Pneumologie 2010; 64(10): 632-639
DOI: 10.1055/s-0029-1244216
Serie: Lungentransplantation

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lungentransplantation bei Lungenemphysem – Wer? Wann? Wie?

Lung Transplantation for Pulmonary Emphysema – Who, When, How?T.  Schreder1 , J.  Gottlieb1
  • 1Abteilung Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover
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Theresa Schreder

Abteilung Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Email: schreder.theresa@mh-hannover.de

Publication History

eingereicht 30. 3. 2010

akzeptiert 10. 4. 2010

Publication Date:
04 October 2010 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Rund ein Drittel aller Lungentransplantationen weltweit wurde bei COPD- und Emphysempatienten durchgeführt. In Anbetracht der hohen Prävalenz der fortgeschrittenen COPD, der Knappheit der Spenderorgane und der – verglichen mit anderen Indikationsgruppen wie Lungenfibrose und cystische Fibrose – niedrigeren Sterblichkeit bei COPD-Patienten muss die Kandidatenselektion besonders sorgfältig getroffen werden. Diese erfolgt anhand objektivierbarer Kriterien durch ein interdisziplinäres Team in einem Transplantationszentrum. Bei Vorstellung im Zentrum müssen alle konservativen therapeutischen Optionen inklusive Raucherentwöhnung und Rehabilitationsmaßnahmen ausgeschöpft sein. Komorbiditäten, die den Verlauf nach Transplantation negativ beeinflussen können, stellen eine Kontraindikation dar. Der größte Überlebensvorteil durch eine Lungentransplantation ist für Patienten unter 60 Jahren mit starker lungenfunktioneller Einschränkung (FEV1 kleiner als 20 % des Solls) und respiratorischer Insuffizienz zu erwarten. Auch Patienten mit pulmonaler Hypertonie und beginnender pulmonaler Kachexie (BMI < 20 kg/m2) haben eine schlechtere natürliche Prognose und profitieren somit eher von einer Transplantation. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Transplantation beträgt rund 60 %. Die Doppellungentransplantation ist hinsichtlich des Langzeitergebnisses der Einzellungentransplantation überlegen. Nur für einen Teil der Patienten kann tatsächlich ein Überlebensvorteil durch eine Transplantation erzielt werden. Mehr noch als der Zugewinn an Lebenszeit steht für die meisten Patienten die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund, die bei der COPD, verglichen mit Kandidaten anderer Erkrankungen, besonders beeinträchtigt zu sein scheint.

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Abstract

End stage pulmonary emphysema is the most common indication for lung transplantation worldwide. The shortness of donor organs and the better natural prognosis compared to other diseases leading to transplantation such as pulmonary fibrosis and cystic fibrosis demands careful patient selection.Lung transplantation is considered in patients with declining lung function after receiving all conservative treatment options including smoking cessation and rehabilitation programmes. Preoperative evaluation using consensus criteria needs to be performed by a multidisciplinary team in specialized centres. Assessment of co-morbidities is crucial, as they may significantly increase transplant-related mortality. The largest survival advantage from lung transplantation has been shown for the subgroup of patients below 60 years of age presenting with end-stage obstructive lung disease (FEV1 < 20 % predicted) and respiratory failure. Similarly, high risk patients with secondary pulmonary hypertension or cachexia (BMI < 20) will likely benefit from transplantation.The 5-year-survival rate averages 60 percent, with superior outcome following double versus single lung transplantation. A clear survival benefit can only be achieved in a subgroup of patients, whereas the impact on quality of life seems to be even more important in patients suffering from chronic obstructive pulmonary disease.

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Einleitung

In Deutschland liegt die Prävalenz der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) bei 13 % in der über 40-jährigen Bevölkerung [1], weltweit wird von etwa 80 Millionen Erkrankten ausgegangen. Die Inzidenz ist steigend, prospektiven Studien zufolge wird die COPD an die dritte Stelle der Todesursachen vorrücken [2], aktuell ist sie in den Vereinigten Staaten die vierthäufigste Todesursache [3].

Neunzig Prozent der an COPD erkrankten Menschen sind oder waren Raucher, somit ist ein wesentlicher Aspekt der COPD-Therapie die Raucherentwöhnung [3].

