Einleitung
Einleitung
Kutane Lymphome repräsentieren eine heterogene Gruppe von lymphatischen Neoplasien,
die überwiegend von T- und B-Lymphozyten abstammen. Sie manifestieren sich in der
Haut und bilden nach den gastrointestinalen Lymphomen die zweithäufigste Gruppe extranodaler
Lymphome. Sie repräsentieren eine heterogene Gruppe mit stark unterschiedlicher maligner
Potenz ([30], [Tab. 1]
). So umfassen sie einerseits kutane Lymphome mit einem relativ benignen, indolenten
Verlauf wie zum Beispiel das frühe Stadium der Mycosis fungoides (Stadium IA), die
mit einer nahezu uneingeschränkten Überlebensrate assoziiert ist, und auf der anderen
Seite auch extrem aggressive Varianten wie z. B. hematodermische Neoplasien, wo die
Patienten meistens innerhalb eines Jahres nach Diagnosestellung versterben [4]
[30]. Seltenheit und Heterogenität der kutanen Lymphome erschweren die Diagnosestellung
im klinischen Alltag. Allerdings lassen sich gerade bei den kutanen Lymphomen im Gegensatz
zu den meisten anderen Entitäten der Dermatoonkologie (z. B. malignes Melanom oder
Dermatofibrosarkom) aufgrund histologischer und immunhistologischer Charakteristika
eine typspezifische Prognoseeinschätzung abgeben. Diese ist grundlegend für die Therapie
und das gesamte Management von Patienten mit kutanen Lymphomen. Eine auf der Dermatohistologie
und Molekularbiologie basierte exakte Diagnosestellung ermöglicht damit eine patientengerechte
Therapie und ermöglicht die Vermeidung einer „Unter-” bzw. „Überbehandlung” [1]
[2]
[15]
[30]
[23].
Tab. 1 WHO-EORTC-Klassifikation kutaner Lymphome.
|
Kutane T-Zell und NK-Zell Lymphome
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Kutane B-Zell-Lymphome
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| Mycosis fungoides (MF) |
Primär kutanes Marginalzonen-B-Zell-Lymphom
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Mycosis fungoides Varianten und Subtypen Follikulotrope MF Pagetoide Retikulose Granulomatous slack skin |
Primär kutanes Follikelzentrumslymphom
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| Sézary-Syndrom |
Primär kutanes diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom, leg type
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| Adulte T-Zell-Leukämie/Lymphom |
Primär kutanes diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom, andere
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Primär kutane CD30-positive Lymphoproliferationen Primär kutanes anaplastisch großzelliges Lymphom Lymphomatoide Papulose |
Intravaskuläres großzelliges B-Zell-Lymphom
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| Subkutanes panniculitis-like T-Zell-Lymphom |
Vorläufer hämatologische Neoplasie
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| Extranodales NK/T-Zell-Lymphom, nasal type |
CD4+/CD56+ -hematodermische Neoplasie* (früher: Blastisches NK-Zell-Lymphom) |
Primär kutanes peripheres T-Zell-Lymphom, unspezifiziert Primär kutanes aggressives epidermotropes CD8-positives T-Zell Lymphom (provisorisch) Kutanes γ/δ-T-Zell-Lymphom (provisorisch) |
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| Primär kutanes CD4+-klein/mittelgroßzelliges pleomorphes T-Zell-Lymphom (provisorisch)
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| * nach akuellen Daten: Vorläufer plasmozytoid dendritisches Lymphom/Leukämie. |
Im Folgenden werden die histologischen und molekularbiologischen Charakteristika der
häufigsten kutanen Lymphomvarianten im Hinblick auf ihre biologische Potenz und ihren
klinischen Verlauf dargestellt. Die z. T. lebenswichtige Bedeutung einer präzisen
Diagnosestellung kutaner Lymphome wird anschließend anhand zweier Fallbeispiele demonstriert.
Kutane T-Zell-Lymphome
Kutane T-Zell-Lymphome
Histologisch bilden die CTCL eine heterogene Gruppe von Malignomen mit unterschiedlicher
Morphologie und z. T. unterschiedlichem Immunphänotyp. Die beiden häufigsten CTCL,
Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom, sind histologisch gekennzeichnet durch ein epidermotropes
Verhalten atypischer kleinzelliger Lymphozyten. Dagegen sind andere CTCL-Varianten,
wie z. B. die lymphomatoide Papulose und das primär-kutane anaplastisch großzellige
Lymphom durch überwiegend dermale Infiltrate von z. T. blastär anmutenden Zellen mit
zusätzlicher Expression des CD30-Moleküls charakterisiert [30].
