Pneumologie 2009; 63(1): 41-48
DOI: 10.1055/s-0028-1100824
Übersicht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Genetik der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung

The Genetics of Chronic Obstructive Pulmonary DiseaseU.  Arinir1, 2 , S.  Hoffjan2 , H.  Knoop1 , G.  Schultze-Werninghaus1 , J.  T.  Epplen2 , G.  Rohde1
  • 1Medizinische Klinik III – Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Berufsgenossenschaftliche Universitätsklinik Bergmannsheil GmbH, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum (Direktor: Prof. Dr. G. Schultze-Werninghaus)
  • 2Humangenetik, Ruhr-Universität Bochum (Direktor: Prof. Dr. J. T. Epplen)
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Dr. Umut Arinir

Medizinische Klinik III, Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil GmbH, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

Email: umut.arinir@rub.de

Publication History

eingereicht 18.08.2008

akzeptiert 13.10. 2008

Publication Date:
09 January 2009 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die COPD ist eine multifaktorielle Erkrankung, bei der sowohl Umweltfaktoren als auch die genetische Prädisposition eine wichtige Rolle spielen. Dies sieht man am deutlichsten am Beispiel des Nikotinkonsums. Obwohl das inhalative Zigarettenrauchen den wichtigsten Risikofaktor für die Erkrankung darstellt, erkrankt nur maximal die Hälfte aller Raucher an einer COPD. Für die Pathogenese der COPD sind 3 Hauptursachen zu nennen: 1. Imbalance zwischen Proteasen und Antiproteasen, 2. Oxidativer Stress, 3. Entzündungsreaktionen. Oxidativer Stress resultiert aus einem Ungleichgewicht zwischen exogenen Oxidantien, wie z. B. Zigarettenrauchen, und endogenen Antioxidantien. Der oxidative Stress löst eine Entzündungsreaktion aus, an der viele Mediatoren beteiligt sind. Durch die Mediatoren werden weitere Entzündungszellen angelockt. Diese setzen wiederum Proteasen und Oxidantien frei, dies führt zur Chronifizierung des Entzündungsgeschehens mit irreversibler Schädigung des Bronchialepithels. Individuelle genetische Variationen beeinflussen auf mannigfaltige Weise diese Prozesse. Das Ziel dieses Artikels liegt darin, eine Übersicht über die bisher untersuchten Kandidatengene und deren Funktion zu geben.

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Abstract

COPD is a heterogenous disease caused by the interaction of genetic susceptibility and environmental influences. The best example to support this is tobacco smoke. Although cigarette smoking is the most important aetiological factor, only up to half of chronic smokers develop significant COPD. There are three main themes within the pathogenesis of COPD: 1) imbalance between proteases and anti-proteases, 2) oxidative stress, 3) inflammation. Disparity between levels of exogeneous oxidants, e. g., tobacco smoke, and endogeneous antioxidants leads to oxidative stress which, in turn, causes an inflammatory response involving pro-inflammatory mediators. The activated inflammatory cells release further proteases and oxidants, leading to chronic inflammation and irreversible destruction of connective tissue in the lung. Individual genetic variations influence these processes in many ways. This article summarises the results of recent candidate gene studies for COPD.

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Einleitung

Definitionsgemäß ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) durch eine progrediente, nicht-reversible Atemwegsobstruktion charakterisiert. Die Prävalenz wird bei der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland auf 10 – 15 % geschätzt [1]. Weltweit ist die COPD gegenwärtig die vierthäufigste Todesursache. Bei steigender Prävalenz, Morbidität und Mortalität wird die COPD im Jahre 2020 auf den 3. Platz der weltweit häufigsten Todesursachen vorrücken [2]. Die sozioökonomische Bedeutung der COPD ist unbestritten. Nach Schätzungen betragen die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten in Europa 38,7 Mrd. € [1] [3]. Die durchschnittlichen jährlichen Kosten in Deutschland pro COPD-Patient aus volkswirtschaftlicher Sicht wurden auf 3027 € geschätzt, wobei Krankenhausaufenthalte mit 26 %, Medikamente mit 23 %, die Frührente mit 17 % und die Rehabilitation mit 1,5 % zu diesen Kosten beitragen [4].

Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD werden sowohl genuine als auch erworbene Faktoren diskutiert ([Abb. 1]). Zu den genuinen Faktoren zählen neben der genetischen Prädisposition die bronchiale Hyperreagibilität und Störungen des Lungenwachstums [5] [6]. Als exogene Faktoren sind inhalativer Tabakkonsum [7], berufsbedingte Staubexposition (z. B. Steinkohlebergbau, Rohbaumwolle, Schweißrauche), allgemeine Luftverschmutzung [8] und häufige Atemwegsinfektionen im Kindesalter [9] zu nennen. Darunter ist das Rauchen der größte Risikofaktor. Da jedoch nur maximal die Hälfte aller Raucher eine signifikante COPD entwickelt [10], scheint die genetische Veranlagung eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese zu spielen [11]. Dies unterstützen Untersuchungen an Familien, die eine höhere Rate an obstruktiven Ventilationsstörungen im nächsten Verwandtenkreis von COPD-Patienten zeigten [12]. Ferner lässt die Tatsache, dass sich die Lungenfunktion bei Rauchern in unterschiedlichem Maße verschlechtert [13], einen Zusammenhang zwischen genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen vermuten.

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Abb. 1 Pathogenese der COPD.

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Genetische Grundlagen

Das Zusammenspiel zwischen genetischen und Umwelt-Einflüssen, die zum klinischen Phänotyp beitragen, führt zu einem Erkrankungsrisiko, welches nicht durch einfache Addition berechnet werden kann. Zudem ist bei einer multifaktoriellen Erkrankung wie COPD davon auszugehen, dass für den Phänotyp nicht ein einziges Gen verantwortlich ist. Vielmehr sind es mehrere Gene, die synergistische Effekte zeigen. Doch wie finden wir diese „verantwortlichen” Gene?

Als Polymorphismus wird das Vorkommen von 2 oder mehreren Allelen eines Gens oder allgemeiner einer bestimmten DNA-Sequenz in einer Population bezeichnet. Ein Genlocus wird als polymorph bezeichnet, wenn das oder die seltenen Allele eine Häufigkeit von mindestens 1 % haben. Varianten sind Allele, die seltener als 1 % vorkommen. Die beiden häufigsten DNA-Polymorphismen sind Einzel-Nukleotid-Polymorphismen (single nucleotide polymorphism, SNP) als Austausch einer einzelnen Nukleotidbase und Mikrosatelliten. Die letztgenannten Formen sind durch individuelle Unterschiede in der Zahl kleiner Tandem-Wiederholungen gekennzeichnet (short tandem repeats, STR). Diese Polymorphismen können sowohl in kodierenden (Exons) als auch in nicht-kodierenden (Introns) Bereichen der DNA auftreten. Eine Mutation in einem kodierenden Bereich kann die Proteinsequenz verändern und damit zur Änderung der Proteinfunktion führen [14]. SNPs, die keine Änderung der Proteinsequenz nach sich ziehen, werden als „stumme” Mutationen bezeichnet.

Genetische Studien zur Prädisposition des Menschen für Volkskrankheiten basieren im Allgemeinen auf 2 Ansätzen, einerseits Case/Control- und andererseits Familien-Untersuchungen. In Assoziationsstudien werden Polymorphismen in Kandidatengenen zwischen Patienten und nicht-erkrankten Kontrollpersonen verglichen. Dies ist ein sehr verbreiteter Ansatz, die Ergebnisse sind jedoch oftmals nicht ohne weiteres in verschiedenen Kohorten reproduzierbar [15]. Als Grund dafür werden geringe Probandenzahl, Definitionsunterschiede zwischen Patienten und Kontrollen (abweichende Ein- und Ausschlusskriterien), Populationsunterschiede und Heterogenität der Kohorten verantwortlich gemacht.

Die Kopplungsanalyse ist ein Test um festzustellen, ob 2 oder mehr Genloci nahe beieinander auf demselben Chromosom (DNA-Abschnitt) liegen. Eine Kopplung wird allgemein angenommen, wenn die Wahrscheinlichkeit von Kopplung gegenüber Nicht-Kopplung 1000fach größer ist. Dies entspricht einem Verhältnis von 1000 : 1 (103 : 1), als Logarithmus ausgedrückt 3. Diese Zahl wird als LOD score bezeichnet (Logarithm of the Odds) [16].

