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DOI: 10.1055/s-0028-1103078
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Hüftdysplasie - Was ist bei der dreifachen Beckenosteotomie zu beachten?
Publication History
Publication Date:
17 November 2008 (online)
- Rotation der Pfanne
- Verringerte Anteversion der Pfanne und der Antetorsion des Femurs
- Verringerung der Pfannenanteversion bei der Ventralrotation der Pfanne
- Dezentrierungsgrade der Hüftdysplasie und Hüftluxation vor Operation
- Einzelne Vorsichtsmaßnahmen
- Die CT-Untersuchung
Dreifachosteotomien des Beckens bei Hüftdysplasie werfen wenig bekannte Probleme auf. Bei der Rotation der Pfanne nach vorn muss der hintere Teil des Pfannendaches hoch und dann nach vorn rotiert werden. Sonst entstehen Pseudarthrosen. Die Rotation nach vorn verringert die Anteversion der Pfanne. Dies muss durch zusätzliche Innenrotation auf 15° – 20° AV beseitigt werden, sonst entstehen Schmerzen.
Probleme und Lösung. Die Korrektur des Pfannendaches muss durch eine Rotation stattfinden, nicht durch einen Zug zur Seite und nach vorn. Wenn bei der Überdachung nach vorn die Schanz-sche Schraube das hintere Pfannendach nicht hochdrückt, sondern es nur vorn herabzieht, kommt es zur Pseudarthrose der Beckenschaufel.
Die dritte Ebene des Hüftgelenks wurde bisher nicht voll berücksichtigt. Verringerte Anteversion der Pfanne und Antetorsion des Femurs sind oft eine angeborene Deformität und führen zu Schmerz und Arthrose. Sie müssen zusätzlich angegangen werden, wenn sie vorhanden sind. Hinzu kommt: Mit der Rotation der Pfanne nach vorn verringern wir ihre Anteversion, sie muss deshalb zusätzlich auf den Normwert von 15° – 20° innenrotiert werden. Die Innenrotation des Hüftgelenkes muss frei sein.
Die als normal anzustrebenden Messwerte der Pfanne wurden von uns schon 1994 durch Korrelation mit der Schmerzfreiheit nach Dreifachosteotomie erstellt und sollten beachtet werden. Ferner werden bei der Operation gefährdete Gefäß-Nerven-Bereiche erwähnt und Vorsichtsmaßnahmen beschrieben (S. 567).
Die dreifache Beckenosteotomie nach Tönnis und Kalchschmidt zur Behandlung der Hüftdysplasie hat sich im Laufe der Jahre bewährt, aber es wurden auch Faktoren erkannt, die negativen Einfluss haben, wenn man sie nicht kennt und berücksichtigt.
Es gab Berichte über Pseudarthrosen am Sitzbein und Schambein, über gefährdete Gefäße und Nerven im Glutealbereich und am Schambein, über Außendrehstellungen der Beine und Innenrotationseinschränkung und über die Retroversion des Acetabulums nach Salter und dreifacher Beckenosteotomie.
Im Laufe der Zeit sind wir ebenfalls auf neue Probleme wie das der verringerten Anteversion der Pfanne und Antetorsion des Femurs als Ursache von Schmerz und Arthrose gestoßen. Deshalb erscheint es notwendig, gezielt auf diese Faktoren einzugehen, um Pseudarthrosen, Schmerzrezidive und Fortschreiten der Arthrose zu vermeiden.
#Rotation der Pfanne
Wenn das Pfannenfragment von dem Lig. sacrospinale und sacrotuberale getrennt ist (Abb. [1]), kann es in der Regel beliebig rotiert werden durch eine von schräg vorn eingebrachte Schanzsche Schraube, oder auch zwei von ihnen. Ausnahmefall: Coxa vara und mangelnde Abspreizfähigkeit. Dann ist eine gleichzeitige Valgisierung des Schenkelhalses erforderlich. In seltenen Fällen sind auch mediale Kapseldiszisionen erforderlich.


