Bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein, galt das Auge
geradezu für immun gegen die tuberkulöse Infektion, während der
Syphilis aetiologisch eine große Rolle zugeschrieben wurde. So gibt
von Wecker an, daß die Regenbogenhaut wenig
Neigung zur Lokalisation der Tuberkulose zeige. Knies
beschreibt eingehend das anatomische Bild der chronischen Uveitis, erwähnt
aber mit keinem Worte, daß Tuberkulose als Ursache der Erkrankung in
Betracht kommen könnte; ebenso Perls, Koenig.
Die erste Mitteilung über Tuberkulose der Iris bringt
Gradenigo, es folgen Benthold
mit anatomischer Untersuchung, Perls, Manfredi,
Weiß u. a. Im Jahre 1897 zeigte Cohnheim, indem er tuberkulöse Käsemassen in die
Vorderkammer von Kaninchen einbrachte, – ein seitdem oft wiederholter
Versuch – daß eine tuberkulöse Erkrankung der Iris erfolgte,
an die sich nach einer gewissen Latenzzeit in größter Mehrzahl eine
Verallgemeinerung der Infektion anschloß und mit dem Tode des
Versuchstieres endete. Haab und Haensell gelangten zu der Ansicht, daß die chronisch
schleichende Iritis mit gelblich-grauen Knötchen im Kammerwinkel, die zum
Stillstand oder gar zur völligen Abheilung kommen, oder auch zur Phthisis
bulbi führen könnte, tuberkulösen Ursprungs sei. Auch
v. Wagenmann trat für die tuberkulöse Natur
der Affektion ein, konnte aber den Beweis dafür nicht erbringen.
Haensells Impfversuche fielen negativ aus. Erst
Leber ist es (1891) gelungen, auf Grund der
anatomischen Untersuchungen von Wagenmanns, die sich
auf ein großes Material erstreckten, den Nachweis zu erbringen. Besonders
frappierte ein Umstand, der sonst dem Wesen der Tuberkulose nicht eigen ist,
daß nämlich die Knötchen abheilen konnten, ohne Spuren zu
hinterlassen, und schien gegen die tuberkulöse Natur der Knötchen zu
sprechen. Vossius erklärte solche Fälle
für nicht tuberkulös. Leber führte
daher für diesen Vorgang die Bezeichnung „abgeschwächte
Tuberkulose” ein, wies aber später ausdrücklich darauf hin,
daß er mit diesem Ausdruck nichts über die Virulenz der
Tuberkelbazillen habe aussagen wollen, sondern damit nur eine milde, klinisch
gutartige Verlaufsform der tuberkulösen Affektion bezeichnet wissen
wollte.
Großes Aufsehen erregte es nun, als von Michel in der zweiten Auflage seines Lehrbuches, die im
Jahre 1892 erschien, die Behauptung aufstellte, man müßte der
Tuberkulose in der Aetiologie der chronischen Iritis eine mindestens ebenso
große Rolle zuerkennen, wie man es bisher der Luës gegenüber
tat:
„Fast in gleicher Häufigkeit wie die syphilitische
Iritis, wenn auch wahrscheinlich verschieden häufig, je nach der
geographisch geringeren oder stärkeren Verbreitung der Tuberkulose, kommt
die tuberkulöse Iritis zur Beobachtung … Besonders
betont sei, daß
-
eine Iritis verschiedenen Grades mit mehr oder weniger
zahlreichen hinteren Synechien durch eine tuberkulöse Infektion
hervorgerufen werden kann,
-
daß eine solche auftreten kann, auch wenn nur vereinzelte
tuberkulöse Knötchen im Irisgewebe entstanden sind,
-
daß nicht selten die Knötchen wegen ihrer Kleinheit
und wegen der Tiefe, in der sie sich innerhalb des Irisgewebes befänden,
mit bloßem Auge überhaupt nicht wahrgenommen werden können,
-
am ehesten und frühesten bei einer tuberkulösen Iritis
tuberkulöse Knötchen in dem Ligamentum pectinatum an verschiedenen
Stellen desselben sichtbar werden,
-
daß vorzugsweise bei den mehr chronischen Formen
Beschläge an der Hinterwand der Hornhaut auftreten.”
Man unterschied jetzt drei Formen, unter denen die Tuberkulose der
Iris auftreten konnte:
-
eine kleine Form von gelben Knötchen, die relativ gutartige
Knötcheniritis,
-
eine größere Form, die sogenannte
Granulationsgeschwulst, mit Neigung zum raschen progressiven Wachstum, die zum
Durchbruch und zur Phthisis bulbi führt,
-
die einfache, entzündlich-plastische Iritis.
Die beiden ersten Formen unterschied schon Haab, die dritte stellte erst v.
Michel auf, und noch heute besteht diese Einteilung zu Recht.
V. Michel trat für seine Anschauung
noch weiter in einem Vortrag ein, den er in der med.-physikalischen
Gesellschaft zu Würzburg hielt, und mehrere Dissertationen aus seiner
Klinik (Bongartz, Wagner u. a.) suchten Beweise
dafür zu erbringen. V. Michels Ansicht blieb
nicht ohne starken Widerspruch. So wies Bach auf die
verschiedene, geographische Verbreitung der Tuberkulose hin, die sich auch in
der Häufigkeit der Infektion am Auge geltend machte. Vor allen trat
Velhagen auf Grund seines großen poliklinischen
Materials in Göttingen v. Michel entgegen.
