Krankenhaushygiene up2date 2010; 5(1): 9-22
DOI: 10.1055/s-0029-1244003
Hygienemaßnahmen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ungeziefer im Krankenhaus und Pflegeheim

Nicht nur lästig, sondern auch gefährlich!Heinz  Mehlhorn
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Prof. Dr. Heinz Mehlhorn

Parasitologie Kompetenzzentrum
Universität Düsseldorf

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Email: mehlhorn@uni-duesseldorf.de

Publication History

Publication Date:
12 March 2010 (online)

Table of Contents #

Einleitung

Globalisierung und Klimawandel sind die Modeworte unserer Zeit und werden geflissentlich von geneigten Kreisen zu den apokalyptischen Reitern des dräuenden Weltuntergangs hochstilisiert. Bringen sie aber tatsächlich oder nur vermeintlich Gefahren für die Gesundheit der Menschheit auf unserer ach so „cleanen” europäischen Insel der Seligen? Fakt ist, dass es auf diesem Globus seit 15 000 Jahren einmal wieder (!) wärmer wird und wir somit einer möglicherweise durch den Menschen beschleunigten Erhöhung der durchschnittlichen Jahrestemperaturen entgegengehen. Fakt ist aber auch, dass es schon heute selbst in winzigen Ländern wie Deutschland Gegenden gibt, die – bei gleicher Meereshöhe – Temperaturunterschiede im Jahresmittel von über 5 °C aufweisen (etwa das Rheintal im Vergleich zu Brandenburg) und dass es in Darwin (Australien) schon heute 15 °C im Durchschnitt wärmer ist als hier in Mitteleuropa. Dies belegt, dass die relativ langsam erfolgende Klimaerwärmung allein nicht zur schnellen Ansiedlung neuer Plagegeister oder Seuchen führen wird. Doch in Verbindung mit der Globalisierung sieht die Sachlage schon ganz anders aus.

Nun – eine Globalisierung der Menschheit gibt es seit 5 Millionen Jahren, als der neuentdeckte Ardipithecus oder der Australopithecus ihre Häupter erhoben und ihren „paradiesischen” Lebensraum in Ostafrika verließen. Diese Wanderung nahm richtig „Speed” auf, als etwa 100 Exemplare des Homo sapiens – geschart um eine Ur-Eva – ebenfalls Afrika verließen und sich die Welt bis heute untertan machten. Mit ihnen zogen von Anfang an Spulwürmer, Flöhe, Läuse und andere üble Zeitgenossen, die ihre individuelle Entwicklung an den Menschen angepasst und somit aufs richtige Pferd = den Weltbeherrscher gesetzt hatten.


Der Personen- und Warenaustausch im Zuge der Globalisierung erleichtert es Parasiten, Krankheitserregern und Schädlingen, sich nahezu ungehindert weltweit zu verbreiten.

Natürlich war die Geschwindigkeit bei der Ausbreitung am Anfang sehr langsam – vielleicht nur 10 oder 20 km pro Jahr – , aber mit der Erfindung von Rädern und Booten oder der Nutzung von Pferden kam man als Assyrer, Ägypter, Hunne oder Indianer doch relativ flott voran, und mit ihnen – stets im Gepäck, auf oder im Körper – die treuen, wenn auch ungeliebten Schädlinge und Parasiten. So brachten die frommen Kreuzritter im 11. und 12. Jahrhundert nicht nur Erinnerungen und die Gebeine diverser Heiliger als Reisemitbringsel aus dem Morgenland mit auf ihre zugigen Burgen, sondern auch die durchaus Wärme liebenden Ratten und Küchenschaben (Blatta orientalis). Diese erhielten dann im 17. Jahrhundert noch durch die sog. Amerikanische Schabe (Periplaneta americana) Gesellschaft, die mit Zuckerrohrlieferungen aus Kuba nach Europa einwanderte. Benötigte damals ein Schiff eventuell noch Wochen, um die Pest und den Pestfloh zu importieren oder der Wanderratte einen neuen Lebensraum zu bescheren, so reisen heute Erreger und Schädlinge oft binnen eines einzigen Tages aus dem hintersten Winkel der Erde in Warencontainern oder auf bzw. im Körper des „Homo touristicus”, des „H. migrans” oder des „H. militariensis” in neue Lebensräume ein.


Humane Behausungen – somit auch Krankenanstalten – bieten optimale Räume zum Unterschlupf und zu oft unbemerkter Ausbreitung.

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Schädlinge und Parasiten

Die Krankenanstalten, das Pflegepersonal und die Patienten werden von einer Reihe von Schädlingen und Parasiten bedroht, die wegen der vorgegebenen Bedingungen günstige Entwicklungsmöglichkeiten vorfinden. So ist es in Krankenhäusern oft relativ warm und feucht, zudem sind die Zimmer oft auch durch Lüftungskanäle verbunden. Die Zimmer werden häufig in kurzen Abständen von verschiedenen Personen (Pflegepersonal, Besucher, neue Kranke etc.) betreten. Das Pflegepersonal kommt täglich mehrfach in viele Zimmer und kann dabei leicht Erreger und Schädlinge verbreiten. Große Mengen an Nahrung – zum Teil aus fernen Ländern – werden täglich angeliefert und auch gelagert. Die Nahrungsaufnahme im Bett bedingt zwangsläufig das Anfallen von Essensresten im Bett, auf dem Boden oder in Ritzen. All das kann bei geöffneten Fenstern auch noch den vermehrten Zuflug entsprechender Nahrungsverwerter von draußen bewirken. Da diese Gruppe von Insekten, Milben und Zecken auch Bakterien und Viren mechanisch verbreiten oder sogar aktiv als Vektor übertragen kann, muss ihr Auftreten beobachtet und ggf. sofort mit geeigneten Maßnahmen unterbunden werden.

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Definitionen

Grob wird in die folgenden 2 Gruppen unterteilt, wobei es in den verschiedenen Gruppen zu Überschneidungen kommen kann:

  • Schädlinge

  • Parasiten

Parasiten. Als Parasiten (von griech. parasitos = Vorkoster) werden dabei Tiere bezeichnet, die ihre Nahrung ausschließlich auf Kosten anderer Organismen (Tiere, Menschen, Pflanzen) gewinnen, diese aber nicht ganz „auffressen”. Sie sind daher naturgemäß viel kleiner als ihre Wirte, häufig sogar mikroskopisch klein (z. B. die einzelligen Malaria-Erreger). Parasiten finden sich auf der Haut (Ektoparasiten) oder in inneren Organen (Endoparasiten). Sie bleiben dauerhaft (stationär, z. B. Krätzmilben, Läuse) oder temporär (z. B. Mücken) auf ihren Wirten. Bei Befall innerer Systeme können sie in Geweben, Zellen, im Blut oder im Darminhalt auftreten und dann bei Kontakt mit diesen Medien auf andere Personen übertragen werden. Blutsauger können zudem beim Saugakt noch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten übertragen und so als Vektoren dienen.

