Psychiatr Prax 2009; 36(2): 100
DOI: 10.1055/s-0029-1220835
Mitteilungen der BDK

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Mitteilungen aus der Bundeskonferenz Deutscher Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie (BDK)

Weitere Informationen
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Dr. med. Thomas Kuhlmann

Psychosomatische Klinik Bergisch Gladbach

Schlodderdicher Weg 23a

51469 Bergisch Gladbach

eMail: thkuhlmann@psk-bg.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. April 2009 (online)

 
Inhaltsübersicht

Verantwortlich für diese Rubrik: Manfred Wolfersdorf, Bayreuth; Iris Hauth, Berlin

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20. Jahrestagung des Suchtausschusses der Bundesdirektorenkonferenz psychiatrischer Krankenhäuser (BDK), 29.-30. Januar 2009 in der LWL-Klinik Gütersloh

Die Jubiläumstagung des Suchtausschusses in Gütersloh stand unter dem Thema "Suchtpsychiatrische Diagnostik und therapeutische Strategien". In ihrem Grußwort betonte die LWL-Krankenhausdezernentin Frau Schuhmann-Wessolek die Relevanz des Tagungsthemas und wies auf diesbezügliche Aktivitäten und therapeutische Angebote der LWL-Kliniken hin. Frau Bürgermeisterin Unger und Herr Landrat Adenauer hoben die Bedeutung wohnortnaher und differenzierter Hilfsangebote für suchtkranke Bürger auf kommunaler Ebene hervor. Dr. Fleischmann, Vorsitzender des Suchtausschusses, unterstrich die Aktualität der Bedeutung suchtpsychiatrischer Behandlung gerade in Zeiten des Umbruchs innerhalb des Gesundheitswesens. Prof. Kruse, Hannover, widmete sich in seinem eloquent und selbstironisch vorgetragenen Beitrag der Bedeutung der Komorbidität für die Suchtkrankenbehandlung aus psychiatrischer Sicht und setzte sich mit der in den letzten beiden Jahrzehnten erreichten Weiterentwicklung der suchtpsychiatrischen Versorgung auseinander, insbesondere hinsichtlich spezifischer Behandlungsangebote für psychiatrisch komorbide Patienten und hinterfragte den Spannungsbogen zwischen notwendiger suchtpsychiatrischer Diagnostik und Einbeziehung der Gesamtsituation des Patienten in der praktischen Versorgung. PD Dr. Reymann, Dortmund, erörterte die Bedeutung pharmakotherapeutischer Interventionen im Rahmen multidimensionaler Suchtbehandlung, analysierte den veränderten Stellenwert pharmakotherapeutischer Behandlungsstrategien und unterstrich die Notwendigkeit differenzierter Indikationsstellung. Das auf der letzten Jahrestagung erstmals und erfolgreich erprobte Praxisforum wurde an beiden Kongresstagen fortgesetzt, zunächst unter der Moderation von Dr. Behrendt, Hamburg, zum Thema "Komorbidität und Sucht". Dr. Kienast, Berlin, stellte den theoretischen Hintergrund und die praktische Handhabung eines suchtspezifisch ausgerichteten DBT-Konzepts (DBTs) für Borderline-Patienten vor. Dr. Schäfer, Hamburg, widmete sich der Aufgabe traumatisierungsgeprägte Suchtkranke in die Behandlung einzubeziehen auf Grundlage des traumaspezifischen "seeking safety"-Ansatzes von Najavits. Dr. Wächtler, Hamburg, sprach über altersbedingte Störungen und Sucht, unterstrich dessen zunehmende Relevanz in der allgemeinmedizinischen, jedoch auch geronto- und suchtspezifischen Versorgung und benannte die Eckpunkte qualifizierter Behandlungsinterventionen und -strategien.

Zu Beginn des zweiten Kongresstages referierte Frau Höchstetter, DKG, über das neue Entgeltsystem in voll- und teilstationärer Behandlung in Psychiatrie und Psychosomatik. Der sich aus den politischen Vorgaben ergebende enge Zeitplan bedeutet, dass bis Ende 2009 die entscheidenden Weichenstellungen vollzogen sein müssen, dieses auf Tagespauschalen beruhende und an der DRG-Systematik orientierte neue Entgeltsystem in die Praxis umgesetzt und dann bundesweit zunächst budgetneutral eingeführt werden wird. Über Berücksichtigung der PsychPV-Eingruppierung und der ICF soll die psychosoziale Dimension psychiatrischer Störungsbilder und Behandlungskonzepte miterfasst werden. Die Referentin forderte nachdrücklich zu frühzeitiger Auseinandersetzung und engagierter Beteiligung an dem Einführungsprozess auf, um die erforderliche Berücksichtigung der Behandlung suchtkranker Patienten sicherzustellen. Im Rahmen des von Dr. Kuhlmann/Bergisch Gladbach, moderierten zweiten Praxisforum stellte Dr. Kemper, Gütersloh und Gastgeber der Tagung, den Community Reinforcement Approach vor als sozialpsychiatrisch fundierten evidenzbasierten Behandlungsansatz. Professor Längle, Zwiefalten, referierte über das Ulmer Versorgungsmodell, welches eine integrative multidimensionale Behandlungsplanung und Betreuung Suchtkranker unter Einbeziehung verschiedener Träger unter einem Dach vorhält zulasten unterschiedlicher Kostenträger. Dr. Härtel, Wildenfeld, skizzierte die Bedeutung der Glücksspielsucht im Rahmen suchtpsychiatrischer Versorgung und erläuterte diesbezüglich Erfahrungen mit spezifischen Behandlungsstrategien. Dr. Geiselhart, Stuttgart, stellte ein Konzept zur Sicherstellung psychiatrischer Mitbehandlung komorbider suchtkranker Patienten im Rahmen einer eng verzahnten Kooperation zwischen Schwerpunktpraxis und suchtpsychiatrischer Institutsambulanz vor.

In seinem Abschlussbeitrag skizzierte Dr. Fleischmann die Entwicklung seit der ersten Tagung des Suchtausschusses 1989 in Klingenmünster, verwies auf die Aktualität damaliger Schwerpunkte wie psychiatrische Komorbidität Suchtkranker oder Zweiteilung des Suchthilfesystems und die erreichten Fortschritte z.B. hinsichtlich Akzeptanz der Suchtkrankenbehandlung sowohl innerhalb der Psychiatrie als auch der Allgemeinmedizin. Er betonte die Bedeutung des neuen Entgeltsystems als aktueller Herausforderung mit überragender Bedeutung für das gesamte Versorgungssystem sowohl der Psychiatrie als auch der Suchtkrankenbehandlung.

Die gut organisierte und besuchte Tagung war geprägt durch intensive und praxisnahe Debatten, vor allem die erneut durchgeführten Praxisforen wurden positiv aufgenommen. Die Auseinandersetzung mit den Strukturen des neuen Vergütungssystems und die angemessene Einbeziehung der Suchtpsychiatrie wird zukünftige Tagungen und konzeptionelle Diskussionen mitprägen, die aktive Beteiligung des Suchtausschusses an der Entwicklung und praktischen Umsetzung dieses neuen Entgeltsystems ist ein wichtiges Signal.

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Dr. med. Thomas Kuhlmann

Psychosomatische Klinik Bergisch Gladbach

Schlodderdicher Weg 23a

51469 Bergisch Gladbach

eMail: thkuhlmann@psk-bg.de

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Dr. med. Thomas Kuhlmann

Psychosomatische Klinik Bergisch Gladbach

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