V. Michel stellte die Diagnose auf Tuberkulose, vor
allem aus dem klinischen Bilde, ja sogar, wenn die Tuberkulinprobe ein
negatives Resultat ergab.
Dagegen wandte sich v. Hippel, und
Axenfeld wies auf die Notwendigkeit eines exacten
bakteriologischen und anatomischen Nachweises für Tuberkulose hin,
erklärte dann aber später, daß chronische
Bulbusentzündungen häufig tuberkulös seien. V. Michel zog als unterstützendes Moment noch heran,
die Diagnose auf tuberkulöse Iritis stehe sicher, wenn sich noch eine
anderweitige Lokalisation der Tuberkulose im Körper nachweisen
ließe, unterließ aber nicht, hervorzuheben, daß eine
tuberkulöse Iritis entstehen könne, ohne daß zur Zeit die
Erscheinungen der Tuberkulose an anderen Stellen des Körpers sich
feststellen ließen. Somit könnte die Iritis die früheste
Manifestation der tuberkulösen Affektion darstellen. Es war also die Frage
aufgeworfen, ob primäre oder sekundäre Tuberkulose am Auge statthabe.
Haas stellte das klinische Material der primären
Uvealerkrankungen aus der Würzburger Klinik zusammen, im ganzen 440
Fälle, und fand davon bei 50 % der Fälle eine manifeste
Tuberkulose in anderen Organen, Verdacht derselben oder hereditäre
Belastung. Dagegen machte Denig an Hand einer
umfangreichen Statistik geltend, daß, wie es eine rein lokale Lungen-
oder Knochentuberkulose gebe, man ebenso eine Lokaltuberkulose des Auges im
Sinne einer primären Ansiedlung des Infektionsstoffes im Auge annehmen
könne; und daß daher das Fehlen von anderen tuberkulösen
Organerkrankungen an sich noch nicht gegen die Annahme einer Tuberkulose des
Uvealtraktes zu sprechen brauchte. Nach Leber, Fuchs, de
Wekker u. A. ist dagegen die Tuberkulose im Auge stets als eine
secundäre Ansiedlung aufzufassen. Fälle, wo die Uvealerkrankung als
primär angesehen wurde, sind von verschiedenen Autoren mitgeteilt worden,
ich nenne Parinand, Poncet, Alexander, Hirschberg,
Samelsohn, Bach usw. In neuester Zeit teilt Hayashi einen Fall mit, wo sich bei gründlicher
Autopsie kein tuberkulöser Herd im Körper hat finden lassen, und bei
dem die Tuberkulinreaction ein positives Resultat ergab und die Augenaffektion
auf eine Tuberkulinkur hin völlig abheilte.
Man tappte also ziemlich im Dunkeln und war betreffs der Aetiologie
der vorderen Uvealerkrankungen auf Vermutungen angewiesen. Eine Klärung
der ganzen Sachlage brachte erst Stock auf Grund
seiner vielen sorgfältigen Experimente. Indem er Kulturen von virulenten
Tuberkelbazillen in die Ohrvene von Kaninchen einspritzte, konnte er eine
typische tuberkulöse Iritis erzeugen, die ganz dem Bilde entsprach, das
man klinisch und anatomisch am menschlichen Auge zu sehen gewohnt war.
Bemerkenswert ist, daß er auch feststellen konnte, was früher
Leber, Vignes, Samelsohn u. a. mitgeteilt
hatten, daß nämlich die Knötchen, ohne Spuren zu hinterlassen,
abheilen konnten:
„Ich habe in den Augen, in welchen klinisch das Auftreten und
Wiederverschwinden von Tuberkeln festgestellt war, mich immer wieder
bemüht, irgendwelche Narben oder Gewebsveränderungen der Iris zu
finden; ich habe jedoch nichts feststellen können, was als Beweis
dafür angesehen werden könnte, daß an der einen oder anderen
Stelle ein solches Knötchen früher gewesen wäre. Es hat eben das
Irisgewebe offenbar eine außerordentliche Fähigkeit, sich zu lockern
und, wenn die Infection verschwunden ist, wieder die frühere Lage
einzunehmen.”
Auch stellte Stock durch seine
Untersuchungen sicher, daß nicht jede Uvealtuberkulose mit Knötchen
auftreten müsse, und bestätigte v. Michels
Lehren von der Iritis tuberculosa auf das Glänzendste.
Wie verhält es sich nun mit der heutigen Diagnostik der
tuberkulösen Uvealerkrankungen? Daß die Uvea der Teil des
menschlichen Auges ist, der am meisten von der tuberkulösen Infektion
befallen wird, steht fest; und es muss auffallen, daß man überhaupt
solange Zeit gebraucht hat, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, wo wir doch an
der Iris wie an keinem anderen Organ des Körpers das Werden und Vergehen
des tuberkulösen Processes direct sehen können!