Schädlinge. Die Schädlinge umfassen 4 Untergruppen:

  • Hygieneschädlinge. Von ihnen geht auf irgendeine Weise (als Verschlepper von Erregern oder als echter Parasit) eine Gefahr für die Gesundheit des Menschen aus. In diese Gruppe gehören z. B. Milben, Läuse, Wanzen, Mücken, Zecken.

  • Vorratsschädlinge. Sie befallen Nahrungsvorräte des Menschen, können diese aber auch so stark verkoten, dass davon wieder Gesundheitsgefahren ausgehen. Hierhin gehören z. B. Lebensmittelmotten, Brotkäfer etc.

  • Materialschädlinge. Die Vertreter dieser Gruppe (z. B. Kleidermotte, Speckkäfer) befallen Materialien, die tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind.

  • Lästlinge. Diese Tierchen werden überwiegend nur als „lästig”, evtl. als „ekelerregend” empfunden, sind aber häufig Anzeiger anderer Mängel. So deutet starker Befall mit den „wuseligen” Staubläusen evtl. auf Pilzbefall von Wänden oder anderen Flächen hin.


Parasiten und Schädlinge können als Vektoren Krankheitserreger übertragen und so das Problem ihrer Ansiedlung an sich noch zusätzlich verschärfen.

Im Folgenden sollen einige von diesen ungemütlichen Zeitgenossen vorgestellt werden, ihre besondere Bedeutung für Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen hervorgehoben werden sowie Maßnahmen aufgezeigt werden, wie ein Befall vermieden bzw. bekämpft werden kann. Naturgemäß ist das nur ein kleiner Ausschnitt aus dem „Reich der Krabbeltiere” [1] [2] [3] [4] [5] [6] – diese 6- bzw. 8-beinige Armada lauert vielerorts in mannigfaltiger Ausprägung – manchmal mit geringen, manchmal mit explosionsartigen Vermehrungsraten.

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Parasiten

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Krätzemilben

Die Krätzemilben des Menschen bzw. die Räudemilben der Haustiere stellen Rassen der Art Sarcoptes scabiei dar. Die Milben sind Verwandte der Spinnentiere und weisen daher mit Ausnahme des 6-beinigen Larvenstadiums 8 Beine am allerdings ungegliederten Körper auf. Die Krätzemilben gehören zu den sog. Grabemilben, die etwa 1 cm lange Gänge in der Epidermis fressen (Krankheit: Scabies). Sie dringen nie tiefer ein, aber durch bakterielle Superinfektionen können dennoch massive Krankheitserscheinungen auftreten [4] [7] [8].

Die adulten Weibchen (Abb.[ 1] , [2]) werden etwa 0,25 – 0,3 mm groß. Unmittelbar nach der Begattung auf der Hautoberfläche beginnen sie mit dem Graben eines Ganges in der Haut, in den sie ab dem 3. Tag nach dem Eindringen täglich 3 – 10 Eier ablegen. Die daraus schlüpfenden 6-beinigen Larven fressen sich ihrerseits durch die Epidermis auf die Hautoberfläche durch und häuten sich dabei zur Proto- und Deuteronymphe, die dann auf der Hautoberfläche die Geschlechtsreife erreicht, was bei Männchen nach etwa 10 Tagen, bei Weibchen nach 12 – 15 Tagen erfolgt. Somit bleibt für eine Übertragung von Wirt zu Wirt nur die kurze Aufenthaltszeit auf der Oberfläche unmittelbar nach der Begattung. Daher kommt es zunächst zumeist zu einer stark zunehmenden Infektion der bereits infizierten Personen.

Tipp für die Praxis

Da die Infektion häufig nur von einem begatteten Weibchen ausgeht und dann zunächst nur geringgradige Symptome auftreten, bleibt ein Befall relativ lange unbemerkt, sodass diese Person andere infizieren kann und eine Rückverfolgung der Herkunft einer Infektion meist aussichtslos ist.

Die Ansiedlung der Milben erfolgt nach der Übertragung meist in besonderen Bereichen, sog. Prädilektionsstellen mit weicher, besonders warmer Haut. Bei Ärzten und Pflegepersonal sind dies die Bereiche an der Basis der Finger (wegen des Handkontakts bei der Pflege bzw. Untersuchung). Weitere bevorzugte Stellen der Ausbreitung der Infektion sind dann die Folgenden:

  • Knöchelbereich

  • Schambereich

  • Zonen unterhalb der Brüste bzw. oberhalb der Po-Backen

  • Bereich des Haaransatzes (Abb. [3])

Diese Stellen sind gerötet, was auf bakterielle Superinfektionen zurückgeht, die sich dann flächig ausbreiten können. Bei immungeschwächten Personen kann es dann zur sog. Borkenkrätze (Scabies crustosa) kommen (Abb. [4]), bei der massive Exsudate dicke Schichten bilden. Hier laufen gleichzeitig Hunderte von Milben auf der Oberfläche des Betroffenen herum, sodass für das Pflegepersonal extreme Infektionsgefahr besteht, zumal die Milben einige Stunden auf der Kleidung oder auf der Bettwäsche problemlos überstehen.


Prädilektionsstellen für einen Milbenbefall sind zunächst weiche, gut durchblutete Hautareale.

Die Krätze hat in den letzten Jahren gerade in Altenheimen, Hospizen und Pflegeheimen massiv sowohl unter den Patienten, Betreuten, Pflegepersonal wie auch unter den Anverwandten zugenommen, weil ein Ausbruch wegen nur langsam eintretender Symptome oft nicht bemerkt wird und die Milben dann schon auf viele Personen übertragen worden sind.

Klinikalltag

Diagnose

Auffällige Hautrötungen und deren Ausbreitung an den üblichen Prädilektionsstellen sind Leitsymptome. Juckreiz ist ein weiteres Anzeichen. Mit Rasierklingen können verdächtige Hautbereiche abgestreift und mikroskopisch auf Milben bzw. Milbenteile untersucht werden.