Erst nach Ausschöpfen aller konservativen Maßnahmen, die medikamentöse Therapieformen anhand des WHO-Stufenschemas ([Abb. 1]), Trainingstherapie, Langzeit-Sauerstofftherapie bis hin zur nicht-invasiven Heimbeatmung beinhalten, sollte die Indikation zur Lungentransplantation geprüft werden.

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Abb. 1 Stufenplan für die Behandlung der COPD.

Patienten mit Lungenemphysem stellen historisch die größte Indikationsgruppe für Lungentransplantationen dar, weltweit wurden rund ein Drittel der Lungentransplantationen bei Emphysem-Patienten durchgeführt (32 %) und damit häufiger als bei idiopathischer Lungenfibrose (26 %) oder Mukoviszidose (16 %).

Insgesamt besteht weltweit eine Diskrepanz zwischen zur Verfügung stehenden und benötigten Spenderorganen. Alleine in Deutschland waren im Jahr 2008 593 Patienten auf der Warteliste zur Lungentransplantation gemeldet, durchgeführt wurden im selben Jahr insgesamt nur 270 Lungentransplantationen. Wenn man von einer Prävalenz von rund 110 000 an COPD im Stadium GOLD III und IV leidenden Patienten zwischen 40 und 65 Jahren in Deutschland ausgeht [1], wird klar, dass die Lungentransplantation nur bei einem Bruchteil dieser Population durchgeführt werden kann.

Die folgende Übersicht soll spezielle Transplantationsempfehlungen beim Lungenemphysem vermitteln. Patienten mit Bronchiektasen-Erkrankung sind hiervon explizit ausgeklammert.

Die Kandidatenselektion zur Aufnahme auf die Warteliste zur Lungentransplantation soll anhand von objektiven Kriterien erfolgen. Medizinisch steht vor allem die Verbesserung der Prognose als Ziel im Vordergrund, von den Betroffenen wird die Aussicht auf eine verbesserte Lebensqualität als primäres Ziel empfunden. Beide Ziele sollen bei der Auswahl berücksichtigt werden, aber auch der langfristige Transplantationserfolg und Risiken bei der Indikationsstellung abgewogen werden. Auch beim Lungenemphysem sollten vor allem die Patienten der Transplantation zugeführt werden, für die ein deutlicher Überlebensvorteil durch eine Transplantation versus konservativer Maßnahmen zu erwarten ist.

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Natürliche Prognose der Erkrankung

Patienten, die an COPD erkrankt sind, weisen im Vergleich zur Normalbevölkerung eine erhöhte Sterblichkeit auf. Ist das Mortalitätsrisiko in den GOLD-Stadien 0 bis 1 um den Faktor 1,5 im Vergleich zu Patienten ohne COPD erhöht, steigt der Faktor in den GOLD-Stadien 3 und 4 auf 5,7 an [4]. Besonders gefährdet sind COPD-Patienten mit häufigen und schweren Exazerbationen [5]. Nach stationären Aufenthalten wegen akuten hyperkapnischen Atemversagens beträgt die Mortalität nach einem Jahr bis zu 43 % [5]. Auch stabile häuslich nicht-invasiv beatmete Patienten (n = 188, mittleres Alter 65 Jahre) haben eine 5-Jahres-Überlebensrate von 20 – 40 %, wenn ein BMI < 25 kg/m2, eine deutliche Überblähung (RV/TLC > 73 %) oder ein Basen-Überschuss > 9 mmol/l bestand [6].

Neben der Stadieneinteilung nach GOLD (FEV1 % vom Soll) ist der BODE-Index zur Schweregradeinteilung der COPD etabliert, der mit der Krankheitsprognose besser korreliert als die FEV1 alleine. Er wurde an einem Kollektiv von im Mittel 66-jährigen Patienten validiert und errechnet sich aus dem Body-Mass-Index, dem Grad der Atemwegsobstruktion, dem Schweregrad der Dyspnoe und der Leistungsfähigkeit im 6-Minuten-Gehtest (exercise capacity). Die einzelnen Messwerte werden nach einem Punktesystem bewertet, diese Punkte ergeben dann addiert den BODE-Index, der minimal 0, maximal 10 beträgt. Patienten mit einem BODE-Score von 7 – 10 zeigten mit 80 % nach 4,5 Jahren die höchste Mortalität, wobei alle Todesursachen berücksichtigt wurden [7].