Zunächst ist das klinische Bild, wie auch Stock betont, keineswegs für Tuberkulose unbedingt
charakteristisch. Für die Iritis nodulosa kommen vor allem in
differential-diagnostischer Hinsicht in Betracht die Syphilis, dann die
sogenannte Fremdkörpertuberkulose, die Raupenhärcheniritis und die
sympathische Ophthalmie. Wie Stock im Experiment
feststellte, können auch Infektionen mit pathogener Hefe, Pyocyaneus
β und anderen Mikroorganismen eine Ophthalmia nodosa erzeugen, die
klinisch in Nichts von der tuberkulösen verschieden ist. Aehnliche
Knötchen finden sich noch bei den leukaemischen Bluterkrankungen und bei
Lepra, die sich aber leicht ausschließen lassen. Der früher
eingenommene Standpunkt, daß sich tuberkulöse Knötchen der Iris
allein schon durch ihre Lokalisation von denen syphilitischen Ursprungs
besonders im Beginn der Erkrankung unterscheiden lassen – vor allem der
Sitz im Kammerwinkel sollte für Tuberkulose sprechen, während die
Luës mehr Neigung besitzen sollte, sich im Gebiete des Circulus iridis
minor anzusiedeln – ist heute nicht mehr aufrecht zu erhalten. Eben die
haematogene Entstehung der Infektion macht verständlich, daß
überall Knötchen aufschießen können, und warum bestimmte
Bezirke eines Organes frei bleiben sollen, ist nicht recht einzusehen
(Krückmann, Stock). Auch aus dem ungünstigen
Verlauf des Prozesses allein die Diagnose auf Tuberkulose sich stellen zu
können, wie man früher wohl glaubte, ist man, wie aus obigen
Darlegungen folgt, nicht mehr berechtigt.
Der Impfversuch nach Cohnheims Methode
mißlingt meistens, vielleicht weil die Bakterien nicht mehr virulent
genug oder schon abgestorben sind. Auch der Versuch des tinktoriellen
Nachweises der Erreger ist meist vergeblich, wohl aus demselben Grunde. Diese
Tatsache hat manche Untersucher zu der Ansicht geführt, daß es sich
bei der Iritis tuberkulosa nur um eine Toxinwirkung handle oder nur um Embolien
von Bacillentrümmern. In der Tat gelingt der Bazillennachweis nur in den
seltensten Fällen und nur mit vieler Mühe. Im Zusammenhang hiermit
ist interessant, daß Daels nachgewiesen hat,
daß auch durch tote Tuberkelbazillen Knötchen erzeugt werden
können, die gleichen klinischen Verlaufe zeigen wie die durch lebende
Erreger hervorgebrachten Tuberkel. Als sicheres und wichtiges Symptom einer
schweren Iridocyclitis, das bei Gesunden nie vorkommt und die erste klinische
Manifestation der Erkrankung darstellen kann, sind die Descemetschen
Beschläge an der Hornhauthinterwand zu nennen. Sie können ohne
jegliche subjective Beschwerden bestehen und fallen, bei Ausschluß einer
sympathischen Ophthalmie für die Annahme einer tuberkulösen
Iridocyclitis stark ins Gewicht. Ein anderes bedeutungsvolles klinisches
Merkmal sind die hinteren Synechien.
In neuerer Zeit hat man vor allem die Tuberkulinreaktion zur
klinischen Diagnostik herangezogen, und eine ausgedehnte Literatur berichtet
über den Wert derselben. (Sammelreferat über Tuberkulinwirkung von
Weiß, Zentralblatt für Grenzgebiete der
Medizin und Chirurgie Bd. IX, 1906). Außer der Injection von
Kochs Alttuberkulin bedient man sich der
Pirquetschen Cutanprobe, während die
conjunctivale Einträuflung nach Wolff-Eisner und
Calmette ziemlich verlassen worden ist; man hat
heftige Reizerscheinungen danach auftreten sehen. Auch die Einreibung mit
Tuberkulinsalbe nach Moro wird viel geübt. Man
kann den heutigen Stand in der Tuberkulindiagnostik kurz dahin zusammenfassen,
daß, wenn zugleich mit der Allgemeinreaktion eine Lokalreaktion am Auge
– Zunahme oder Auftreten von pericornealer Injection, Hyperaemie der Iris
und verstärkte Exsudation, Praecipitate, hintere Synechien,
Glaskörpertrübungen – auftritt, die Augenaffektion als
tuberkulös anzusehen ist; wenn dagegen eine Allgemeinreaktion allein
auftritt, so ist noch nicht bewiesen, daß nun die Bulbusaffektion
tuberkulösen Ursprungs ist, es steht dann nur fest, daß irgendwo im
Körper ein tuberkulöser Herd sitzt. Die Reaktion leistet jedenfalls
in der Augenheilkunde gute Dienste.
