Z Orthop Unfall 2008; 146(6): 689-690
DOI: 10.1055/s-0028-1119738
Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kongressbericht DKOU - Gemeinsam die Zukunft gestalten

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Publication Date:
17 December 2008 (online)

 
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Vom 22. bis 25. Oktober 2008 fand der Deutsche Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie statt, veranstaltet von der DGOOC, der DGU und dem BVOU. Gut 8.000 Kongressbesucher und -referenten, ca. 1.400 Fachbesucher, knapp 1.900 Aussteller und etwa 270 Journalisten trafen sich im ICC von Berlin.

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Beim Präsidentendinner beeindruckten drei Tänzer mit ihrer Performance, die zum einen künstlerisch-poetisch die abstracten Silhouetten des Kongress-Plakates lebendig auferstehen ließen, zum anderen symbolträchtig das Zusammengehen der Kongressveranstalter darstellen wollten (Foto: StarFace).

Zentrales Thema dieses gemeinsamen Kongresses: die optimale Versorgung von Patienten mit Erkrankungen oder Verletzungen der Knochen, Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder. Auf dem wissenschaftlichen Programm standen beispielsweise die Behandlung der Arthrose und chronischer Schmerzen der Gelenke oder der Wirbelsäule, die durch Abnutzung im höheren Lebensalter oder durch Verletzungen verursacht werden. Fortbildungssitzungen waren dem interdisziplinären Aspekt des Wirbelsäulenschmerzes gewidmet, oder die Teilnehmer bekamen betriebswirtschaftliches Rüstzeug für das Führen einer Arztpraxis an die Hand. Berufspolitische Sitzungen informierten über zukunftsorientierte Versorgungsstrukturen in Klinik und Praxis, etwa über die Kompetenznetze Orthopädie-Unfallchirurgie. Angebote für Physiotherapeuten sowie für Fachkräfte aus dem OP- und Pflegebereich, Seminare zur Technischen Orthopädie und zu arbeitsmedizinischen Themen ergänzten das Informationsangebot des Kongresses. Die begleitende Industrieausstellung schien erneut größer als im Vorjahr. "Höher, schneller, weiter" - nicht nur im Sport, auch bei der Ausrichtung des Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie wird man den Eindruck nicht los, dass die Messlatte alljährlich höher angelegt wird.

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Gründung der DGOU im Juli 2008

Orthopäden und Unfallchirurgen wollen diese Zukunft gemeinsam gestalten, also aktiv in die Hand nehmen. Dafür haben DGOOC und DGU die Basis geschaffen, als sie am 8. Juli 2008 in Berlin die gemeinsame Dachgesellschaft Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie DGOU gründeten. Präsident der DGOU ist Prof. Dr. Joachim Grifka, Direktor der Orthopädischen Klinik für die Universität Regensburg im Asklepios-Klinikum Bad Abbach. Zu seinem Stellvertreter wurde der Präsident der DGU, Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, Ärztlicher Direktor am Unfallkrankenhaus Berlin und Inhaber des Erwin-Payr-Lehrstuhls der Universität Greifswald, gewählt. Um zu gewährleisten, dass beide Gesellschaften unter dem Dach der DGOU stets das gleiche Gewicht haben, wird die Spitze im kommenden Jahr umgekehrt: DGU-Präsident 2009 Prof. Dr. Hans Zwipp wird Prof. Grifka in seinem Amt ablösen, DGOOC-Präsident 2009 Prof. Dr. Klaus-Peter Günther wird DGOU-Vize.

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Neue Techniken für neue Herausforderungen

Erkenntnisse zu neuen Operationstechniken dominierten den wissenschaftlichen Teil der Kongress-Agenda, beispielsweise bei der Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen des Hüftgelenks. "Dafür gab es bis vor kurzem kein adäquates arthroskopisches Instrumentarium und auch keine klar definierten Konzepte", erklärte DGOOC-Präsident Prof. Dr. Joachim Grifka. Mittlerweile sind jedoch Eingriffe möglich, bei denen Weichteilverletzungen, Knorpelauffaserungen oder Knochenrandwülste beseitigt werden können, so dass eine Arthrose gar nicht erst entsteht und - in letzter Konsequenz - dem Patienten eine Kunstgelenkersatz-Operation erspart bleibt.

Eine zunehmende Rolle bei HTEP-Operationen wird die computergestützte Navigation spielen. Bislang vor allem bei Kniegelenken im Einsatz, steuern Computer nun auch bei Hüftgelenken die millimetergenaue Platzierung der Prothese. Innovative Implantate, knochensparende Prothesendesigns und neuartige Materialien, die ein besseres Einwachsen des Kunstgelenks in den umgebenden Knochen ermöglichen, sind die Antwort der Forschung auf steigende Ansprüche an künstliche Gelenke. Ein Kunstgelenk soll heute Freizeitbelastungen standhalten, und das oft über einen langen Zeitraum hinweg.

