Obwohl es außerhalb der Intensivmedizin keine evidenz- oder leitliniengestützte Rationale
dafür gibt, erhalten Patienten im Krankenhaus sehr häufig prophylaktisch Protonenpumpeninhibitoren
(PPI). Ob durch die damit verbundene Veränderung des Magensaftmilieus und Keimspektrums
das Risiko für eine nosokomiale Pneumonie steigt, untersuchten S. J. Herzig et al. JAMA 2009; 301: 2120 – 2128
In einem großen universitären Krankenhaus in Boston flossen zwischen Januar 2004 und
Dezember 2007 die Daten von 63 878 stationären Aufnahmen in die prospektive Kohortenstudie
ein. Ausschlusskriterien waren ein Aufenthalt auf der Intensivstation von unter 3
Tagen. Primärer Endpunkt war die Entstehung einer nosokomialen Pneumonie. Der Gebrauch
säurehemmender Medikamente war als die Verschreibung von PPI oder H2-Rezeptorantagonisten
definiert.
Eine Pneumonie trat bei 4,9 % der mit säurehemmenden Medikamenten behan-delten Patienten
auf – im Gegensatz zu 2 % bei Patienten, die eine derartige Medikation nicht erhielten
(OR = 2,6). Nach Korrektur auf potenziell verfälschende Einflussgrößen blieb der Unterschied
statistisch signifikant, die OR verminderte sich aber auf 1,3. Das heißt, das Pneumonierisiko
stieg in der untersuchten Patientenkohorte durch säurehemmende Medikation um 30 %
an. Eine Subgruppenanlyse zeigte, dass das Pneumonierisiko lediglich in der PPI-Gruppe
deutlich zunimmt, in der Subgruppe der mit H2-Rezeptorantagonisten behandelten Patienten
war der Anstieg nicht deutlich, was auch an der für eine statistisch signifikante
Aussage zu kleinen Untergruppe liegen könnte. Limitationen der Studie sind einerseits
die Tatsache, dass die Pneumoniediagnose lediglich der ICD-9-Verschlüsselung und keiner
Sichtung der Patienten oder ihrer Akten entstammt und andererseits der zeitliche Zusammenhang
zwischen Gabe der säurehemmenden Medikation und der Pneumoniediagnose methodenbedingt
etwas unscharf bleibt.
Fazit
Bei dieser Studienpopulation wurde die Pneumoniehäufigkeit durch die Gabe magensäurehemmender
Medikamente um 30 % gesteigert. Vor dem Hintergrund anderer Studien mit ähnlichen
Ergebnissen fordern die Autoren weitere Untersuchungen zur Verschreibung derartiger
Medikamente bei Klinikpatienten.
Dr. Peter Pommer, Oberammergau