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DOI: 10.1055/s-0028-1103084
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Rotatorenmanschettendefekt - Einsatz der Schulterhemiprothese
Publication History
Publication Date:
17 November 2008 (online)
Die spezielle Fragestellung der Studie lautete, welche präoperativ bestimmbaren Befunde einen prädiktiven Charakter für den langfristigen Erfolg einer Hemiprothesenimplantation bei entsprechender Indikation aufweisen. Hemiarthroplasty for the rotator cuff-deficient shoulder. J Bone Joint Surg Am 2008; 90: 554-559
#Einleitung
Die Implantation einer Hemiprothese ist eine etablierte Option sowohl bei Patienten mit Defektarthropathie als auch bei bestehender Kombination von Omarthrose und Rotatorenmanschettendefekt. Bezüglich des Indikationsspektrums stellt die Hemiprothesenimplantation ein Konkurrenzverfahren zur invasiveren Implantation einer inversen Prothese dar. Faktoren, die eine scharfe Grenzziehung zu Gunsten des einen oder anderen Verfahrens erlauben, sind wissenschaftlich nicht belegt.
#Studiendesign
34 Schultern (mittleres Patientenalter: 72 Jahre) mit Defektarthropathie oder bestehender Kombination aus Omarthrose und Rotatorenmanschettenmassenruptur wurden mittels Hemiprothesenimplantation versorgt. In 31 der 34 Schultern bestand präoperativ eine superiore Migration des Humeruskopfes mit Akromionkontakt. Zusätzlich zur Implantation der Hemiprothese wurde eine transossäre Rotatorenmanschettenrekonstruktion mit Transfer der Subscapularissehne an den oberen Aspekt des Tuberculum majus durchgeführt, sofern dies möglich war. Der durchschnittliche Nachuntersuchungszeitraum betrug 3,7 Jahre. Die klinische Nachuntersuchung beinhaltete die Erfassung des ASES-Scores sowie die Beurteilung der "limited goals"-Kriterien nach Neer: kein oder diskreter Schmerz, subjektive Zufriedenheit des Patienten, Grad der Eigenversorgung des Patienten (Fallserie, Evidenzlevel: IV).
#Ergebnisse
Von den insgesamt 34 Schultern erfüllten 26 die "limited goals"-Kriterien nach Neer. Die Anteversion verbesserte sich im Gesamtkollektiv signifikant von 78° präoperativ auf 111° postoperativ. Die Außenrotation verbesserte sich von 15° präoperativ auf 38° postoperativ. Überdurchschnittlich von der Operation profitierten Schultern, die präoperativ eine Anteversion von >90° aufwiesen. Sie erreichten postoperativ sowohl eine höhere Schmerzfreiheit als auch eine bessere Funktion (ASES, "limited goals"). Keinen signifkanten Unterschied bezüglich des Ergebnisses ergaben andere potentielle Trenngrößen: Patientenalter >70 Jahre, Voroperationen: ja/nein, kompletter Verschluss der Rotatorenmanschette über dem Prothesenkopf intraoperativ (positiver Trend).
#Kommentar
Die Implantation einer Hemiprothese liefert gute Ergebnisse bei bestehender Omarthrose und defizitärer Rotatorenmanschette, insbesondere auch im Bezug auf eine Verbesserung der Schulterfunktion. Dabei ist die Zunahme der Anteversion geringer als sie für die inverse Prothese bei analoger Indikation beschrieben wurde (33° vs. 58°)[1]. Dagegen ist die aktive Außenrotation im Literaturvergleich postoperativ erhöht, während sie nach Implantation einer inversen Prothese postoperativ verliert (23° vs. -5°)[1]. Besonders stark von der Hemiprothese profitieren Patienten mit einer guten präoperativen Beweglichkeit (Anteversion >90°). Eine klare Limitation der Studie ist die geringe Fallzahl, die die statistische Aussagekraft deutlich reduziert. Die Studie liefert dennoch wertvolle Hinweise, welche Faktoren bei der Entscheidung zu Gunsten einer Hemiprothese und ggf. gegen eine inverse Prothese relevant sind. Allerdings wurden weitere denkbare Faktoren nicht berücksichtigt: Dezentrierung und Instabilität des Humeruskopfes, Abnutzung des Glenoids, Charakterisierung des Rotatorenmanschettendefektes. Zur Etablierung eines therapeutischen Algorhithmus besteht daher weiterhin Bedarf an einer prospektiv randomisierten Studie zwischen Hemiprothese und inverser Prothese unter Berücksichtigung spezifischer präoperativ erhobener radiologischer und funktioneller Parameter.
Dr. Mathias Wellmann
Dr. Mathias Wellmann
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
Email: mathias.wellmann@annastift.de
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