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Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, DGU, und Prof. Dr. Joachim Grifka, DGOOC. Zwei Präsidenten, eine Überzeugung: "Der Mensch hat ein Organsystem, und Orthopäden und Unfallchirurgen bedienen sich der gleichen Instrumente, um dessen Erkrankungen und Verletzungen zu therapieren. Deshalb gibt es den gemeinsamen Facharzt. Und als Konsequenz daraus die DGOU." (Foto: StarFace)

Daneben sprachen Experten über Möglichkeiten, defekte Knorpel mit körpereigenem Material wiederherzustellen und somit die Gelenkfunktion vollständig aufrechtzuerhalten. Dieses "Tissue Engineering", auch autologe Knorpelzelltransplantation genannt, war einst sehr aufwändig, mittlerweile ist die Knorpelkur jedoch ein gängiges, von den Kassen anerkanntes Verfahren, das auch schwer geschädigte Knorpel reparieren kann. Besonders jüngere Patienten und Sportler profitieren davon, weil ihr Knorpel nach Abschluss der Behandlung glatt und elastisch und also genauso leistungsfähig und belastbar ist wie vor der Verletzung. Das Risiko, vorzeitig an Arthose zu erkranken, ist damit vorerst gebannt.

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Die Zukunft ist kein Schicksal

Dieser präventive Ansatz steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Motto des Kongresses: Gemeinsam die Zukunft gestalten. "Die Zukunft ist kein Schicksal", sprach Prof. Grifka bei der Eröffnungsveranstaltung. Sie sieht folgendermaßen aus: Die Menschen werden immer älter, damit einher geht eine Zunahme der Verschleißerkrankungen und der Verletzungen der Halte- und Bewegungsorgane. Schon heute leiden 30 Millionen Deutsche an muskuloskeletalen Erkrankungen und Verletzungen, die Hälfte davon an einer behandlungsbedürftigen Arthrose. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 335.000 künstliche Knie- und Hüftgelenke eingesetzt. Tendenz: zwangsläufig steigend. "Prävention wird oft nicht als das begriffen, was sie ist, nämlich Wertschöpfung im Gesundheitswesen. Auf Dauer sparen wir Ressourcen für andere medizinische Versorgungen. Allerdings, wenn wir heute in die Prävention investieren, sehen wir in 20 bis 30 Jahren die Erfolge", so Prof. Grifka.

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Weiterbildung im Fokus

Die Weiterbildung war eine wichtige Größe im Vortrags-Programm. In einer Sitzung informierten die Veranstalter über das neue Lehrcurriculum Orthopädie/Unfallchirurgie, das den ärztlichen Nachwuchs auf dem Weg zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie unterstützen soll. Prof. Wolf Mutschler von der Ludwig-Maximilians-Universität München stellte das maßgeblich von ihm entwickelte und von allen Seiten hochgelobte "Fit after Eight"-Weiterbildungskonzept vor, eine berufsbegleitende Weiterbildung, die nicht in einem Crash-Kurs, sondern kontinuierlich über vier Jahre hinweg je zweimal im Jahr in Zwei-Tages-Einheiten die Inhalte des Faches Orthopädie und Unfallchirurgie vertieft. Auch der "Gemeinsame Facharzt", insbesondere die neue Weiterbildungsordnung, wurde ins Visier genommen, Nachbesserungsforderungen an ihr formuliert. Die Empfehlung, die in der WBO festgeschriebenen sechs Monate Intensivmedizin, die am Anfang der 24 Monate währenden Basisweiterbildung absolviert werden müssen, stattdessen während der gesamten Weiterbildungszeit ableistbar zu machen, weil alles andere schlicht illusorisch ist, war nur einer von vielen bedenkenswerten und notwendigen Punkten.

Jana Ehrhardt

 
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Beim Präsidentendinner beeindruckten drei Tänzer mit ihrer Performance, die zum einen künstlerisch-poetisch die abstracten Silhouetten des Kongress-Plakates lebendig auferstehen ließen, zum anderen symbolträchtig das Zusammengehen der Kongressveranstalter darstellen wollten (Foto: StarFace).

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Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, DGU, und Prof. Dr. Joachim Grifka, DGOOC. Zwei Präsidenten, eine Überzeugung: "Der Mensch hat ein Organsystem, und Orthopäden und Unfallchirurgen bedienen sich der gleichen Instrumente, um dessen Erkrankungen und Verletzungen zu therapieren. Deshalb gibt es den gemeinsamen Facharzt. Und als Konsequenz daraus die DGOU." (Foto: StarFace)