Prophylaxe

  • Einmal-Schutzhandschuhe und Einmal-Schutzkittel tragen bei Untersuchungen, bei der Pflege oder beim Abziehen von Betten, diese unmittelbar danach entsorgen

  • unmittelbaren Kontakt mit der Kleidung bzw. Bettwäsche Befallener vermeiden

  • Kontakt von privater Kleidung mit der Außenseite von Einmal-Schutzkitteln verhindern

  • Kittel nicht über die Kleidung von Kollegen hängen

  • Bettwäsche heiß waschen (mind. 60 °C)

Therapie

Die Therapie mit insektizidhaltigen Präparaten (z. B. Permethrin) bleibt unvollkommen, weil bereits befallene Bereiche oft noch keine Symptome zeigen und demnach nicht lokal behandelt werden. Auf der anderen Seite dringen manche Insektizide kaum oder z. T. gar nicht in die Epidermis ein und erreichen so nicht die dort lebenden Milben. Benzylbenzoat ist mittlerweile verboten, es galt hierbei aber im Prinzip das Gleiche wie bei den Insektiziden. Bei Auftreten der Krätze bei vielen Personen in Pflegeheimen oder bei Dauerpatienten hat sich der orale oder der „Pour-on-Einsatz” von Ivermectin bewährt. Diese Substanz ist beim Schwein in Deutschland zugelassen, beim Menschen aber nicht (wohl aber in Frankreich gegen Läuse); sie kann daher nur mit Zustimmung der Betroffenen angewendet werden. In jedem Fall bedarf es aber großer Geduld und Ausdauer, bis ein Krätzeausbruch in einer Anstalt definitiv beendet ist. Die Problematik für die Anstalt wird durch die Tatsache verschärft, dass mit Krätze befallenes Personal bis zur endgültigen Kur nicht weiter in dieser Anstalt bzw. in diesem Heim oder Praxis arbeiten darf (s. Infektionsschutzgesetz) – zudem ist das zuständige Gesundheitsamt zu verständigen. Mittlerweise empfiehlt auch das Robert Koch-Institut (Berlin) die Verwendung von Ivermectin zur Therapie und Ausbruchsverhinderung von Krätze, wobei Heimbewohner, Pflegepersonal und Angehörige gleichzeitig behandelt werden sollen (www.rki.de → Merkbätter für Ärzte). Zudem wird die Isolation von Patienten mit Borkenkrätze (Scabies crustosa) empfohlen.

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Abb. 1 Lichtmikroskopische Aufnahme (LM) einer adulten Krätzmilbe.

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Abb. 2 Aufnahme mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) einer adulten Krätzmilbe.

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Abb. 3 Krätzeansatz am Haaransatz bzw. auf dem Kopf.

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Abb. 4 Patient mit Borkenkrätze (Scabies crustosa).

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Rote Vogelmilbe

Die sogenannte Rote Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae) führt in vielen Hühner- und Taubenställen oder Volieren häufig zu explosionsartigem Befall. Liegen die Aufenthaltsplätze bzw. Nester von Vögeln dicht neben Wohnungen, Krankenzimmern etc., so können die Milben auch nach dort vordringen und Blut beim Menschen saugen. Der Entwicklungszyklus verläuft am schnellsten bei 25 – 30 °C und einer Luftfeuchte von 70 – 90 %. Es dauert 7–10 Tage, bis über die 6-beinige Larve und eine 8-beinige Proto- und Deuteronymphe das Adultstadium erreicht wird. Die Larven und Nymphen müssen nicht unbedingt Blut saugen, was aber obligat bei Adulten ist. Diese bis 1,5 mm großen Stadien saugen nächtens alle 2 – 4 Tage Blut, sodass ihre Anwesenheit oft nicht bemerkt wird. Die kleinen, punktförmigen Stichstellen mit bläulicher Zentrale entzünden sich relativ schnell und führen zu starkem Juckreiz.

Tipp für die Praxis

Da der Entwicklungszyklus der Milben relativ schnell abläuft, sie tagsüber versteckt leben und die Symptomatik sich relativ langsam steigert, bleibt der Befall eines Zimmers häufig unbemerkt. Werden Betten mit Milben in andere Zimmer geschoben, wird ein Befall schnell auf andere Bereiche eines Heims ausgebreitet. Milben können– z. B. in leeren Zimmern – auch durchaus monatelang hungern, weshalb ein Befall ohne adäquate Bekämpfung dauerhaft bestehen bleibt.

Klinikalltag

Diagnose

Weisen Patienten verdächtige Stiche auf, so empfiehlt es sich, die Matratzen zu untersuchen und hinter die Dielenleisten oder Rückwände von Schränken zu sehen. Ungesogene Milben erscheinen weißlich, gesogene rötlich (Abb. [5]).

Prophylaxe

Vögel von Fensterbrettern fernhalten (evtl. durch Nagelbretter), Dachböden von Vögeln freihalten.

Bekämpfung

Da das Ausbringen von Insektiziden in belegten Krankenzimmern sehr problematisch ist, muss die Entwesung entweder in leeren Zimmern erfolgen oder es müssen ungiftige Mittel eingesetzt werden, z. B. wie der Pflanzenextrakt MiteStop®, die aber auch in die Verstecke hineingespritzt werden müssen.

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Abb. 5 Lichtmikroskopische Aufnahme einer Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae).

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Läuse (Anoplura)

Die blutsaugenden Läuse des Menschen haben sich zusammen mit ihm seit Millionen von Jahren entwickelt und können ohne ihn nicht mehr existieren [3] [7]. Es gibt heute 2 Gattungen mit den 2 Arten Phthirus und Pediculus, wobei es bei Pediculus zu einer Auftrennung in 2 Rassen gekommen ist:

  • Pediculus humanus capitis (Kopflaus: ♀ 2,6 – 4 mm, ♂ 2,4 – 2,9 mm) (Abb. [6])

  • Pediculus humanus corporis (Kleider- oder Körperlaus, ♀ 3,1 – 4,8 mm, ♂ 2,7 – 3,8 mm) (Abb. [7])

  • Phthirus pubis (Filzlaus: ♀/♂ 1,3 – 1,6 mm) (Abb. [8])

Alle Stadien der Läuse sind durch je 6 kräftige Klammerbeine ausgezeichnet, mit denen sie sich an Körperhaaren so fest verankern, dass sie selbst mit Spezialkämmen nur schwer zu entfernen sind. Alle befestigen ihre Eier (Nissen) mit einer wasserunlöslichen Substanz an Körperhaare, wobei die Kleiderlaus (sogar bevorzugt) ihre Eier auch noch an Fasern der Kleidung festheftet. Diese Eier können anhand ihrer Deckelform (mit artspezifischen Öffnungen = Aeropylen) identifiziert werden (Abb.[ 9]).