Dann besitzen wir noch seit den letzten Jahren ein wichtiges
differentialdiagnostisches Hilfsmittel, die Diagnose auf Tb per exclusionem zu
stellen, in der Wassermann’schen Reaktion. Bei
syphilitischen Augenerkrankungen – die Luës befällt das Auge
vorwiegend in dem secundären Stadium – fällt nach
Leber die Wassermann’sche Reaktion in
80 – 90 % der Fälle positiv aus. Es ist
aber nicht zu vergessen, daß sich auch bei einem Syphilitiker eine
tuberkulöse Augenentzündung vorfinden kann und umgekehrt. Nicht allzu
selten fällt neben der positiven WaRe auch die Tuberkulinprobe positiv
aus. Einer Diagnose ex juvantibus stehen viele Bedenken entgegen; einmal heilt,
wie wir oben erwähnt haben, die Tuberkulose oft spontan, dann sieht man
von Jodkali und Quecksilber auch auf sicher tuberkulöse Processe eine
günstige Wirkung ausüben.
Es bleiben auch heute noch genügend Fälle übrig, wo
eine sichere klinische Diagnose nicht gestellt werden kann, und wir auf die
pathologisch-anatomische Untersuchung angewiesen sind. Aber auch hier tritt uns
eine große Schwierigkeit entgegen, dieselbe, die uns die klinische
Diagnostik so sehr erschwert, daß nämlich das histologische Bild
für die Tuberkulose nicht unbedingt charakteristisch ist. Wie schon oben
ausgeführt, kann die tuberkulöse Iridocyklitis in drei verschiedenen
Formen auftreten, als Knötcheniritis, als progressive Granulationsform,
die schon Haab und Haensell
als sicher tuberkulös ansahen, und als einfache
plastisch-entzündliche Iritis. Aus dem histologischen Bild einer
Knötcheniritis allein läßt sich kein sicherer Schluß auf
Tuberkulose ziehen; denn Riesenzellen sieht man ebenso bei Luës und der
Pseudotuberkulose, ebenso die epitheloiden Zellen. Die sonst so sehr für
Tuberkulose typische Verkäsung wird in den Irisknötchen ausnahmslos
vermißt, und man geht wohl kaum fehl, wenn man den Grund für diese
auffällige Erscheinung in der reichlichen Gefäßversorgung des
Uvealtraktes sieht, wenn man auch mit Schmaus, Weigert
und Albrecht annimmt, daß die Verkäsung
eine Koagulationsnekrose sei, die durch die giftigen Stoffwechselproducte der
Tuberkelbacillen hervorgerufen wird. Es ist doch aber auch nicht zu verkennen,
daß die reichliche Blutversorgung vermittels der Schutzstoffe auf den
Verlauf des tuberkulösen Processes einen weitgehenden Einfluß
ausüben muß. Am schwierigsten ist die Sachlage bei der einfachen
exsudativen Iritis zu beurteilen; man sieht nicht allzu selten später eine
der beiden anderen Formen der tuberkulösen Iritis hinzutreten, wie
überhaupt die drei Formen mannigfach ineinander übergehen
können.
Im Anschluß hieran möchte ich zunächst einen Fall
von Tuberkulose im vorderen Augenabschnitt mitteilen, der in mancher Beziehung
interessante Verhältnisse darbietet. Es handelt sich um ein
3-jähriges Kind, das einer allgemeinen Miliartuberkulose erlag, und in der
Iris des linken Auges zahlreiche kleine Knötchen gezeigt hatte. Der Bulbus
wurde nach Fixation in Birch-Hirschfelds Gemisch
horizontal aufgeschnitten und in Serienschnitte zerlegt, die mit
Haematoxilin-Eosin und nach van Gieson, sowie auf elastische Fasern nach der
Orceïnmethode gefärbt wurden.
Die Hornhaut zeigt keine Besonderheiten, das Epithel ist in ganzer
Ausdehnung intact, die Bowmansche Membran stellenweise
leicht gefältelt, Hornhautgrundsubstanz, Descemetsche Membran und Endothel der Vorderkammer sind
ohne Veränderungen.
Auf der Hornhauthinterfläche finden sich überall
zahlreichste Praecipitate den Endothelzellen aufliegend; sie bestehen aus
Lymphocyten, deren Protoplasmaleib unter dem Einfluß des Kammerwassers
stark gequollen ist, aus Fibrinfäden und unregelmäßig
begrenzten, schwärzlichen Pigmentklumpen. Nirgends ist unter den
aufgelagerten Preacipitaten das Endothel zerstört. Auch im Kammerwasser
sind viele Praecipitate anzutreffen. Die Tiefe der Vorderkammer ist normal.