Mycosis fungoides/Sézary-Syndrom
Histologisch ist eine klare Diagnose sowohl bei der Mycosis fungoides als auch beim
Sézary-Syndrom insbesondere in den Frühstadien schwierig [5]
[13]. In der HE-Färbung zeigt sich im frühen Ekzemstadium typischerweise eine Exozytose von Lymphozyten in die Epidermis. Des Weiteren findet
sich im Bereich der dermoepidermalen Junktionszone häufig ein bandförmiges Entzündungsinfiltrat
bestehend aus mononukleären Zellen, z. T. untermischt mit eosinophilen Granulozyten.
In dieser Phase der Erkrankung, in der sich histologisch häufig nur unspezifische
Veränderungen zeigen, sind Verlaufsbiopsien zur Diagnosesicherung unerlässlich [10]
[17].
Bei Progression der Erkrankung in das Plaquestadium nimmt die Anzahl der epidermotropen T-Lymphozyten zu, und nestartige Ansammlungen
einiger atypischer Lymphozyten innerhalb der Epidermis, sog. „Pautrier'sche Mikroabzesse”,
werden vermehrt sichtbar.
Im Tumorstadium zeigt sich dann ein dichtes dermales Zellinfiltrat aus überwiegend pleomorphen Lymphozyten,
das bis in das Fettgewebe reichen kann. Der Epidermotropismus ist in diesem Stadium
häufig geringer ausgeprägt. Immunhistologisch handelt es sich in der Mehrzahl der
Fälle um T-Lymphozyten mit einem CD3+-, CD4+- und CD45RO+-Phänotyp. Eine immunhistologische
Unterscheidung zwischen Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom ist bisher mit den verfügbaren
Antikörpern nicht möglich. CD158k, ein immunglobulin-like killer inhibitory receptor, wurde als ein neuer phänotypischer Marker auf zirkulierenden Tumorzellen von Sézary-Patienten
identifiziert. Die routinemäßige Applikation eines Paraffin-gängigen Antikörpers gegen
dieses Molekül wird zurzeit im Rahmen eines EORTC-Projektes evaluiert [22].
Biologische Potenz: Mit dem Übergang einer Mycosis fungoides von einem Ekzemstadium in ein Tumorstadium
reduziert sich die 5-Jahres-Überlebensrate (JÜR) um über 50 %. Das Sézary-Syndrom
hat per se eine verringerte 5-JÜR von ca. 24 %.
Varianten der Mycosis fungoides
Hier sind zahlreiche Varianten beschrieben worden, wie z. B. die follikulotrope MF,
pagetoide Retikulose, granulomatöse MF, granulomatös slack skin MF und die hypopigmentierte
MF (30). Da bei einem Teil der Varianten die typischen epidermalen Veränderungen der
klassischen Mycosis fungoides fehlen, ist hier insbesondere auf die Adnexen (u. a.
Haarfollikel, Ausführungsgänge der Schweißdrüsen) zu achten. Hier kommt dem Nachweis
einer klonalen T-Zellpopulation ein bedeutender Stellenwert zu [2].
a. Follikulotrope Mycosis fungoides
Bei dieser häufigeren Variante der MF zeigt sich betont eine Infiltration des Haarfollikels
durch atypische T-Lymphozyten sowie eine zystische Auftreibung des Haarfollikelepithels,
mit oder ohne Muzinablagerung. Im Gegensatz zur klassischen Mycosis fungoides ist
hier die interfollikuläre Dermis in der Regel nicht betroffen.
Biologische Potenz: Die follikulotrope MF ist häufig schwieriger als die klassische MF zu behandeln und
die Verläufe kürzer. Die 5-Jahres-Überlebensrate entspricht dem Tumorstadium einer
Mycosis fungoides.
b. Granulomatöse Mycosis fungoides
Diese Form kann histologisch eine Sarkoidose imitieren [14].
