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DOI: 10.1055/s-0029-1233398
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Diagnostische Pfade
Ein Ansatz zur Verbesserung klinischer AbläufeKorrespondenz
Prof. Dr. med. Walter Hofmann
Department Klinische Chemie der StKM-GmbH
Kölner Platz 1
80804 München
Fax: 089/3068-3911
Email: walter.hofmann@klinikum-muenchen.de
Prof. Dr. med. Harald Renz
Klinikum der Philipps-Universität Marburg
Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik
Baldingerstraße
35043 Marburg
Fax: 06421/58-65594
Email: renzh@med.uni-marburg.de
Prof. Dr. med. Johannes Aufenanger
Institut für Laboratoriumsmedizin
Klinikum Ingolstadt GmbH
Krumenauerstraße 25
85049 Ingolstadt
Fax: 0841/880-2909
Email: johannes.aufenanger@klinikum-ingolstadt.de
Publication History
Publication Date:
29 June 2009 (online)
- Was können diagnostische Pfade leisten?
- Wie sieht das Konzept zur Erarbeitung diagnostischer Pfade aus?
- Welche Arbeitsgruppen wurden bisher etabliert?
- Diagnostische Pfade bei der Krankenhausaufnahme
- Diagnostische Pfade in der Immunologie und Autoimmundiagnostik
- Diagnostische Pfade in der Nephrologie
- Fazit
Mit der Entwicklung klinischer Pfade und den erweiterten Möglichkeiten, über Labor-EDV-Systeme beleglos Laboruntersuchungen anfordern zu können (Order-Entry), wurde die Idee geboren, den klinisch tätigen Kollegen EDV-Module anzubieten, die sie in ihrer täglichen Arbeit inhaltlich und organisatorisch unterstützen können. "Diagnostische Pfade", implementiert in klinische Pfade, könnten diese Aufgabe erfüllen.
Ein diagnostischer Pfad beschreibt den gesamten Prozess von der medizinischen Fragestellung bis zur Befunderstellung. Er besteht aus Testindikationen (was?) für definierte Fragestellungen (wofür?). Ergänzend soll er Zeitpunkte (wann?) und Erläuterungen (warum?) enthalten.
#Was können diagnostische Pfade leisten?
Ausgehend von der Definition sind "diagnostische Pfade" medizinische Empfehlungen einer Expertengruppe oder Fachgesellschaft, die das aktuelle Wissen zu einer Fragestellung oder einem Prozess zusammenfassen. Dieses Wissen ist aufbereitet und soll den Kliniker bei der Diagnosefindung durch einen Entscheidungsbaum oder Ablaufplan, integriert in eine KIS- oder LIS-Umgebung, unterstützen. Die standardisierte Testanforderung ist der erste Schritt zu einer rascheren Diagnosefindung und damit einer gezielteren Therapie.
Neben den genannten Aspekten gibt es zahlreiche weitere Gründe für den Einsatz von diagnostischen Pfaden:
-
Wissen beim Nutzer erweitern, der damit am Expertenwissen partizipiert,
-
Transparenz der gesamten Prozessabläufe für alle Beteiligten verbessern,
-
Kostentransparenz schaffen und
-
Laboratoriumsmedizin als hochinnovatives medizinisches Fach weiterentwickeln.
Die standardisierte Testanforderung und die raschere Diagnosefindung stellen das medizinische Postulat eines diagnostischen Pfades dar, daneben können aber auch eine kürzere Verweildauer und korrekte Erlöse im DRG-System ein wichtiges Ergebnis von Pfadstrategien sein. Beides sind wesentliche Triebfedern, dieses Hilfsmittel in die Praxis einzubeziehen.
#Wie sieht das Konzept zur Erarbeitung diagnostischer Pfade aus?
Bisher wurden in einzelnen Unterarbeitsgruppen die Themenbereiche Aufnahmeprofile, Vorgehen bei Verdacht von Autoimmunerkrankungen, Vorgehen bei akuten Erkrankungen des Zentralnervensystems, Vorgehen bei hämatologischen Fragstellungen, Ausschluss und Differenzierung von Nierenerkrankungen und Fragen zur Toxikologie u.a. Vorgehen bei unklarer Bewusstlosigkeit bearbeitet. Die Unterarbeitsgruppen und ihre Tätigkeit sind wie folgt strukturiert.
Pro Arbeitsgruppe werden 4 Mitglieder bestimmt, 2 autorisierte Experten der jeweiligen Fachgesellschaft (z. B. Nephrologie, Neurologie), ein Experte der Vereinten Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie (DGKL) und Laboratoriumsmedizin. Diese Gruppe sichtet die vorhandenen Guidelines bzw. Leitlinien und erarbeitet Vorschläge, bei welchen entsprechende Vorlagen fehlen. Die Vorschläge werden in der Jahressitzung der jeweiligen Fachgesellschaften (z. B. Nephrologie, Neurologie) vorgestellt, diskutiert und abschließend genehmigt.
#Welche Arbeitsgruppen wurden bisher etabliert?
Bisher wurden 6 Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, die sich den Themen internistisch-chirurgische Aufnahmeprofile/Aufnahmeprofil Hausarzt, Nephrologie, Immunologie, Hämatologie, Neurologie und Toxikologie widmen (Tab. [1]).