Abb. 1 Darstellung der drei Beckenosteotomien. Sie trennen das Pfannenfragment von den Bändern zum Kreuzbein und erlauben damit freie Rotation.
Die Pfanne muss danach richtig rotiert werden, sie darf nicht nur zur Seite und nach vorn gekippt werden (Abb. [2]–[3]).


Abb. 2 Hüftdysplasie des Dezentrierungsgrades 2.


Abb. 3 Für eine ausgiebige seitliche Pfannenrotation wird das seitliche Schambeinende nach der Osteotomie über das mediale Ende nach oben und dann nach medial geschoben. Damit wird das Hüftgelenk auch besser unterstellt.
Für die ausgiebige seitliche Rotation drücken wir das nach der Osteotomie laterale Schambeinende hoch und schieben es über das mediale Ende zu mehr Unterstellung des Hüftgelenks. Das Periost versuchen wir zu erhalten. Für die Rotation der Pfanne nach vorn ist es wichtig, dass die Spitze der Schanzschen Schraube dorsal hochgehoben wird. Auf diese Rotation kommt es an, wie die Abb. [4], [5], [6] zeigen.


Abb. 4 Technik der Pfannenrotation nach vorn. Die Spitze der Schanzschen Schraube muss dorsal angehoben werden. Das Pfannenfragment bleibt damit in Kontakt mit der Fläche der Sitzbeinosteotomie. Nur so werden Pseudarthrosen vermieden.


Abb. 5 Laterale, sog. Faux profil Aufnahme des Hüftgelenks vor der Rotation nach vorn.


Abb. 6 Die Pfanne ist entsprechend Abb. 4 nach vorn gedreht worden und überdacht jetzt besser. Die knöcherne Überbauung am Sitzbein ist erkennbar.
Wenn nur eine Vorkippung der Pfanne am Unterrand durchgeführt wird wie in Abb. [7], dann kommt es wie hier zur Pseudarthrose. Das muss vermieden werden. Die Sitzbeinosteotomie sollte auch möglichst lang bis an den unteren Boden des Foramen obturatum reichen damit das Pfannenfragment auch bei stärkerer Ventralrotation den Knochenkontakt behält. Die Meißelrichtung von 20–30° nach vorn, nicht mehr, zeigt Abb. [8] nochmals als Richtlinie. Bei mehr als 30° würde der Meißel in die Pfanne vordringen.


Abb. 7 Hier wurde nur eine Kippung der Pfanne nach vorn, keine Rotation, vorgenommen. Das führt zur Pseudarthrose.


Abb. 8 Die Sitzbeinosteotomie soll 20 bis 30° aus der Transversalen nach vorn gerichtet sein, keinesfalls mehr, und bis zum unteren Rand des foramen obturatum reichen (siehe auch Abb. 1).
Verringerte Anteversion der Pfanne und der Antetorsion des Femurs
Durch eine Auswertung von 350 Computertomographien bei Hüftbeschwerden konnten wir 1999 zeigen, dass eine Verringerung dieser Messwerte, vor allem wenn beide gegen 0° gehen, zur Einschränkung der Innenrotation des Hüftgelenks (bei 45° Beugung) und Verstärkung der Außenrotation führen und zu ersten Schmerzen schon im Alter zwischen 20 und 30 Jahren und später zur Arthrose. Es handelt sich um eine congenitale Deformität. Wir fanden sie auch bei allen Patienten mit Epiphysiolyse, in 90 % am Femur und 48 % an der Pfanne, ebenso wie Gelberman et al. Bei Hüftdysplasien kam eine verringerte Femurantetorsion in 65 % vor und eine verringerte Pfannenanteversion in 45 %. Das ist bei der präoperativen Untersuchung zu berücksichtigen. Das Becken darf beim Röntgen nicht seitwärts gedreht sein. Der Abstand von vorderem und hinterem Pfannenrand, die Pfannenanteversion, erscheint sonst verringert oder aufgehoben(Abb. [9]), wie bei verstärkter Beckenkippung nach vorn (Abb. [10]). Im Zweifelsfall ist ein CT durchzuführen.


