Malassezia (früher Pityrosporon)-Hefen gehören zur
residenten Flora der menschlichen Haut und der vieler Warmblüter
[1]. Derzeit werden 12 Spezies (M. furfur, M.
sympodialis, M. globosa, M. pachydermatis, M. obtusa, M. restricta, M.
sloofiae, M. dermatis, M. equi, M. japonica und M. yamatoensis) unterschieden,
die mit Ausnahme von M. pachydermatis alle obligat lipiddependent sind. Sie
finden sich daher vor allem in den talgdrüsenreichen Arealen der Haut. Ein
Standardmedium zur Anzucht ist mdixon-Agar mit den Lipidquellen Tween 40 und
Olivenöl, die Differenzierung erfolgt mit dem Tween-Auxanogramm und/oder
über eine Sequenzierung der ITS1 der rDNA nach Makimura [2]. Auf gesunder Haut werden am häufigsten M.
sympodialis und M. globosa nachgewiesen. Zu den häufigsten
Malassezia-assoziierten Krankheitsbildern gehören die Pityriasis
versicolor, das seborrhoische Ekzem und die Malassezia-Follikulitis. Die
Pathogenese dieser Erkrankungen ist jedoch noch nicht vollständig
geklärt, eine Spezies-spezifische Assoziation besteht nicht.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass auch die Hautflora in der
Pathogenese der atopischen Dermatitis (AD) bedeutsam sein könnte
[3]. Neben Staphyloccocus aureus betrifft dies
insbesondere auch die lipophilen Malassezia-(früher Pityrosporum-) Hefen
[4]
[5]. Aufgrund ihrer Verteilung
könnten sie zur chronischen Head-Neck-Dermatitis (HND) als einer
Sonderform der AD beitragen. Folgende Befunde stützen diese Vermutung:
-
Spezifisches IgE im Serum gegenüber Malassezia-Hefen ist in
20 – 100 % bei Atopikern nachzuweisen, bei
Erwachsenen mehr als bei Kindern sowie in besonderen Maße bei der
Head-Neck-Dermatitis [6]. Kommerziell erhältliche
Testallergene (Pharmacia ImmunoCAP) umfassen M. furfur (CBS 1878), M.
sympodialis (CBS 7222) sowie M70 = „P.
orbiculare” (ATCC 42132), welcher der Spezies M. sympodialis zugeordnet
werden konnte. Ein weiterer Test besteht aus einer Allergenmischung von M.
sympodialis, M. globosa und M. restricta (Pharmacia Immunocap m227).
Rekombinante Allergene stehen kommerziell noch nicht zur Verfügung.
-
Der Prick-Test mit Malassezia-Extrakten ist positiv in
32 – 60 % der Atopiker und korreliert nach
vorliegenden Daten mit der Schwere und Lokalisation, jedoch sind auch hier
keine standardisierten Reagenzien verfügbar.
-
Der Atopie-Patch-Test scheint mit dem spezifischen IgE zu
korrelieren und ist positiv bei 24 – 64 % der
AD Patienten. Kommerziell ist der Test ebenfalls nicht verfügbar. Die
Präparation des in der Literatur gebräuchlichsten Allergenextraktes
sowie die Durchführung des Tests fasst [Tab. 1] zusammen. Als wichtigstes Argument für
eine Bedeutung von Malassezia-Hefen in der Pathogenese der HND wurde die
klinische Wirksamkeit von Antimykotika angesehen [9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14].
Während für die systemische Gabe (Ketoconazol, Itraconazol) mehrere
Studien vorliegen, wurde für die topische Anwendung nur eine kontrollierte
Studie publiziert. Eine Übersicht über die publizierten Studien gibt
[Tab. 2].
Tab. 1 Herstellung und Durchführung des
Atopie-Patch-Tests mit Malassezia-Hefen.
Herstellung des Extrakts
nach Zargari et al. 1994 [7]
| Patchtest nach Tengvall
Linder et al. 2000 [8]
|
– 4 Tage alte Kulturen mDixon-Agar –
Pilzzellen gefriertrocknen – Zellen in 0,05 M PBS
(Puffer) im Ultraschallbad (3 min) zerstören –
über Nacht bei 4 °C inkubieren – zentrifugieren
(8000 g 10 min) – durch 0,8 μm und
0,2 μm Porengröße filtrieren –
Proteinmenge bestimmen
| – Haut 15-mal mit
Pflaster „strippen” – 6 Verdünnungen in
0,9 % NaCl
(0,16 mg/ml – 5 mg/ml) –
20 μl auf Papierblättchen in Finn-Chamber –
Entfernung nach 24 h/48 h – letzte Ablesung nach
72 h
|
Tab. 2 Studien
zur Wirksamkeit von Antimykotika bei der Head-Neck-Dermatitis
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14].