Genomweite Kopplungsanalysen werden heute in betroffenen Familien mittels einer Vielzahl von SNPs durchgeführt, um Chromosomenabschnitte zu identifizieren, die mit der Erkrankung weitervererbt werden ([Abb. 2]). Wenn der Chromosomenabschnitt bekannt ist, wird das betroffene Gen mittels positioneller Klonierung weiter eingegrenzt. Dabei werden kurze Chromosomenabschnitte (Haplotypen) untersucht, die in betroffenen Familien aufgrund ihrer geringen Größe gemeinsam weitervererbt werden [17] (größere Abschnitte können während der Meiose rekombiniert werden). Wenn der gleiche Haplotyp bei kranken Familienangehörigen immer wieder nachgewiesen wird, liegt das gesuchte Gen wahrscheinlich entweder im (oder in der Nähe vom) untersuchten Haplotyp.

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Abb. 2 Schritte der Gen-Identifizierung: 1. Isolierung der DNA aus Blutproben von COPD-Patienten, 2. Kartierung auf einer chromosomalen Region, 3. Einengung auf einen begrenzten Bereich, 4. Feinkartierung mittels polymorpher DNA-Marker mit bekannter Position, 5. Isolierung von Genen aus dem Bereich, 6. Mutationsanalyse nach Auswahl der Kandidatengene, 7. Identifizierung des prädisponierenden Gens nach Größe, Struktur, Transkript und Expressionsmuster.
A = Adenin, T = Thymin

Die bisher größte Kopplungsuntersuchung bei COPD-Patienten, damals noch mit Mikrosatelliten-Markern, wurde von Silverman und Mitarbeitern an der Boston early-onset COPD-Kohorte durchgeführt [18] [19]. Dabei wurde eine signifikante Kopplung für FEV1/FVC auf Chromosom 2 (LOD 4,12) und schwächere Kopplungen auf den Chromosomen 1 (LOD 1,92) und 17 (2,03) gefunden. Die Region auf Chromosom 2q enthält u. a. das Interleukin 8-Rezeptor α Gen (IL8RA) sowie Serpin peptidase inhibitor, clade E member 2 (SERPINE2). In Assoziationsstudien wurden im Folgenden beide als prädisponierende Gene bestätigt [20] [21].

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Pathogenese der COPD – Bisher untersuchte Kandidatengene

Für die Pathogenese der COPD sind 3 Hauptursachen zu nennen: 1. Proteasen/Antiproteasen-Ungleichgewicht [22], 2. Oxidativer Stress [23], 3. Entzündungsreaktionen.

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Proteasen/Antiproteasen

Die für die Pathogenese der COPD wichtigen Proteasen lassen sich in 3 Klassen einteilen: Serin-Proteinasen (Neutrophilen-Elastase und Proteinase 3), Cystein-Proteinasen (Cathepsin B) und Matrix-Metalloproteinasen (MMP1, 9, 12). Die Aufgabe der Proteasen besteht darin, Zelldetritus aufzulösen und damit die Atemwege zu „säubern”. Jedes dieser Enzyme wird potenziell durch eine oder mehrere Antiproteinasen inhibiert. Falls dabei ein Ungleichgewicht entsteht, können Zellschäden resultieren.

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α1-Antitrypsin

Die wichtigste Antiproteinase ist α1-Antitrypsin (AAT). Sie inhibiert Leukozyten-Elastase, Cathepsin G sowie Proteinase 3 und ist zugleich der einzig gesicherte genetische Risikofaktor für COPD bzw. Lungenemphysem [24]. AAT ist ein Serinproteinase-Inhibitor und wird vom SERPINA1-Gen auf Chromosom 14 kodiert. Es gibt 4 Hauptallele, die nach ihrem Wanderungsverhalten in der Gelelektrophorese benannt wurden (F = fast, M = medium, S = slow, Z = very slow). Die Z-Mutation führt zum Aminosäureaustausch (Lys342Glu). Die PiZZ-Homozygotenrate, die zu Lungenfunktionsverschlechterung führt, ist in der Bevölkerung sehr niedrig (0,6 – 2,4 %), so dass damit nur ein sehr kleiner Teil der genetischen Prädisposition für COPD erklärt werden kann [25] [26].

