der betroffenen Koronararterie bei instabiler Angina pectoris (IAP) oder Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) ([1], [2], [3], Abb. [1]).

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Abb. 1 Akutes Koronarsyndrom – Diagnostik. nach [4], [5]

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Leitsymptom Brustschmerzen schnell richtig interpretieren

Beiden Formen sowie auch dem ST-Hebungsinfarkt gemeinsam ist zum Beispiel ein typisches Druck- oder Engegefühl im Thoraxbereich, vor allem hinter dem Brustbein (Sternum), mit oder ohne Ausstrahlung in Unterkiefer, Zähne, Hals, Arme, Schultern, Rücken oder Epigastrium, das sich charakteristischerweise durch die Gabe antianginös bzw. ischämisch wirksamer Medikamente bessert. Doch nicht in jedem Fall treten solche typischen Beschwerden auf. Insbesondere bei vergleichsweise jungen (25-40 Jahre) bzw. älteren Patienten (> 75 Jahre), Frauen, Diabetikern und Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz oder Demenz kann die (Schmerz-)Symptomatik vollkommen fehlen, nur sehr schwach ausgeprägt oder atypisch bzw. maskiert sein [6].

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Akuttherapie: Duale Thrombozytenaggregationshemmung schon vor der Koronarangiografie

Die Arbeitsdiagnose "akutes Koronarsyndrom" (oben beschriebene Schmerzsymptomatik, richtungsweisende Anamnese, Einschätzung der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung, symptomorientierte körperliche Untersuchung, 12-Kanal-EKG) muss laut der ESC-Leitlinien 2007 bei Nicht-ST-Hebungsinfarkt und instabiler Angina pectoris 10 Minuten nach dem Erstkontakt feststehen, damit der sofortige Beginn der Basistherapie gewährleistet ist [1]. Im Falle eines ST-Hebungsinfarkt ist die gleiche Akutbehandlung indiziert [3]:

  • Clopidogrel-Hydrogensulfat: sofortige 300-mg-Loading-Dose, gefolgt von 75 mg täglich,

  • ASS: zunächst in einer Loading Dose von 160-325 mg parenteral, gefolgt von einer täglichen Erhaltungsdosis von 75-100 mg (wenn keine Kontraindikation vorliegt).

Ein Abwarten bis zum Befund der Koronarangiografie wird ausdrücklich nicht empfohlen [1].

Grundlage dieser Therapieempfehlungen sind die Ergebnisse der Studien CURE[1] und CLARITY-TIMI[2]-28, in denen der Effekt einer Clopidogrel-Hydrogensulfat-Loading-Dose einmal bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung [7] sowie auch bei ST-Streckenhebungsmyokardinfarkt [8] randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert untersucht wurde. In beiden Studien hatten die Patienten zusätzlich zur indizierten Basistherapie, unter anderem mit ASS (75-325 mg täglich), auch Clopidogrel-Hydrogensulfat erhalten (zunächst eine Loading Dose von 300 mg, dann 75 mg täglich). Um die bisher nötige Gabe der Loading Dose von vier 75-mg-Tabletten zu vereinfachen, steht jetzt eine 300-mg-Tablette Clopidogrel-Hydrogensulfat zur Verfügung, die seit Juni 2008 in Deutschland erhältlich ist.

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Sofortiger Behandlungsbeginn schützt schon in den ersten Stunden

Schon innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Clopidogrel-Hydrogensulfatgabe war in CURE ein signifikanter Nutzen für die Patienten mit instabiler Angina pectoris und Nicht-ST-Hebungsinfarkt zu verzeichnen [7]. In diesem Zeitrahmen trat nur bei 1,4 % der Patienten, die eine 300-mg-Clopidogrel-Hydrogensulfat-Loading-Dose erhalten hatten, ein kardiovaskuläres Ereignis (Tod durch kardiovaskuläre Ursache, nichttödlicher Myokardinfarkt, Schlaganfall, refraktäre oder schwere Ischämie) auf, während in der Placebogruppe 2,1 % der Patienten betroffen waren. Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 34 % (95 %-Konfidenzintervall 0,51-0,86). In CLARITY wiederum verbesserte die duale Thrombozytenaggregationshemmung mit Clopidogrel - zusätzlich zu einer Fibrinolyse und einer Heparingabe bei Bedarf - bei Patienten mit Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung, die 75 Jahre oder jünger waren, im Vergleich zur alleinigen ASS-Therapie die Koronarperfusion signifikant [8].

Alle Patienten waren für eine Angiografie 48-192 Stunden nach Beginn der Studienmedikation vorgesehen. Mithilfe der 300-mg-Clopidogrel-Hydrogensulfat-Loading-Dose erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit gegenüber Placebo für

  • einen optimalen epikardialen Fluss, definiert als TIMI-Flussgrad 3 (p < 0,001)

  • sowie eine optimale Myokardreperfusion (TIMI-Myokardreperfusionsgrad 3) (p = 0,008).

