Allgemeine Behandlungsprinzipien der Mastozytose
Allgemeine Behandlungsprinzipien der Mastozytose
Eine Heilung der Mastozytose durch Therapie ist bisher nicht möglich; es steht jedoch eine große Anzahl von Medikamenten zur Linderung der Beschwerden zur Verfügung [1 ]. Der Verlauf der Erkrankung wird durch die Behandlung normalerweise nicht wesentlich beeinflusst. Aufgrund der Seltenheit der Mastozytose in einzelnen Studienzentren und dem Fehlen multizentrischer Ansätze basieren die Empfehlungen vorwiegend auf Fallserien oder Einzelfallberichten [2 ]. Allgemeine Therapieempfehlungen für die Mastozytose werden in der Leitlinie des Kompetenznetzwerks Mastozytose gegeben [3 ]. Die aktuell durchgeführte Behandlung soll die vermehrte Mediatorfreisetzung reduzieren, die Wirkung von Mastzellprodukten an ihren Rezeptoren hemmen und die erhöhte Mastzellzahl reduzieren [3 ].
Bestehen keine oder nur geringe Beschwerden, ist keine medikamentöse Therapie notwendig. Bei Juckreiz, mehrmals wöchentlichem Anschwellen der Hautveränderungen oder Entwickung von Flush sollte eine feste Medikation primär mit nicht-sedierenden H1 -Antihistaminika angesetzt werden ([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Übersicht zur allgemeinen Therapie der Mastozytose.
Gastrointestinale Beschwerden sprechen in Einzelfällen gut auf H2 -Antihistaminika, Cromoglycinsäure, Protonenpumpenhemmer oder Antazida an. Systemische Kortikosteroide sollten nur bei häufigen anaphylaktischen Reaktionen, bei schweren abdominellen Symptomen mit Aszites, Diarrhoen und Malabsorption oder bei großflächiger Blasenbildung, z. B. bei diffuser kutaner Mastozytose zum Einsatz kommen. Eine Osteopenie oder Osteoporose wird mit Kalzium, Vitamin D und/oder Bisphosphonaten behandelt. Für Patienten mit aggressiven Formen der systemischen Mastozytose (aggressive Mastozytose, Mastozytose mit assoziierter hämatologischer Erkrankung oder Mastzell-Leukämie) kommt eine zytoreduktive Therapie infrage. Interferon-alpha senkt bei einigen Patienten mit aggressiver systemischer Mastozytose die Mastzellzahl und bessert in Einzelfällen die Osteoporose. Auch das Zytostatikum Cladribin reduziert in Studien bei Patienten mit aggressiver Mastozytose die Mastzellbelastung. Einzelfallbeobachtungen zeigen, dass andere Zytostatika bei Mastozytose häufig wirkungslos bleiben.
Daneben haben sich in den letzten fünf Jahren neue Therapieansätze auf den Gebieten der Anaphylaxie, der topischen Therapie der kutanen Mastozytose und von aggressiven Formen der Mastozytose mit Zytostatika inklusive Tyrosinkinase-Inhibitoren ergeben ([Tab. 1 ]), die in dieser Arbeit zusammengefasst werden.
Tab. 1 Auswahl von neuen Studien zur Prophylaxe und Therapie der Mastozytose aus den Jahren 2007 und 2008.