Von der Iris möchte ich den nasalen und temporalen Abschnitt
getrennt beschreiben. Auf der nasalen Seite ist die Kammerbucht frei. Die
Limbusgefäße sind hyperämisch, ihre Adventitia ist frei von
Rundzellen. Der Schlemmsche Kanal ist offen; die Balken der Fontanaschen
Räume sind aufgesplittert und ragen frei ins Lumen der Vorderkammer, eine
Veränderung, die durch die Praeparation arteficiell entstanden ist. Sonst
ist am Irisansatze nichts Pathologisches zu sehen. Die Irisdicke ist normal,
das Irisstroma zellreicher, besonders finden sich lymphcytäre Elemente
eingelagert, sonst aber weist das Stroma keine Veränderungen auf. Der
ganzen Vorderfläche der Iris entlang sieht man in dichten Massen
Lymphocyten und Leukocyten anliegen und alle Buchten der Iris ausfüllen;
mit dem Irisgewebe selbst stehen sie in keiner Beziehung. Auf der Grenze von
pupillarem und ciliarem Teil der Regenbogenhaut ragt ein Knötchen
pilzförmig weit in das Lumen der Vorderkammer vor, zu einem Drittel in das
Stroma reichend; es setzt sich in der Hauptsache aus Lymphocyten mit intensiv
gefärbten Kernen zusammen, in der Peripherie liegen epitheloide Zellen,
auch polynucleäre Leukocyten sind zu erkennen, deren Kerne teilweise
zertrümmert sind. Riesenzellen von Langhans’schem Typus sind nicht
zu finden, auch fehlt jede Spur von Verkäsung. Was besonders auffallend
ist, das ist das völlige Fehlen von entzündlichen
Reaktionserscheinungen in der Umgebung des Knötchens, das wie ein
Fremdkörper der Iris aufgepfropft erscheint. Besonders hervorzuheben ist,
daß die an ihrer Pigmentierung leicht kenntlichen Zellen der vorderen
Grenzschicht im Bereich des Knötchens völlig verschwunden sind. Im
Bereiche des M. sphincter pupillae fehlt das hintere Pigmentblatt der Iris eine
Strecke weit. In anderen, weiter nach unten gelegenen Schnitten sind ebenfalls
im Sphinktergebiet die beiden Blätter des Pigments weit durch einen
Zellhaufen auseinander gedrängt; dieser, aus Epitheloïdzellen
bestehend, erstreckt sich am Pupillarrand in das Kammerwasser hinein.
Hintere Synechien fehlen. Der Ciliarkörper ist intact.
Wenden wir uns zur Betrachtung des temporalen Teiles des Bulbus, so
treffen wir hier viel stärkere entzündliche Veränderungen an als
nasal. Auch hier ist die ganze Vorderfläche der Iris der Länge nach
besät mit Praecipitaten von einkernigen und polymorphen Zellen.
Während der pupillare Anteil der Regenbogenhaut eine starke zellige
Infiltration mit Lymphocyten aufweist, ist der Ciliareil der Iris weit
über das Doppelte verdickt durch mehrere große Knoten, die sich nach
hinten bis in die tiefsten Stromaschichten erstrecken und zugleich nach vorn in
die Vorderkammer prominieren und einen Fibrinmantel tragen. Ihre Begrenzung ist
unscharf. Ihrer Zusammensetzung nach bestehen sie aus leukocytären
Elementen, die deutliche Zerfallserscheinungen aufweisen, aus
peripherwärts fischzugartig angeordneten Epitheloidzellen; auch
Riesenzellen und reichlich Lymphocyten beteiligen sich am Aufbau. Die vordere
Grenzschicht zeigt im Bereich der Tuberkel große Lücken; wo sie
erhalten ist, zeigt sie das Bestreben, teils vor, teils hinter den
Knötchen weiterzuziehen, verliert sich dann aber allmählich in der
Neubildung. Die Kammerbucht ist erfüllt mit zelligen Exsudatmassen; der
Schlemmsche Kanal ist obliteriert. Die Gefäße an der
Corneoscleralgrenze zeigen im Gegensatz zur anderen Seite perivasculäre
Rundzellinfiltration. Der Irisansatz ist stark verbreitet durch ein
Knötchen, das soweit nach vorn gewuchert ist, daß es den
Kammerwinkel völlig verlegt, anderseits nach hinten in die hintere Kammer
unter Zerstörung des Pigmentepithels durchgebrochen ist. Von
Verkäsung ist nichts wahrzunehmen, Von Wichtigkeit ist
das Verhalten des Pigmentepithels der Iris. Obwohl das tuberkulöse
Granulationsgewebe nicht so weit nach hinten reicht, daß es selbst die
Pigmentschicht hätte irritieren können, ist letztere stark
verändert, deutlich in zwei Schichten geschieden; die sonst tiefschwarze
Färbung ist aufgehellt, die Epithelien sind stellenweise stark hydropisch
gequollen, und das Pigment, das in normalem Zustand tiefschwarz homogen
erscheint, ist in deutlich erkennbare, bräunliche Kügelchen
zerfallen. Auch größere Hohlräume finden sich in einigen
Präparaten. Auch völliger Pigmentschwund ist an einigen Stellen zu
konstatieren. Gehen wir von der Iris auf den Ciliarkörper über, so
treffen wir hier die stärksten Veränderungen an. Während der
muskuläre Teil des Ciliarkörpers sich als widerstandsfähig
erwiesen hat, ist der vordere bindegewebige Teil in ein diffuses
Granulationsgewebe verwandelt, das schon Anstalten macht, an der
Corneoscleralgrenze nach außen vorzudringen. Nur mit Mühe
läßt sich eine Zusammensetzung der Wucherung aus Knötchen
erkennen. Die Ciliarfortsätze sind in die entzündliche Neubildung
aufgegangen, und nur hier und dort deuten verstreute Züge
schwärzlichen Pigments die früheren Konturen der Fortsätze an.