Die Eier und alle Entwicklungsstadien der Läuse sind durch spezielle Haftmechanismen mechanisch nur sehr schwer aus den Haaren oder Kleiderfasern zu entfernen.

Tabelle 1  Lebensdaten der Läuse des Menschen.
Art Entwicklungsdauer Lebensdauer ♀ Eimengen ♀ Überlebenszeit ohne Wirt Saugbereich
Pediculus humanus capitis 17 – 20 Tage 20 – 25 Tage 50 – 150 < 24 Stunden Kopf
Pediculus humanus corporis 21 – 25 Tage 30 – 60 Tage 200 – 300 < 7 – 10 Tage Körper
Phthirus pubis 26 – 27 Tage ca. 30 Tage 30 – 50 < 24 Stunden Schambereich, Augenbrauen, Achselbereich

Alle Läuse saugen beim Menschen Blut – im Regelfall alle 2 – 3 Stunden. Je nach aufgenommener Menge des Blutes bzw. dem Grad des Abbaus im Darm erscheinen die Läuse unterschiedlich gefärbt von gelblich-rötlich bis fast schwarz. Die Überlebenszeit ohne wärmenden und nährenden Wirt ist nur bei Kleiderläusen beachtlich (Tab.[ 1]), wo mehrere Tage – insbesondere bei niedrigen Temperaturen erreicht werden. So können Kleiderläuse auch in unbewohnten Räumen für mehrere Tage auf neue Wirte lauern.

Die Übertragung von Läusen erfolgt prinzipiell bei Körperkontakt; bei Kleiderläusen kommt noch der Tausch der Kleidung hinzu, weil sich die Eier und auch die Entwicklungsstadien oft an deren Innenseite aufhalten. Wegen des etwa 3-wöchigen Entwicklungszyklus wird ein Befall oft erst spät bemerkt, und die „Quelle” ist dann häufig nicht mehr feststellbar. Kopfläuse werden faktisch nur bei Haarkontakten übertragen.

Tipp für die Praxis

Läuse reagieren auf Temperaturabsenkungen der Haut und verlassen dann oft den Körper. Daher ist z. B. ein Operationsteam bei Filz- und Kleiderlausbefall besonders gefährdet.

Die Stiche der Läuse werden häufig erst nach 1 – 4 Wochen bemerkt, wenn eine gewisse Allergisierung eingetreten ist. Der Stich selbst erscheint zunächst als nicht entzündeter, zentral bläulicher Punkt. Bei Allergisierung tritt dann starker Juckreiz auf, und an der Stichstelle kommt es zu Bläschen- bzw. Papelbildung. Durch Kratzen werden diese Stellen oft mit Bakterien bzw. Pilzen sekundär infiziert. Stärkere Exsudate bewirken dann Exantheme (mit Verkleben von Haaren) sowie generelle Symptome, wie z. B. Lymphknotenschwellungen, Fieber, Kopfschmerzen. Bei Kindern stehen Unruhe und Schlaflosigkeit häufig im Vordergrund.

Neben den unmittelbaren Stichfolgen kann Läusebefall – vor allem bei Kleiderläusen – schwerwiegende Auswirkungen haben. Insbesondere Kleiderläuse können nämlich Erreger aus dem Blut befallener Menschen aufnehmen und per Kot in Wunden bzw. in die Atemwege anderer Personen übertragen. So ist die Übertragung von Rickettsien (z. B. Rickettsia prowazekii – der Erreger des Läuseflecktyphus), leider millionenfach durch Todesfälle bewiesen. Auch der diesbezüglich im Artnamen geehrte Schüler von Robert Koch – Stanislaus von Prowazek (der Entdecker des Trachomerregers Chlamydia trachomatis) – starb im 1. Weltkrieg bei der Bekämpfung dieser Krankheit. Zwar sind Berichte von Erregerübertragung durch Kopf- und Filzläuse selten, aber als „reiseassoziierte Infektionskrankheit” tritt das Fleckfieber nach wie vor vereinzelt auf. Daher besteht in Infektionsabteilungen auch durch die Läuse eine besondere Gefahr für das Personal.


Gemäß Infektionsschutzgesetz § (1) dürfen verlauste Personen ohne erfolgte Behandlung ( = unterbundener Übertragungsfähigkeit der Läuse) in bestimmten Gemeinschaftseinrichtungen keine Tätigkeiten ausüben, bei denen es zu Übertragungen kommen könnte.

Klinikalltag

Diagnose

Ein Läusebefall ist an den Leitsymptomen Juckreiz, Verkleben der Haare und dem Auftreten kleiner Stiche in der Haut zu erkennen. Bei Inspektion der Haare bzw. der Kleidung (bei Kleiderläusen) fallen dann auch noch die Eier (von max. 1 mm Größe) auf.

Prophylaxe

Eingangsuntersuchung der Haare bzw. Kleidung der aufzunehmenden Patienten.

Bekämpfung

Filzläuse. Rasur der Scham- und Achselbehaarung

Kleiderläuse. Kleidung und Bettwäsche bei mindestens 60 °C waschen, keine Privatkleidungsstücke in der Anstalt tragen; befallene Personen mit Läusemitteln (s. u.) waschen; Räume, Betten mit Kleiderläusen 10 Tage leer stehen lassen. Raum mit Insektiziden entwesen!

Kopfläuse. Haarbehandlung mit Insektiziden (z. B. InfectoPedicul®, Goldgeist Forte®) oder mit gut verträglichen Medizinalprodukten, wie z. B. Wash Away Laus®. Achtung: manche Medizinalprodukte auf Silikon- oder Alkoholbasis sind leicht entflammbar (z. B. Nyda®, InfectoPedicul®, Paranix®, Etopril®, K.Laus®) [12]. Eine weitere Behandlung ist bei allen Produkten angeraten, weil die Wirkung auf die Stadien in den Nissen bei einer Behandlung nicht ausreicht. Auf jeden Fall sollten Kontaktpersonen mit behandelt werden, weil es ansonsten zu gegenseitigen Ping-Pong-Infektionen kommt.