Die meisten Todesfälle unter COPD-Patienten aller GOLD-Stadien sind auf kardiovaskuläre Ereignisse (25 – 38 %) zurückzuführen, gefolgt von Atemversagen im Rahmen der Grunderkrankung (21 – 27 %), Bronchialkarzinom (10 – 12 %) und anderen Malignomen (8 – 10 %) [8]. Je höher das GOLD-Stadium, desto mehr Todesfälle sind relativ gesehen durch respiratorisches Versagen bedingt, auch das Bronchialkarzinom nimmt anteilmäßig einen wichtigeren Stellenwert ein [4]. Die nicht-invasive Heimbeatmung kann bei Patienten mit chronisch respiratorischer Globalinsuffizienz die Mortalität senken, wie eine retrospektive Analyse aus Regensburg nahelegt [6]. Kontrollierte prospektive Studien existieren bislang zu diesem Thema jedoch nicht.

Bei rund der Hälfte aller COPD-Patienten bestehen mindestens zwei Komorbiditäten. Die Zahl der Komorbiditäten steigt mit zunehmenden Alter und höherem GOLD-Stadium. Rund 25 % leiden unter kardiovaskulären Erkrankungen, 3,5 % unter zerebrovaskulären, 20 % an Diabetes und 10 % an Malignomen [5]. COPD ist keine rein auf die Lunge beschränkte Erkrankung: Eine systemische Inflammation kann nachgewiesen werden (u. a. erhöhte TNFα und CRP-Level). Diese soll zu einem erhöhten Risiko für die Arteriosklerose führen, auch wird ein Zusammenhang mit Diabetes sowie Osteoporose gesehen. Der Auslöser der systemischen Entzündungsreaktion wird u. a. im Zigarettenrauchen und dem damit verbundenen oxidativen Stress vermutet [9]. Rauchen und akute Exazerbationen führen wiederum über lokale Entzündung zu fortlaufender Destruktion der Lungenstruktur und damit zu kontinuierlichem Verlust der Lungenfunktion. Die prognoselimitierende Rolle von Komorbiditäten wird durch die wesentlich bessere Krankheitsprognose meist jüngerer COPD-Patienten auf der Warteliste zur Transplantation, verglichen mit der schlechteren Prognose im Gesamtkollektiv der COPD-Patienten, die meist älter und multimorbider sind, unterstrichen.

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Allgemeine Selektionskriterien zur Lungentransplantation

Ziele der Lungentransplantation sind die Verbesserung der Lebensqualität und der Krankheitsprognose. Zur Indikationsstellung für die Lungentransplantation gilt als Faustregel, dass die prognostizierte 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit des Kandidaten unter 50 % liegen soll. Dies wird dadurch begründet, dass nach der Lungentransplantation das 5-Jahres-Überleben bei etwa 60 % liegt [10].

Nur wenn Patienten den ausdrücklichen Wunsch nach einer Transplantation äußern und hohen Leidensdruck verspüren, ist es sinnvoll, über eine Transplantation als mögliche Therapieoption zu sprechen und den Patienten in einem entsprechenden Transplantationszentrum als eventuellen Kandidaten vorzustellen. Eine hohe Motivation und Therapieadhärenz des Patienten sind unabdingbare Voraussetzungen für den Erfolg einer Transplantation, psychische wie auch soziale Stabilität sind notwendig.

Für eine Transplantation besteht eine Altersobergrenze von 60 – 65 Jahren, wobei das biologische Alter zugrunde gelegt werden soll. Diese Empfehlung ergibt sich durch eine erhöhte Sterblichkeit bei Transplantationen mit zunehmendem Alter, vor allem bei über 70-Jährigen [11] [12]. Vor einer möglichen Transplantation gilt es, relevante Komorbiditäten zu erfassen, da der Transplantationserfolg dadurch negativ beeinflusst werden kann. Die allgemeinen Indikationen zur Lungentransplantation sind in [Tab. 1] zusammengefasst.