Nach hinten ist der tuberkulöse Tumor breit in die hintere Augenkammer
durchbrochen, und sendet seine Zellen, darunter auch Riesenzellen, frei ins
Kammerwasser. In anderen Präparaten erkennt man, wie sich ein
Knötchen an der Spitze eines Ziliarfortsatzes angesiedelt hat und ihn
keulenförmig auftreibt. Betrachten wir das Granulationsgewebe auf seinen
feineren Bau hin genauer, so finden wir wieder dieselben Zellen wie in den
Irisknötchen, polymorphkernige Leucocyten in großer Zahl, dazwischen
Epitheloidzellen mit schwach gefärbtem, länglichem Protoplasmaleib;
dazwischen gruppieren sich ferner dichte Lymphocytenhaufen mit dunklen Kernen,
auch reichlich Fibrin. An einigen Stellen sieht man homogene Massen, wo die
Kerne keinen Farbstoff mehr in sich aufgenommen haben, und wo regressive
Metamorphose eingetreten ist. Riesenzellen sind in spärlicher Zahl
anzutreffen. Blutgefäße sind nicht zu erkennen, auch vermittels
spezieller Elastikafärbungen nicht, sie sind also zugrunde gegangen.
Die Linse fehlt. Die Aderhaut liegt der Sclera überall dicht
an, Gefäße darin sind stark hyperämisch, sonst zeigt sie keine
Besonderheiten, ebenso die Retina und der N. opticus. Es fand sich nun nach
längerem Suchen in einigen Schnitten, die durch den Sehnerven gingen und
die Centralgefäße trafen, ein submiliarer Tuberkel an der
Papillengrenze, also schon in der Nervenfaserschicht der Netzhaut, mitten im
Gewebe zwischen den Nervenfasern; ein Zusammenhang mit Gefäßen war
nicht nachzuweisen. Entzündliche Veränderungen in seiner Umgebung
fehlen völlig. Er setzt sich zusammen aus Lymphocyten, Epitheloidzellen
und zwei Riesenzellen.
Fassen wir das Bild, das sich uns bietet, noch
einmal kurz zusammen, so sehen wir in der einen Bulbushälfte ein
üppig wucherndes Granulationsgewebe im Ciliarkörper und Kammerwinkel
entstehen, das in die vordere und hintere Augenkammer durchgebrochen ist und
seine zelligen Bestandteile ins Kammerwasser sendet. Da die Störung der
Lymphflüssigkeit im Bulbus von den Ciliarfortsätzen aus um den
Pupillenrand herum zur vorderen Kammerbucht gerichtet ist, so sehen wir auch
die vom Ciliartuberkel losgelösten Zellen sich auf diesem Wege
fortbewegen, und mit ihnen vielleicht auch die Tuberkelbacillen, und so zur
Praecipitatbildung an Irisvorderfläche und Hornhauthinterwand und zur
Entwicklung von neuen kleinen Knötchen auf der Irisvorderfläche
führen. So findet auch ungezwungen die Tatsache eine Erklärung,
auf die man seit den letzten Jahren aufmerksam geworden ist, daß in
größter Mehrzahl der Fälle nach dem Ciliarkörper die Iris
und Hornhaut secundär erkrankt, während die Ausbreitung der Infektion
nach den hinteren Bulbusabschnitten zu den Seltenheiten gehört.
Während für gewöhnlich die Iris vom Ciliarkörper
aus auf dem haematogenen inficiert wird, zeigt unser Bulbus eine andere
Möglichkeit. Es war oben von einem kleinen Knötchen an der nasalen
Irishälfte die Rede, es sitzt ganz isoliert locker dem Irisgewebe auf und
prominiert stark in die Vorderkammer. Da es durchaus keine
Beziehung zu den Irisgefäßen zeigt, so ist die Annahme nicht von der
Hand zu weisen, daß es secundär vom Ciliarkörpertuberkel aus
entstanden ist, indem losgelöste Bröckel dem Lymphstrome folgend,
sich an der Irisvorderfläche etabliert und zur Bildung eine Knötchens
geführt haben. Dazu kommt, daß Gourfein die Anwesenheit von Tuberkelbazillen im
Kammerwasser nachgewiesen hat. Auch Straub gelangte
auf Grund experimenteller Untersuchungen am Kaninchen zu dieser Auffassung.
Auch die Tatsache, daß der Iristuberkel keine Riesenzellen aufweist im
Gegensatz zur Ciliarkörpergeschwulst, läßt darauf
schließen, daß der Prozeß in der Iris jüngeren Datums ist, da die Ausbildung von
Riesenzellen längere Zeit in Anspruch nimmt. Besonders möchte ich
noch die Aufmerksamkeit auf das eigentümliche Verhalten der vorderen
Grenzschicht der Iris lenken, die im Bereiche der Knötchen zugrunde
gegangen ist, die aber entweder vor oder hinter den Knötchen
vorbeizukommen trachtet, um sich dann in der entzündlichen Neubildung zu
verlieren. Aus dem Bestreben der Grenzschicht, hinter den Knötchen
herzuziehen, läßt sich wohl ohne Zwang entnehmen, daß
ursprünglich der Sitz des Knötchens ganz oberflächlich war, und
die Grenzschicht nach hinten gedrängt und später durchbrochen worden
ist, während das umgekehrte Verhalten der Grenzschicht anzudeuten scheint,
daß der Tuberkel im Stromagewebe entstanden ist.
