Z Gastroenterol 2009; 47(10): 1043-1044
DOI: 10.1055/s-0028-1109808
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geschlecht – ein Thema in der Gastroenterologie?

B. Simon
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Publication Date:
06 October 2009 (online)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

das vorliegende Heft der Zeitschrift für Gastroenterologie greift als Thema die Bedeutung des Geschlechts bei gastroenterologischen Erkrankungen auf. Es ist nicht intendiert, hier das Thema einer geschlechtersensiblen Gastroenterologie in seiner ganzen Breite darzustellen, sondern seine Relevanz anhand einzelner Beiträge zu verdeutlichen.

Die Vernachlässigung der Geschlechterperspektive in Gesundheitsbelangen und der Medikamentenforschung löste vor allem in den USA in den 1980er- und 1990er-Jahren Kritik aus und führte dort zu einer systematischen Überprüfung der medizinischen Forschungspraxis und zu großen Forschungsinitiativen. Obwohl auch die WHO seit 1998 die klinische und klinisch-theoretische Differenzierung zwischen männlichen und weiblichen Patienten fordert, wurden in Deutschland lange Zeit geschlechtsspezifische Aspekte in der medizinischen Forschung und Krankenversorgung kaum berücksichtigt. Rita Süßmuth berichtete anlässlich einer Tagung, dass bei ihrer Amtsübernahme als Gesundheitsministerin 1985 noch geleugnet wurde, dass in der Medizin Unterschiede zwischen Frauen und Männern bestünden. Der geschlechtsspezifische Blick in der Medizin gewinnt in jüngster Zeit auch in Deutschland an Bedeutung, vornehmlich als Auseinandersetzung um biologische Unterschiede, wobei aber auch Zentren für Genderforschung in der Medizin [1] eingerichtet wurden. Die begriffliche Auftrennung von Geschlecht in die Kategorien sex und gender stammt aus dem anglophonen Bereich [2]. Während sich der Begriff sex auf geschlechtsspezifische Definitionen und Unterschiede auf biologischer Ebene bezieht, umfasst der Begriff gender die psychologischen, sozialen und kulturellen Dimensionen der Geschlechterzugehörigkeit. Allerdings wird derzeit die strikte Unterscheidung unter der Annahme wechselseitiger Entstehungsprozesse wieder infrage gestellt.

Literatur

  • 1 http://gender.charite.de/
  • 2 www.bag.admin.ch/gender/d
  • 3 Gratwohl A, Döhler B, Stern M. et al . H-Y as a minor histocompatibility antigen in kidney transplantation: a retrospective cohort study.  Lancet. 2008;  372 49-53
  • 4 Siddiqui R A, Sauermann U, Altmüller J. et al . X-chromosomal variation is associated with slow progression to AIDS in HIV-infected women.  Am J Hum Genet. 2009;  85 228-239

Prof. Dr. Babette Simon

Philipps-Universität Marburg

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