Autor
| Charakter
| N
| Dosis/Zeit
| |
Clemmensen 1983
| Db, rand, pc
| 19
| Ketoconazol
200 mg/d 4 Wo. (n = 9) vs. Placebo
(n = 10)
| Signifikante Besserung bei
Pat. mit HND, aber nicht bei generalisierter AD
|
Back 1995
| Offen
| 20
| Ketoconazol
200 mg/2 Monate; dann 200 mg 2 ×/Woche
für 3 Monate
| Klinische Besserung
(p < 0.01), Reduktion des Malassezia-spezifischen IgE
(p < 0.05)
|
Broberg 1995
| Db, rand
| 53
| Hydrocortison/Miconazol
Creme topisch 2 ×/d und Ketoconazol Shampoo 2 ×/Woche
vs. Hydrocortison Creme und Placebo Shampoo über 4 Wo.; orales
Flucloxacillin 2 Wo., Follow-up 6 Wochen
| Signifikante Besserung in
beiden Gruppen, keine Differenz
|
Back 2001
| db, pc, rand
| 29
| Ketoconazol
200 mg/d (n = 15) vs. Placebo
(n = 14) für 3 Monate, topische Steroide wenn
erforderl.
| Besserung in beiden
Gruppen
|
Lintu 2001
| db, pc, rand
| 80
| Ketoconazol
200 mg/d vs. Placebo 30 Tage
| Signifikante Besserung in
der Verum-Gruppe
|
Svejgaard 2004
| db, pc, rand
| 53
| Itraconazol
400 mg/d, Itraconazol 200 mg/d oder Placebo über 7 Tage; 105
Tage follow-up
| Signifikante Besserung mit
200 mg Itraconazol nach 14 Tagen
|
In einer eigenen Studie wurden 50 Patienten (21 Männer, 29
Frauen) mit einer zumindest seit 6 Monaten bestehenden mäßigen bis
schweren HND in eine prospektive doppelblinde Studie aufgenommen
[15]. Alle zeigten eine zumindest 10 %ige
Beteiligung der Head-Neck-Region ([Abb. 1]). Die
Ausprägung der Erkrankung wurde mittels IGA (investigators global
assessment), dem EASI-Score für die Head-Neck-Region sowie einer
Juckreizskalierung bewertet. IgE-Antikörper gegen M. sympodialis und/oder
M. furfur zumindest der CAP-Klasse 1 waren Voraussetzung für eine
Studienteilnahme. Die Patienten trugen entweder eine 1 %ige
Ciclopiroxolamin-Creme (Batrafen; Aventis Pharma, Bad Soden, FRG) oder die
korrespondierende Basiscreme zweimalig täglich dünn über 28 Tage
in den betroffenen Arealen auf. 16 Patienten in der Verum-Gruppe und 14
Patienten in der Placebo-Gruppe beendeten die Studie. Zur Untersuchung der
Schweregrad-Veränderung des atopischen Ekzems wurden für alle
Patienten die IGA-Differenzen zwischen den einzelnen Messzeitpunkten gebildet.
Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen Experimental- und
Kontrollgruppe in der IGA-Score-Veränderung von Zeitpunkt t3 nach t4 sowie
über den Gesamtzeitraum. Ähnliche, aber nicht signifikante
Veränderungen finden sich auch für die Werte des EASI, bezüglich
der betroffenen Hautfläche und des Juckreizes. Beide Gruppen verbrauchten
im Untersuchungszeitraum identische Mengen an Studienmedikation
(Placebo-Gruppe: 86,1 g ± 29,1; Verumgruppe:
86,1 g ± 25,5). Auch bezüglich des Einsatzes
der weiteren Medikation (Dermatop, Dermatop-Basiscreme, -Basissalbe) ergaben
sich keine signifikanten Verbrauchsunterschiede zwischen den beiden Gruppen. Es
ließ sich somit ein günstiger Effekt einer topischen
Antimykotika-Therapie auf die HND nachweisen.
Abb. 1 Head-Neck-Dermatitis.
Inwieweit diese Ergebnisse auch auf die Behandlung von Kindern mit
atopischen Ekzem übertragen werden können, ist derzeit unklar. Mit
Einsetzen der Pubertät ändern sich Lipidmenge, Lipidzusammensetzung
und auch die Malassezia-Besiedlung der Haut. Takahata et al. publizierten
kürzlich eine vergleichende Analyse der Malassezia-Flora bei Erwachsenen
und Kindern mit AD [16]. Malassezia restricta war
prädominant bei Kindern, während bei Erwachsenen sowohl M. restricta
als auch M. globosa vorherrschten. Im Vergleich zu Kindern zeigten Erwachsene
eine erhöhte Reaktivität der IgE-Serumreaktionen gegen M. globosa und
M. restricta. Lange et al. [17] untersuchten bei 141
Kindern mit AD im Alter von 3 bis 196 Monaten (Mittel 35,8, SD 38,4) die
Sensibilisierung gegenüber 3 Malassezia-Arten (Pharmacia Immunocap m227).