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Abb. 6 Lichtmikroskopische Aufnahme eines Kopflausweibchens mit Ei im Abdomen.

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Abb. 7 Aufnahme mit dem REM eines Kleiderlausweibchens mit Eiern an Gewebe.

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Abb. 8 REM-Aufnahme einer Filzlaus.

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Abb. 9 REM-Foto eines Eies (Nisse) der Kopflaus an einem Haar.

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Flöhe

Flöhe (Siphonaptera) sind flügellose, weltweit verbreitete, blutsaugende Insekten, die durch ein extremes Sprungvermögen (25 cm hoch/weit) ausgezeichnet sind. Diese Fähigkeit ermöglicht ihnen eine schnelle Wirtsfindung, zumal sie auch nicht sehr wirtsspezifisch sind. Beide Geschlechter saugen mehrfach am Tage Blut und sind daher in der Lage, Krankheitserreger zu übertragen, wenn sie den Wirt wechseln. Sie können aber auch monatelang hungern und so in leeren Zimmern überleben. Der bedeutendste Floh in Mitteleuropa ist der Katzenfloh (Ctenocephalides felis), der heute bis zu 80 % aller Fälle von Flohbefall bei Mensch, Hund und Katze ausmacht und weit vor dem Hundefloh (C. canis), dem Menschenfloh (Pulex irritans), dem Vogelfloh (Ceratophyllus gallinae) oder dem Rattenfloh (Nosopsyllus fasciatus) in menschlichen Behausungen liegt. Die Weibchen legen in ihrem etwa œ-jährigen Adultleben bis zu 500 Eier, sodass schnell ein Massenbefall auftreten kann. Aus den Eiern schlüpfen beinlose, beborstete Larven (sog. Drahtwürmer), die sich u. a. vom bluthaltigen Kot der Adulten ernähren und sich binnen 2 – 3 Wochen nach 3 Häutungen verpuppen. Aus dieser Puppe schlüpfen sie nach 6 – 12 Tagen, können aber auch 6 – 8 Monate darin verweilen, bis sie ein Erschütterungsreiz durch einen Wirt daraus hervorlockt.

Flohstiche, die oft in Reihen liegen (Abb. [12]), führen je nach Allergisierung zu großen Quaddeln, die stark jucken und an der Spitze ein wässriges Bläschen zeigen.

Waren Erregerübertragungen bei der Pest oder beim Krankheitsbild der Dipylidiose ( = Bandwurm bei Kindern) bekannt, so konnte unsere Gruppe kürzlich zeigen, dass Flöhe sowohl durch Regurgigation (Erbrechen) von Darminhalt als auch durch Kot Viren übertragen können, sofern sie etwa so stabil sind wie die der Hepatitis B (es waren im Experiment das feline Leukämie-Virus und das Calici-Virus der Katzen) [4] [13]. Daher bekommt Flohbefall in Infektionsräumen eine ganz neue Dimension der Gefährdung.


Flöhe dienen als Vektoren bei der Übertragung von Viren, Bakterien und Würmern.

Klinikalltag

Diagnose

Flohbefall wird im Allgemeinen zunächst an den stark juckenden Stichstellen bemerkt (Abb.[ 12]). Adulte Flöhe werden beim Sprung erkannt, und Larven (unterm Bett, im Teppichboden etc.) erscheinen mit bloßem Auge als kleine weiße Würmchen (Abb.[ 10] , [11]).

Prophylaxe

  • Fensterbretter von Vögeln freihalten

  • Haustiere vor Flohbefall schützen

  • Personen, die eine Zeit lang obdachlos waren, säubern und die Kleidung heiß waschen (mindestens 60 °C)

Bekämpfung

Adulte Flöhe können durch Versprühen von Insektiziden in leeren (!) Zimmern vernichtet werden (die Matratzen müssen auch von unten besprüht werden). Da die Larven nicht vom Insektizid abgetötet werden, müssen zusätzlich auf dem Boden unter dem Bett bzw. im Bettkasten sog. Umgebungssprays ausgebracht werden, die die Häutung der Larven unterbinden und auch nicht toxisch beim Menschen wirken. Ihre Wirkung hält für Wochen bis Monate an.

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Abb. 10 REM-Aufnahme eines Katzenflohs.

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Abb. 11 LM-Foto von Larven des Katzenflohs. Dunkle Bereiche weisen auf gefressenen bluthaltigen Kot der Adulten hin.

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Abb. 12 Flohstiche in Reihe.

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Bettwanzen

Die etwa 6 – 8 mm große, rotbraun gefärbte Bettwanze (Cimex lectularius; Abb. [13]) ist stets flügellos, dorso-ventral abgeflacht, findet sich mittlerweile weltweit und saugt in allen Entwicklungsstadien nächtens bei Mensch und Tieren Blut. Der Entwicklungszyklus über 5 Larvenstadien dauert 6 – 8 Wochen. Adulte Weibchen werden bis zu 1 Jahr alt und produzieren in dieser Zeit bis zu 200 Eier, die in Schüben von 1 – 12 abgelegt werden (Abb. [13]). Da Wanzen sehr versteckt leben, absolut lichtscheu sind und zudem noch extrem schnell in ihre Verstecke rennen können (1,2 m/Minute) bleibt ein Befall oft unbemerkt, es sei denn feine Näschen nehmen den muffigen Geruch ihres Aggregationspheromons wahr, das ihnen die Gruppenbildung ermöglicht.

Die Wanzenstiche sind zunächst schmerzfrei und über die gesamte Haut verstreut (Abb.[ 14]). Da alle Wanzenstadien während einer Saugphase öfter neu einstechen, können selbst wenige Exemplare deutliche Spuren hinterlassen. Die Stichstellen beginnen zu jucken und werden zu kleineren Quaddeln als die beim Flohstich. Durch Kratzen kommt es häufig zu bakteriellen Superinfektionen. Generell sind nur wenige Fälle von unmittelbarer Vektorenschaft der Bettwanzen in der Literatur berichtet, aber immerhin waren darunter Milzbrand, Pest und Tularämie. Somit ist in dicht mit Menschen besetzten Räumen Vorsicht geboten.

Klinikalltag

Diagnose

Wanzenbefall ist an schwarzem Kot an Betten, Wänden, Matratzen zu erkennen sowie an muffigem Geruch im Raum.

