Z Orthop Unfall 2009; 147(1): 9
DOI: 10.1055/s-0029-1213754
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verletzung peripherer Nerven - Nervenregeneration mit einem auf Keratin basierenden Hydrogel

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Publication Date:
23 February 2009 (online)

 
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Ziel der vorgestellten Arbeit war es, ein auf Keratin basierendes Hydrogel als Füllsubstanz zu verwenden und einerseits mit einem autologen Transplantat und andererseits mit einem leeren Konduit zu vergleichen. Peripheral Nerve Regeneration Using a Keratin-Based Scaffold: Long-Term Functional and Histological Outcomes in a Mouse Model. J Hand Surg 2008; 33-A: 1541 - 1547

Die Behandlung von Verletzungen peripherer Nerven mit segmentalen Defekten stellt eine Herausforderung dar. Insbesondere, wenn die Naht unter Spannung heilen soll, ist die Prognose schlecht. Autologe Nerventransplantationen sind in solchen Fällen der therapeutische Goldstandard, führen jedoch zu einer Hebemorbidität und weisen eine lediglich suboptimale Erholung der motorischen Funktion auf. Techniken basierend auf Nervenschienen haben sich in der Versorgung kurzstreckiger Defekte sensibler Nerven etabliert.[1] Ein Problem stellen die langstreckigen Defekte insbesondere motorischer Nerven dar, die man mit derzeitigen Konduits nicht überbrücken kann, ohne Füllsubstanzen einzusetzen.

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Material und Methoden

54 Mäuse wurden in drei Gruppen eingeteilt. Entsprechend dieser Einteilung wurde ein 4 mm langer Defekt des Nervus tibialis am linken Hinterlauf entweder mit einem Autograft des Nervus suralis, einem leeren Konduit oder einem mit Keratin-Hydrogel gefüllten Konduit überbrückt. Anwendung fand eine 7 mm Nervenschiene aus Silikon. Nach 6 Wochen, 3 Monaten und 12 Monaten wurde das motorische Aktionspotential der neuromuskulären Einheit gemessen. Die Messung der kontralateralen Seite diente als Referenz. Anschließend wurde durch eine histologische und histomorphometrische Untersuchung der Durchmesser des Nervenregenerates, die Zahl und Dichte der myelinisierten Axone sowie der Durchmesser der myelinisierten Axone ermittelt.

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Ergebnisse

Die Autoren stellten fest, dass die Heilung bei Verwendung eines Keratin-Hydrogels besser war als ein leer belassenes Konduit. Dies betraf die Nervenleitgeschwindigkeit, das Aktionspotential ebenso wie Anzahl und Größe der Axone. Autograft und Keratin-Hydrogel wiesen nach 6 Monaten gleichwertige Aktionspotentiale auf. Nach 6 Monaten wiesen die Nervenregenerate bei Verwendung von mit Keratin-Hydrogel gefüllten Konduits eine größere Dichte von Axonen mit einem größeren Durchmesser auf als die von Autografts und leeren Konduits.

Die Verwendung eines Keratin-Hydrogels als Füllsubstanz eines Konduits verbessert also die neurophysiologische Wiederherstellung im Vergleich mit einem leeren Konduit und ist der Verwendung eines Autograft gleichwertig.

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Kommentar

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Autoren durch ihre aufwändige Arbeit einen Beitrag zur Erforschung und Verbesserung der Nervenregeneration geleistet haben. Die Versorgung von Nervendefekten stellt eine anspruchsvolle Herausforderung für Patienten und Chirurgen dar. Die Entwicklung und Verwendung von Nervenschienen hat zu einer Erweiterung der Versorgungsstrategien insbesondere kurzstreckiger Defekte geführt.

Bei langstreckigen Defekten bleibt die Verwendung von Autografts Goldstandard. Leere Konduits führen in diesen Fällen zu keiner neuromuskulären Erholung, so dass Füllsubstanzen Verwendung finden. Diese Substanzen dienen als Matrix, die eine Adhäsion Schwann'scher Zellen ermöglichen. Neben mesenchymalen Stammzellen wurden Versuche mit Suspensionen aus Schwann'schen Zellen,[2],[3] verschiedener Wachstumsfaktoren und möglichen Kombinationen daraus durchgeführt. Doch auch das Material der Nervenschienen (Silikon, PGA, Kollagen) ist von Bedeutung,[4] und kann durch eine entsprechende Beschichtung möglicherweise noch verbessert werden. Für die klinische Anwendung sind diese unter Laborbedingungen erforschten Strategien aufgrund hoher Kosten und aufwendiger Zubereitung derzeit ungeeignet. Das hier verwendete Keratin-Hydrogel scheint aufgrund der einfachen und kostengünstigen Herstellung als Füllsubstanz vielversprechend.

Die Ergebnisse der Erprobung an klinisch relevanten Modellen bleibt abzuwarten.

Dr. med. Christoph Harms

Dr. med. Christoph Harms

Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock

Email: Christoph.harms@med.uni-rostock.de

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Literatur

  • 01 Dornseite U . et al . Surgical Therapy of Peripheral Nerve Lesions: Current Status and New Perspectives.  Zentralbl Neurochir. 2007;  68 101-110
  • 02 Nichols CM . et al . Use of Modality-Matched Autogenous Nerve Material in Peripheral Nerve Repair with Conduits.  J reconstr Microsurg. 2006;  22
  • 03 Kalbermatten DF . et al . Schwann cell strip for peripheral nerve repair.  J Hand Surg Eur Vol.. 2008;  33 (5) 587-94
  • 04 Alluin O . et al . Functional recovery after peripheral nerve injury and implantation of a collagen guide.  Biomaterials. 2009 Jan.;  30 (3) 363-73
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Literatur

  • 01 Dornseite U . et al . Surgical Therapy of Peripheral Nerve Lesions: Current Status and New Perspectives.  Zentralbl Neurochir. 2007;  68 101-110
  • 02 Nichols CM . et al . Use of Modality-Matched Autogenous Nerve Material in Peripheral Nerve Repair with Conduits.  J reconstr Microsurg. 2006;  22
  • 03 Kalbermatten DF . et al . Schwann cell strip for peripheral nerve repair.  J Hand Surg Eur Vol.. 2008;  33 (5) 587-94
  • 04 Alluin O . et al . Functional recovery after peripheral nerve injury and implantation of a collagen guide.  Biomaterials. 2009 Jan.;  30 (3) 363-73