Primär kutane CD30-positive Lymphome
Diese Gruppe umfasst ein Spektrum in der Regel indolenter Lymphome, bestehend aus
der Lymphomatoiden Papulose sowie dem CD30-positiven anaplastisch großzelligen Lymphom
(5-JÜR ca. 95 %). Allerdings ist es entscheidend, durch spezielle immunhistologische
Untersuchungen und Staging diese Varianten von einem sekundären Hautbefall eines primär
nodalen (aus dem Lymphknoten stammenden), anaplastisch großzelligen Lymphoms mit einer
5-Jahres-Überlebensrate von ca. 50 % zu differenzieren [26]
[30].
a. Primär kutanes, großzelliges CD30-positives T-Zell-Lymphom
Diese Variante zeigt histologisch ein knotiges dermales Infiltrat, das bis in das
Fettgewebe reichen kann. Ein Epidermotropismus ist meist nur gering ausgeprägt. Charakteristisch
sind große blastäre Zellen mit unregelmäßig geformten Zellkernen und hellem, weitem
Zytoplasma. Zum Teil haben die Tumorzellen mehrere Kerne. Die Tumorzellen wachsen
in engem Kontakt zueinander im Verband. Immunhistologisch ist das großzellige CD30-positive
T-Zell-Lymphom durch CD30+-neoplastische T-Lymphozyten charakterisiert, die über 75 %
des Zellinfiltrats ausmachen [12]. Im Gegensatz zu den primär nodalen anaplastisch grosszelligen Lymphomen zeigt sich
hier in der Regel keine Translokation mit Expression des NPM/ALK-Gens (ALK1-negativ)
[2]
[5].
b. Lymphomatoide Papulose (LyP)
In voll entwickelten Läsionen der lymphomatoiden Papulose zeigt sich histologisch
ein dermales, knotiges, gemischtzelliges Infiltrat aus Lymphozyten, Eosinophilen und
z. T. auch neutrophilen Granulozyten. Abhängig von der Größe und Anzahl der atypischen
Lymphozyten lässt sich die LyP nach Willemze [23] in drei zytologisch unterschiedliche Formen unterteilen. Der Typ A besteht aus großen
blastären CD30+-Lymphozyten (< 50 %) sowie einem variirenden Anteil neutrophiler und
eosinophiler Granulozyten sowie Histiozyten. Beim Typ B finden sich überwiegend kleine
Lymphozyten mit zerebriformen Zellkernen, ähnlich einer Mycosis fungoides; der Typ
C schließlich ist aus > 50 % CD30+-Blasten ähnlich einem CD30+-großzelligen Lymphom
gekennzeichnet.
Immunhistologisch entsprechen diese Lymphozyten aktivierten T-Helfer-Zellen mit folgendem
Phänotyp: CD30+, CD3+, CD4+, CD5+, TRAF1+, CD8 –, CD15 – [3]
[29].
Biologische Potenz: Wie zuvor erwähnt, sind beide Entitäten mit einer guten Prognose assoziiert. Dem
unkundigen Kliniker kann es aus der Unkenntnis der Besonderheit dieser Variante eines
kutanen Lymphoms passieren, dass Patienten mit einem primär-kutanen CD30-positiven
Lymphom mit einer aggressiven Kombinationschemotherapie (meist CHOP) behandelt werden,
wie bei einem CD30-positiven nodalen Lymphom. Die darunter häufiger auftretenden Rezidive
werden dann häufiger eskalierend sogar mit einer Hochdosis-Chemotherapie ggf. kombiniert
mit einer Stammzelltransplantation behandelt. Die mit einer derartigen Behandlung
häufig assoziierte Komplikation reduziert die Lebensqualität und Überlebensrate der
Patienten unvergleichbar stärker als die Erkrankung der primär kutanen CD30-positiven
Lymphome selbst. Daher sollte im histologischen Bericht unbedingt auf die Möglichkeit
einer benigne verlaufenden primär-kutanen Variante hingewiesen werden.
Pannikulitis-artiges T-Zell-Lymphom (subcutaneous panniculitis type T-cell lymphome,
SPTCL)
Das pannikulitis-artige T-Zell-Lymphom wird in der WHO-EORTC-Klassifikation als eigene
Entität definiert. Hier zeigt sich primär eine Tumorinfiltration der Subkutis durch
lymphoide Zellen unterschiedlicher Größe. Typisch ist die ringförmige Anordnung („rimming”)
proliferierender Tumorzellen um Adipozyten. Ebenso findet sich ein angiozentrisches
Wachstum mit umgebenden Fettgewebsnekrosen. Eine Erythrophagozytose wird in ca. 30 %
der Fälle beobachtet.
