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DOI: 10.1055/s-0028-1091304
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Nachruf - Dr. Arnold Radtke
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
10. Oktober 2008 (online)
Am 16. Juli 2008 verstarb im Alter von 94 Jahren unser Kollege Dr. Arnold Radtke. Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit ehrte 1991 "den Arzt, der sich für die Bekämpfung der Tuberkulose und allgemein für die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens einsetzte. Er hat die deutsche Tropenmedizin beispielgebend unterstützt und einer ganzen Generation von Ärztinnen und Ärzten im Entwicklungsdienst das berufliche Engagement für die Menschen in der Dritten Welt vorgelebt. Die deutsche Tropenmedizin verdankt ihm die Erschließung der lange vernachlässigten, ganzheitlichen Sichtweise der "Medizin in den Tropen" und ihre Umsetzung in Ausbildung und Praxis."
Arnold Radtke, geboren am 20. Juni 1914 in Berlin, studierte von 1932-1934 Geschichte, Philosophie, Publizistik und Politikwissenschaft und von 1936-1941 Humanmedizin in Breslau, Würzburg, München und Greifswald. Von 1941-1946 war er Truppenarzt und hat sich nach dem Krieg insbesondere der Tuberkulosebekämpfung zugewandt. Von 1953-1956 war er Oberarzt an der Lungenheilstätte Wangen im Allgäu und unter anderem von 1956-1963 Leiter der Tuberkulosefürsorge in Heilbronn und Lörrach. Von 1963-1969 war er leitender Arzt des "Lake Victoria Tuberculosis Schemes" in Tansania. Von 1971-1979 bestimmte er als Leiter des Gesundheitsreferats von MISEREOR, Aachen, nachhaltig deren Projekte.
Seine Berufs- und Lebenserfahrung brachte er darüber hinaus in viele Fachgremien ein, so als Beiratsmitglied der DTG von 1978-1982. Er war 1972 Gründer und bis 1975 Sekretär des Arbeitskreises Medizinische Entwicklungszusammenarbeit (AKME). Er war, wie die Laudatio der DTG es anlässlich der Verleihung seiner Ehrenmitgliedschaft gewürdigt hat, ein überzeugender und unbeugsamer Verfechter einer zeitgemäßen und verantwortungsbewussten "Medizin in den Tropen". Als kritischer Promotor hat er wesentlich dazu beigetragen, dass das Konzept der primären Gesundheitspflege in die kirchlichen und staatlichen Organisationen der Gesundheitshilfe Eingang fand.
Der Autor hat Radtke als Vorbild und Mentor viel zu verdanken. In der Anfangsphase der Übernahme des Heidelberger Instituts half er ihm bei der Sinnfindung eines "Tropeninstituts" außerhalb der Tropen. 1974 führte er ihn in den Kreis derer ein, die im Dialog zwischen Kirchen und WHO das Konzept von "Primary Health" schmiedeten. In diesem Zusammenhang entstand der Gedanke an einen Vorbereitungskurs "Medizin in Entwicklungsländern", der seither an der Universität Heidelberg besteht. Hierdurch wurde eine in Deutschland einmalige Möglichkeit geschaffen, Entwicklungshelfern im Gesundheitswesen jeglicher Organisationen vor Auslandseinsätzen die nötige Sensibilität, Orientierung und spezifische Fortbildung für eine jeweils zeitgemäße Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern zu vermitteln.
Rückkehrer aus den Einsatzländern bekamen als Dozenten die Gelegenheit, ihre Berufs- und Lebenserfahrung an die nächste Generation weiter zu geben. Hunderte von Kursteilnehmer verdanken diese Chance indirekt Radtke. Dies war ganz im Sinn und im Geist von Arnold Radtke, so wie auch der AKME seine Gründungsidee bis heute weiterführt. Noch über viele Jahre nach Beendigung seiner beruflichen Mission stand er uns mit Rat und Anregungen zur Verfügung. Alle, die ihn kannten, werden in ihm einen weitsichtigen und verständnisvollen Kollegen und eine herausragende Arztpersönlichkeit in Ehren halten.
Prof. Hans Jochen Diesfeld, Starnberg