Abb. 9 Links Modell eines Beckens in etwa normaler Beckenkippung und ohne Seitdrehung. Man hat Einblick in die Pfanne, weil der vordere Pfannenrand mehr medial steht als der hintere. Rechts, bei nach rechts gedrehter Lage des Beckens während einer Röntgenaufnahme oder Außendrehung der Pfanne bei einer Operation kommt es zur Verringerung oder Aufhebung der Pfannenanteversion.


Abb. 10 Bei stärkerer Beckenkippung entsprechend der Pfannenrotation nach vorn überschneiden sich die Pfannenränder. Dies entspricht aber nur einer Verringerung der Pfannenanteversion und nicht einer besseren Überdachung. Eine Innenrotation muss zusätzlich durchgeführt werden.
Verringerte Anteversion und Antetorsion sind auch die Ursache von Labrumschäden und Impingement in extremen Fällen. Wenn nicht ungewöhnliche Auftragungen am Hüftkopfrand durch unvollkommene Epiphysiolysen eine Abtragung verlangen, führt die Rotationsosteotomie am Femur duch die erhöhte Antetorsion auch zur Beseitigung der Labrumbeschwerden.
Aus Sicherheitsgründen kann man einen kurzen, dünnen Kirschnerdraht senkrecht von vorn in das Pfannendach einsetzen, an dem unbeabsichtigte Rotationen festzustellen sind, die vermieden werden müssen.
#Verringerung der Pfannenanteversion bei der Ventralrotation der Pfanne
Wir wunderten uns lange Zeit darüber, dass die Innenrotation des Hüftgelenkes nach der Dreifachosteotomie etwas eingeschränkt war und drehten dann die Pfanne auch etwas einwärts. Dann fanden wir die experimentellen Untersuchungen von Anda et al. und Visser et al., die zeigen konnten, dass die Pfannenanteversion mit Vorneigung der Pfanne herabgesetzt wird (Abb. [10]). In Abb. [11] sieht man ein Röntgenbild, bei dem die Anteversion der oberen, lateralen Pfannenanteile schon angeboren vor der Operation retrovertiert ist.


Abb. 11 Hüftdysplasie mit Os acetabuli im Alter von 26 Jahren. Verringerte Anteversion der Pfanne im seitlichen, oberen Abschnitt vor der Operation.
Nach der Operation sehen wir in Abb. [12] einen noch weit tiefer herab getretenen vorderen Pfannenrand. Manche Operateure denken dann sie hätten den Hüftkopf vorn besser überdacht. Das ist ein Irrtum.


Abb. 12 Nach Dreifachosteotomie ohne zusätzliche Innenrotation der Pfanne ist ihre Anteversion völlig aufgehoben.
Deswegen hat auch die prä- und postoperative Seitaufnahme des Hüftgelenkes nach Lequesne und de Seze (16) ihren Sinn. Abb. [13] und [14] vom selben Patienten zeigen, dass eine erhebliche vordere Dysplasie hier vorhanden war und nur begrenzt beseitigt werden konnte. Der tiefe obere Rand von medialen Pfannenanteilen täuscht hier. Erforderlich ist aus diesem Grunde unbedingt, dass wir nach der Seit- und Ventralrotation immer eine Innenrotation vornehmen in Relation zur Vorrotation.


Abb. 13 In der fauxprofil Aufnahme präoperativ steht der Unterrand des Hüftkopfes etwas höher als der Pfannenunterrand.


Abb. 14 Postoperativ stehen sich die Ränder wieder genau gegenüber. Die Vorrotation war nur begrenzt möglich. Der tiefe vordere Pfannenrand der a.-p.-Aufnahme ist nicht durch eine Pfannenrotation nach vorn zu erklären.
Nach Vorfixation sollte die Innnenrotation des Hüftgelenkes bei 45° Beugung geprüft werden. Sie muss frei sein. Die normale Anteversion der Pfanne beträgt nach unseren Bestimmungen 15–20°.
#Dezentrierungsgrade der Hüftdysplasie und Hüftluxation vor Operation
Zur Beurteilung des Vorgehens und des zu erwartenden Ergebnisses führten wir die in Tab. [1] angegebenen 4 Dezentrierungsgrade ein. Bei ausreichender Zentrierung sind natürlich die besten Ergebnisse zu erwarten. Ein in einer Sekundärpfanne stabil eingestellter Hüftkopf lässt sich zwar auch noch horizontal überdachen. Aber die Pfanne hat einen kleineren Sektor. Ähnlich ist das bei hohen, durch Abduktion noch einstellbaren Hüftluxationen. Diese Gruppen sind in der Auswertung zu trennen.