Immunhistologisch exprimieren die atypischen T-Lymphozyten das CD8-Molekül sowie zytotoxische
Marker wie TIA-1, Granzym B und Perforin.
In der Regel lässt sich eine klonale T-Zellrezeptor-Umlagerung nachweisen.
Biologische Potenz: Die aktuellen Daten der histologischen Arbeitsgruppe kutaner Lymphome der EORTC zeigt,
dass hier auch mit einer milden Therapie (z. B. Prednisolon-Monotherapie) eine gute
Prognose assoziiert ist (5-JÜR 91 %) [18].
Extranodale NK/T-Zell-Lymphome
Das morphologische Bild dieses Lymphomtyps ist durch atypische Lymphozyten unterschiedlicher
Größe in oft perivaskulärer Anordnung gekennzeichnet. Hier findet sich zusätzlich
eine angioinvasive und z. T. angiodestruktive Infiltration atypischer Lymphozyten.
Durch den Gefäßverschluss kommt es in der Regel zu Nekrosezonen als auch zu Ulzerationen.
Die immunhistologischen Untersuchungen sind für diese Diagnose unerlässlich. Die neoplastischen
Zellen sind positiv für das neurale Zelladhäsionsmolekül (N-CAM, CD56), die Epsilon-Kette
des CD3 (zytoplasmatisches CD3ϵ) sowie zytotoxische Moleküle wie TIA-1 und Granzym
B. Im seltenen Fall der T-Zell-Abstammung werden weitere T-Zellmarker exprimiert.
Charakterischerweise weisen die Tumorzellen das latente Membranprotein (LMP) als Zeichen
einer Infektion durch das Epstein-Barr-Virus auf [4]
[6]
[8]
[20].
Biologische Potenz: Äußerst aggressiv (5-JÜR 0 %). Da nahezu alle Fälle äußerst therapierefraktär sind
und in der Regel der größte Teil der Patienten innerhalb eines Jahres verstirbt, ist
eine frühzeitige allogene Knochenmarkstransplantation bei den Patienten zu erwägen.
Hematodermische Neoplasie (blastische NK-Zell-Lymphome)
Dieser extrem aggressiv verlaufende Lymphomtyp ist in der aktuellen WHO-EORTC-Klassifikation
erstmals als eigenständige Gruppe neben den kutanen T- und B-Zell-Lymphomen aufgenommen
worden. Histologisch zeigt sich unterhalb einer Grenzzone ein überwiegend knotiges
Infiltrat bestehend aus mittelgroßen Zellen. Ein angioinvasives Wachstum fehlt in
der Regel. Immunhistologisch sind die Tumorzellen CD3-, CD4+ und CD56+. Darüber hinaus
exprimieren die Tumorzellen CD123 und BDCA2 (blood dendritic cell antigen) als Hinweis
dafür, dass diese Zellen von sog. plasmozytoiden dendritischen Zellen abstammen [21].
Biologische Potenz: Äußerst aggressiv (5-JÜR 0 %). Da nahezu alle Fälle therapierefraktär sind und in
der Regel der größte Teil der Patienten innerhalb eines Jahres verstirbt, ist eine
frühzeitige allogene Knochenmarkstransplantation zu erwägen [4]
[6]
Kutane B-Zell-Lymphome
Kutane B-Zell-Lymphome
Bei den kutanen B-Zell-Lymphomen lassen sich niedrig-maligne kutane B-Zell-Lymphome
(primär kutanes Keimzentrumslymphom, primär kutanes Marginalzonenlymphom) vom aggressiven
kutanen B-Zell-Lymphomen (großzelliges B-Zell-Lymphom des Unterschenkels) unterscheiden
[30].
Primär kutanes Marginalzonenlymphom (MZL)
Histologisch zeigen sich unter einer regelhaften Epidermis fleckförmige bis knotige
oder diffuse Infiltrate im Bereich der gesamten Dermis, die bis an die Subkutisgrenze
heranreichen und den oberen Anteil des Pannikulus miteinbeziehen können. Die neoplastische
Population setzt sich typischerweise zusammen aus klein- bis mittelgroßen Zellen mit
irregulären zentrozytenähnlichen Kernen und mäßig weitem Zytoplasma (Marginalzonenzellen)
sowie aus einigen lymphoplasmazytoiden Zellen und Plasmazellen. Der Anteil reaktiver
Zellen am Infiltrat ist häufig hoch, wohingegen der Tumorzellanteil variabel und,
die Diagnose erschwerend, sehr gering sein kann. Charakteristisch ist eine Expansion
der Tumorzellen in der Umgebung reaktiver B-Follikel mit reaktiven Keimzentren (peri-
oder interfollikuläres Wachstum). In fortgeschrittenen Stadien können die Follikelmäntel
zunehmend von neoplastischen Zellen verdrängt, und die Keimzentren von Tumorzellen
durchsetzt werden.
