Vordere Kreuzbandruptur - Kreuzbandersatzplastik auch bei über 50-Jährigen

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In der Vergangenheit war die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes im Falle einer posttraumatischen Ruptur jungen Menschen und Leistungssportlern vorbehalten. Patienten im Alter von über 40 Jahren wurden in der Regel konservativ behandelt. Studien konnten jedoch belegen, dass es nach Rekonstruktionen des vorderen Kreuzbandes in dieser Altersklasse zu einem schnelleren Zurückkehren zu dem Aktivitätsniveau vor Verletzung kam und weniger Folgeverletzungen und Instabilitäten auftraten. Ziel dieser Studie ist es, die Wertigkeit der Kreuzbandrekonstruktion in einem Kollektiv mit einem Alter von über 50 Jahren zu evaluieren.

Reconstruction of the anterior cruciate ligament in patients over 50 years. J Bone Joint Surg 2008; 90-B:1446 - 1450.

Material und Methoden

In einer retrospektiven Analyse wurden die Daten von Patienten mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes der Mayo Klinik, Rochester, USA, die zwischen 50 und 66 Jahre alt waren (mittleres Alter: 57 Jahre) im Zeitraum zwischen 1990 und 2002 analysiert. 40 Patienten konnten identifiziert und 34 Patienten (85 %) mit 35 Kreuzbandverletzungen mit einer mittleren Nachuntersuchungszeit von 72 Monaten nachuntersucht werden. Die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes erfolgte mit autologem (12) und allogenem (23) Patellarsehnentransplantat. Analysiert wurden der prä- und postoperative Lachman-Test (0 bis +3), der Pivot shift-Test (0 bis +3), das Bewegungsausmaß des Kniegelenks und Röntgenbilder mit Belastung. Hieraus wurden zusätzlich der Kellgren und Lawrence Score zur Beurteilung der Osteoarthritis und der International Knee Documentation Committee (IKDC) Score, Lysholm Score und UCLA Activity Score berechnet.

Viele Menschen bleiben im Alter weiterhin körperlich aktiv. Es konnte gezeigt werden, dass 30 % der Menschen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren und 25 % der Menschen im Alter zwischen 65 und 74 Jahren regelmäßig Freizeitsport treiben (Quelle: AOK Mediendienst)

Kommentar

Die Autoren stellen eine retrospektive Studie mit einer limitierten Anzahl von Patienten vor, welche trotz ihres Alters von im Mittel 57 Jahren bei einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes mit einer Kreuzbandplastik versorgt wurden. Die Patienten wiesen präoperativ keine wesentlichen Arthrosezeichen und keine Achsdeformitäten auf und stellen somit kein repräsentatives Kollektiv dieser Altersgruppe dar. Mit Hilfe einer detaillierten und aufwändigen Nachuntersuchung wird deutlich, dass diese selektierten Patienten mit hohem Aktivitätsniveau trotz dieses hohen Alters von einem Kreuzbandersatz profitieren können. Die Aussagekraft der Studie wird durch die geringe Fallzahl und kurze Nachuntersuchungszeit eingeschränkt. Andere Studien in dieser Altersklasse kommen jedoch zu einem ähnlichen Ergebnis bei ebenfalls geringen Fallzahlen und kurzem Follow-up (Sein et al., 2006; Blyth et al., 2003). Es wird klar herausgearbeitet, dass begleitende Meniskusverletzungen keinen negativen Einfluss auf die Kniegelenksfunktion haben, im Widerspruch zu der Studie von Blyth et al. Ein wesentliches Kriterium stellt die Entwicklung einer Arthrose bei posttraumatischer vorderer Instabilität dar. Die vorliegende Studie zeigt, dass postoperativ keine wesentliche Zunahme der Kniegelenksarthrose stattfand, was jedoch durch die kurze Follow-up Periode den Langzeitverlauf nicht adäquat abbildet. Positiv ist, dass es im Vergleich zu jungen Patienten (Menetrey et al., 2008) nicht zu einer erhöhten Versagensquote des Kreuzbandtransplantats und insgesamt geringen Komplikationsquote kam. Die vorliegende Studie motiviert bei einem sportlich ambitionierten Patienten mit vorderer Kreuzbandruptur auch jenseits des 50. Lebensjahres eine Kreuzbandersatzplastik durchzuführen.

PD Dr. med. Georg Gradl

Ergebnisse

Die Extension/Flexion betrug präoperativ 1 ° / 130 ° und am Ende der Follow-up-Periode 0 ° / 135 °. Präoperativ zeigten 31 (89 %) Patienten einen positven 2+ und 3+ Lachman-Test, postoperativ betrug der Lachman-Test bei 33 (94 %) Patienten +1 und 0. Der prä- und postoperative International Knee Documentation Committee (IKDC) Score war 39 versus 90, Lysholm Score 50 versus 92 und UCLA Activity Score 4,3 versus 8,3 und verbesserten sich somit statistisch signifikant. Die Röntgendiagnostik unter Belastung des Kniegelenkes bei 12 Patienten mit einer mittleren Nachuntersuchungszeit von 24 Monaten ergab bei 8 einen Kellgren Score von 0 (67 %), bei 2 einen Kellgren Score von 1 (17 %) und bei einem Patienten einen Score von 2 (8 %). 3 Patienten (8,6 %) erlitten ein Versagen des Implantates und mussten reoperiert werden, bei 2 weiteren Patienten (5,7 %) erfolgte eine tibiale Implantatentfernung wegen symptomatischem Fremdmaterial. Begleitende Meniskusläsionen fanden sich bei 43 % der Patienten, diese hatten jedoch keinen signifikanten Einfluss auf das outcome.

PD Dr. med. Georg Gradl

Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Chirurgische Klinik der Universität Rostock

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Literatur

• 01 Blyth MJG . Gosal HS . Peake WM . Bartlett RJ . Anterior cruciate ligament reconstruction in patients over the age of 50 years: 2- to 8-year follow-up.  Am J Sports Med. 1997;  25 527-32
• 02 Menetrey J . Duthen VB . Laumonier T . Fritschy D . "Biologic failure" of the anterior cruciate ligament graft.  Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2008;  16 224-31
• 03 Stein DA . Brown H . Bartolozzi AR . Age and ACL reconstruction revisited.  Orthopedics. 2006;  29 533-6