Fallbericht
Der 40 Jahre alte Patient litt seit etwa 15 Jahren an einer chronisch-paranoiden Psychose. Aufgrund seines ausgeprägt fremdaggressiven Verhaltens musste er letztlich in der forensischen Psychiatrie untergebracht werden. Es besteht ein langjähriger Nicotinabusus. Weitere relevante Vorerkrankungen sind nicht bekannt.
In den letzten Wochen war vermehrt produktiver Husten aufgetreten. Verschiedene Antibiotikatherapien erbrachten keine wesentliche Besserung. Ein Aspirationsgeschehen war dem Patienten nicht erinnerlich und wurde auch nicht beobachtet.
Vier Wochen vor der Aufnahme in unserer Abteilung wurde ein thorakales Computertomogramm angefertigt. Es wurde eine rechts-hiläre Raumforderung mit Einengung des zentralen rechten Bronchialsystems sowie einer Teilatelektase des Mittellappens dokumentiert. Zwei Wochen später erfolgte eine ambulante Bronchoskopie mit Darstellung eines den rechten Hauptbronchus okkludierenden Fremdkörpers. Bei der Untersuchung entleerte sich reichlich gelblich-rahmiges Sekret. Der zunehmend agitierte Patient beendigte schließlich die Bronchoskopie selbst.
Bei der stationären Aufnahme präsentierte sich der Patient in einem stabilen, aber leicht reduzierten Allgemeinzustand in Begleitung zweier Pfleger der psychiatrischen Abteilung. Die Sprache war weitgehend unartikuliert, intermittierend brüllte der Patient und war sehr agitiert, sodass teilweise eine Fixierung mit Handschellen erforderlich war.
Der Blutdruck betrug 120 / 70 mm Hg, die Pulsfrequenz 88/min, regelmäßig. Die Atemfrequenz lag bei 16/min. Es bestand keine Lippenzyanose. Über den Lungen war seitengleich ein vesikuläres Atemgeräusch zu auskultieren. Der Klopfschall war sonor. Insbesondere über dem basalen Drittel des rechten Hemithorax waren bronchitische Fremdgeräusche hörbar. Der übrige internistische Untersuchungsbefund war unauffällig.
Das Aufnahmelabor zeigte normale Gerinnungswerte, ein leicht erhöhtes Kreatinin (1,3 mg/dl), Leukozyten 4,2 × 103/µl und CRP 13 mg/l.
Das Röntgenbild des Thorax p. a. und seitlich rechts anliegend dokumentierte den rechten Hilus basal akzentuiert sowie eine Zeichnungsvermehrung im Bereich des Mittellappens. Der rechte Hauptbronchus erschien proximal okkludiert ([Abb. 1]).
Eine Blutgasanalyse (Kapillarblut aus dem Ohrläppchen) ohne O2-Zufuhr ergab die folgenden Werte: pH 7,44, pCO2 44,7 mmHg, pO2 57,1 mmHg, Base Excess 5,3 mmol/L, sO2 91,6 %.
Das EKG zeigte eine Sinusbradykardie von 47’/min bei Steiltyp sowie eine unauffällige Erregungsausbreitung und -rückbildung.
Am Morgen der stationären Aufnahme erfolgte zunächst unter Gabe von Propofol eine orientierende flexible Bronchoskopie mit Darstellung einer von einem blauen Rand umgebenen Erbse im proximalen rechten Hauptbronchus mit subtotaler Stenose. Nebenbefundlich war eine mittelgradige chronische Bronchitis mit geringer Schleimhautrötung zu verzeichnen.
Der Patient wurde sodann starr intubiert und der Fremdkörper mittels einer Krokodilzange erfasst. Nach Entfernung entpuppte sich der Fremdkörper als ein Spielhütchen aus Plastik, in dessen hohler Basis sich zusätzlich eine Erbse befand ([Abb. 2 4]).
Nach der Fremdkörperentfernung entleerte sich erwartungsgemäß eine größere Menge gelbliches Sekret. Bei der anschließenden Inspektion war der rechte Hauptbronchus einschließlich aller Segmentbronchien normal konfiguriert darstellbar.
Eine halbe Stunde nach dem Eingriff befand sich der Patient wieder in seinem üblichen Zustand und wurde in die forensische Abteilung zurückverlegt. Über 10 Tage wurde eine Therapie mit Amoxicillin und Clavulansäure verabreicht.
Die Fremdkörperaspiration ist insbesondere im Kindesalter eine häufigere pneumologische Diagnose. Im Erwachsenenalter kommt es insbesondere bei Vigilanzstörungen (z. B. bei Alkoholintoxikation, Drogen- oder Medikamenteneinnahme im Rahmen eines Krampfanfalles, Synkopen, Schädel-Hirn-Trauma) sowie bei Erbrechen insbesondere in Rückenlage zu Aspirationen. Akzidenzielle oder auch bewusste Fremdkörperaspirationen treten insbesondere bei Patienten mit psychiatrischen Grunderkrankungen gehäufter auf.
Aufgrund der anatomischen Verhältnisse erfolgt eine Fremdkörperaspiration häufiger in das rechte Bronchialsystem.
Die wichtigsten Komplikationen sind die Asphyxie durch Verlegung der zentralen Atemwege, (rezidivierende) Pneumonien und/oder Atelektasen.
Die Entfernung des Fremdkörpers erfolgt üblicherweise über eine starre Bronchoskopie, wie auch bei dem beschriebenen Patienten. Lediglich bei kleineren, nicht scharfen oder spitzen Fremdkörpern kann über eine flexible Bronchoskopie mit entsprechendem Instrumentarium eine Extraktion versucht werden [1]
[2]
[3]
[4].
Die Besonderheit des beschriebenen Falles liegt in der offensichtlich konsekutiven Aspiration zweier Fremdkörper in den rechten proximalen Hauptbronchus.
Abb. 1 a Röntgen Thorax p. a. und b seitlich rechts anliegend.
Abb. 2 Fremdkörper im proximalen rechten Hauptbronchus.
Abb. 3 Distaler Bronchus Intermedius nach Fremdkörperextraktion.
Abb. 4 Fremdkörper.
Interessenkonflikte
Es besteht kein Interessenkonflikt.