Es bleibt noch übrig, die Veränderungen am hinteren
Pigmentblatte kurz zu besprechen. Wir sahen, daß das Pigmentblatt
deutlich oedematös gequollen war, sich in Schichten sonderte und
stellenweise bis auf klumpige Reste verschwunden war; letzteres gegenüber
den Tuberkeln. Da zwischen Knötchen und depigmentierten Stellen die ganze
intacte Gefäßschicht der Iris gelegen ist, so kann es sich nicht um
eine unmittelbare Wirkung von den Knötchen aus auf das Pigment handeln.
Krusius sah durch Injektion von Alttuberkulin in die
VK von Kaninchen Pigmentschwund entstehen, und dies weit stärker an
tuberkulös sensibilisierten Augen. Gilbert
spricht bei Demonstration dieser Präparate von einer
Frühschädigung des Pigmentepithels, die auch Heine schon bemerkt hat. Während Krusius annimmt, daß nur der Entzündungsreiz
als solcher den Pigmentschwund verursacht, glaubt Gilbert ihn auf spezifische Tuberkulinwirkung
zurückführen zu können, indem er darauf hinweist, daß
sonst bei frischen Iritiden ohne hintere Synechien gerade das Pigmentblatt sich
als widerstandsfähig erweist.
Wenn Denig bei Erörterung der Frage
von der primären Tuberkulose im Auge zum Vergleich heranzieht, daß
es auch eine primäre Lungen- und Knochentuberkulose gebe, so ist zu
bemerken, daß letztere nach Orth und
König ein sehr seltenes Vorkommnis darstellt, und
daß bei sorgfältig ausgeführten Sektionen sich
außerordentlich häufig ein tuberkulöser Herd in den
Lymphapparaten der Brustorgane sich vorfindet. In unserem Falle handelt es ich
um eine Miliartuberkulose, auch der Tuberkel an der Papillengrenze spräche
allein schon für eine secundäre Aussaat der Infektion.
Ein anderes Bild bietet ein zweiter Fall dar. Die Hornhaut weist
starke Veränderungen auf. Das Epithel ist in den mittleren und unteren
Partien völlig aufgelockert, die einzelnen Epithelzellen sind voneinander
durch weite Zwischenräume getrennt, stellenweise ist ihre oberste Schicht
blasig abgehoben. Die Bowmansche Membran ist o. b. Die
Zwischenräume zwischen den Hornhautlamellen sind stark erweitert. An der
Hinterwand der Cornea sind massenhaft Präcipitate zu sehen, sie bestehen
aus stark gequollenen Lymphzellen und zahlreichen roten Blutkörperchen,
auch Leukocyten sind darunter. Ebensolche Präcipitate schwimmen reichlich
im Kammerwasser.
In der Conjunctiva bulbi, soweit sie erhalten ist, fällt die
enorme Erweiterung der Lymphspalten unmittelbar unter dem Epithel gelegen auf;
das subconjunctivale Gewebe ist komprimiert und erscheint so zellreicher als in
der Norm. Stärkste Hyperämie der Bindehaut- und
Limbusgefäße, sogar Blutaustritte ins Gewebe finden sich.
Bevor wir auf die Veränderungen am Limbus näher eingehen,
sei die Beschreibung derselben an der Iris und am Corpus ciliare
vorausgeschickt.
Schon makroskopisch fällt die enorme gleichmäßige
Verdickung der Iris ins Auge, die fast auf das Vierfache ihrer normalen Dicke
verbreitert ist und die Vorderkammer bis auf ein Drittel ihrer Tiefe reduciert
hat. Beiderseits ist der Kammerwinkel vollständig verlegt und das Lumen
des Schlemmschen Kanales obliteriert. Von einem Pupillarrande zum anderen zieht
eine dicke Membran, welche die Pupillaröffnung vollständig verlegt,
und die sich aus einem dicht verfilzten Maschennetz von Fibrinfasern aufbaut.
Zwischen ihren Maschen sind Rundzellen in großer Masse eingelagert, je
näher dem Pupillarrande, desto stärker die Zellansammlung. Auch an
der Vorderfläche der Iris sind Fibrinmassen aufgelagert, auf der
temporalen Bulbusseite fassen sie eine tumorartige Ansammlung von Lymphocyten
zwischen sich, die schon Zerfallserscheinungen an ihren Kernen erkennen lassen.
