Das menschliche Herz schlägt etwa 60-100-mal pro Minute also 80 000-150 000-mal am Tag. Im Laufe eines 80-jährigen Lebens sind das durchschnittlich 3 Milliarden Schläge - eine einzigartige Ausdauerleistung. Wenn da das Herz einmal aus dem Takt gerät, scheint dies also nicht allzu verwunderlich, ungefährlich jedoch ist Vorhofflimmern nicht. "Zwar ist Vorhofflimmern nicht sofort tödlich", sagte Prof. John Camm, London (UK). Aber laut einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2002 versterben etwa 11,6 % der US-amerikanischen Bevölkerung über 65 Jahren an den Folgen eines Vorhofflimmerns.
Vorhofflimmern schränkt also nicht nur die Lebensqualität der Patienten stark ein, vergleichbar übrigens mit einem Patienten, der eben einen Herzinfarkt erlitten hat, sondern führt auch zu strukturellen und histologischen Veränderungen des Herzens. So vergrößert sich der linke Vorhof, die arterielle Kontraktilität verringert sich ebenso wie die Herzleistung, und es kommt zu einer Degeneration der Kardiomyozyten, erklärte Camm. Auch die Rate arterieller Thrombembolien ist bei Vorhofflimmerpatienten erhöht, und ein Viertel oder sogar ein Drittel aller Schlaganfälle älterer Patienten basiert auf Vorhofflimmern. Damit ist diese kardiale Arrhythmie einer der wichtigsten unabhängigen Risikofaktoren für einen Schlaganfall.
"Dass tatsächlich einmal ein Medikament zur Rhythmuskontrolle bei Vorhofflimmern das Potenzial haben wird, das Schlaganfallrisiko der Patienten zu senken, haben wir Mediziner uns nie vorstellen können - und bislang war auch keines der bekannten Antiarrhythmika dazu in der Lage", konstatierte Dr. Stuart J. Conolly, Hamilton (Kanada).
Schlaganfallprävention trotz antithrombotischer Vortherapie
Schlaganfallprävention trotz antithrombotischer Vortherapie
Dass Dronedaron, ein neues Antiarrhythmikum, dieses Potenzial besitzen könnte, fiel daher auch erst bei einer Post-hoc-Analyse der im Mai dieses Jahres auf dem Kongress der "Heart Rhythm Society" in San Francisco (USA) präsentierten ATHENA[1]-Studie auf, als man die Teilaspekte der signifikanten Risikoreduktion des primären Endpunktes aufschlüsselte: Demnach kann die Gabe von Dronedaron das Schlaganfallrisiko von Patienten mit paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern signifikant reduzieren - und zwar um 34 % (46 versus 70 Schlaganfallereignisse; p = 0,027; Abb. [1]; Tab. [1]). "Die Zahl der tödlichen Schlaganfälle konnte durch die Gabe von Dronedaron um ein Drittel reduziert werden", berichtete Conolly. Der Effekt trat schon früh auf und blieb während der Nachbehandlung erhalten (12-30 Monate).
Abb. 1 Schlaganfallrisiko.
Tab. 1 Effekt von Dronedaron auf das Risiko von Schlaganfällen und kardiovaskulären Ereignissen.
Dieses Ergebnis ist umso erstaunlicher, weil die Studienteilnehmer vergleichsweise gut vortherapiert waren - "auch was die Schlaganfallprävention mit Antikoagulanzien und Antithrombotika betrifft", meinte Conolly. 71 % der Studienteilnehmer nahmen einen Betablocker ein, 14 % erhielten Kalziumantagonisten. Mit einem ACE-Hemmer oder Angiotensinrezeptorblocker wurden 70 % der Patienten behandelt, 39 % erhielten ein Statin, 69 % einen Vitamin-K-Antagonisten und 44 % Azetylsalizylsäure. "Nur etwa 8 % der Patienten hatten im Vorfeld noch keine spezifische medikamentöse Behandlung erhalten", so Conolly.
Insgesamt haben an ATHENA 4 628 "typische" Vorhofflimmerpatienten mit moderatem bis hohem Vorhofflimmerrisiko teilgenommen (≥ 70 Jahre mit bzw. ≥ 75 Jahre mit oder ohne zusätzliche Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes, Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke oder einer linksventrikulären Auswurffraktion von maximal 40 %), dementsprechend lag das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer bei 72 Jahren.
Auch das kardiovaskuläre Risiko sinkt signifikant
Auch das kardiovaskuläre Risiko sinkt signifikant
Doch nicht nur das Schlaganfallrisiko, die besonders gefürchtete Komplikation bei Vorhofflimmern, kann Dronedaron reduzieren. Auch signifikant weniger Krankenhauseinweisungen aufgrund kardiovaskulärer Ursachen bzw. Todesfälle (primärer Endpunkt) waren im Verlauf des Beobachtungszeitraums der Studie von im Mittel 21 ± 5 Monaten zu verzeichnen (p < 0,001), wenn die Studienteilnehmer zusätzlich zu ihrer Basismedikation noch Dronedaron eingenommen hatten. Die Hazard Ratio betrug 0,76, das relative Risiko der Patienten sank dementsprechend um 24 %, berichtete Conolly (Abb. [2]).
Abb. 2 Kardiovaskuläre Hospitalisierung und Gesamtmortalität.