Tab. 1 Indikationen zur Lungentransplantation.
Allgemeine Indikationen zur Lungentransplantation
klinisch und funktionell fortgeschrittene Lungenerkrankung mit reduzierter Lebenserwartung (5 JÜR < 50 %)
Ausschöpfung aller therapeutischer Alternativen
psychische und soziale Stabilität
Lebensalter unter 60 – 65 Jahre
eingeschränkte Lebensqualität (< 5/10 auf der visuellen Analogskala) und hohe Motivation

Es existieren internationale Leitlinien zur Patienten-Auswahl [13]. Die Übertragung dieser Leitlinien der International Society of Heart and Lung Transplantation (ISHLT) auf deutsche Verhältnisse ist nur eingeschränkt möglich, da sie unterschiedliche Allokationssysteme (US lung allocation score, zentrumsbasierte Entscheidungsprozesse), Verfügbarkeit von Spenderorganen (Widerspruchslösung z. B. in Belgien) und Qualität der Grundversorgung (häusliche NIV) der an der Erstellung beteiligten Nationen (USA, Belgien, Australien und England) berücksichtigen. Die Leitlinien trennen zwischen Kriterien für die Vorstellung und Aufnahme auf die Warteliste. Des Weiteren unterscheidet man zwischen absoluten und relativen Kontraindikationen zur Lungentransplantation, einen Überblick bietet [Tab. 2].

Tab. 2 Absolute und relative Kontraindikationen (Auswahl) zur Lungentransplantation.
Absolute Kontraindikationen zur LungentransplantationRelative Kontraindikationen zur Lungentransplantation
Suchterkrankung, aktiver RaucherAlter über 60 Jahre
mangelnde Therapieadhärenzkontrollierte Beatmung mit Analgosedierung
extrapulmonales Organversagen von Leber/Niereschwere muskuläre Dekonditionierung
unkontrollierte extrapulmonale InfektionenBesiedelung der Atemwege mit panresistenten Erregern ohne effektive Antibiotikatherapie
Adipositas BMI > 30 kg/m2 Übergewicht BMI > 27 kg/m2
koronare Mehrgefäßerkrankung oder eingeschränkte LV-Pumpfunktionschwere Osteoporose mit pathologischer Fraktur
aktive Tumorerkrankungausgedehnte Divertikulose/Divertikulitis
 Systemerkrankungen

Eine koronare Mehrgefäßerkrankung, die nicht einer Revaskularisation zugänglich ist, und eine eingeschränkte links-ventrikuläre Pumpfunktion (Auswurffraktion < 30 %) stellen absolute Kontraindikationen dar wie auch aktive Tumorerkrankungen: bei Mamma- und kolorektalem Karzinom muss eine Rezidivfreiheit von über 5 Jahren gegeben sein, bei allen anderen Malignomen von 2 Jahren. Patienten mit Bronchialkarzinom (inkl. des bronchioalveolären Karzinoms) aktuell oder in der Vorgeschichte sind nach Einschätzung der meisten Zentren keine geeigneten Kandidaten für die Lungentransplantation. Dies wird durch die hohe Rezidivrate nach Transplantation begründet [14]. Des Weiteren sind unkontrollierte systemische Infektionen und extrapulmonales Organversagen auszuschließen.

Aktive Suchterkrankungen – wie z. B. Alkohol- oder Drogenmissbrauch – und eine fehlende Therapieadhärenz stellen absolute Kontraindikationen für eine Transplantation dar.

Relative Kontraindikationen bilden latente Infektionsherde (z. B. Divertikulose und entzündliche Darmerkrankungen, chronische Sinusitis, Infektionsherde im Zahnbereich), die vor einer Transplantation saniert werden müssen. Andere Begleiterkrankungen wie Osteoporose, arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus beeinflussen den postoperativen Verlauf negativ. Speziell Extreme des Körpergewichts (Adipositas bzw. Untergewicht) erhöhen die Früh- und Spätsterblichkeit nach Lungentransplantation. Somit stellt Adipositas eine weitere Kontraindikation dar, ein Body-Mass-Index (BMI) zwischen 20 bis 27 kg/m2 ist anzustreben [15].

