Umstritten ist, ob die Verwendung der Definition Metabolisches Syndrom als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen eine höhere Aussagekraft hat als die Verwendung der Einzelkomponenten des Metabolischen Syndroms. In den beiden prospektiven Studien „Prospective Study of Pravastatin in the Eldery at Risk (PROSPER) und „British Regional Heart Study” (BRHS) wurde bei Menschen im fortgeschrittenen Lebensalter der Einfluss des Metabolischen Syndroms bzw. dessen 5 Einzelkomponenten auf das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes untersucht.
Methoden
In der PROSPER–Studie wurden 4?812 Männer und Frauen (70–82 Jahre) ohne Diabetes sowie in der BRHS–Studie 2?737 Männer (60–79 Jahre) ohne Diabetes untersucht. Die Definition Metabolisches Syndrom erfolgte in Anlehnung an die Kriterien des „Third Report of the National Cholesterol Education Program” (NCEP) und umfasste Body–Mass–Index (als Alternative zum Taillenumfang), erhöhte Triglyzeridwerte, erniedrigtes HDL–Cholesterin, erhöhte Nüchternblutglukosewerte sowie arterielle Hypertonie.
Ergebnisse
In der PROSPER–Studie wurden im Zeitraum von 3,2 Jahren 772 neue Fälle einer kardiovaskulären Erkrankung und 237 Manifestationen eines Typ–2–Diabetes beobachtet. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Metabolischem Syndrom und dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen konnte nicht festgestellt werden (HR 1,07; 95? %–KI 0,86–1,32). Demgegenüber wurde ein signifikanter Zusammenhang zwischen Metabolischem Syndrom bzw. seinen 5 Einzelkomponenten und dem Risiko für Diabetes beobachtet (HR 4,41; 95? %–KI 3,33–5,84). Vergleichbare Ergebnisse fanden sich bei Studienteilnehmern mit vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen.
In der BRHS–Studie entwickelten während des Follow-ups von 7 Jahren 440 Studienteilnehmer eine neue kardiovaskuläre Erkrankung sowie 105 einen Typ–2–Diabetes. Hier fand sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Metabolischem Syndrom und dem Auftreten eines Typ–2–Diabetes (RR 7,47; 4,90–11,46) sowie – wenngleich deutlich schwächer ausgeprägt – dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen (1,27; 95? %–KI 1,04–1,56).
In beiden Studien waren Body–Mass–Index (bzw. Taillenumfang), Triglyzerid– sowie Blutglukosewerte nicht assoziiert mit dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen, wohl aber mit dem Auftreten eines Typ–2–Diabetes.
Fazit
Das Metabolische Syndrom und seine 5 Einzelkomponenten Body–Mass–Index, Triglyzeride, HDL–Cholesterin, Nüchtern–Blutglukose und arterielle Hypertonie sind eng mit der späteren Manifestation eines Typ–2–Diabetes assoziiert, haben aber sowohl einzeln als auch zusammen betrachtet nur eine geringe Aussagekraft als kardiovaskuläre Risikofaktoren bei älteren Menschen. Kriterien zur Risikostratifizierung kardiovaskulärer Erkrankungen und von Diabetes sollten getrennt definiert werden, so die Autoren.
Kommentar
In seinem Kommentar weist R. Kahn, USA, darauf hin, dass zur Abschätzung des Diabetesrisikos insbesondere der Nüchternblutglukosewert deutlich besser geeignet sei als das Kriterium Metabolisches Syndrom. Zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos sollten alle bekannten Risikofaktoren einzeln betrachtet – und auch behandelt – werden, da auch hier die Verwendung des Metabolischen Syndroms keinen zusätzlichen Nutzen liefere.