Immunhistologisch zeigen sich die Marginalzonenzellen positiv für CD20, CD79a und
Bcl-2 sowie negativ für CD5, CD10 und Bcl-6. CD10- und Bcl-6-Negativität kann in manchen
Fällen hilfreich für die Abgrenzung des MZL vom Keimzentrumslymphom sein. Insbesondere
bei plasmazellulärer Differenzierung lässt sich häufig eine monotypische intrazytoplasmatische
Expression der Immunglobulin-Leichtkette nachweisen (sog. Leichtkettenrestriktion).
Fälle mit hoher Anzahl monotypischer Plasmazellen und lymphoplasmazytoiden Zellen
mit intranukleären Einschlüssen (sog. Dutcher bodies), die früher als Immunozytom
klassifiziert wurden, werden in der aktuellen WHO-EORTC-Klassifikation als MZL bezeichnet
[30]. In fortgeschrittenen Stadien lassen sich die Reste der zerstörten Sekundärfollikel
schließlich nur noch in Form aufgesplitterter Maschenwerke follikulärer dentritischer
Zellen mittels Färbung für CD21 immunhistologisch identifizieren.
Eine klonale Umlagerung des Immunglobulin-Schwerketten Gens lässt sich mithilfe der
Polymerasekettenreaktion (PCR) in mehr als 70 % der Fälle nachweisen [23].
Biologische Potenz: Trotz der häufig auftretenden kutanen Rezidive haben die Patienten meist eine exzellente
Prognose (5-JÜR 98 %).
Primär kutanes Keimzentrumslymphom (KZL)
Unterhalb einer Grenzzone, d. h. von der unauffälligen Epidermis durch eine schmale
Zone weitgehend regelhafter Dermis abgesetzt, finden sich knotige bis diffuse Infiltrate,
die häufig bis in das subkutane Fettgewebe hineinreichen. Die Tumorzellen zeigen eine
Differenzierung von Keimzentrumszellen im Sinne von Zentrozyten und Zentroblasten.
Das Wachstumsmuster ist variabel und u. a. abhängig von der Tumorlokalisation und
dem Alter der einzelnen Läsion. Im Kopfhautbereich sowie in frühen Läsionen findet
sich häufig ein sog. follikuläres Wachstumsmuster mit Ausbildung von neoplastischen
Follikeln. Weiter fortgeschrittene Läsionen weisen dagegen häufiger ein diffuses Wachstumsmuster
auf. Insbesondere Fälle mit diffusem Muster und Prädominanz von großen Zentro-/Immunoblasten
gilt es differenzialdiagnostisch vom diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom „leg type”
abzugrenzen. Gelegentlich können aber auch beide Muster, also ein follikuläres und
diffuses Wachstumsmuster, nebeneinander beobachtet werden. Initiale Läsionen können
einen beträchtlichen Anteil reaktiver T-Zellen aufweisen, die im Zuge des Tumorwachstums
mit zunehmender Anzahl und Größe neoplastischer B-Zellen, kontinuierlich an Zahl abnehmen.
Eine prominente Mitreaktion des Stromas ist typisch. Charakteristisch für neoplastische
Follikel sind eine reduzierte bis fehlende Mantelzone, ein monomorphes Zellbild mit
Aufhebung von hellen und dunklen Zonen, reduzierte oder fehlende „tingible body” Makrophagen,
sowie eine im Vergleich zu reaktiven Follikeln deutlich reduzierte Mitoserate < 50 %.