Ein optimaler muskulärer Status ist wie vor anderen thoraxchirurgischen Eingriffen vorauszusetzen. Zur muskulären Konditionierung ist eine Rehabilitationsmaßnahme bei Transplantations-Kandidaten mit Lungenemphysem unabdingbar. Diese ist bei Emphysem-Patienten vor der Indikationsstellung durchzuführen, um alle Behandlungsoptionen auszuschöpfen. Daten aus einer deutschen spezialisierten stationären Einrichtung haben eine erstaunliche Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke um 64 m bei 237 Patienten mit COPD (FEV1 im Mittel 26 %) zeigen können [16]. Dies ging bei den betroffenen Patienten mit einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität einher. Bei 89 Kandidaten mit alpha-1-AT-Defizienz war die Gehstrecke am Ende der Rehabilitation im Mittel um 49 m besser [16].

Völlig immobile, bettlägerige Patienten sind in der Regel nicht für eine Transplantation geeignet, da ein Mindestmaß an muskulärer Reserve vorliegen muss, damit ein Operationserfolg realistisch ist.

[Tab. 3 a] u. [b] gibt einen Überblick über die notwendigen Untersuchungen, die vor einer Aufnahme auf die Warteliste zur Lungentransplantation durchgeführt werden müssen, um die genannten Begleiterkrankungen auszuschließen.

Tab. 3 a Diagnostik vor der Vorstellung im Transplantationszentrum.
Basisdiagnostik für die Vorstellung im Transplantationszentrum
Anamnese, Untersuchungsbefund (Körpergröße, Gewicht, Belastbarkeit, Komorbiditäten, Raucherstatus)
Lungenfunktion (FEV1 und FVC % Soll)
Blutgasanalyse (mit/ohne Sauerstoff)
6-Minuten-Gehtest
Basis-Laboruntersuchungen (Blutbild, Gerinnung, Cystatin C, GPT)
Echokardiografie
Abdomensonografie
Thorax-CT (nicht älter als 6 Monate)
zahnärztliche Untersuchung
gynäkologische Vorsorgeuntersuchung/ PSA
Tab. 3 b Diagnostik vor der Aufnahme auf die Warteliste.
Weitergehende Untersuchungen (nach Vorgabe durch das Transplantationszentrum)
spezielles Labor (Blutgruppe, HLA-Antikörper, Immunglobuline, IgG Subklassen, Lymphozyten-Populationen (letztere drei bei Vorhandensein von Bronchiektasen, Virusserologie etc.)
Sputumkultur
periphere Knöchelarterienverschlussdrücke, Duplexsonografie der Bein-Becken-Arterien
Rechtsherzkatheter
Koronarangiografie (> 45 Jahre; bei Rauchern von über 10 pack years > 40 Jahren)
quantitative Ventilations-/Perfusionsszintigrafie bei geplanter Einzellungentransplantation
Koloskopie (> 50 J)

Nach Abschluss der notwendigen Untersuchungen entscheidet ein interdisziplinäres Team aus Pneumologen, Herz-Thorax- und Transplantationschirurgen und Psychologen über die Aufnahme auf die Warteliste. Meistens erfolgt die Listung zur Lungentransplantation für COPD-Patienten im elektiven Status („T”, s. u.). Dringliche Transplantation stellt aufgrund der gegenüber anderen Erkrankungen besseren Prognose auf der Warteliste eine seltene Ausnahme dar. Die durchschnittliche Wartezeit in Deutschland beträgt in etwa zwei Jahre. Während dieser Zeit gilt es, eine stabile Krankheitssituation zu bewahren und die Voraussetzungen für eine Transplantation zu optimieren. [Tab. 4] gibt in einer Checkliste einen Überblick über die notwendigen Maßnahmen. Auch im selben Haushalt lebende Personen sollten gegen Grippe und Kinderkrankheiten nach den Empfehlungen der ständigen Impfkommission geimpft sein.

Tab. 4 Maßnahmen während der Wartezeit.
Checkliste Warteliste
kontinuierliche Evaluation der Dringlichkeit, Transplantierbarkeit
Optimierung des muskulären Zustands
Optimierung der Begleittherapie
Optimierung des Ernährungszustands
Optimierung des Impfstatus
Auffrischung des Impfstatus: Diphterie, Polio, Tetanus, Pertussis, Hämophilus (z. B. als Pentavac)
jährlich Influenzaschutzimpfung, H1N1
Pneumokokkenimpfung (alle 6 Jahre)
Hepatitis A/B- Impfung
Meningokokken- Impfung
CT-Thorax alle 12 Monate bei allen COPD-Patienten mit Raucheranamnese (Bilder müssen im Original im Zentrum vorgelegt werden). Bei neu aufgetretenem Rundherd wird der Kandidat inaktiv gemeldet, bis in einer erneuten Kontrolle ein weiteres Wachstum ausgeschlossen werden kann oder der Prozess als benigne klassifiziert ist.
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Überlebensvorteil durch die Transplantation beim Emphysem?

