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DOI: 10.1055/s-0028-1103102
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Versorgungsforschung in der operativen Medizin - Nutzen neuer Behandlungen durch Scheinoperationen bewerten?
Publication History
Publication Date:
30 November 2008 (online)
Ob ein neues operatives Verfahren wirksam und sicher ist, muss es in klinischen Studien beweisen. In der Chirurgie ist es jedoch besonders schwierig, dafür optimale Bedingungen zu schaffen: "Kontrollierte klinische Studien sind in der Chirurgie leider noch viel zu selten, denn die Definition der Vergleichsgruppen und die technische Ausführung sind sehr aufwendig und mitunter kaum umzusetzen", so Prof. Hartwig Bauer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Berlin. Neben den Patientenmerkmalen müssten die operativen Befunde und das gesamte, auch nichtoperative Behandlungskonzept vergleichbar sein.
#Scheinoperation - pro und kontra
Bei einer korrekt durchgeführten verblindeten Studie dürfen weder Betroffene noch Ärzte oder Pfleger von der angewandten Therapie Kenntnis haben. Patienten der Kontrollgruppe unterziehen sich dabei ohne es zu wissen einem innovativen Verfahren oder einer Scheinoperation - einem Schnitt ohne zielgerichteten therapeutischen Eingriff. "Viele Scheinoperationen sind deshalb praktisch undurchführbar und gelten zudem allgemein als unethisch", so Bauer, "insbesondere wenn es darum geht, die Auswirkungen auf die patientenrelevanten Endpunkte Schmerzen und Lebensqualität zu testen."
Auf der anderen Seite belegen Studien, wie aussagekräftig eine Placebokontrolle auch bei neuen chirurgischen Verfahren ist. Schon das Umfeld im Operationssaal wirkt auf den Patienten. Sicherlich sei es nicht das Gleiche, so Bauer, wenn der Arzt einen kleinen Hautschnitt macht wie wenn er Bauch, Brustkorb oder Schädel öffnet. "Doch Scheinchirurgie ist nur dann vertretbar, wenn allenfalls zu vernachlässigende Risiken bestehen und der Patient sorgfältig aufgeklärt wird." Zudem müsse sicher sein, dass sich die untersuchte Frage nicht anders klären ließe.
#Ethikkommissionen bleiben kritisch
Ethikkommissionen bewerten eine Kontrolle mittels Scheinoperation kritisch. "In den Versorgungsalltag lassen sich die Ergebnisse, die unter den Idealbedingungen einer klinischen Studie gewonnen wurden, oft nur schwer übertragen", wendet Bauer ein. Hier hat die Versorgungsforschung anzusetzen. Viele Chirurgen befürchteten allerdings, dass neue vielversprechende Techniken eher als nutzlos für den Patienten eingestuft würden. Die DGCH setzt sich deshalb intensiv für eine sinnvolle Erprobung neuer chirurgischer Verfahren ein.
Quelle: Pressekonferenz "Operieren nur zum Schein - Wie gelangen neue chirurgische Verfahren sinnvoll in die Praxis?" anlässlich des VII. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung im Oktober in Köln