58 Kinder waren bis zu 12 Monate, 83 über 12 Monate alt. Der SCORAD-Index
betrug im Mittel 36 (Bereich 0 – 91, SD 20). Von den 141
Seren wurden 24 (17 %) positiv auf spezifisches IgE gegen
Malassezia spp. getestet (Bereich 0,36 – 44,2 kU/l).
Neun von 58 Kindern (15,2 %) bis zu 12 Monaten waren positiv im
Vergleich zu 15 von 83 (18,1 %) in der Gruppe der Älteren.
Der jüngste sensibilisierte Patient war 4 Monate alt. Das Risiko einer
Sensibilisierung gegenüber Malassezia korrelierte signifikant mit dem
Gesamt-IgE-Wert (r = 0,510, P < 0,0001) und schwach mit dem SCORAD
Index (r = 0,24, P > 0,005). Es zeigte sich keine
signifikante Korrelation zwischen Malassezia-Sensibilisierung und Alter, Dauer
oder Zeitpunkt des Einsetzens der Erkrankung. Eine Analyse des entsprechenden
klinischen Bildes zeigte eindeutig, dass bei Patienten mit hohen IgE-Werten und
schwerem klinischen Verlauf das Risiko einer Malassezia-Sensibilisierung
höher liegt. Ob diese Malassezia-Sensibilisierung eine pathogenetische
Bedeutung hat oder ob sie Ausdruck einer gesteigerten Reagibilität ist,
konnte aus der vorliegenden Untersuchung nicht abgeleitet werden.
Für eine Optimierung dieser therapeutischen Option
„antimykotika bei AD” wären neben der Auswahl geeigneter
Patienten über Bestimmung der Pilzlast, des spezifischen IgE, des
Prick-Testes und insbesondere des Atopie-Patch Testes gegenüber
(rekombinanten) Malassezia-Antigenen auch eine Kombinationstherapie mit
Antimykotika-haltigen Shampoos und/oder bei schweren Verläufen mit einer
kurzzeitigen systemischen antimykotischen Therapie möglich.
Pathophysiologisch bedeutsam scheint nach den vorliegenden Daten ein
molekulares Mimikry zu sein. Insbesondere die Allergene S 10 (heast
shock protein) und S 11 (manganese superoxide dismutase) weisen eine
hohe Homologie zu humanen Proteinen auf [18]. Der Grad
der Sensibilisierung korreliert zur Krankheitsaktivität. Eine weitere
Analyse der Malassezia-Allergene (Mala, derzeit 13; [Tab. 3]), ihre Zuordnung zu einzelnen Spezies sowie
der Einsatz rekombinanter Allergene in der Allergie-Diagnostik könnte die
Bedeutung der Malassezia-Hefen für die Pathogenese der AD und insbesondere
der HND weiter abklären.
Tab. 3 Derzeit
bekannte Malassezia-Allergene [19].
Allergen
| Molekulargewicht
| Homologie
| Autor
|
Mala s 1
| 37 kDa
| No homology with known
proteinsmaltose-binding protein
| Schmidt et al. 1997
|
Mala f 2
| 21 kDa
(reduced) 42 kDa (non-reduced)
| Peroxisomal membrane
protein; putative Thioredoxin reductase (C. boidinii)Aspergillus fumigatus
allergen, Asp f3
| Yasueda et al. 1998
|
Mala f 3
| 20 kDa
(reduced) 40 kDa (non-reduced)
| Peroxisomal membrane
protein; putative thioredoxin reductase (C. boidinii)Aspergillus fumigatus
allergen, Asp f3
| Yasueda et al. 1998
|
Mala f 4
| 35 kDa
| Mitochondrial malate
dehydrogenase
| Onishi et al. 1999
|
Mala s 5
| 18 kDa
| Mala f 2, Mala
f 3
| Lindborg et al. 1999
|
Mala s 6
| 17 kDa
| Cyclophilin (S. pombe)
| Lindborg et al. 1999
|
Mala s 7
| 16 kDa
| No homology with known
proteins
| Rasool et al. 2000
|
Mala s 8
| 19 kDa
| No homology with known
proteins
| Rasool et al. 2000
|
Mala s 9
| 14 kDa
| No homology with known
proteins
| Rasool et al. 2000
|
Mala s 10
| 86 kDa
| Heat shock protein
| Andersson et al. 2004
|
Mala s 11
| 22 kDa
| Manganese superoxide
dismutase
| Andersson et al. 2004
|
Mala s 12
| 67 kDa
| GMC oxidoreductase
| Zargari et al. 2007
|
Mala s 13
| 13 kDa
| Thioredoxin
| Limacher et al. 2007
|