Dementsprechend verringerte sich unter einer Therapie mit Clopidogrel-Hydrogensulfat die Wahrscheinlichkeit für einen intrakoronaren Thrombus um 27 % (p < 0,001). Nach 30 Tagen reduzierte die Clopidogrel-Hydrogensulfattherapie die Wahrscheinlichkeit für den kombinierten Endpunkt der Studie (Tod durch kardiovaskuläre Ursache, Myokardinfarktrezidiv oder rezidivierende Ischämie mit Notwendigkeit einer Notfallvaskularisation) signifikant - und zwar um 20 % (p = 0,03, Abb. [2]). Dies war aber nicht mit einer signifikant erhöhten Rate schwerer oder intrakranieller Blutungen verbunden.

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Abb. 2 CLARITY - Kumulative Inzidenz des Endpunktes 'Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, Myokardinfarktrezidiv oder rezidivierende Ischämie' mit Notwendigkeit einer Notfallrevaskularisation. nach [8]

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Abb. 3 CURE - Kumulative Hazard-Raten für den primären Endpunkt 'Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, nichttödlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall' während der ersten 12 Monate der Studie. nach [7]

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Leitliniengerechte Langzeittherapie: Duale Thrombozytenaggregationshemmung

Ganz deutlich betonen die aktuellen ESC-Leitlinien 2007 auch den Nutzen der Therapie mit Clopidogrel-Hydrogensulfat über 12 Monate bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung [1] - das heißt sowohl bei instabiler Angina pectoris als auch bei Nicht-ST-Hebungsinfarkt, sofern kein exzessives Blutungsrisiko besteht (1-A-Empfehlung). Von einer vorübergehenden Unterbrechung der dualen Thrombozytenaggregationshemmung mit Clopidogrel-Hydrogensulfat und ASS innerhalb der ersten 12 Monate ist explizit abzuraten, außer es ist klinisch indiziert, zum Beispiel bei massiven Blutungen oder chirurgischen Eingriffen (1-C-Empfehlung). Dies gilt auch für ein längeres oder permanentes Absetzen von ASS und/oder Clopidogrel-Hydrogensulfat, sofern keine klinische Indikation hierfür vorliegt (1-C-Empfehlung).

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Effektiver Langzeitschutz gleichermaßen bei IAP und NSTEMI

Auch diese Leitlinienempfehlungen basieren auf den Ergebnissen der CURE-Studie [7]. Denn hier hat sich im Beobachtungszeitraum über 12 Monate eine signifikante Risikoreduktion für die NSTEMI-ACS-Patienten ergeben, welche die duale Thrombozytenaggregationshemmung über diesen Zeitraum erhalten hatten - sowohl bei konservativer als auch bei invasiver Behandlung. Dabei konnte bei Patienten mit instabiler Angina pectoris oder einem Nicht-ST-Hebungsinfarkt eine beinahe identische Risikoreduktion erreicht werden:

  • Patienten mit instabiler Angina pectoris: relative Risikoreduktion 19 %,

  • NSTEMI-Patienten: relative Risikoreduktion 18 %.

So trat bei 582 der 6 259 Patienten (9,3 %) der Clopidogrel-Hydrogensulfat-Gruppe im Verlauf der Studie ein solches kardiovaskuläres Ereignis ein. Dagegen waren bei 719 der 6 303 Patienten (11,4 %), die nur ASS erhalten hatten, ein kardiovaskuläres Ereignis zu beobachten. Dieser signifikante Nutzen durch die zusätzliche Gabe von Clopidogrel-Hydrogensulfat zur Basistherapie mit ASS zeigte sich unabhängig davon, ob die Patienten konservativ, das heißt nur medikamentös behandelt wurden (relative Risikoreduktion unter Clopidogrel-Hydrogensulfat von 20 % versus Placebo; p = 0,0025) oder invasiv revaskularisiert wurden (PCI, CABG; relative Risikoreduktion unter Clopidogrel-Hydrogensulfat von 18 % versus Placebo, p = 0,015) [7].

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Situation in Deutschland verbesserungswürdig

Trotz der konkreten Leitlinienempfehlungen zur Behandlung von instabiler Angina pectoris und Nicht-ST-Hebungsinfarkt und der klaren Studiendaten erhält schätzungsweise nur etwa jeder 2. Patient mit akutem Koronarsyndrom die duale Thrombozytenaggregationshemmung [9]. Der Einsatz der kürzlich zugelassenen 300-mg-Dosierung von Clopidogrel-Hydrogensulfat gestaltet die Akuttherapie deutlich einfacher (1 statt 4 Tabletten) und kann somit wesentlich zur Verbesserung der aktuellen Versorgungssituation beitragen.

sts

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung der Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München

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Literatur

01 Clopidogrel in Unstable angina to prevent Recurrent Events

02 CLopidogrel as Adjunctive ReperfusIon Therapy - Thrombolysis In Myocardial Infarction

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Literatur

01 Clopidogrel in Unstable angina to prevent Recurrent Events

02 CLopidogrel as Adjunctive ReperfusIon Therapy - Thrombolysis In Myocardial Infarction

 
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Abb. 1 Akutes Koronarsyndrom – Diagnostik. nach [4], [5]

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Abb. 2 CLARITY - Kumulative Inzidenz des Endpunktes 'Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, Myokardinfarktrezidiv oder rezidivierende Ischämie' mit Notwendigkeit einer Notfallrevaskularisation. nach [8]

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Abb. 3 CURE - Kumulative Hazard-Raten für den primären Endpunkt 'Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, nichttödlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall' während der ersten 12 Monate der Studie. nach [7]