Der Klinikarzt 2009; 38(4): 202
DOI: 10.1055/s-0029-1222528
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Empirisch oder präemptiv behandeln? - Antimykotika bei Verdacht auf invasive Pilzinfektion weiterhin gerechtfertigt

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30 April 2009 (online)

 
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Invasive Pilzinfektionen sind bei Patienten mit hämato-onkologischen Erkrankungen, die sich einer aggressiven Therapie unterziehen müssen, weiterhin eine der wichtigsten Komplikationen. In einer großen epidemiologischen Studie bei hämato-onkologischen Patienten in Europa ermittelten Pagano et al. (2006, 2007) eine Inzidenz von 2,6 % für die Aspergillose und von 1,5 % für die Candidose sowie eine durchschnittliche Gesamtletalität von 42 bzw. 32 %. Aspergillosen können noch später als 180 Tage nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation auftreten (Marr, 2002), wie Prof. Hamdi Akan, Ankara, bemerkte.

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Empirische Therapie: Beginn bei Verdacht auf invasive Mykose

Aufgrund der hohen Morbidität und Letalität manifester invasiver Mykosen wurde die sogenannte empirische Therapiestrategie entwickelt, bei der die Behandlung mit Antimykotika bereits dann begonnen wird, wenn der Verdacht auf eine invasive Mykose besteht, aber noch kein Nachweis möglich ist. Dies kommt nur für Patienten mit hohem Risiko für invasive Mykosen infrage, typischerweise neutropenische Patienten mit anhaltendem Fieber, die auf Breitspektrum-Antibiotika nicht angesprochen haben. Einer Metaanalyse von Klastersky et al. (2007) zufolge kam es in klinischen Studien bei Patienten mit persistierender Neutropenie, die keine empirische Therapie erhalten hatten, in 18-45 % der Fälle zu einer invasiven Pilzinfektion, während die Rate von Durchbruchinfektionen unter empirischer Antimykotikatherapie bei maximal 3 % lag.

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Leitlinie empfiehlt 2 Antimykotika für empirische Therapie

Die evidenzbasierte ECIL (European Conference on Infections in Leukaemia)-Leitlinie hat in ihren Empfehlungen für die empirische Therapie (Marchetti, 2007) nur 2 Antimykotika die höchste Empfehlungs- und Evidenzstufe A-I zugesprochen, Caspofungin und liposomalem Amphotericin B (L-AmB). Das Echinocandin-Antimykotikum Caspofungin (CancidasTM) hat sich in der bislang größten Studie zur empirischen Antimykotikatherapie als insgesamt vergleichbar wirksam wie L-AmB erwiesen, wurde aber sehr viel besser vertragen (Walsh, 2004). Zudem zeigten die Caspofungin-Behandelten eine tendenziell höhere 7-Tage-Überlebensrate. Patienten mit einer bei Therapiebeginn bereits bestehenden, aber noch nicht erkannten Pilzinfektion haben auf Caspofungin besser angesprochen (52 vs. 26 %) als auf L-AmB.

Das Wirkspektrum von Caspofungin umfasst auch Aspergillus terreus und niger, die gegen Amphotericin B nicht oder nur eingeschränkt empfindlich sind, bei Patienten nach allogener Stammzelltransplantation aber mit Inzidenzraten von 0,4 bzw. 0,3 % invasive Infektionen verursachen.

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Empirische oder präemptive Strategie?

Im Unterschied zur empirischen wird bei der präemptiven Strategie erst dann antimykotisch behandelt, wenn es zusätzliche klinische, radiologische oder serologische Hinweise auf eine invasive Pilzinfektion gibt. Im direkten Vergleich mit der empirischen Therapie war die präemptive Therapie zwar nicht unterlegen, ging jedoch mit einer signifikant höheren Rate von Durchbruchinfektionen einher (Cordonnier, 2009). Die Autoren schließen daraus, dass eine empirische Therapie bei Patienten, die eine Induktions-Chemotherapie erhalten, zu höheren Überlebensraten führen könnte.

Dr. Klaus A. Schmidt, Aachen

Die Beitragsinhalte stammen vom Satellitensymposium "New evidences in treating fungal infections in allo-SCT patients am 29.3.2009 im Rahmen des 35th Annual Meeting of the European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT), Göteborg, Schweden.

Veranstalter: MERCK, SHARP & DOHME

Der Autor ist freier Journalist