Autor Ref. Mastozytose-Patienten Methoden/Zielparameter Schlussfolgerungen
Brockow et al. 6 74 Erwachsene und 46 Kinder Häufigkeit einer Anaphylaxie, Identifikation von Risikopatienten Anaphylaxien häufiger bei systemischer Mastozytose, bei Kindern nur mit schwerer Hautbeteiligung und hohen Tryptasewerten
Carter et al. 10 22 Kinder Häufigkeit der Anaphylaxie bei Anästhesie Keine schweren Zwischenfälle, wenn Anästhesist über Krankheit informiert wurde
González de Olano et al. 14 21 Erwachsene mit SM und Insektengiftallergie Verträglichkeit und Wirkung der spezifischen Immuntherapie (SIT) SIT ist verträglich und wirksam, jedoch 29 % Nebenwirkungen und 25 % systemische Reaktionen bei Feldstichen
Kontou-Fili 15 Patient mit rezidivierenden Reaktionen auf Bienengift-SIT 300 mg Omalizumab vor Injektion zur Prophylaxe Omalizumab kann systemische Reaktionen auf die SIT vollständig unterdrücken
Carter et al. 17 2 Patienten mit rezidivierenden idiopathischen Anaphylaxien 300 mg Omalizumab alle 4 Wochen zur Prophylaxe Omalizumab konnte idiopathische Anaphylaxie unterdrücken
Heide et al. 20 5 Erwachsene, 6 Kinder Wirkung von fettfeuchten Umschlägen mit Fluticasonproprionat Kosmetisch partielles Ansprechen (Vorsicht: Nebenwirkungen nicht ausreichend untersucht!)
Hartmann et al. 21 39 Erwachsene mit KM Wirkung von Miltefosine-Lösung Reizung der Haut durch die Lösung, Trend zur Abnahme der Mastzellzahl
Akin et al. (2004) 23 Patient SM ohne D816V-KIT-Mutation Wirksamkeit von Imatinib Reduktion der Mastzelllast und der klinischen Symptomatik
Verstovsek et al. 26 33 Patienten mit SM Wirksamkeit von Dasatinib 140 – 200 mg/d 2 komplette Remissionen, 9 Patienten mit partieller Remission
Damaj et al. 27 2 Patienten mit SM Wirksamkeit von Thalidomid 100 – 300 mg/d Reduktion der Mastzelllast und der klinischen Symptomatik
Kluin-Nelemans et al. 28 2 Patienten mit SM Wirksamkeit von Lenalidomide 10 – 20 mg/d Kein Ansprechen auf die Therapie
Ref = Referenz, SM = systemische Mastozytose, KM = kutane Mastozytose, SIT = spezifische Immuntherapie.
Neues zur Prophylaxe und Therapie der Anaphylaxie
Neues zur Prophylaxe und Therapie der Anaphylaxie
Mastozytose und Anaphylaxie
Unabhängig vom Typ oder Ausprägungsgrad der Mastozytose können Patienten mit Mastozytose nach bestimmten Triggerfaktoren Symptome der Mastzell-Mediatorfreisetzung bis zur Anaphylaxie entwickeln [4 ]
[5 ]. Bei Erwachsenen wird die kummulative Inzidenz der Anaphylaxie bei 22 – 49 % angegeben, ohne diskriminierende phänotypische Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne Anaphylaxie [6 ]
[7 ]. Bei Kindern scheinen jedoch nur solche mit ausgeprägtem Hautbefall und erhöhten Tryptasewerten ein erhöhtes Risiko aufzuweisen [6 ]. Als häufigste Auslöser einer Anaphylaxie bei Patienten mit Mastozytose wurden von Patienten Insektenstiche, histaminfreisetzende Arznei- und Nahrungsmittel angegeben. Daneben werden jedoch auch Reaktionen ohne offensichtlichen Auslöser berichtet, wofür manchmal Summationsphänomene (z. B. Stress, Infekt, körperliche Anstrengung) bedeutend erscheinen [6 ].
Akuttherapie und Prophylaxe der Anaphylaxie bei Mastozytose
Patienten mit schockartigen Symptomen sollten analog zu den neuen Richtlinien der Anaphylaxietherapie behandelt werden [8 ]. Bei schweren Reaktionen muss sofort ein Notarzt verständigt werden. Die betroffenen Patienten sind allergologisch zu untersuchen [4 ]. Vorsorglich erhalten alle erwachsenen Patienten mit Mastozytose – auch solche, die bislang keine Anaphylaxie erlitten haben – einen Notfallausweis, aus dem allgemeine Vorsichtsmaßnahmen hervorgehen [4 ]. Wichtigste Maßnahme bei Patienten mit Mastozytose und Anaphylaxie ist die Meidung von Triggerfaktoren. Eine Diät ist normalerweise nicht erforderlich [3 ].
