Die Richtlinien zur Exazerbationstherapie bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung
(COPD) sind uneinheitlich. Der Nutzen einer Behandlung mit Antibiotika als Ergänzung
zu Kortikosteroiden wird in verschiedenen Studien unterschiedlich beurteilt. Welchen
Einfluss eine Exazerbationstherapie mit Antibiotika auf das Risiko für einen Rückfall
hat, untersuchten B.M. Roede et al. Thorax 2008; 63: 968–973
Die Daten der niederländischen Arbeitsgruppe stammen aus der Pharmo-Datenbank, die
mehr als 2 Mio. Patienten im stationären und ambulanten Bereich erfasst hat. Bei 18
928 Patienten über 50 Jahren, die b-Agonisten, orale Kortikosteroide oder Anticholinergika
einnahmen, wurden die Intervalle zwischen den Exazerbationen ihrer COPD in Abhängigkeit
von einer Antibiotikatherapie bestimmt.
Etwa die Hälfte der Patienten erhielt Antibiotika
Etwa die Hälfte der Patienten erhielt Antibiotika
Bei der ersten Exazerbation, die durchschnittlich 754 Tage nach Studieneinschluss
auftrat, erhielten 48 % der Patienten ausschließlich orale Kortikosteroide und 52
% eine Kombination mit Antibiotika. Dabei handelte es sich überwiegend um Doxycyclin
(41 %), Penicilline (37 %), Makrolide (20 %) und Fluorochinolone (3 %), die überwiegend
von den Hausärzten verordnet wurden (72 %). Die Gruppen mit und ohne Antibiotika unterschieden
sich nicht hinsichtlich ihres Alters, der Geschlechtsverteilung oder der Häufigkeit
von Begleiterkrankungen.
Es zeigt sich, dass Patienten mit der Kombinationstherapie häufiger eine Dauertherapie
mit inhalativen Kortikosteroiden erhielten und vor der Studie seltener Krankenhausaufenthalte
hatten. Die Zeit zwischen erster und zweiter Exazerbation der COPD war nach der Kombinationsbehandlung
verlängert. Patienten, die ausschließlich Kortikosteroide bekamen, erlitten nach durchschnittlich
321 Tagen einen Rückfall. Das Intervall betrug in der Antibiotikagruppe 418 Tage.
Nach einem Jahr erlitten 48% der Patienten mit Kombinationstherapie keine neue Exazerbation
(vs. 54 % der Patienten mit reiner Kortikosteroidtherapie). Das Intervall zwischen
den Rückfällen war für alle Antibiotika nicht wesentlich verschieden, mit Ausnahme
der Fluorochinolone (329 vs. 414–431 Tage).
Mortalität nach Kombinationstherapie geringer
Mortalität nach Kombinationstherapie geringer
Unter Berücksichtigung anderer Einfluss-variablen (Alter, Komorbidität etc.) war die
Mortalität nach der Kombinationsbehandlung geringer (4,8 vs. 6,4 %; Hazard Ratio 0,82).
Der Abstand bis zu einer weiteren Exazerbation war noch stärker von einer vorangegangenen
Antibiotikatherapie beeinflusst. Ein 6-monatiges rückfallfreies Intervall erreichten
57 vs. 42 %, die während der zweiten Episode ausschließlich Kortikosteroide erhalten
hatten.
Fazit
Fazit
Die Exazerbationstherapie einer COPD mit oralen Kortikosteroiden plus Antibiotika
reduzierte die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall und das Zeitintervall bis zu
seinem Auftreten. Um eine Übertherapie zu vermeiden, sollten weitere Untersuchungen
prüfen, welche Patienten von der Kombinationsbehandlung profitieren, so die Autoren.
Dr. Susanne Krome, Melle
Erstveröffentlichung in: Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 2494
Kommentar zur Studie
Kommentar zur Studie
Eine COPD-Exazerbation ist der beste Prädiktor für eine weitere. In Abhängigkeit von
Häufigkeit und Schwere verschlechtert sich die Prognose der Patienten. Alle inhalativen
in der COPD-Therapie eingesetzten langfristig wirksamen Pharmaka (außer Theophyllin)
besitzen mehr oder weniger einen exazerbationsprotektiven Effekt. In der referierten
niederländischen Datenbankanalyse wurde nun untersucht, ob auch eine im Rahmen einer
Exazerbation durchgeführte Antibiotikabehandlung eine präventive Wirkung besitzt.
Die Patienten wurden entsprechend ihrer Therapie in eine systemische Steroid- und
eine Antibiotikagruppe (+ Kortikosteroidthera-pie) unterteilt, wobei Antibiotika das
Auftreten einer zweiten Exazerbation im Mittel um 100 Tage und auch subsequente Notfallsituationen
signifikant verzögerten. Die Studie ist insofern interessant, als der klinische Nutzen
des Einsatzes einer antibakteriellen Therapie bei der COPD-Exazerbation nur unter
bestimmten Bedingungen (z. B. bei putridem Sputum) belegt und auch dann nicht unumstritten
ist.
Diese Analyse weist auf einen möglichen Nutzen eines solchen Ansatzes bei gleichzeitiger
systemischer Kortikoste-roidtherapie hin. Da Datenbank- und Metaanalysen Hypothesen
nicht zweifelsfrei belegen, sondern nur generieren können, müsste jetzt in einer prospektiven
Placebo-kontrollierten Studie die Richtigkeit dieses Ergebnisses überprüft werden.
Zudem wäre zu überprüfen, unter welchen klinischen Voraussetzungen (z. B. putrides
Sputum, Fieber, welches Antibiotikum, Therapielänge, COPD-Schweregrad) sich ein solcher
positiver Effekt einstellt bzw. wann eine Antibiotikatherapie bei der Exazerbation
keinen Effekt hat.
Prof. A. Gillissen, Robert-Koch-Klinik, Thoraxzentrum des Klinikums St. Georg, Leipzig