Prophylaxe

  • Koffer in Hotels, Heimen etc. nachts geschlossen halten, Kleidung vor der Abreise ausschütteln

  • Möbel aus verwanzten Räumen nicht ohne Entwesung in andere Räume verbringen

  • Kleidung von Obdachlosen heiß waschen, bevor diese in entsprechende Zimmer eingebracht werden

Bekämpfung

Die Bekämpfung in verwanzten Räumen kann erfolgreich nur durch den erfahrenen Schädlingsbekämpfer durchgeführt werden. Es wirken zwar die vorhandenen Insektizide, allerdings müssen die Verstecke erreicht werden. Auch muss eine Entwesung mindestens 2mal im Abstand von 8–10 Tagen durchgeführt werden.

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Abb. 13 LM-Aufnahme einer Bettwanze mit 2 Eiern.

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Abb. 14 Wanzenstiche auf dem Rücken einer Frau.

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Hygieneschädlinge

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Deutsche Schabe

Die sog. Deutsche Schabe (Blattella germanica) ist die in Deutschland am häufigsten angetroffene Schabe in Häusern. Im Freien gibt es allerdings noch eine Reihe von Schaben (sog. Waldschaben), die aber nur selten in Häuser vordringen. Neben Blattella germanica (Abb. [15]) treten noch 3 weitere, vor Jahrhunderten importierte Schabenarten auf, richten aber faktisch gleiche Schäden an (Tab.[ 2]).

Tabelle 2  Schaben in Gebäuden in Mitteleuropa.
Art Größe/Länge Farbe Eier/Eipaket Entwicklungszeit
Blattella germanica (Deutsche Schabe) 13mm gelb-braun, 2 gelbliche Längsstreifen auf dem Schild 20 – 40, wird für 4 – 5 Wochen herumgetragen 2 – 3 Monate
Blatta orientalis (Küchen-/Orientalische Schabe) 20 – 28 mm ♀ fast schwarz
♂ kastanienbraun
16, wird nach 2 – 5 Wochen abgelegt 22 Wochen bis 1 Jahr
Supella longipalpa (Möbel-Braunbandschabe) 10 – 15 mm hell- bis dunkelbraun sofortige Ablage 2 – 3 Monate
Periplaneta americana (Amerikanische Schabe) 26 – 28 mm rotbraun bis 60, Ablage nach einigen Stunden etwa 1 Jahr

Die Schaben sind hemimetabole Insekten, d. h. ihre Entwicklung vollzieht sich ohne die Einschaltung einer Ruhe-/Puppenphase über diverse Larvenstadien (5 – 10 bei Blattella). Die abgegebenen Eier sind besonders geschützt, denn sie finden sich in artspezifischen Anzahlen in sog. Eipaketen (Ootheken) aus Chitin, in denen sie von Insektiziden faktisch nicht erreicht werden. Da die individuelle Entwicklung der allesfressenden Schabe relativ langsam verläuft (s. Tab.[ 2]), muss eine Bekämpfung mehrfach in artspezifischen Abständen erfolgen. Schaben lieben die Dunkelheit, sie bleiben daher lange Zeit unbemerkt.


Bei Auftreten von Schaben dürfen Lebensmittel auf keinen Fall offen stehen gelassen werden!

Klinikalltag

Diagnose

Vermutet man – z. B. durch sichtbare Verkotung von Flächen – Schabenbefall, so empfiehlt es sich, Schalen mit Bier aufzustellen, in denen die Schaben nächtens ertrinken.

Import von Schaben

Schaben werden in Krankenhäuser bzw. Pflegeheime meist in Kisten mit Lebensmitteln aus warmen Ländern eingeschleppt. Im Prinzip reicht dazu eine in einer Salatkiste befindliche Oothek = Eipaket, die zahlreiche Eier enthält. Nach Wochen bis Monaten wird die Population dann aufgebaut.

Bedeutung von Schaben

Schaben sind mit Abstand die wichtigsten Gesundheitsschädlinge. Sie übertragen nämlich durch Verschleppung oder Verkotung potenziell die Erreger gefährlicher Infektionskrankheiten. Da Schaben äußerst widerstandsfähig sind, in Verstecken leben und sich zudem sehr langsam entwickeln, wird ein Befall meist sehr spät entdeckt und ist nur sehr zeitaufwendig und kostenintensiv zu beseitigen.

Bekämpfung

Die Schabenbekämpfung kann nur vom erfahrenen Schädlingsbekämpfer durchgeführt werden. Er muss unbedingt solche Köder (evtl. mit mikroverkapselten Insektiziden) ausbringen, die in die „Schabennester” eingeschleppt werden. Schaben scheiden nämlich Aggregationspheromone ab, die sie zu Haufen zusammenlaufen lassen. Mehrere Wiederholungen der Schabenbekämpfung sind unbedingt erforderlich, weil die Entwicklungszeit in den sehr widerstandsfähigen Eipaketen (Ootheken) oft mehrere Monate dauert!.

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Abb. 15 Blattella germanica, sog. Deutsche Schabe.

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Pharao-Ameise

Die Pharao-Ameise (Monomorium pharaoensis) ist in Krankenhäusern neben Schaben ein Hygieneschädling mit zunehmender Bedeutung (s. Abb.[ 16]). Sie wird ebenfalls in Kisten mit Lebensmitteln aus warmen Ländern in gut geheizte Anstalten eingeschleppt und breitet sich dort evtl. explosionsartig aus. Dies hat seine Gründe darin, dass diese Ameisen sofort neue Staaten in unzugänglichen Hohlräumen (z. B. Licht- oder Luftschächten) anlegen, wenn der alte Staat etwa 1000 Tiere erreicht hat. Die Arbeiterinnen sind zudem sehr klein (1,5–2   mm) und gelangen überall hin, selbst in Kühlschränke oder unter Wundverbände. Die Geschlechtstiere werden deutlich größer. Die Königinnen erreichen nämlich 4,8 mm; ihre Flügel werden nach der Begattung abgebissen. Die etwa 2,8 – 3 mm langen Männchen bleiben geflügelt. Die Arbeiterinnen sind bernsteingelb und durch 2 Höcker auf dem Abdominalstielchen gekennzeichnet. Die Weibchen legen in Schüben bis zu 350 Eier, aus denen sich in 48 Tagen Arbeiterinnen und in 52 – 53 Tagen Geschlechtstiere über 3 – 4 Larvenstadien und ein Puppenstadium entwickeln.