Alle erwachsenen Patienten sollten mit einem Notfallset versorgt werden, um schockartige Symptome sofort behandeln zu können. Dieses umfasst einen Adrenalin-Autoinjektor (Anapen oder Fastjekt 150 µg für Kinder ab 15 kg, 300 µg für Erwachsene oder Kinder ab 30 kg), ein Antihistaminikum (z. B. Dimetinden) und ein Kortikosteroid (z. B. Celestamine N 0,5 liquidum). Bei Kindern wurde kürzlich aufgrund der oben genannten Ergebnisse empfohlen, primär nur noch solche mit starkem Hautbefall (insbesondere mit Blasenbildung) und hohen Tryptasewerten zu versorgen [3 ]
[6 ]
[9 ].
Beispielsweise wurde empfohlen, vor Allgemeinanästhesie oder Kontrastmittelgabe eine antiallergische Vorbehandlung durchzuführen und diese Maßnahmen in Notfallbereitschaft vorzunehmen [3 ]. In einer Studie wurde die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei der Routineanästhesie von 22 Kindern mit Mastozytose am National Institute of Health untersucht [10 ]. In 29 anästhetischen Eingriffen, inklusive 24 Vollnarkosen und sieben Intubationen, traten nach einer ausführlichen Unverträglichkeitsanamnese und Wahl des anästhetischen Prozederes durch den Anästhesisten ohne zusätzliche Prämedikation nur 2 Fälle mit Flush und 4 Fälle mit Erbrechen und Übelkeit auf. Diese Daten zeigen, dass zumindest bei pädiatrischer Mastozytose eine Allgemeinanästhesie ohne wesentliche Probleme möglich ist, wenn die Mastozytose vorher bekannt ist und dementsprechende Vorkehrungen (Unverträglichkeitsanamnese, Auswahl des Prozederes, Notfallbereitschaft) getroffen werden. Es ist zu diskutieren, ob in dieser Studie durch die Anwendung einer Prämedikation die Häufigkeit für Erbrechen und Flush nicht noch hätte reduziert werden können.
Spezifische Immuntherapie bei Mastozytose
Patienten mit Insektengift-Allergie sind besonders gefährdet und müssen dringlich eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) erhalten [11 ]
[12 ]. Es wurde empfohlen, aufgrund des erhöhten Risikos für Therapieversagen bei Bienengiftallergie, und, falls weitere Risikofaktoren vorliegen, von vorneherein eine erhöhte Erhaltungsdosis (> 100 µg Insektengift) zu wählen [12 ]. Die spezifische Immuntherapie ist nach derzeitigem Kenntnisstand lebenslang durchzuführen [12 ]. Die Therapie wird zumeist ohne Probleme vertragen, auch wenn das Risiko für rezidivierende Unverträglichkeitsreaktionen während der Hyposensibilisierung und die Zahl der Therapieversager erhöht erscheint und in Einzelfällen schwere rezidivierende systemische Nebenwirkungen auftreten können [13 ]
[14 ]. Nur einzelne Überempfindlichkeitsreaktionen während der Insektengifthyposensibilisierung lassen sich nicht durch eine prophylaktische Therapie mit H1 - und H2 -Antihistaminika beherrschen. Bei solchen schweren rezidivierenden Überempfindlichkeitsreaktionen ohne Ansprechen auf eine prophylaktische Therapie konnte durch die Gabe von 300 mg Omalizumab von 4 Tagen bis einer Stunde vor der nächsten Injektion (in diesem Fall „nur” 100 µg Bienengift) das Auftreten solcher Reaktionen komplett unterdrückt werden [15 ]. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht universell erfolgreich: Bei einem anderen Patienten mit Bienengiftallergie ohne Mastozytose konnten die systemischen Reaktionen auf die Immuntherapie durch Omalizumab nicht unterdrückt werden [16 ].