Getriggert wurde dieses Ergebnis hauptsächlich durch die seltener notwendig werdende Krankenhauseinweisung der Patienten aufgrund kardiovaskulärer Ereignisse oder einer erneuten Vorhofflimmerepisode (relative Risikoreduktion 25 %; p < 0,001). Die Gesamtmortalitätsrate konnte die Dronedarontherapie im Vergleich zu Placebo zwar nur tendenziell reduzieren (116 versus 139 Todesfälle; relative Risikoreduktion 16 %,; p = 0,0176), die kardiovaskuläre Mortalität dagegen war in der Verumgruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe (63 versus 90 Fälle; relative Risikoreduktion 29 %; p = 0,034).
"Damit ist ATHENA eine Meilensteinstudie, die zu einem Paradigmenwechsel im Management von Vorhofflimmern führen wird. Sie zeigt zum ersten mal, dass ein Antiarrhythmikum signifikante Auswirkungen auf kardiovaskuläre Ereignisse hat", kommentierte Connolly die Studienergebnisse. "Das Profil von Dronedaron geht über die reine Rhythmus- und Frequenzkontrolle hinaus!"
Kammerfrequenzkontrolle bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern
Kammerfrequenzkontrolle bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern
Bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern besteht die einzig mögliche Therapieoption darin, die Kammerfrequenz zu kontrollieren, um einer Verschlechterung der Ventrikelfunktion vorzubeugen und die Symptome auf ein Minimum zu reduzieren (Frequenzkontrolle). Mit Betablockern, Kalziumkanalblockern und Herzglykosiden lässt sich jedoch die angestrebte Herzfrequenz nicht immer erreichen, was hauptsächlich an der schlechten Verträglichkeit hoher Dosierungen dieser Substanzen liegt. So konnten beispielsweise in der AFFIRM[2]-Studie nur 64 % der Patienten erfolgreich therapiert werden.
Effiziente Herzfrequenzkontrolle verbessert Symptome und Outcome
Auch in dieser Indikation hat Dronedaron sein Potenzial gezeigt. In ERATO[3] (n = 174) konnte durch eine Gabe von Dronedaron zusätzlich zu den zur Standardtherapie gehörenden Medikamenten eine dauerhaft wirksame Frequenzkontrolle erreicht werden, sagte Prof. Jean-Marc Davy, Montpellier (Frankreich). Unter Dronedaron sank die mittlere Herzfrequenz im Vergleich zu Placebo um 11,7 Schläge pro Minute (p < 0,0001). Diese frequenzsenkende Wirkung blieb während der 6-monatigen Beobachtungszeit der Studie erhalten und addierte sich zur Wirkung anderer Medikamente, die zur Frequenzkontrolle dienten. Darüber hinaus verringerte Dronedaron die maximale Trainingsherzfrequenz um 24,5 Schläge pro Minute (p < 0,0001), ohne die Trainingskapazität zu beeinträchtigen. "Eine effiziente Herzfrequenzkontrolle bringt Patienten mit permanentem Vorhofflimmern signifikante Verbesserungen, sowohl in der Kontrolle der Symptome als auch in den klinischen Outcomes", kommentierte Davy die Studienergebnisse.
Erfreulich niedrige Nebenwirkungsrate erneut bestätigt
Erfreulich niedrige Nebenwirkungsrate erneut bestätigt
Erfreulicherweise scheint man diesen Therapieerfolg nicht mit einer - wie von anderen Antiarrhythmika bekannten - hohen Nebenwirkungsrate erkaufen zu müssen. Denn auch im Dronedaronarm haben nicht mehr Patienten die Studientherapie abgebrochen als im Vergleichsarm.
Geringfügige Unterschiede zur Kontrollgruppe zeigten sich bezüglich gastrointestinaler Nebenwirkungen (22 versus 26 %), leichten Hautirritationen ("rash"; 8 versus 10 %) und einem leichten Anstieg der Kreatininwerte (1 versus 4,7 %) unter Dronedaron. "Dieser Kreatininanstieg ist jedoch kein Indikator einer Nierenschädigung, vielmehr hemmt Dronedaron die tubuläre Kreatininsekretion kompetitiv", betonte Conolly. Wird Dronedaron wieder abgesetzt, normalisieren sich diese Kreatininwerte rasch, ohne dass eine negative Auswirkung auf die Nierenfunktion zu sehen ist.
Negative Effekte auf das respiratorische System oder die Schilddrüse waren nicht zu verzeichnen. Auch das Risiko für Proarrythmien (einschließlich Torsade de pointes) war gering und Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz waren unter der antiarrhythmischen Therapie ebenfalls nicht häufiger als unter Placebo.
sts
Quellen: Internationale Pressekonferenz "The effect of dronedarone on stroke and other cardiovascular outcomes in patients with atrial fibrillation - Update from the landmark ATHANA-Study" im Rahmen des diesjährigen Kongresses der "European Society of Cardiology" (ESC), veranstaltet von Sanofi-Aventis und Pressemeldung "American Heart Journal veröffentlicht Ergebnisse der ERATO-Studie, die zeigen, dass Dronedaron die Kammerfrequenzkontrolle bei Patienten mit permanantem Vorhofflimmern verbessert", herausgegeben von der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt.
Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt.