Der Klinikarzt 2009; 38(3): 155
DOI: 10.1055/s-0029-1220163
Forum der Industrie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Antibiotika in der Intensivmedizin - Problemkeime oft inadäquat behandelt

Further Information

Publication History

Publication Date:
30 March 2009 (online)

 
Table of Contents

Beatmete Patienten auf der Intensivstation sind eine Hochrisikogruppe für Pneumonien. Neuere Studien zeigen hierzu, dass insbesondere Infektionen mit Staph. aureus mit dem Panton-Valentin-Leucocidin-Toxin wenig adäquat behandelt werden, beklagte Prof. Klaus Unertl, Tübingen. Die hohe Letalität bei multiresistenten Pneumonien sieht er auch als Folge einer - hier nicht indizierten - empirischen Monotherapie.

#

Wechselnde Initialtherapie reduziert Resistenzrisiko

Gerade bei multiresistenten Pneumonien ist laut Unertl eine initiale Kombinationstherapie angezeigt, bevor man das genaue Antibiogramm kennt. Diese - für ihn banale Erkenntnis - wird in der Praxis jedoch zu oft vernachlässigt. Zur Prävention einer Selektion hochresistenter Keime auf der Intensivstation sollte neben einem aufmerksameren Patientenmanagement - Screening und prophylaktische Isolierung, schnellere Verlegung - auch das aktuelle Keimspektrum und der Antibiotikaeinsatz auf der Station regelmäßig kritisch überprüft werden. Dazu gehört auch die Reduktion des Antibiotikaverbrauches. "Bei einer hohen Prävalenz resistenter Erreger kann die gezielte Restriktion bestimmter Antibiotika das Risiko eines Therapieversagens vermindern", so Prof. Wolfgang Krüger, Konstanz.

Der regelmäßige Wechsel der Initialtherapie trägt dazu bei, das Resistenzrisiko zu vermindern. Allerdings ist die Auswahl unter den Substanzklassen nicht sehr groß, gab Krüger zu. Auch ist der Selektionsdruck verschiedener Substanzklassen (Cephalosporine, Penicilline) ähnlich. Ein Wechsel von Cefpirom über Piperacillin/Tazobactam zu Levofloxazin begünstigt beispielsweise eine Resistenz gramnegativer Erreger. Unklar ist oft auch, wie lange das Antibiotikum gegeben werden sollte. Weniger ist hier manchmal mehr, so Krügers Erfahrung.

#

Gezielter Einsatz neuer Substanzen

Zur Anpassung der infektiologischen Therapie an aktuelle Risikofaktoren gehört auch der gezielte Einsatz und rationale Umgang mit neuen Substanzen, so Prof. Tobias Welte, Hannover. Eine der neuen Waffen auch gegen multiresistente Erreger ist Tigecyclin (Tygacil®). Es besitzt ein besonders breites Wirkspektrum gegen grampositive und gramnegative, aerobe und anaerobe sowie atypische Erreger als auch gegen multiresistente Keime. Bei komplizierten intraabdominellen oder komplizierten Haut- und Weichgewebeinfektionen erwies sich Tigecyclin in Vergleichsstudien als ebenso wirksam wie Imipenem/Cilastin bzw. Vancomyzin plus Aztreonam. Glycylcycline sind in der Lage, zwei wichtige Resistenzmechanismen - Effluxpumpen und ribosomale Schutzmechanismen - zu umgehen. Effluxpumpen bewirken ein schnelles Herauspumpen des Antibiotikums aus den Bakterien, womit die Wirksamkeit des Antibiotikums erheblich sinkt.

Dr. Alexander Kretzschmar, München

Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "Antibiotika-Therapie im Wandel!" im Rahmen des 19. Symposiums Intensivmedizin & Intensivpflege, Bremen, 19. Februar 2009. Veranstalter: Wyeth Pharma GmbH, Münster

Der Autor ist freier Journalist