Therapie anaphylaktoider Symptome durch Omalizumab
Die Gabe von 300 mg Omalizumab alle 4 Wochen führte auch bei zwei atopischen Patienten mit systemischer Mastozytose und idiopathischer Anaphylaxie ohne Ansprechen auf eine konventionelle Therapie zur Kontrolle der anaphylaktischen Episoden, und ein experimentelles Vorgehen erscheint in ähnlichen Fällen gerechtfertigt, bei denen die Standardtherapie mit hochdosierten Antihistaminika, Chromoglicinsäure und ggf. niedrigdosierten Kortikosteroiden versagt [17 ]. Im Gegensatz zur Studie von Kontou-Fili kam es bei diesen Patienten zu keiner Absenkung des Basis-Tryptasespiegels unter der Therapie [15 ]. Bei einem weiteren Patienten mit makulopapulöser kutaner Mastozytose mit Episoden von Atemnot, Herzrasen und Flush und Morbus Menière kam es unter einer Gabe von 150 mg Omalizumab alle 2 – 4 Wochen zu einer Sistierung von Übelkeit, Aufschwellung, Hautläsionen, Juckreiz und des Drehschwindels [18 ].
Topische Therapieoptionen der kutanen Mastozytose
Topische Therapieoptionen der kutanen Mastozytose
Bestehen aufgrund der Mastozytose keine oder nur geringe Beschwerden, ist keine dauerhafte systemische medikamentöse Therapie notwendig. Triggerfaktoren für eine Aufschwellung der Hautläsionen, insbesondere mechanische Reizung (z. B. Reiben), Wärme, Kälte und körperliche Anstrengung sollten je nach individueller Verträglichkeit gemieden werden. Für die Behandlung der Hautaufschwellungen verbunden mit Juckreiz werden primär nicht-sedierende H1 -Antihistaminika eingesetzt, bei schweren Fällen auch in erhöhten Dosierungen oder in Kombination mit sedierenden H1 -Antihistaminika zur Nacht. Unabhängig von der Symptomatik sind insbesondere weibliche Patienten häufig allein durch die massive kosmetische Beeinträchtigung stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Eine topische UV-Behandlung mit PUVA (Psoralen und UVA) und UVA1 führt, jedoch meist nur für einige Wochen bis Monate, zu einer Reduktion des Pruritus, Abblassen der Hautveränderungen und Besserung anderer Symptome [19 ]. Vor einer UV-Therapie sollte jedoch aufgrund der nur vorübergehenden Besserung und der Langzeitnebenwirkungen eine Nutzen-Risiko-Abwägung getroffen werden. Dieses gilt ebenso für die topische Applikation von potenten Kortikosteroiden, auch unter Okklusion, die zu einer Reduktion der Mastzellen an den behandelten Arealen und einem verringerten Aufschwellen der Läsionen führt. In einer neueren Studie kam es unter sechswöchiger Anwendung von 25 % verdünnter Fluticasonproprionat-Creme mit fett-feuchten Umschlägen bei Erwachsenen und Kindern mit kutaner Mastozytose zu einer partiellen Besserung des kosmetischen Ergebnisses bei 9 von 11 Patienten [20 ]. Aufgrund der zu erwartenden Atrophie, die insbesondere unter Okklusion oder mit fett-feuchten Umschlägen zu erwarten ist, sollte diese Therapie jedoch kritisch bewertet werden. Wir wenden topische Kortikosteroide nur temporär an kleinen Hautarealen wie einzelnen Mastozytomen mit Blasenbildung oder mit starken Hautaufschwellungen und teilweise Flushentwicklung an.
