B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2009; 25(2): 47
DOI: 10.1055/s-0028-1098858
EDITORIAL

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Editorial

G. Huber
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Publication Date:
07 April 2009 (online)

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    Die Zunahme an Diabetesfällen ist ein globales Phänomen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass aktuell mehr als 180 Millionen Menschen weltweit davon betroffen sind. Diese Zahl soll sich bis ins Jahr 2030 verdoppeln.

    Es ist allerdings zu vermuten, dass die Dunkelziffer hier extrem hoch ist, da Menschen nicht an der eigentlichen Erkrankung leiden oder gar versterben, sondern an deren schädigenden Langzeitwirkungen, die sich in Form von Mikro- und Makroangiopathien in verschiedenen biologischen Systemen auswirken. Was ist die Ursache dafür?

    Es sieht so aus, als hätten wir uns zwar aus der Steinzeit gelöst, die Steinzeit aber nicht aus uns. Sie dominiert immer noch unsere Stoffwechselprozesse. Es war in der Vergangenheit für den Homo sapiens günstig, dass nur durch muskuläre Aktivität Glukose aus dem Blutkreislauf gezapft werden konnte.

    Die Gegenwart ist aber dadurch gekennzeichnet, dass geringe Aktivitätsraten und hohes Nahrungs-, sprich Zuckerangebot dieses System bis zur Erschöpfung belasten. Dadurch wird deutlich, Diabetes kann ohne eine ausreichende Bewegung weder kontrolliert noch gar „gemanagt“ werden.

    Nach den Daten des letzten Bundesgesundheitsurvey von 1999 (!) waren in Deutschland etwa 4,7 % der Männer und 5,6 % der Frauen in der untersuchten Altersgruppe von 18–79 Jahren an Diabetes erkrankt. Eines ist sicher, die Zahlen sind in den letzten 10 Jahren nicht geringer ­geworden. Doch die Zahlen steigen nicht nur wegen des demografischen Wandels. Die Krankheit wird immer früher diagnostiziert, d. h. das sogenannte Manifestationsalter sinkt beständig und verschiebt sich vom späten in das mittlere Erwachsenenalter. In der Altersgruppe zwischen 40 und 59 finden sich die meisten Menschen mit einer gestörten Glukosetoleranz (IDF 2003). Dies verweist nochmals auf die wichtige Rolle, die der veränderte Lebensstil mit einem Überfluss an kalorien­dichter Ernährung und drastisch reduzierter Bewegung hat.

    Deshalb war ein Schwerpunktheft mit dieser Thematik eigentlich schon lange überfällig.

    Gerade die Diabeteserkrankung stellt ein Paradebeispiel dar für das krasse Missverhältnis zwischen dem erwiesenen Nutzen der körperlichen Aktivität und dessen Nutzung in der Gesundheitsversorgung. Für die Diabetesbehandlung bilden Ernährung, Insulin und Bewegung die Grundpfeiler. Das vorliegende Heft möchte einen Anstoß dazu geben, die „Tragkraft“ des Pfeilers Bewegung zu stärken.

    Ihr
    Gerhard Huber