Tab. 1 Grade der Dezentrierung vor der Operation [%]
Arthrosegrad
Ein weiterer zu bestimmender Vorbefund ist der Arthrosegrad (Tab. [2]). Die Ergebnisse werden davon auch langfristig mitbestimmt (Bloch, 32). Bei jüngeren und nicht zu schwergewichtigen Personen führen wir auch bei schon bestehender Arthrose Grad 1 und 2, noch Dreifachosteotomien zur Vermeidung früher Prothesen durch.


Tab. 2 Arthrosegrad
Kongruenzgrade
Auch die Inkongruenz ist neben der Arthrose ein Faktor, den wir nur begrenzt beeinflussen können. Durch das Anlegen von Kreisen im Millimeterabstand nach Mose haben wir eine Graduierung. 2 mm entsprechen Grad 1, 4 mm Grad 2 usw. Die Grenze liegt dort, wo der Hüftkopf dem gestaffelten Kreise exakt anliegt.
#Messwerte der Hüftpfanne für Operation und Ergebnisbeurteilung
Wenn die Schmerzbefreiung das Ziel unserer Operation ist, so müssen wir Messwerte anstreben, die nach der Operation den geringsten Prozentsatz an Schmerzen haben. Das erreichten wir 1994 durch unsere Untersuchung von 216 Hüftgelenken 5–16 Jahre nach Operation (Mittelwert 7,7 Jahre).
Die optimalen und statistisch signifikanten Werte zeigt Tab. [3]. Sie sind anzustreben. Überkorrekturen sind zu vermeiden, denn sie verursachen auch Schmerzen (Tab. [4]). Für Ausgangswerte und Nachuntersuchungen führten wir dann noch 3 Abweichgrade ein: Leicht pathologisch, schwer und extrem pathologisch (Tab. [5]).


Tab. 3 Maximale Schmerzfreiheit nach Dreifachosteotomie bei folgenden Winkeln


Tab. 4 Überkorrektur bei Dreifachosteotomie ab folgenden Winkeln


Tab. 5 Normalwerte und Abweichgrade (Alter > 18 Jahre)
Der wichtigste Winkel, den wir als erstes bei der Pfannenrotation angehen, ist der Winkel der Belastungszone nach Bombelli et al. Der Autor spricht von weightbearing area = Fläche. Aber wir messen nur die dünne Sklerosierungslinie auf der Kuppe des Pfannendaches, deshalb sollte man besser nur von einer Belastungs-Zone statt einer Fläche sprechen. Wir fanden die höchste Schmerzfreiheit bei einem Winkel der Sklerosierungslinie zwischen - 5 und + 5°. Lingg und v. Torklus haben diesen Winkel schon 1981 untersucht (36) und billigten ihm eine Schwankungsbreite von +/- 9° als normal zu. Eine Grenze sollte man wohl bei +/- 5° ziehen. In der gleichen Ebene wird der CE-Winkel nach Wiberg gemessen. Wir fanden 30 – 35° als Optimum. Von einer erstaunlichen Empfindlichkeit war der Migration – Prozentsatz von Reimers, der misst, wie viel Prozent des Hüftkopfdurchmessers seitlich aus dem Pfannendach vorragten. Das Optimum von 87,8 % Schmerzfreiheit lag bei einem Überragen des Hüftkopfes von 10–15 % seines Durchmessers. Wenn 15 – 20 % vorragten, ging die Schmerzfreiheit sofort auf 55 % zurück, aber ebenso, wenn nur 10 % und weniger vorragten. Eine zu weite Pfannenschwenkung ist also auch nicht angezeigt. Diese Zahlen sind mit dem 95 % confidence interval abgesichert. Die Seitansicht des Hüftgelenkes gibt uns die Faux profil Aufnahme von Lequesne und de Seze (Abb. [15]). Manche Kollegen meinen mit der vorderen und hinteren Begrenzungslinie des Pfannendaches im a.-p.-Bild auszukommen. Hier spielt aber die Anteversion der Pfanne mit hinein. Auch die vordere Überdachung ist bei Hüftdysplasie in zunehmendem Maße verringert, je weiter der Hüftkopf seitlich oder nach oben aus der Pfanne tritt. Eine Aufnahme auch dieser Ebene (des VCA-Winkels oder "anterioren CE Winkel” im Englischen) ist vor der Operation zu empfehlen. Sie wird im Stehen durchgeführt. Als Optimalwinkel wurden auch hier 30–35° wie bei dem CE Winkel ermittelt. Der Autor gab für den CE Winkel 25° an, ebenso wie auch Wiberg.