Immunhistologisch zeigen sich die neoplastischen Zellen positiv für CD20, CD79a, Bcl-6
sowie negativ für CD5, CD43, Mum-1 und in den meisten Fällen auch für Bcl-2. CD10
wird in der Regel nur in Fällen mit follikulärem Wachstumsmuster exprimiert, wohingegen
Fälle mit diffusem Wachstumsmuster meist negativ sind. Bcl-2- und Mum-1-Negativität
ist hilfreich für die Abgrenzung des diffusen KZL vom diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom
„leg-type”, das eine deutlich schlechtere Prognose aufweist [30]. Auch eine Abgrenzung vom sekundär kutanen KZL ist möglich, da diese in der Regel
positiv für Bcl-2 und CD10 sind [7]
[9]
[24]
[27].
Eine klonale Umlagerung des Immunglobulin-Schwerketten-Gens lässt sich mithilfe der
Polymerasekettenreaktion (PCR) in der Mehrzahl der Fälle nachweisen.
Biologische Potenz: Trotz der häufig auftretenden kutanen Rezidive haben die Patienten meist eine exzellente
Prognose (5-JÜR 95 %).
Primär kutanes diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom des Unterschenkels „leg type”
(DLBCL)
Unterhalb einer meist unauffälligen Epidermis findet sich ein dichtes diffuses monomorphes
Infiltrat, das häufig die gesamte Dermis einnimmt, Adnexstrukturen zerstört und bis
in das subkutane Fettgewebe hineinreicht. Das Infiltrat besteht überwiegend aus mittelgroßen
bis großen Zentroblasten und Immunoblasten. Atypische Mitosefiguren sind häufig. Im
Gegensatz zum kutanen KZR fehlen Zentrozyten. Eine Mitreaktion des Stromas sowie reaktive
T-Zellen sind ebenfalls im Vergleich zum kutanen KZR deutlich weniger vorhanden.
Immunhistologisch zeigen sich die neoplastischen Zellen positiv für CD20, CD79a und
Bcl-6 sowie negativ für CD5 und CD10. Bcl-2 und Mum-1 sind deutlich exprimiert, was
das kutane DLBCL vom diffusen Typ des kutanen KZL unterscheidet [16]
[30].
Eine klonale Umlagerung des Immunglobulin-Schwerketten-Gens lässt sich mithilfe der
PCR in der Mehrzahl der Fälle nachweisen. Die bei den primär nodalen DLBCL beschriebene
Translokation t[14]
[18] ist in primär kutanen DLBCL nicht vorhanden.
Biologische Potenz: Dieses häufig bei älteren Frauen (median 65 Jahre) auftretendes Lymphom ist mit einer
deutlich reduzierten 5 JÜR assoziiert (50 %).
Fallbeispiel 1
Fallbeispiel 1
Anamnese und Hautbefund ([Abb. 1 a]): Ein 35-jähriger Mann bemerkt seit 2 Monaten das rezidivierende Auftreten multipler
Papeln an den Extremitäten. Einzelne Papeln zeigen eine zentrale Kruste und scheinen
spontan abzuheilen.
Histologie: Es zeigt sich ein gemischt zelliges Infiltrat mit Lymphozyten sowie eosinophile und
einzelne neutrophile Granulozyten. Eingestreut immer wieder einzelne größere, blastär
anmutente Lymphozyten.
Immunhistologie: Das Lymphozytäre Infiltrat besteht aus CD3+-, CD4+-Lymphozyten. Die blastären Lymphozyten
sind zusätzlich CD30+ ([Abb. 1]
b) und TRAF1+. Das ALK1-Molekül wird nicht exprimiert.
Staging (Rö-Thorax; LK- und Abdomen-Sonografie): unauffällig
Diagnose: In Zusammenschau der Klinik und der Histologie handelt es sich hier um eine Lymphomatoide
Papulose.
Biologische Potenz/Therapie: Die 5-JÜR ist mit 100 % äußerst günstig. Nach den ADO-Leitlinien ist eine Therapie
nicht notwendig (Beobachtung). Bei multiplen Läsionen bzw. großem Leidensdruck ist
eine MTX-Therapie (15 mg/Woche) bzw. PUVA-Therapie möglich [25].
Abb. 1 a Lymphomatoide Papulose: Multiple Papeln in unterschiedlichen Stadien. Zu Beginn der spontanen Abheilung zeigt
sich typischerweise eine zentrale Nekrose. b Lymphomatoide Papulose, Immunhistologie: CD30-Färbung (BerH2). Die größeren blastären Lymphozyten exprimieren typischerweise
das CD30-Antigen.