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Matrix-Metalloproteasen

MMP sind in der Lage, Kollagen effizient abzubauen. Des Weiteren können sie AAT inaktivieren und Tumor necrosis factor α (TNFα) aktivieren. Die Gegenregulation der MMP läuft über deren Inhibitoren (tissue inhibitors of metalloproteinases, TIMP's). In der bronchoalveolären Lavage (BAL) von COPD-Patienten wurde eine erhöhte MMP-Konzentration gemessen [27]. Studien an Knock-out-Mäusen bestätigten die Rolle der MMP's in COPD, dabei zeigte eine Überexpression von MMP1 ein erhöhtes Risiko, ein Lungenemphysem zu entwickeln [28]. Dagegen scheinen Mäuse, die kein MMP12 bilden, eher geschützt zu sein [29]. Beim Menschen zeigte ein Haplotyp, bestehend aus einem MMP1-Promotor-SNP (− 1607, G/GG-Insertion) und einem MMP12-SNP (Asn357Ser, A/G), einen schnelleren Abfall der FEV1 [30]. Der am meisten untersuchte MMP-Polymorphismus befindet sich jedoch im MMP9-Gen auf Chromosom 20. Ein Promotor-SNP (− 1562, C/T) erhöht die Proteinase-Aktivität, eine Assoziation mit COPD konnte sowohl in einer chinesischen [31] als auch in einer japanischen [32] Population nachgewiesen werden. Es gibt 4 TIMP's (TIMP1 – 4). Obwohl grundsätzlich alle TIMP's die aktiven Formen der MMP's inhibieren können, zeigen einige bestimmte Affinitäten. TIMP2 zeigt z. B. eine höhere Affinität zu MMP2 und MMP9 [33]. Bisher sind TIMP1 und TIMP2 in COPD untersucht worden. In einer japanischen Studie zeigten 2 TIMP2-SNPs (im Promotor, Exon 3) eine Assoziation mit COPD [34].

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α1-Antichymotrypsin

Eine weitere Antiprotease ist α1-Antichymotrypsin (SERPINA3), sie inhibiert Kathepsin G und Mastzellchymase. Bisher zeigten 3 SNPs eine Assoziation mit COPD, diese Ergebnisse waren jedoch in verschiedenen Studien nicht reproduzierbar [35] [36] [37].

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Oxidativer Stress

Oxidativer Stress resultiert aus einem Ungleichgewicht zwischen schädigenden Oxidantien, wie z. B. Zigarettenrauchen, und protektiven Antioxidantien. Durch das Rauchen werden freie Radikale und Nitritoxid freigesetzt. Sauerstoffradikale werden insbesondere auch von Leukozyten sezerniert, welche in Raucherlungen in hoher Zahl vorhanden sind [38]. Als Antioxidantien wirken in der Lunge Glutathion-S-Transferase (GSTP1, GSTM1), Superoxid-Dismutase (SOD), Katalase, mikrosomale Epoxid-Hydrolase (EPHX1) und Häm-Oxygenase (HMOX1). Genpolymorphismen, die die Funktion dieser Proteine verändern, können die Auswirkungen des oxidativen Stresses bei COPD beeinflussen.

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Glutathion-S-Transferasen

GSTP1 und GSTM1 bauen toxische Stoffe im Tabakrauch ab. Ein SNP in GSTP1 (+ 313, A/G) führt zum Aminosäureaustausch (Ile105Val) [39] und zum gesteigerten Metabolismus der karzinogenen Epoxide [40]. In mehreren Studien konnte ein Zusammenhang zwischen diesem SNP und Atemwegsobstruktion bzw. schnellerem FEV1-Abfall dargestellt werden [41] [42] [43], andere Studien konnten diese Ergebnisse jedoch nicht bestätigen [44] [47]. GSTM1 hat 3 bekannte Allele, eines davon ist ein Nullallel, so dass homozygote Träger keine GSTM1-Aktivität aufweisen. Eine Assoziation mit Lungenemphysem und chronischer Bronchitis konnte in Studien gezeigt werden [45] [46], diese Ergebnisse waren in anderen Kohorten nicht replizierbar [42] [47].