Abb. 15 Für die fauxprofil Aufnahme muss das Becken 25° rückgedreht stehen und der Röntgenstrahl auf Hüfthöhe gerichtet werden. Das Dreieck aus Kunststoffplatten ist horizontal verschieblich für Aufnahmen beider Seiten, und die Haltestangen sind auch in der Höhe verschieblich.
Einzelne Vorsichtsmaßnahmen
N. peroneus-Schädigungen hatten wir bei den Patienten von 1994 in 1,8 % der Fälle. In einer späteren Untersuchung von 251 Patienten, die 1999 operiert wurden, fand Katthagen N. Ischiadicusschäden bei dreifacher Beckenosteotomie in 2,1 % und bei zusätzlicher Femurosteotomie in 4,8 % der Fälle. Im Allgemeinen besserten sich die Ausfälle in der Folgezeit. Als Vorsichtsmaßnahme empfiehlt es sich den Nerven bei der Sitzbeinosteotomie von Muskeln bedeckt zu lassen und doppelt gerundete Wundhaken zu benutzen. Bei zusätzlicher Femurosteotomie oder Verkürzungsosteotomien neigt man wohl leicht dazu beim Lagern des Beines etwas daran zu ziehen und dadurch den N. ischiadicus zu schädigen. Darauf ist zu achten.
Bei der Sitzbeinosteotomie sollte man nur die kleinen Außenrotatoren freilegen und nach Sehnendurchtrennung an der Unterseite mit Retraktor unterfahren und nach kranial zurückhalten, dann kommt man nicht in Berührung mit den proximal liegenden Gefäßen und Nerven des M. glutaeus maximus.
Um Gefäßverletzungen bei der Schambeinosteotomie zu vermeiden, sollte man ganz medial eingehen, dort wo der Knochen unter der Haut zu tasten ist. Der pectineus Muskel darf seitlich nicht ganz abgelöst werden. Ihm liegt seitlich die Vena femoralis an, die verletzt werden kann. Auch das haben wir schon erlebt.
Die Osteosynthese des Schambeins haben wir lange Zeit mit Drahtcerclagen vorgenommen, die auf der Knochenoberfläche zu liegen hatten, unter der Muskulatur, den Gefäßen und der Nerven. Jetzt fixiert Kalchschmidt auch diese Osteotomie mit einer Schraube von der Symphysenseite her (Abb. [16]), was günstiger ist.