Bedeutung. Da die Pharao-Ameisen eine Vorliebe auch für tierische bzw. menschliche Eiweiße entwickelt haben, fressen sie auch Sputum, an Kadavern, Bakterienkolonien oder dringen sogar unter Wundverbände vor, um dort Hautschorf zu fressen. Dabei kommt es eben sehr leicht zur Verbreitung von Erregern – z. B. nosokomialen Erregern –, die dann ihrerseits große Probleme machen.

Klinikalltag

Prophylaxe

Zugänge zu Krankenzimmern, wie z. B. Lüftungsschächte, sollten mit Klebestreifen umgeben werden; dies hält die Ameisen fern.

In Küchen und Zimmern sollten Essensreste oder Nahrungsmittel nicht offen gelagert werden.

Bekämpfung

Wie bei der Schabenbekämpfung ist die Entwesung befallener Anstalten durch den erfahrenen Schädlingsbekämpfer nur dann möglich, wenn mehrfach solche Insektizide in Ködern ausgebracht werden, die in die Nester eingeschleppt werden können und die futtersuchende Arbeiterin nicht sofort töten. Auch hier ist eine Mehrfachbehandlung notwendig, weil die Brut ja 6 – 7 Wochen zur Entwicklung benötigt.

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Abb. 16 Pharao-Ameise: lichtmikroskopische Seitenansicht.

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Fleischfliegen

Die blauen Fleischfliegen (Calliphora-Arten), die grauen Sarcophaga-Arten sowie die grünen Formen (Lucilia-Arten) werden insbesondere als Adulte in den Sommermonaten lästig, weil diese Fliegenarten von Wunden oder Lebensmitteln angezogen werden. Sie verschmutzen diese oder legen dort sogar ihre Eier bzw. Larven ab. Diese können insbesondere bei Personen im Koma in die Nase und Ohren vordringen und zur sog. Myiasis mit evtl. schwerwiegenden Sekundärinfektionen führen.

Die Larven der Goldfliegen Lucilia (Abb. [17] , [18]) haben allerdings auch Bedeutung bei der Wundheilung erlangt. So werden lebende Fliegenmaden zum Debridement von schlecht heilenden Wunden eingesetzt, aber auch Extrakte aus diesen Maden finden zu diesem Zweck Verwendung und bringen den Heilungsprozess wieder in Gang (Patente der Fa. Alpha-Biocare des Autors).


Lucilia-Larven oder Extrakte daraus eignen sich zum Debridement schlecht heilender Wunden.

Klinikalltag

Prophylaxe

Da Fliegenmaden sich auf Kot oder auf Kadavern entwickeln, sollte derartiges aus unmittelbarer Nähe von Krankenhäusern oder Pflegeheimen regelmäßig entfernt werden. In den Sommermonaten sollte eine feine Drahtgaze vor den Fenstern angebracht werden, um den Zuflug von Insekten zu verhindern. Obst und Lebensmittel sollten durch Folien abgedeckt sein.

Bekämpfung

Da sich das Ausbringen von Insektiziden in Krankenzimmern verbietet, empfiehlt es sich, dort Fliegenfänger auf Leimbasis anzubringen, was sich als sehr effektiv erwiesen hat.

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Abb. 17 Lucilia sericata; adulte Fliege.

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Abb. 18 Lucilia-Larve.

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Kernaussagen

Besondere Risiken für das Personal

Parasiten und Hygieneschädlinge stellen in Krankenanstalten und Pflegeheimen eine besondere Bedrohung sowohl für die Patienten als auch für das Personal dar. Während Patienten lediglich der „Schädlingsfauna” ihres Zimmers bzw. ihres Körpers ausgesetzt sind, werden Pfleger und Ärzte den Erregern der gesamten Anstalt ausgesetzt und können diese auch in ihre Wohnung einschleppen und so Familienangehörige gefährden. Daher ist es für den entsprechenden Personenkreis wichtig, nicht nur an der Arbeitsstätte auf Parasiten und Schädlinge zu achten, sondern gerade den Import von derartigen Organismen ins eigene Heim zu unterbinden.

Generelle Vorbeuge- und Abwehrmaßnahmen

  • Möglichst wenige Verstecke in Räumen für Ungeziefer bieten.

  • Öffnungen von Lüftungsschächten, Leitungsrohren etc. mit Klebestreifen umkleben.

  • Fenster mit Gaze in den Sommermonaten schützen.

  • Fensterbretter vor Vögeln schützen.

  • Lebensmittel nur kurzfristig in Zimmern stehen lassen.

  • Keine privaten Kleidungsstücke in Pflegeheimen tragen.

  • Kittel separat aufhängen; Einmal-Schutzkittel bzw. Einmal-Schutzhandschuhe sofort entsorgen.

  • Bei Hautsymptomen (Stiche, Juckreiz) möglichen Quellen nachgehen.

  • Auf Kotspuren von Insekten bzw. Milben auf der Bettwäsche bzw. auf Tischauflagen achten.

  • Bei Körperberührungen mit Patienten stets Einmal-Schutzhandschuhe tragen.

  • Wäsche von Patienten ebenfalls nur mit Einmal-Schutzhandschuhen anfassen.

  • Beobachtungen von Milben oder Insekten melden. Diese können harmlos und jahreszeitlich bedingt sein, aber auch die Spitze einer versteckten „Schädlingsarmada” darstellen.

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Über den Autor

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Heinz Mehlhorn

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Prof. Dr. Jahrgang 1944. Er ist Parasitologe an der Universität Düsseldorf und hat zahlreiche Originalarbeiten sowie Bücher zur Lebensweise und Bekämpfung von Schädlingen sowie Human- und Tierparasiten verfasst. Mit seiner Universitätsausgründung Alpha-Biocare GmbH hat er zahlreiche antiparasitäre Mittel entwickelt und die Wirksubstanzen auch patentiert. In zahlreichen Fernseh- und Radiosendungen hat er versucht, die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit der Beachtung von Parasiten und Schädlingen zu überzeugen, ohne dass dadurch Panik oder Phobien entstehen. Immerhin ist Vorbeugung immer besser als die beste Heilung. Der Autor berät Ärzte und auch die Öffentlichkeit bei der Bestimmung und Bekämpfung von Parasiten bzw. Schädlingen. Proben können an das Parasitologie Kompetenzzentrum in Düsseldorf eingesandt werden.