Die topische Applikation von Miltefosine, einem synthetischen Alkylphospholipid, könnte eine zukünftige Therapieoption für die Reduktion der Mastzellzahlen darstellen [21 ]. In einer Pilotstudie wurde zweimal täglich topisch mit Lösungen von Miltefosine, dem Kortikosteroid Clobetasol oder Plazebo-doppelblind behandelt und die Anzahl der Mastzellen in der Biopsie sowie die Anschwellung bei standardisierter Auslösung des Darier-Zeichens volumetrisch beurteilt. Die Therapie mit Miltefosine in Lösung führte zur Hauttrockenheit und zu juckenden ekzemätösen Läsionen, jedoch auch zu einer nicht-signifikanten Reduktion der Aufschwellung und der Mastzellzahlen in den behandelten Arealen. Falls durch andere Grundlagen ekzematöse Hautreaktionen vermieden werden können, könnte die Therapie mit Miltefosine eine interessante Therapieoption darstellen. Ansonsten könnte diese erste multizentrische Studie den Weg bahnen für weitere Studien zu topischen Therapieversuchen bei der kutanen Mastozytose.
Neues zur zytostatischen Therapie
Neues zur zytostatischen Therapie
Zytostatika werden nicht bei Patienten mit benignen Formen der Mastozytose (kutane Mastozytose, indolente systemische Mastozytose) angewendet, da nebenwirkungsarme Therapeutika zur symptomatischen Behandlung (z. B. H1 -Antihistaminika) zur Verfügung stehen und die zu erwartenden temporären positiven Veränderungen nicht gegenüber den potenziellen Nebenwirkungen der Zytostatika überwiegen. Bei Patienten in fortgeschrittenen Kategorien der systemischen Mastozytose, d. h. bei aggressiver Mastozytose, Mastozytose mit massiver assoziierter hämatologischer Erkrankung oder Mastzell-Leukämie, wurden zytoreduktive Therapien mit Interferon alpha, Tyrosinkinase-Inhibitoren, TNF-inhibierendem Thalidomid oder Lenalidomid, dem CD25-markierten Diphterietoxin Denileukin Diftitox oder allogene Knochenmarkstransplantation angewendet [22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ]
[26 ]
[27 ]
[28 ]. Die Gabe von NFκB-Inhibitoren und Inhibitoren des Heat-Shock-Proteins 90 (HSP90) werden durch die mangelnde Spezifität und Toxizität der Medikamente limitiert [29 ]
[30 ]. Wesentliche neue Therapieoptionen sind in [Abb. 2 ] dargestellt.
Der Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib wirkt aufgrund einer sterischen Wechselwirkung nicht oder nur sehr gering bei Patienten mit D816V-KIT-Mutation, die bei den meisten Patienten mit Mastozytose vorliegt [22 ]. Nur bei Patienten mit ungewöhnlichen Mutationen in anderen Regionen von KIT führte Imatinib zu einer Reduktion der Mastzellzahl und Besserung der klinischen Symptome [23 ]. Neue Tyrosinkinase-Inhibitoren befinden sich im Stadium der klinischen Prüfung und erste Ergebnisse wurden veröffentlicht. Die tägliche Gabe von bis zu 200 mg Dasatinib, einem Src/Abl-Kinase-Inhibitor, führte bei 33 % der Patienten mit systemischer Mastozytose zu einem Ansprechen [26 ]. Eine temporäre komplette Remission für 5 und 16 Monate wurde nur bei zwei Patienten mit D816V-negativer systemischer Mastozytose und Myelofibrose bzw. chronisch eosinophiler Leukämie erzielt. Weitere 9/33 Patienten zeigten ein partielles symptomatisches Ansprechen von 3 bis über 18 Monate Dauer. Ein partielles Ansprechen bei einem Patienten mit Mastzell-Leukämie wurde ebenfalls auf den Tyrosinkinase-Inhibitor PKC412 berichtet [31 ]. Dennoch verstarb der Patient nach drei Monaten an einer Progression in eine akute myeloische Leukämie. Für den Tyrosinkinase-Inhibitor AMN107 zeigte sich ein Ansprechen bei 13 % der behandelten Patienten mit systemischer Mastozytose [32 ].