Abb. 16 Neue Osteosynthese der Schambeinosteotomie durch eine Schraube von medial.
Den harten hinteren Beckenknochen an der Incisura ischiadica major durchtrennen manche Kollegen noch mit der Giglisäge, weil es beim Meißeln zum Splittern des Knochens kommen kann. Wir verwenden seit längerem die Tuke Säge, die ein elipsenförmiges Sägeblatt hat, nicht ein gerades. Das erleichtert die Durchtrennung und verletzt anliegende Weichteile auch weniger.
#Die CT-Untersuchung
Zuletzt sei noch auf Besonderheiten der Torsionsbestimmung durch das CT aufmerksam gemacht. Anda und Visser schlugen vor, das CT in Bauchlage durchzuführen, um Einheitlichkeit zu erreichen. Die Füße werden am Fußrücken etwas unterstützt und parallel gelagert. Die Kniegelenke liegen dann, je nach Antetorsion, innen oder außengedreht. Manchmal kompensiert die Tibia diese Torsion allerdings durch Entwicklung einer Gegentorsion. Die Hüftgelenke sollten bei unterschiedlicher Beinlänge auf gleicher Höhe liegen. Die Frage ist nun, in welcher Schnitthöhe messen wir die Anteversion der Pfanne. Logischerweise dort, wo das Impingement durch die verringerte Anteversion auftritt. Das ist dort der Fall, wo einerseits der Hüftkopf möglichst eine gute Größe erreicht hat, andererseits aber der vordere Pfannenrand ihn noch in gewisser Länge und kongruent umfasst. Weiter kaudal zieht sich der vordere Pfannenrand immer mehr zurück und der Anteversionswinkel wird dann zu hoch gemessen. In Abb. [17], [18], [19], [20] ist das für das rechte Hüftgelenk gezeigt. Die Femurtorsion wird dagegen aus dem Winkel der an der Rückseite der Kondylen angelegten Tangente und der Schenkelhalsachse ermittelt (die Linie durch die Mitte des Schenkelhalses zum Zentrum des Hüftkopfes). Nach außen oder innen gedrehte Lagerungen des Kniegelenkes durch die Torsionsanomalien, auch der Tibia, müssen dann noch auf die sagittale Ebene, am besten die Beckenmittellinie, bezogen und bei den Torsionswinkeln hinzugerechnet oder abgezogen werden.


Abb. 17 Messung der Anteversion im CT-Bild. Die sagittale Ebene lässt sich am besten an einer Mittellinie zwischen beiden Beckenhälften herstellen.


Abb. 18 Hüftkopf rechts in guter Größe, die vordere Pfannenwand umfasst ihn noch in genügender Länge und Kongruenz. Hier sollte die Messung vorgenommen werden.


Abb. 19 Etwas tiefer (kaudal), vorderer Pfannenanteil rechts schon kürzer, links dagegen auf der Höhe zur Messung.


Abb. 20 Rechts, auf noch tieferem CD-Schnitt, ist der Hüftkopf vorn kaum mehr umfasst, links auch schon weniger. Hier darf nicht mehr gemessen werden.
Wenn ein Becken wirklich einwandfrei liegt, nicht gedreht, nicht zu sehr gekippt der aufgerichtet ist, kann man aus dem Abstand des vorderen von dem hinteren Pfannenrand Rückschlüsse ziehen, ebenfalls aus der Lage des Schenkelhalses, wenn er in seiner ganzen Länge erscheint und der Trochanter major ganz seitlich steht und der Trochanter minor vortritt.
Aber nicht immer ist die Lagerung einwandfrei. Und hier kommt es auf Genauigkeit besonders an. Wir sind der Ansicht, dass ein Teil der leichteren postoperativen Hüftbeschwerden durch diese Torsionsanomalien zustande kommt. Deshalb sollte auch für die Torsionsbestimmungen in Zukunft große Sorgfalt aufgewandt werden.
Literatur beim Verfasser


Prof. Dr. Dietrich Tönnis, Dortmund


Abb. 1 Darstellung der drei Beckenosteotomien. Sie trennen das Pfannenfragment von den Bändern zum Kreuzbein und erlauben damit freie Rotation.


Abb. 2 Hüftdysplasie des Dezentrierungsgrades 2.


Abb. 3 Für eine ausgiebige seitliche Pfannenrotation wird das seitliche Schambeinende nach der Osteotomie über das mediale Ende nach oben und dann nach medial geschoben. Damit wird das Hüftgelenk auch besser unterstellt.


Abb. 4 Technik der Pfannenrotation nach vorn. Die Spitze der Schanzschen Schraube muss dorsal angehoben werden. Das Pfannenfragment bleibt damit in Kontakt mit der Fläche der Sitzbeinosteotomie. Nur so werden Pseudarthrosen vermieden.


