Pneumologie 2009; 63(4): 189
DOI: 10.1055/s-0029-1220601
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COPD - Verhindern Antibiotika eine Exazerbation?

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Publication Date:
08 April 2009 (online)

 
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Die Richtlinien zur Exazerbationstherapie bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sind uneinheitlich. Der Nutzen einer Behandlung mit Antibiotika als Ergänzung zu Kortikosteroiden wird in verschiedenen Studien unterschiedlich beurteilt. Welchen Einfluss eine Exazerbationstherapie mit Antibiotika auf das Risiko für einen Rückfall hat, untersuchten B.M. Roede et al. Thorax 2008; 63: 968–973

Die Daten der niederländischen Arbeitsgruppe stammen aus der Pharmo-Datenbank, die mehr als 2 Mio. Patienten im stationären und ambulanten Bereich erfasst hat. Bei 18 928 Patienten über 50 Jahren, die b-Agonisten, orale Kortikosteroide oder Anticholinergika einnahmen, wurden die Intervalle zwischen den Exazerbationen ihrer COPD in Abhängigkeit von einer Antibiotikatherapie bestimmt.

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Etwa die Hälfte der Patienten erhielt Antibiotika

Bei der ersten Exazerbation, die durchschnittlich 754 Tage nach Studieneinschluss auftrat, erhielten 48 % der Patienten ausschließlich orale Kortikosteroide und 52 % eine Kombination mit Antibiotika. Dabei handelte es sich überwiegend um Doxycyclin (41 %), Penicilline (37 %), Makrolide (20 %) und Fluorochinolone (3 %), die überwiegend von den Hausärzten verordnet wurden (72 %). Die Gruppen mit und ohne Antibiotika unterschieden sich nicht hinsichtlich ihres Alters, der Geschlechtsverteilung oder der Häufigkeit von Begleiterkrankungen.

Es zeigt sich, dass Patienten mit der Kombinationstherapie häufiger eine Dauertherapie mit inhalativen Kortikosteroiden erhielten und vor der Studie seltener Krankenhausaufenthalte hatten. Die Zeit zwischen erster und zweiter Exazerbation der COPD war nach der Kombinationsbehandlung verlängert. Patienten, die ausschließlich Kortikosteroide bekamen, erlitten nach durchschnittlich 321 Tagen einen Rückfall. Das Intervall betrug in der Antibiotikagruppe 418 Tage. Nach einem Jahr erlitten 48% der Patienten mit Kombinationstherapie keine neue Exazerbation (vs. 54 % der Patienten mit reiner Kortikosteroidtherapie). Das Intervall zwischen den Rückfällen war für alle Antibiotika nicht wesentlich verschieden, mit Ausnahme der Fluorochinolone (329 vs. 414–431 Tage).

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Mortalität nach Kombinationstherapie geringer

Unter Berücksichtigung anderer Einfluss-variablen (Alter, Komorbidität etc.) war die Mortalität nach der Kombinationsbehandlung geringer (4,8 vs. 6,4 %; Hazard Ratio 0,82). Der Abstand bis zu einer weiteren Exazerbation war noch stärker von einer vorangegangenen Antibiotikatherapie beeinflusst. Ein 6-monatiges rückfallfreies Intervall erreichten 57 vs. 42 %, die während der zweiten Episode ausschließlich Kortikosteroide erhalten hatten.

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Fazit

Die Exazerbationstherapie einer COPD mit oralen Kortikosteroiden plus Antibiotika reduzierte die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall und das Zeitintervall bis zu seinem Auftreten. Um eine Übertherapie zu vermeiden, sollten weitere Untersuchungen prüfen, welche Patienten von der Kombinationsbehandlung profitieren, so die Autoren.

Dr. Susanne Krome, Melle

Erstveröffentlichung in: Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 2494

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Kommentar zur Studie

Eine COPD-Exazerbation ist der beste Prädiktor für eine weitere. In Abhängigkeit von Häufigkeit und Schwere verschlechtert sich die Prognose der Patienten. Alle inhalativen in der COPD-Therapie eingesetzten langfristig wirksamen Pharmaka (außer Theophyllin) besitzen mehr oder weniger einen exazerbationsprotektiven Effekt. In der referierten niederländischen Datenbankanalyse wurde nun untersucht, ob auch eine im Rahmen einer Exazerbation durchgeführte Antibiotikabehandlung eine präventive Wirkung besitzt. Die Patienten wurden entsprechend ihrer Therapie in eine systemische Steroid- und eine Antibiotikagruppe (+ Kortikosteroidthera-pie) unterteilt, wobei Antibiotika das Auftreten einer zweiten Exazerbation im Mittel um 100 Tage und auch subsequente Notfallsituationen signifikant verzögerten. Die Studie ist insofern interessant, als der klinische Nutzen des Einsatzes einer antibakteriellen Therapie bei der COPD-Exazerbation nur unter bestimmten Bedingungen (z. B. bei putridem Sputum) belegt und auch dann nicht unumstritten ist.

Diese Analyse weist auf einen möglichen Nutzen eines solchen Ansatzes bei gleichzeitiger systemischer Kortikoste-roidtherapie hin. Da Datenbank- und Metaanalysen Hypothesen nicht zweifelsfrei belegen, sondern nur generieren können, müsste jetzt in einer prospektiven Placebo-kontrollierten Studie die Richtigkeit dieses Ergebnisses überprüft werden. Zudem wäre zu überprüfen, unter welchen klinischen Voraussetzungen (z. B. putrides Sputum, Fieber, welches Antibiotikum, Therapielänge, COPD-Schweregrad) sich ein solcher positiver Effekt einstellt bzw. wann eine Antibiotikatherapie bei der Exazerbation keinen Effekt hat.

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Prof. A. Gillissen, Robert-Koch-Klinik, Thoraxzentrum des Klinikums St. Georg, Leipzig

 
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Prof. A. Gillissen, Robert-Koch-Klinik, Thoraxzentrum des Klinikums St. Georg, Leipzig