Auf der Medica 2008 wurden die ersten Ergebnisse vorgestellt. Beispielhaft sollen 3 Themenkomplexe dargestellt werden:
#Diagnostische Pfade bei der Krankenhausaufnahme
Einen typischen Schlüsselprozess stellt die Aufnahme eines Patienten dar. Probenlogistik, treffsichere Labordiagnostik und zeitnahe Befundübermittlung zeigen sich besonders in diesem Bereich als wichtige Faktoren für die Steigerung der Effektivität der Behandlung. Während in vielen Krankenhäusern organbezogen Laborprofile (Herzprofil, Leber, Niere etc. standardmäßig die Basis der Aufnahmediagnostik darstellen, bilden die symptomorientierten Pfade eine Möglichkeit zur differenzialdiagnostischen Vorgehensweise zur Abklärung der medizinischen Symptomatik ab. Bisher wurden folgende Laborprofile im Sinne der diagnostischen Pfade für die Krankenhausaufnahme erarbeitet:
-
Thoraxschmerz
-
Abdominalschmerz
-
Anämie
-
Unklares Fieber
-
Thromboembolie
-
Schock/Koma
-
Trauma
Ein Beispiel für das Profil "Thoraxschmerz" ist in Abbildung [1] dargestellt.
#Diagnostische Pfade in der Immunologie und Autoimmundiagnostik
Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) hat vor über 10 Jahren eine Arbeitsgruppe zur Thematik der Autoimmunerkrankungen ins Leben gerufen. Ziel der Arbeitsgruppe ist die Erarbeitung von laboratoriumsmedizinischen Algorithmen zur Diagnosestellung und Verlaufsbeobachtung von Patienten mit systemischen und organbezogenen Autoimmunerkrankungen. Im Rahmen der Arbeitsgruppe "Diagnostische Pfade" sollen die hier interdisziplinär erarbeiteten Algorithmen nunmehr so aufbereitet werden, dass sie den Standards und Anforderungen an die best medical practice gerecht werden.
Bisher sind zu den folgenden Krankheiten Algorithmen erstellt worden:
-
Lupus erythematodes
-
Rheumatoide Arthritis
-
Autoimmune Lebererkrankungen
-
Idiopathische Myositiden
-
Bullöse Autoimmundermatosen
-
Diabetes mellitus Typ 1
-
Antiphospholipid Syndrom
-
Autoimmune Schilddrüsenerkrankungen
-
Glutensensitive Enteropathie
-
Polyglanduläre Autoimmunerkrankungen
-
Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz
Die Algorithmen sind abrufbar unter der Homepage der Arbeitsgruppe www.autoimmundiagnostik.de.
#Diagnostische Pfade in der Nephrologie
Die Zahl der terminal niereninsuffizienten Patienten liegt in der Bundesrepublik bei ca. 80 000 Patienten, 60 000 davon sind chronisch dialysepflichtig. Die Kosten pro Patient und Dialysejahr belaufen sich auf 30 000 bis 50 000 Euro. Diabetiker und Hypertoniker stellen mit über 60 % den größten Teil der Patienten, und ihre Zahl nimmt ständig zu. Es sollten daher diagnostische Konzepte zur Früherkennung der diabetischen und hypertensiven Nephropathie entwickelt werden, um dieser bedrohlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Die Arbeitsgruppe "Nephrologie" hat sich bisher folgenden Fragestellungen gewidmet:
-
Ausschluss einer Nierenerkrankung bei fehlenden klinischen Symptomen
-
Differenzierung einer teststreifenpositiven Hämaturie
-
Differenzierung einer teststreifenpositiven Proteinurie
-
Abklärung einer Verminderung der glomerulären Filtrationsrate (GFR)
Fazit
"Diagnostische Pfade" sollen fallorientierte, routinemäßige medizinische Leistungen in planbare, koordinierte Strukturen überführen und damit den optimalen Ablauf der Behandlungswege transparent hervorheben. Die grundlegende Idee der diagnostischen Pfade ist die ablaufoptimierte Diagnostik anhand von krankenhausindividuellen Leitlinien, die von einem autorisierten Gremium erarbeitet und von den jeweiligen Fachgesellschaften genehmigt wurden. Diagnostische Pfade sollen den behandelnden Arzt in der täglichen Arbeit fachlich unterstützen, nicht beschränken bzw. bevormunden.
Weitere Informationen können Sie unserer Website entnehmen: (www.dgkl.de/DiagnostischePfade)
#Korrespondenz
Prof. Dr. med. Walter Hofmann
Department Klinische Chemie der StKM-GmbH
Kölner Platz 1
80804 München
Fax: 089/3068-3911
Email: walter.hofmann@klinikum-muenchen.de
Prof. Dr. med. Harald Renz
Klinikum der Philipps-Universität Marburg
Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik
Baldingerstraße
35043 Marburg
Fax: 06421/58-65594
Email: renzh@med.uni-marburg.de
Prof. Dr. med. Johannes Aufenanger
Institut für Laboratoriumsmedizin
Klinikum Ingolstadt GmbH
Krumenauerstraße 25
85049 Ingolstadt
Fax: 0841/880-2909
Email: johannes.aufenanger@klinikum-ingolstadt.de
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Prof. Dr. med. Walter Hofmann
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Kölner Platz 1
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Prof. Dr. med. Harald Renz
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Prof. Dr. med. Johannes Aufenanger
Institut für Laboratoriumsmedizin
Klinikum Ingolstadt GmbH
Krumenauerstraße 25
85049 Ingolstadt
Fax: 0841/880-2909
Email: johannes.aufenanger@klinikum-ingolstadt.de