Z Orthop Unfall 2008; 146(6): 705
DOI: 10.1055/s-0028-1119762
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wirbelsäule - Fusion oder bandscheiben-prothetischer Ersatz?

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Publication Date:
17 December 2008 (online)

 
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Ziel dieser Veröffentlichung ist die Etablierung einer neuen Testmethode, mit der die Effekte eines operativ versorgten Segmentes auf die benachbarten Segmente der Wirbelsäule untersucht werden können. Hybrid multidirectional test method to evaluate spinal adjacent-level effects, Clin Biomech 2007; 22: 257 - 265

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Einleitung

Klinische Studien haben gezeigt, dass eine Fusion der Wirbelsäule längerfristig zu einer beschleunigten Degeneration benachbarter Bewegungssegmente führen kann. Ursachen hierfür können zum Einen eine erhöhte Belastung und zum Anderen eine erhöhte Beweglichkeit der benachbarten Segmente durch die Fusion eines Segmentes sein. Der bandscheibenprothetische Ersatz soll diese nachteiligen Effekte eliminieren oder verlangsamen. In Folge dessen erhalten diese Implantate einen wachsenden Zuspruch. Für Kliniker und Implantathersteller ist es daher wichtig, die biomechanischen Effekte auf benachbarte Segmente in vitro evaluieren zu können.

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Viele biomechanische Studien sind hierzu veröffentlicht, die aufgrund ungenügend definierter Testmethoden, große Variation an Ergebnissen liefern. In dieser Veröffentlichung wird eine neue Messmethode zur Untersuchung der Effekte auf benachbarte Segmente vorgestellt.

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Methode

Die neue Testmethode beinhaltet die Methode der Beweglichkeitsmessung, dem Golden Standard der in-vitro-Wirbelsäulentestung. Das native Präparat wird mit einem reinen Moment belastet und der physiologische Bewegungsumgang (RoM) des gesamten Präparats, sowie der RoM jedes einzelnen Segments gemessen. Für Untersuchungen der Lendenwirbelsäule wird ein polysegmentales Präparat vom Wirbel T12 bis S1 und für die Halswirbelsäule von C0 bis T1 empfohlen. Für die Stabilisierung des Präparates sollte der Einsatz einer "Follower-Load" oder Muskelsimulation berücksichtigt werden. Nach Durchführung einer Fusion oder einem bandscheibenprothetischen Ersatz wird das Präparat mit einem ansteigenden reinen Moment soweit belastet, bis der RoM des versorgten Präparates mit dem RoM des intakten Präparates übereinstimmt.

Die Datenanalyse liefert die prozentuale Abweichung des Bewegungsumfangs eines benachbarten Segments zum nativen unversorgten Präparat. Die Vorgehensweise bei Untersuchung anderer Parameter, wie z. B. intradiskaler Druck, ist analog.

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Kommentar

Die neue Testmethode kombiniert die Methode der Beweglichkeitsmessung, dem Golden Standard, mit einer definierten Wegvorgabe als Eingangsparameter für die Untersuchungen von Effekten nach operativer Versorgung eines Segmentes auf benachbarte Bewegungssegmente. Bei gleichbleibender Belastung verringert ein fusioniertes Bewegungssegment natürlich den Gesamtbewegungsumfang der Wirbelsäule. Bedingt durch die Wegvorgabe der neuen Testmethode wird die versorgte Wirbelsäule in die identische Endlage des nativen Präparates gebracht. Die Belastung, die in Form eines Biegemomentes vorliegt, steigt dabei an. Diese Limitierung der Testmethode wird diskutiert. Zu diesem Zeitpunkt sind keine Langzeitstudien bekannt in denen untersucht wird, ob die Wirbelsäule das Bestreben hat, den nativen Bewegungsumfang postoperativ aufrecht zu erhalten. Insbesondere, ob der in vitro einzeln untersuchte Bereich der Wirbelsäule sich in vivo ebenso verhält.

Wie ein Blick in die bereits veröffentlichte Literatur zu diesem Thema zeigt, ist es von besonderer Wichtigkeit, eine Testmethode zu standardisieren, wie es sie bei der monosegmentalen Wirbelsäulentestung bereits schon seit Jahren gibt. Durch die Kombinierung des Golden Standards mit der Wegvorgabe in der neuen vorgestellten Testmethode liefert diese Veröffentlichung einen wichtigen Beitrag zur Etablierung eines möglichen Standards zur Untersuchung der Effekte einer Fusion oder eines bandscheibenprothetischen Ersatzes auf benachbarte Segmente.

Dipl.-Ing. Bastian Welke

Dipl.-Ing. Bastian Welke

Labor für Biomechanik und Biomaterialien

Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Email: bastian.welke@annastift.de

 
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