Fallbeispiel 2
Fallbeispiel 2
Anamnese und Hautbefund: Eine 64-jährige Patientin bemerkt seit ca. 3 Monaten ein Wachstum von mehreren livid-erythematösen
Knoten am Stamm, den größten am Rücken mit ca. 15 cm Durchmesser ([Abb. 2 a]). Des Weiteren fallen bei der Anamnese ein stärkerer oraler Foetor auf sowie korrespondierend
eine größere Nekrosezone im Bereich des oberen harten Gaumens ([Abb. 2 b]).
Histologie: Es zeigt sich ein überwiegend dermales Infiltrat atypischer mittelgroßer Lymphozyten,
die betont perivaskulär lokalisiert sind. Des Weiteren fällt eine deutliche Invasion
sowie fokale Destruktion der Blutgefäße durch die atypischen Lymphozyten auf ([Abb. 2 c]). Kein Hinweis für eine Vaskulitis.
Immunhistologie: Die Tumorzellen exprimieren CD56, die Epsilon-Kette des CD3 (zytoplasmatisches CD3ϵ)
sowie die zytotoxischen Moleküle TIA-1 und Granzym B. Des Weiteren zeigen die Tumorzellen
eine EBV-Infektion (LMP+) ([Abb. 2 d]).
Staging (Rö-Thorax; LK- und Abdomen-Sonografie, hier zusätzlich aufgrund der oralen Nekrose
– CCT, KM-Punktion): Es zeigt sich eine Lymphknotenvergrößerung der hautnahen Lymphknoten
sowie der V. a. eine diffuse Leberinfiltration. Das CCT zeigt eine ossäre Destruktion
im Bereich des harten Gaumens mit Durchbruch zum Nasenraum. Keine Infiltration des
Knochenmarks.
Diagnose: Extranodales NK/T-Zell-Lymphom.
Biologische Potenz/Therapie: Äußerst aggressiv (5-JÜR 0 %). Aufgrund der schnellen Progredienz der Erkrankung
ist nach den ADO-Leitlinien eine aggressive Polychemotherapie bzw. eine Knochenmarkstransplantation
zu erwägen [25].
Abb. 2 a Extranodales NK/T-Zell-Lymphom: Multiple livid erythematöse scharf begrenzte Tumorknoten. b Extranodales NK/T-Zell-Lymphom: Ausgeprägte Nekrosezone im Bereich des harten oberen Gaumens (daher früher als Mittellinien-Granulom
bezeichnet).
Abb. 2 c Extranodales NK/T-Zell-Lymphom, HE-Histologie: Angiozentrisches lymphatisches Infiltrat mit deutlicher Gefäßinvasion.
d Extranodales NK/T-Zell-Lymphom, Immunhistologie: Darstellung der EBV-Infektion der Tumorzellen mittels Nachweis des LMP-Antigens (LMP:
Latentes Membran Protein).
Schlussfolgerungen
Schlussfolgerungen
Die Analyse von Biopsien kutaner Lymphome mittels diverser konventioneller histologischer,
immunhistologischer und molekularbiologischer Techniken gestattet eine Klassifikation
und genaue Typisierung der einzelnen Lymphome je nach ihrer biologischen Potenz und
ihrem klinischen Verlauf. Offenbar verhalten sich diese Neoplasien unterschiedlich,
entsprechend der Potenz der diversen lymphozytären Populationen woraus sie bestehen.
Insbesondere bei den häufigen T-Zell-Lymphomen der Haut, die bereits in Frühstadien
ihrer Ausbreitung diagnostizierbar sind, muss der Kliniker auf eine exakte Typisierung
des jeweilig vorliegenden Lymphomtyps achten, um die Wahl des therapeutischen Schemas
und das weitere Management des Patienten zu optimieren. Auch Verlaufsbiopsien wären
hier zu fordern, da das vorherrschende Zellmuster eines Hautlymphoms je nach Krankheitsdauer
und der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen Veränderungen unterliegen kann.
Eine typadaptierte Therapie und Kontrolle der kutanen Lymphome ist demnach zu fordern
und gegenüber einer allgemeinen primär-aggressiven Therapie vorzuziehen, in Ergänzung
zu den stadienadaptierten Überlegungen, die zurzeit als Grundlage unseres Handelns
gelten. Die Kooperation des Klinikers mit einer entsprechend ausgerüsteten Funktionseinheit
eines dermatohistologischen Labors ist im Interesse des Patienten unabdingbar.