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Superoxid-Dismutase und mikrosomale Epoxid-Hydrolase

Die extrazelluläre Superoxid-Dismutase (SOD3) kommt in hohen Konzentrationen in den großen Atemwegen und in Alveolen vor [48]. Ein SNP (+ 760, C/G), der die Plasmaenzymspiegel erhöht, zeigte in 2 Studien einen protektiven Effekt gegen COPD [49] [50]. Als weiteres Antioxidans baut die mikrosomale Epoxid-Hydrolase (EPHX1) Oxidantien aus dem Tabakrauch ab [51]. Sie wird in bronchoepithelialen Zellen exprimiert. Bisher sind 2 SNPs bekannt, die zum Aminosäureaustausch führen. Diese liegen jeweils in Exon 3 (Tyr113His) und Exon 4 (His139Arg). Beide Histidinpolymorphismen gehen mit reduzierter Enzymaktivität einher [52] [53]. In mehreren Studien wurde bestätigt, dass Patienten, die beide His-Varianten aufweisen, das höchste COPD-Risiko haben [54] [55] [56]. Andere Studien wiederum konnten keinen Zusammenhang mit EPHX1-SNPs nachweisen [57] [58] [59].

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Häm-Oxygenase

Die Häm-Oxygenase-1 (HMOX-1) katalysiert den Häm-Metabolismus. Dabei entstehen Kohlenstoffmonoxid, Biliverdin und Eisen [60]. Biliverdin wird zu Bilirubin abgebaut. Bilirubin wirkt als Antioxidans. In Raucherlungen konnte im Vergleich zu Nicht-Rauchern eine höhere Bilirubinkonzentration nachgewiesen werden [61]. Ein so genannter Mikrosatellitenpolymorphismus (GT)n in der 5' Region von HMOX-1 verändert Transkriptionsspiegel. Je länger die Mikrosatellitenallele, desto schlechter ist die antioxidative Wirkung des Enzyms. Damit wären Raucher mit langen Mikrosatelliten (GT)> 30 aufgrund der fehlenden antioxidativen Wirkung eher gefährdet, ein Lungenemphysem zu entwickeln. Eine japanische Studie zeigte, dass Patienten mit mehr als 30 GT-Wiederholungen eher ein Emphysem entwickeln [62]. In einer französischen Studie waren mehr als 33 GT-Wiederholungen insbesondere bei Rauchern mit Atemwegsobstruktion und schnellerer Verschlechterung der Lungenfunktion assoziiert [63]. Eine chinesische Studie konnte diese Ergebnisse bestätigen, Patienten mit COPD GOLD-Stadium IV hatten signifikant häufiger mehr als 32 GT-Wiederholungen [64]. In der Lung Health Study konnte jedoch kein Zusammenhang zwischen FEV1-Abfall und Mikrosatellitenpolymorphismus dargestellt werden [42].

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Entzündungsmediatoren

Sowohl die lokale als auch die systemische Entzündungsreaktion spielen bei der COPD eine große Rolle [65]. Viele Mediatoren sind an der Pathogenese beteiligt.

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Tumor necrosis factor α (TNFα)

Durch Zigarettenrauch aktivierte Makrophagen setzen TNFα, Leukotrien B4 (LTB4) und Interleukin 8 (IL8) frei [66]. TNFα greift über Nuclear Factor κβ (NFκβ) in die Gentranskription ein und führt dadurch zur vermehrten IL8-Freisetzung aus anderen Zellen im Respirationstrakt. Ein Promotor-SNP im TNFα-Gen (− 308, G/A) führt zu erhöhter TNFα-Produktion [67]. Mehrere Studien zeigten eine Assoziation zwischen diesem Polymorphismus und chronischer Bronchitis bzw. COPD [68] [69] [70]. Andere Untersuchungen konnten diese Ergebnisse nicht bestätigen [55] [71] [72]. Die aktuellste Studie untersuchte 6 SNPs im TNFα-Gen und fand eine Assoziation mit den SNPs an Position − 308 und − 237. Die anderen Polymorphismen zeigten keine Signifikanz (− 1031, − 863, − 857, + 488) [73].