Abb. 5 Laterale, sog. Faux profil Aufnahme des Hüftgelenks vor der Rotation nach vorn.


Abb. 6 Die Pfanne ist entsprechend Abb. 4 nach vorn gedreht worden und überdacht jetzt besser. Die knöcherne Überbauung am Sitzbein ist erkennbar.


Abb. 7 Hier wurde nur eine Kippung der Pfanne nach vorn, keine Rotation, vorgenommen. Das führt zur Pseudarthrose.


Abb. 8 Die Sitzbeinosteotomie soll 20 bis 30° aus der Transversalen nach vorn gerichtet sein, keinesfalls mehr, und bis zum unteren Rand des foramen obturatum reichen (siehe auch Abb. 1).


Abb. 9 Links Modell eines Beckens in etwa normaler Beckenkippung und ohne Seitdrehung. Man hat Einblick in die Pfanne, weil der vordere Pfannenrand mehr medial steht als der hintere. Rechts, bei nach rechts gedrehter Lage des Beckens während einer Röntgenaufnahme oder Außendrehung der Pfanne bei einer Operation kommt es zur Verringerung oder Aufhebung der Pfannenanteversion.


Abb. 10 Bei stärkerer Beckenkippung entsprechend der Pfannenrotation nach vorn überschneiden sich die Pfannenränder. Dies entspricht aber nur einer Verringerung der Pfannenanteversion und nicht einer besseren Überdachung. Eine Innenrotation muss zusätzlich durchgeführt werden.


Abb. 11 Hüftdysplasie mit Os acetabuli im Alter von 26 Jahren. Verringerte Anteversion der Pfanne im seitlichen, oberen Abschnitt vor der Operation.


Abb. 12 Nach Dreifachosteotomie ohne zusätzliche Innenrotation der Pfanne ist ihre Anteversion völlig aufgehoben.


Abb. 13 In der fauxprofil Aufnahme präoperativ steht der Unterrand des Hüftkopfes etwas höher als der Pfannenunterrand.


Abb. 14 Postoperativ stehen sich die Ränder wieder genau gegenüber. Die Vorrotation war nur begrenzt möglich. Der tiefe vordere Pfannenrand der a.-p.-Aufnahme ist nicht durch eine Pfannenrotation nach vorn zu erklären.


Tab. 1 Grade der Dezentrierung vor der Operation [%]


Tab. 2 Arthrosegrad


Tab. 3 Maximale Schmerzfreiheit nach Dreifachosteotomie bei folgenden Winkeln


Tab. 4 Überkorrektur bei Dreifachosteotomie ab folgenden Winkeln


Tab. 5 Normalwerte und Abweichgrade (Alter > 18 Jahre)


Abb. 15 Für die fauxprofil Aufnahme muss das Becken 25° rückgedreht stehen und der Röntgenstrahl auf Hüfthöhe gerichtet werden. Das Dreieck aus Kunststoffplatten ist horizontal verschieblich für Aufnahmen beider Seiten, und die Haltestangen sind auch in der Höhe verschieblich.


Abb. 16 Neue Osteosynthese der Schambeinosteotomie durch eine Schraube von medial.


Abb. 17 Messung der Anteversion im CT-Bild. Die sagittale Ebene lässt sich am besten an einer Mittellinie zwischen beiden Beckenhälften herstellen.


Abb. 18 Hüftkopf rechts in guter Größe, die vordere Pfannenwand umfasst ihn noch in genügender Länge und Kongruenz. Hier sollte die Messung vorgenommen werden.


Abb. 19 Etwas tiefer (kaudal), vorderer Pfannenanteil rechts schon kürzer, links dagegen auf der Höhe zur Messung.


Abb. 20 Rechts, auf noch tieferem CD-Schnitt, ist der Hüftkopf vorn kaum mehr umfasst, links auch schon weniger. Hier darf nicht mehr gemessen werden.


Prof. Dr. Dietrich Tönnis, Dortmund