Was das Irisgewebe selbst anbelangt, so kann von einer Trennung in
verschiedenen Schichten wie an einer normalen Regenbogenhaut keine Rede sein,
die ganze Iris ist weit in den Ciliarkörper hinein in eine diffuse
Granulationsmasse verwandelt, die nur noch teilweise einen
knötchenförmigen Aufbau erkennen läßt. Wo solche vorhanden
sind, bestehen sie größtenteils aus Lymphocyten, sonst finden sich
epitheloide Zellen, Riesenzellen und leukocytäre Elemente. Die
Kernfärbung ist nicht immer deutlich, doch kann von typischer
Verkäsung keine Rede sein. In den tieferen, nach hinten gelegenen
Schichten sind zahlreiche, stark geschlängelte Kapillaren sichtbar, die
sehr stark hyperämisch sind und erst neugebildet sein müssen. Es ist
noch das reichliche Vorhandensein von fädigem Fibrin auffallend. Wo
Leukocyten vorhanden sind, trifft man ihre Kerne in Karyorrhexis begriffen; am
besten erhalten sind immer die Kerne der Lymphocyten, die sich vorwiegend um
die neugebildeten Gefäße gruppieren. Auch kleine Zerfallshöhlen
sieht man, dort hat schon eine Erweichung nekrotischen Materials
stattgefunden.
Von besonderem Interesse ist auch bei diesem Fall
das Verhalten des Irispigmentblattes, besonders
schön an Präparaten zu sehen, deren Schnittrichtung nicht durch die
Pupillaröffnung verläuft. Das Pigmentblatt ist nämlich nach
hinten guirlandenförmig ausgebuchtet, und zwar von einem Irisansatz zum
andern, man kann so zwei bis drei Schleifen sehen, die nach hinten konvex
ausgebuchtet sind; das Pigment ist stark reduciert, hier und dort völlig
unterbrochen, hat aber seine tiefschwarze Färbung behalten. Man hat den
Eindruck, als ob stellenweise das Pigmentepithel dem nach hinten
vordrängenden Granulationsgewebe Widerstand geleistet, anderwärts
dagegen nachgegeben habe und nach hinten vorgebuchtet worden sei. Auf der
Hinterfläche der Iris findet sich ein starker fibrinös-zelliger
Belag. Ohne Grenze geht die Granulationsgeschwulst von der Iris auf den
Ciliarkörper über, packt den bindegewebigen Teil des letzteren samt
den Fortsätzen ein, bricht beiderseits am Limbus durch die Sklera, die wie
abgeschnitten sich plötzlich im Granulationsgewebe verliert, und macht
dann wenige Millimeter von der Oberfläche des Bulbus Halt. Zum Durchbruch
nach außen ist es noch nicht gekommen. Vom Limbus aus, dessen
Gefäße stark injiciert sind und einen Rundzellenmantel tragen,
erstrecken sich neugebildete Kapillaren in die Hornhaut weit hinein fast bis
zur Mitte, indem sie zwischen die Hornhautlamellen sich einen Weg bahnen; nur
wenige Rundzellen schließen sich ihnen an.
Ueber den hinteren Bulbusabschnitt ist nichts Besonderes zu sagen,
die Epithelien der Ora serreta sind ödematös, der Suprachoriodealraum
ist stark erweitert, Aderhaut und Netzhaut sind normal, nur daß
sämtliche Gefäße sehr hyperämisch sind. Der Sehnerv zeigt
physiologische Exkavation. Es finden sich Präcipitate im Glaskörper
und auf der Retina.
Diese Form, die sogenannte konglobierte
Tuberkulose, ist schon seit langer Zeit der Tuberkulose zugezählt
worden und kommt mit Vorliebe bei jugendlichen Personen vor. Was unsern Fall
kompliziert, das ist das gleichzeitige Vorhandensein von
Glaukom, wie die Veränderungen an der Hornhaut und Conjunctiva zu
deuten sind. Hervorgerufen ist das Glaukom einmal durch die völlige
Verlegung des Kammerwinkels und Obliteration des Canalis Schlemmii, dann durch
das Bestehen der Occlusio pupillae. Das Vorkommen von Glaukom bei der
Granulationsform der tuberkulösen Iridocyclitis ist durchaus nicht so
häufig, wie man vielleicht annehmen möchte. Den ersten Fall teilte
Haab mit, wo sich bei einem tuberkulösen
Aderhauttumor und seröser Iritis Glaukom einstellte. Dann beschreiben
Bongartz und Wagenmann
ähnliche Fälle. Die vierte Mitteilung brachte Lubowski, der insofern interessant ist, daß klinisch
nur die Erscheinungen des Glaukoms im Vordergrund standen und die
tuberkulöse Erkrankung erst durch die anatomische Untersuchung entdeckt
wurde. Von Autoren, die über solche Fälle weiterhin berichten, sind
noch Dupuy-Dutemps und Hirschberg zu nennen.
Der Grund dafür, daß die Kasuistik solcher Fälle so
klein ist, ist darin zu finden, daß die Tuberkulose als Granulationsform
bei ihrem schrankenlosen Wachstum rasch nach außen durchbricht und zur
Phthisis bulbi führt, ehe eine intraoculare Drucksteigerung zu Ausdruck
gekommen ist. In der Mehrzahl der obenerwähnten Fälle handelte es
sich übrigens um tuberkulöse Aderhauttumoren, die sich wie andere
intraoculare Tumoren verhalten. In unserem Fall stand die Perforation bald
bevor, und das Glaukom hätte in kurzer Zeit der Phthisis bulbi Platz
gemacht.