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Transforming growth factor β (TGFβ)

TGFβ wird von bronchoepithelialen Zellen sezerniert und reguliert u. a. die Bildung der extrazellulären Matrix, Zellwachstum und -reifung. Integrin αvβ6-negative Mäuse können latentes TGFβ nicht aktivieren, dadurch kommt es zu einer 200fach erhöhten MMP12-Expression und Entwicklung eines Lungenemphysems [74]. Dieser Befund legt eine protektive Funktion des TGFβ nahe. 2 SNPs im TGFβ-Gen gehen mit einer Erhöhung des TGFβ-Spiegels einher (− 509, C/T und + 613, C/T). Während der erste SNP die Promotorfunktion verstärkt [75], wirkt der zweite SNP über einen Aminosäurenaustausch in der Proteinsequenz (Leu613Pro) [76]. Eine neuseeländische Studie zeigte einen protektiven Effekt des Prolin-Allels mit häufigerem Vorkommen bei Kontrollpersonen im Vergleich zu COPD-Patienten [77]. Die Boston early-onset COPD-Studie zeigte dagegen eine Assoziation zwischen der Region auf Chromosom 19q, in der auch das TGFβ-Gen lokalisiert ist, und FEV1 [78]. Des Weiteren konnte neben der Boston early-onset COPD-Studie [78] auch eine niederländische Studie [79] Assoziationen der o. g. TGFβ-SNPs mit COPD nachweisen, die wiederum in 2 weiteren Studien nicht bestätigt werden konnten [80] [81]. Bisher bleibt die Rolle von TGFβ in der Pathogenese der COPD unklar und erfordert weitere Forschungsarbeit.

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Vitamin D binding protein

Vitamin D binding protein (GC-Globulin) ist ein Vorläufer des macrophage activating factor (MAF) [82], verstärkt die Chemotaxis von neutrophilen Granulozyten [83] in der Entzündungsreaktion und kann durch Inhibitoren der Leukozyten-Elastase gehemmt werden [84]. Dies unterstreicht den Zusammenhang zwischen dem Proteasen/Antiproteasen-Gleichgewicht und der Entzündungsreaktion in COPD. Bisher zeigten 3 SNPs im GC-Gen eine Assoziation mit COPD: GC2, GC1F und GC1S. Die Polymorphismen bewirken eine unterschiedliche Protein-Oligosaccharidstruktur [85]. Das GC2-Allel scheint einen protektiven Effekt bei Kaukasiern zu haben [86] [87]. In japanischen Studien wies das GC1F-Allel ein höheres Risiko zur Entwicklung einer COPD auf [88] [89]. Eine weitere Studie zeigte im Vergleich zwischen Russen und Tataren eine unterschiedliche Verteilung der Genotypen [90]. Russen hatten am häufigsten den GC1S/GC2-Genotyp (34,62 %), während bei Tataren der GC1F/GC1S-Genotyp überwog (36,79 %). Für den letztgenannten Genotyp wurde ferner eine protektive Rolle beschrieben, da er bei COPD-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen signifikant seltener vorkam. Als Risikofaktor wurde dagegen in der gleichen Volksgruppe der GC1F/GC2-Genotyp mit deutlich höherem Auftreten unter COPD-Patienten angesehen. In der russischen Gruppe gab es in den Allelverteilungen keine Unterschiede zwischen COPD-Patienten und Kontrollen. Untersuchungen an der Lung Health Study-Kohorte konnten keine Assoziation von GC mit COPD nachweisen [55] [91]. Eine aktuelle genomweite Studie (Framingham Heart Study) bestätigte GC jedoch als Kandidatengen für COPD [92].