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Literatur

  • 1 Mehlhorn B, Mehlhorn H. Zecken, Milben, Fliegen, Schaben … Schach dem Ungeziefer. 3. Aufl. Heidelberg; Springer 2003
  • 2 Mehlhorn B, Mehlhorn H. Zecken auf dem Vormarsch. Düsseldorf; University Press 2009
  • 3 Mehlhorn B, Mehlhorn H. Läusealarm. Düsseldorf; University Press 2009
  • 4 Mehlhorn H. Encyclopedia of Parasitology. 3rd ed. Heidelberg, New York; Springer 2008
  • 5 Steinbrink H. Gesundheitsschädlinge. Stuttgart; G. Fischer 1988
  • 6 Weidner W. Bestimmungstabellen der Vorratsschädlinge und des Hausungeziefers Mitteleuropas. Stuttgart; G. Fischer 1992
  • 7 Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W. Diagnose und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Aufl. München; Urban und Fischer 1995
  • 8 Mumcuoglu Y, Rufli T. Dermatologische Entomologie. Erlangen; Perimed 1995
  • 9 Abdel-Ghaffar F, Semmler M, Al-Rasheid K, Mehlhorn H. In vitro efficacy of ByeMite® and MiteStop® on developmental stages of the red chicken mite Dermanyssus gallinae.  Parasitol Res. 2009;  105 1469-1471
  • 10 Mul M, Van Niekerk T, Chirico J. et al . Control methods for Dermanyssus gallinae in systems for laying hens.  Worlds Poultry Science Journal. 2009;  65 589-599
  • 11 Aspöck H, Walochnik J. Die Parasiten des Menschen aus der Sicht der Ko-Evolution.  Denisa. 2007;  20 149-254
  • 12 Abdel-Ghaffar F, Semmler M, Al-Rasheid K. et al . Comparative in vitro tests on the efficacy and safety of 13 anti-head-lice products.  Parasitol Res. 2009;  106 423-429
  • 13 Menke N, Vobis H, D H aese. et al . Transmission of feline calicivirus via the cat flea (Ctenocephalides felis).  Parasitol Res. 2009;  105 185-189

Prof. Dr. Heinz Mehlhorn

Parasitologie Kompetenzzentrum
Universität Düsseldorf

Gebäude 26.11.00 Raum 22
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf

Phone: 0221/8113052

Email: mehlhorn@uni-duesseldorf.de

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Literatur

  • 1 Mehlhorn B, Mehlhorn H. Zecken, Milben, Fliegen, Schaben … Schach dem Ungeziefer. 3. Aufl. Heidelberg; Springer 2003
  • 2 Mehlhorn B, Mehlhorn H. Zecken auf dem Vormarsch. Düsseldorf; University Press 2009
  • 3 Mehlhorn B, Mehlhorn H. Läusealarm. Düsseldorf; University Press 2009
  • 4 Mehlhorn H. Encyclopedia of Parasitology. 3rd ed. Heidelberg, New York; Springer 2008
  • 5 Steinbrink H. Gesundheitsschädlinge. Stuttgart; G. Fischer 1988
  • 6 Weidner W. Bestimmungstabellen der Vorratsschädlinge und des Hausungeziefers Mitteleuropas. Stuttgart; G. Fischer 1992
  • 7 Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W. Diagnose und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Aufl. München; Urban und Fischer 1995
  • 8 Mumcuoglu Y, Rufli T. Dermatologische Entomologie. Erlangen; Perimed 1995
  • 9 Abdel-Ghaffar F, Semmler M, Al-Rasheid K, Mehlhorn H. In vitro efficacy of ByeMite® and MiteStop® on developmental stages of the red chicken mite Dermanyssus gallinae.  Parasitol Res. 2009;  105 1469-1471
  • 10 Mul M, Van Niekerk T, Chirico J. et al . Control methods for Dermanyssus gallinae in systems for laying hens.  Worlds Poultry Science Journal. 2009;  65 589-599
  • 11 Aspöck H, Walochnik J. Die Parasiten des Menschen aus der Sicht der Ko-Evolution.  Denisa. 2007;  20 149-254
  • 12 Abdel-Ghaffar F, Semmler M, Al-Rasheid K. et al . Comparative in vitro tests on the efficacy and safety of 13 anti-head-lice products.  Parasitol Res. 2009;  106 423-429
  • 13 Menke N, Vobis H, D H aese. et al . Transmission of feline calicivirus via the cat flea (Ctenocephalides felis).  Parasitol Res. 2009;  105 185-189

Prof. Dr. Heinz Mehlhorn

Parasitologie Kompetenzzentrum
Universität Düsseldorf

Gebäude 26.11.00 Raum 22
Universitätsstr. 1
40225 Düsseldorf

Phone: 0221/8113052

Email: mehlhorn@uni-duesseldorf.de

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Abb. 1 Lichtmikroskopische Aufnahme (LM) einer adulten Krätzmilbe.

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Abb. 2 Aufnahme mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) einer adulten Krätzmilbe.

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Abb. 3 Krätzeansatz am Haaransatz bzw. auf dem Kopf.

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Abb. 4 Patient mit Borkenkrätze (Scabies crustosa).

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Abb. 5 Lichtmikroskopische Aufnahme einer Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae).

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Abb. 6 Lichtmikroskopische Aufnahme eines Kopflausweibchens mit Ei im Abdomen.

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Abb. 7 Aufnahme mit dem REM eines Kleiderlausweibchens mit Eiern an Gewebe.

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Abb. 8 REM-Aufnahme einer Filzlaus.

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Abb. 9 REM-Foto eines Eies (Nisse) der Kopflaus an einem Haar.

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Abb. 10 REM-Aufnahme eines Katzenflohs.

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Abb. 11 LM-Foto von Larven des Katzenflohs. Dunkle Bereiche weisen auf gefressenen bluthaltigen Kot der Adulten hin.

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Abb. 12 Flohstiche in Reihe.

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Abb. 13 LM-Aufnahme einer Bettwanze mit 2 Eiern.

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Abb. 14 Wanzenstiche auf dem Rücken einer Frau.

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Abb. 15 Blattella germanica, sog. Deutsche Schabe.

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Abb. 16 Pharao-Ameise: lichtmikroskopische Seitenansicht.

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Abb. 17 Lucilia sericata; adulte Fliege.

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Abb. 18 Lucilia-Larve.

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