Als weitere Therapieansätze bei Patienten mit Mastozytose und assoziierter hämatologischer Erkrankung, aggressiver Mastozytose oder Mastzell-Leukämie wurden eine Knochenmarkstransplantation, Thalidomid, Lenalidomid und Denileukin Diftitox bei einzelnen Patienten und in Fallserien versucht. Knochenmarktransplantationen führten bei Patienten mit schwerer systemischer Mastozytose zu unterschiedlichem Ansprechen von kompletter Remission bis zur Progression. Eine nicht-ablative Knochenmarkstransplantation führte zu partiellem Ansprechen und steht als Therapieoption zur Verfügung, zeigte aber keinen Langzeiterfolg [33 ].
Bei zwei Patienten mit systemischer Mastozytose und Anämie und Thrombozytopenie bzw. myeloproliferativer Erkrankung wurde nach Gabe von 100 – 300 mg und 150 – 200 mg Thalidomid pro Tag von einem guten klinischen Ansprechen auf die Therapie über einen Zeitraum von 6 – 9 Monaten mit Abfall der Tryptasespiegel, Reduktion der Hepatosplenomegalie und weitgehender Normalisierung der Blutdyskrasien berichtet [27 ]. Die Therapie mit 10 – 20 mg Lenalidomid pro Tag über 3 Wochen und einer Woche Therapiepause führte jedoch in einer anderen Studie nach 5 – 6 Zyklen bei zwei Patienten zu keiner Besserung der Symptomatik oder der Knochenmarksinfiltration, bei einem Patienten hingegen zu Neutropenie, Fieber und Thrombozytopenie [28 ]. Die Diskrepanz zwischen dem unterschiedlichen Ansprechen auf Thalidomid und Lenalidomid in diesen Fallberichten kann nicht erklärt werden, da Lenalidomid eine Nachfolgesubstanz von Thalidomid darstellt und allgemein als effektiver angesehen wird.
Bei acht Patienten mit SM wurde mit 9 – 18 µg/kg/d Denileukin Diftitox an fünf aufeinander folgenden Tagen mit einem Median von sechs Zyklen alle 21 Tage behandelt [25 ]. Alle Patienten zeigten kein Ansprechen auf die Therapie, weder klinisch noch in der Knochenmarksbiopsie.
Es gibt Hinweise aus In-vitro-Experimenten, dass eine Kombination verschiedener zytostatischer Medikamente, z. B. den Tyrosinkinase-Inhibitoren Dasatinib und PKC412, ein verbessertes Ansprechen auf die Reduktion der Mastzellzahlen zeigt [34 ]. Zusammenfassend bleibt die Mastozytose eine nicht heilbare Erkrankung, bei der je nach Beschwerden des individuellen Patienten primär symptomatisch therapiert wird. Neue Erkenntnisse zur Anaphylaxie bei Mastozytose helfen bei der Aufklärung und Versorgung von Patienten durch Identifikation von Risikopatienten, Abschätzung des Risikos bei operativen Eingriffen, Möglichkeit der spezifischen Immuntherapie und der Behandlung anaphylaktischer Reaktionen mit Anti-IgE-Antikörpern. Es wird intensiv an der Entwicklung von topischen Therapeutika für die Behandlung der kutanen Mastozytose sowie an systemischen Medikamenten zur Behandlung aggressiver Mastozytoseformen gearbeitet, sodass sich in den nächsten Jahren voraussichtlich neue Behandlungsoptionen ergeben werden.
Abb. 2 Neue Ansatzpunkte zur zytoreduktiven Therapie der systemischen Mastozytose.