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IL13

Ein weiterer Mediator ist IL13, das von aktivierten T-Lymphozyten produziert wird. Eine Überexpression von IL13 in transgenen Mäusen führt zum Lungenemphysem, welches durch exzessive Mukusproduktion charakterisiert ist [93]. Ein Promotor-SNP (− 1055, C/T) ist mit erhöhten IL13-Spiegeln assoziiert. Eine Studie an Niederländern zeigte eine Assoziation des T-Allels mit COPD [94]. Sowohl in einer chinesischen [95] als auch in einer japanisch-ägyptischen [96] Studie waren diese Ergebnisse nicht reproduzierbar. Eine aktuelle amerikanische Untersuchung zeigte bei Rauchern mit dem TT-Genotyp einen schnelleren FEV1-Abfall [97]. Die unterschiedliche Allelverteilung zwischen Kaukasiern und Asiaten könnte eine Erklärung für diese differenten Ergebnisse sein, andererseits sind möglicherweise jeweils unterschiedliche Gene in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen für die COPD verantwortlich.

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Weitere Gene

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Surfactant

Surfactant verhindert als oberflächenaktive Substanz vor allem den Alveolenkollaps, des Weiteren spielt es eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr. Ein SNP im Surfactant-ProteinB (SFTPB)-Gen (Thr131Ile) zeigte sowohl in der Boston early-onset COPD-Kohorte [15] als auch in einer mexikanischen Studie eine Assoziation mit COPD [98]. In der National Emphysema Treatment Trial (NETT)-Kohorte war ein Zusammenhang mit der körperlichen Belastbarkeit nachweisbar [99].

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SERPINE2

SERPINE2 liegt in der Region auf Chromosom 2q, die in der Boston early-onset COPD-Studie eine signifikante Kopplung mit COPD gezeigt hat [18] [19]. Obwohl SERPINE2 eine Serinprotease ist, spaltet sie im Gegensatz zu den anderen Serinproteasen die Leukozyten-Elastase nicht. Sie greift in das Gerinnungssystem ein, indem sie die Koagulation und Fibrinolyse über α-Thrombin reguliert [100]. DeMeo untersuchte Patienten aus der NETT-Kohorte und fand mehrere signifikant unterschiedliche SNPs im Vergleich zur Kontrollpopulation [101]. Eine europäische Studie konnte diese Ergebnisse nicht bestätigen [102]. Eine aktuelle Untersuchung führte Assoziationsstudien sowohl an einer internationalen familienbasierten Kohorte (International COPD Genetics Network, ICGN) als auch in einem norwegischen Kollektiv, bestehend aus Patienten und Kontrollen, durch [103]. In der familienbasierten Kohorte zeigte nur ein SNP signifikante Assoziation mit COPD (rs6734100). Bei den norwegischen Patienten zeigte dieser SNP eine Assoziation mit FEV1, jedoch nicht mit der COPD-Erkrankung.

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Nikotinabhängigkeit

Nikotinabusus ist der wichtigste Risikofaktor für die COPD. Somit liegt es nahe, nach genetischer Prädisposition für Nikotinabhängigkeit zu suchen. Assoziationen mit Nikotinabhängigkeit wurden bisher für Gene beschrieben, die für Azetylcholin- (CHRNA5, CHRNA3, CHRNB4) [104], Dopamin- (DRD4, DRD2) [105] und Glucocorticoid-Rezeptoren (BclI) [106] kodieren. Während Polymorphismen in CHRNA5, A3, B4 und DRD4, 2 eher bei starken Rauchern nachweisbar waren, die zudem sehr früh mit dem Nikotinkonsum begannen (vor dem 16. Lebensjahr), scheinen ein Polymorphismus im BclI- und eine Deletion im Cytochrom P2A6-Gen (CYP2A6) [107] protektiv gegen die Rauchgewohnheit zu wirken, da sie häufiger bei Nicht-Rauchern vorkommen. Früher Beginn des Nikotinabusus führt zu stärkerer Abhängigkeit und höherem Nikotinkonsum im Erwachsenenalter [107]. Die Jugendlichen zeigen im Gegensatz zu Erwachsenen höhere Sensitivität für die „positiven” Nikotinwirkungen. Gleichzeitig werden die „negativen” Effekte schwächer wahrgenommen als bei erwachsenen Rauchern. Diese Zusammenhänge könnten die „Nikotin-Anfälligkeit” der Heranwachsenden erklären [104].

