Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2008; 15(3): 107
DOI: 10.1055/s-0028-1098008
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Wie weit geht die „Bergsucht”?

Rainald Fischer, Kristin Krahl
Weitere Informationen
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PD Dr. Rainald Fischer
Kristin Krahl

München

Ottobrunn

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Oktober 2008 (online)

Inhaltsübersicht

    Schneller, weiter, höher – was kann der Körper leisten und was bringt ihn am besten zum Ziel? Seit 1895, als der Brite Albert F. Mummery den ersten bekannten Versuch unternahm, den 8125 Meter hohen Nanga Parbat zu besteigen, ist dieser im westlichen Himalaya und im Norden von Pakistan gelegene Berg Ziel vieler Bergsteiger und Extremkletterer.

    Doch dort oben liegen Erfolg und Misserfolg – Leben und Sterben – so nah beieinander, dass es kaum noch Unterschiede gibt. „Dort oben ist man bereits tot”, so Reinhold Messner, der 1970 den Berg zusammen mit seinem Bruder Günther bestieg. Allein in diesem Jahr haben 2 Nachrichten am Nanga Parbat für Schlagzeilen gesorgt. Innerhalb eines Monats verliert der eine, der Südtiroler Karl Unterkircher, in einer Gletscherspalte sein Leben und es beginnt eine dramatische Rettungsaktion für seine in der Steilwand zurückgebliebenen Kameraden. Der andere, Luis Stitzinger (Bergführer des Expeditionskurses der BExMed), besteigt den Nanga Parbat erfolgreich über die Kinshofer–Route mit allen Teilnehmern (immerhin 5 gleichzeitig am Gipfel), schafft schließlich noch eine durchgehende Skibefahrung in der Diamirflanke und anschließend eine vollständige Begehung der Mazeno Ridge mit einer Zweitbesteigung des Mazeno Peak (7145 Meter, www.nangaparbat 2008.de).

    Wie weit geht der Ehrgeiz bergsüchtiger Sportler? Wie viel haben das Gipfelerlebnis und der Drang nach immer größeren Siegen und neuen Rekorden miteinander zu tun und was bedeutet dies für uns Ärzte, die wir wohl selbst „bergbesessen” sein müssen, um unseren „Patienten” auf die Gipfel dieser Welt folgen zu können? Dabei ist mit den bekannten Achttausendern der Gipfel des alpinen Wahns noch lange nicht erreicht – Bergsteigen war einmal. Auf der Suche nach dem Neuen, Außergewöhnlichen, noch nie Erreichten haben Extremsportler das Speedklettern entdeckt. Dabei kämpfen die Sportler nicht nur gegen den Berg, sondern auch gegen die Uhr. Was kommt danach, wo ist das Limit? Trotz dieser Fragen – es gibt auch Bergsteiger wie Luis, die der Sicherheit immer Vorrang geben und auf den „Gipfelsieg” (er drehte vor der Skiabfahrt 300 Meter vor dem Gipfel aus Zeitgründen um) verzichten können.

    „Wir sind geboren und eines Tages werden wir sterben. Dazwischen liegt das Leben! Ich nenne es das Geheimnis, niemand von uns besitzt den Schlüssel dafür. Das Leben liegt in Gottes Hand ... und wenn er uns ruft ... dann müssen wir gehen. Ich bin mir bewusst, dass die breite Öffentlichkeit nicht meine Meinung teilt, denn sollten wir wirklich nicht mehr zurückkehren, würden viele sagen: „Was haben sie denn dort nur gesucht ...? Wer hat sie dort hingetrieben ...? Aber eine Sache steht fest, wer keinen Kontakt mit dem Berg findet, wird es auch nie erfahren”, schrieb Karl Unterkircher in sein Expeditionstagebuch. Er hinterlässt eine Frau und 3 Kinder.

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    PD Dr. Rainald Fischer
    Kristin Krahl

    München

    Ottobrunn

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