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Ausblick

Bisher waren Assoziationsstudien bei COPD-Patienten nicht immer reproduzierbar, so dass sie vorsichtig interpretiert werden sollten. Um die Aussagekraft einer Studie zu steigern, sollten sehr gut klinisch charakterisierte Patienten in hoher Anzahl untersucht werden. Des Weiteren können hohe Signifikanzniveaus [108] (p < 0,005 nach der so genannten Bonferroni-Korrektur bei multiplem Testen) und die Bestätigung durch Korrelation mit der Genfunktion hilfreich sein. Nicht zuletzt spielen auch epigenetische Zusammenhänge (Protein/Protein- und Gen/Gen-Interaktionen) eine große Rolle und sollten in die Untersuchungsstrategien mit einbezogen werden.

Tiermodelle werden zur Erforschung der Pathogenese multipler Erkrankungen eingesetzt. Eine aktuelle Studie erlaubte einen neuen Blick auf die Pathogenese der chronischen Entzündungsreaktion nach Infektion mit Atemwegsviren in einem COPD-Mausmodell [109]. Es konnte nachgewiesen werden, dass das angeborene Immunsystem – unabhängig von der adaptiven Immunabwehr – über IL13 und natürliche Killerzellen zur Chronifizierung der Entzündungsreaktion führt. Mit wachsendem Verständnis der ablaufenden Prozesse werden wir in der Lage sein, die prädisponierenden Gene zu entdecken.

Mithilfe neuer Verfahren (Mikroarray/DNA-Chip) können mit einer Messung über 1 000 000 SNPs pro Fall effizient untersucht werden. Dies erleichtert die Durchführung von genomweiten Assoziationsstudien. Neue Untersuchungen in unterschiedlichen Populationen sind notwendig, um die bisherigen Ergebnisse aus den Boston early-onset COPD- und NETT-Kohorten zu bestätigen bzw. zu ergänzen. Aktuell findet eine Rekrutierung von Amerikanern europäischen und afrikanischen Ursprungs statt (http://www.ClinicalTrials.gov). Die Forscher möchten über 10 000 Personen mit und ohne COPD einschließen. Eine europäische COPD-Arbeitsgruppe vergleichbar mit den großen Asthma-Kooperationsstudien (z. B. GABRIEL: http://www.gabriel-fp6.org/) wäre wünschenswert.

Das Ziel dieser Studien ist es, COPD-Patienten besser zu charakterisieren. Damit wäre der behandelnde Arzt im klinischen Alltag in der Lage, gefährdete Personen engmaschiger zu kontrollieren und verstärkt in Raucherentwöhnungsprogramme anzubinden. Targeted therapies mit Rezeptor/Mediator-Antikörpern bzw. Tyrosinkinase-Hemmern werden schon jetzt erfolgreich in der Therapie von Tumoren (z. B. Bevacizumab [VEGF-Antikörper], Imatinib, Erlotinib), chronisch entzündlichen Darm- und rheumatischen Erkrankungen (Infliximab [TNFα-Antikörper]) angewandt. Ferner können Rezeptor-Polymorphismen die Pharmakokinetik von Medikamenten verändern [110]. Mit dem Wissen über die Medikamenten-Empfindlichkeit (Pharmakogenetik) könnten diese gezielt eingesetzt und damit könnte die Wirksamkeit gesteigert werden. Insgesamt ergeben sich damit für COPD-Patienten und ihre Ärzte völlig neue Aspekte im grundlegenden Verständnis der Erkrankung und möglicher therapeutischer Strategien.

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Dr. Umut Arinir

Medizinische Klinik III, Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil GmbH, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

Email: umut.arinir@rub.de

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Dr. Umut Arinir

Medizinische Klinik III, Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil GmbH, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1

44789 Bochum

Email: umut.arinir@rub.de

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Abb. 1 Pathogenese der COPD.

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Abb. 2 Schritte der Gen-Identifizierung: 1. Isolierung der DNA aus Blutproben von COPD-Patienten, 2. Kartierung auf einer chromosomalen Region, 3. Einengung auf einen begrenzten Bereich, 4. Feinkartierung mittels polymorpher DNA-Marker mit bekannter Position, 5. Isolierung von Genen aus dem Bereich, 6. Mutationsanalyse nach Auswahl der Kandidatengene, 7. Identifizierung des prädisponierenden Gens nach Größe, Struktur, Transkript und Expressionsmuster.
A = Adenin, T = Thymin