Aufgrund der langsameren Progredienz der Erkrankung ist verglichen mit anderen Indikationsgruppen zur Lungentransplantation (vor allem Lungenfibrose und Mukoviszidose) die Sterblichkeit auf der Warteliste unter den COPD-Patienten am geringsten [17]. Daraus ergibt sich die Frage, ob mit einer Transplantation, die naturgemäß viele Komplikationen mit sich bringen kann, überhaupt ein Überlebensvorteil für einen an COPD im Stadium GOLD III und IV leidenden Patienten erreicht wird.

Mehrere retrospektive Analysen konnten einen Überlebensvorteil nicht nachweisen [18]. Thabut et al. [19] erstellten auf dem Boden einer retrospektiven Analyse eines Patientenkollektivs aus dem UNOS-Register (United Network for Organ Sharing) von 1987 – 2004 ein Simulationsmodell, um den individuellen Überlebensvorteil durch eine Lungentransplantation im Vergleich zum Überleben auf der Warteliste ohne Transplantation abzuschätzen, multivariate Überlebenszeitanalysen wurden erstellt. So ist der Überlebensvorteil durch eine Lungentransplantation am größten für Patienten unter 50 Jahren, einem FEV1-Wert unter 20 % des Solls, einer Gehstrecke von weniger als 50 Meter im 6-Minuten-Gehtest, einer Langzeitsauerstofftherapie bei respiratorischer Partialinsuffizienz und einer pulmonalen Hypertonie mit einem systolischen pulmonalarteriellen Druck von über 40 mmHg. Ein BMI über 27 kg/m2 und ein Diabetes mellitus beeinflussen den Verlauf negativ. Welche Faktoren genau für oder gegen einen Überlebensvorteil nach diesem Modell sprechen, sind in [Abb. 2] dargestellt.

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Abb. 2 Variablen, die für (grün) und gegen (rot) einen Überlebensvorteil der Transplantation bei Emphysem sprachen (retrospektive Registeranalyse (n = 8182). FEV1: Forciertes exspiratorisches Volumen nach 1 Sekunde, alpha1ATD: Alpha-1-Antitrypsinmangel, BMI: Body mass index, PAPs: systolischer pulmonalarterieller Druck, LOT: Langzeitsauerstofftherapie, 6mW: 6-Minuten-Gehtest, DLTx: Doppellungentransplantationen.

Einschränkend muss bei der Thabut-Arbeit erwähnt werden, dass die Schlussfolgerungen nur auf US-amerikanischen Daten beruhen, Langzeitergebnisse der Nachsorge in großen europäischen Zentren sind beispielsweise besser als der US-amerikanische Durchschnitt. Auch gingen neue Prognoseparameter wie z. B. die „Viel-Exazerbierer” nicht in die Analyse ein.

Auffallend in dieser Arbeit ist weiterhin, dass Alpha-1-Antitrypsinmangel (alpha1ATD) einen negativen Prädiktor für den Transplantationserfolg darstellt. Dies ist möglicherweise dadurch erklärt, dass Patienten mit dieser hereditären Unterform des Emphysems in den USA historisch vergleichsweise früh auf die Warteliste aufgenommen werden, da der Lungenfunktionsverlust rascher voranschreitet. Dies wird in dem Simulationsmodell nicht ausreichend berücksichtigt. Die Patienten sind aber durch das jüngere Alter und weniger Komorbiditäten bei Anwendung der oben genannten Kriterien eher geeignete Kandidaten zur Lungentransplantation. Individuell sind nach persönlicher Einschätzung bei Patienten mit alpha1ATD der jährliche Lungenfunktionsabfall (> 70 ml/Jahr), Exazerbationsfrequenz und die Belastungstoleranz (Entsättigung) mit in die Entscheidung einzubeziehen. Wie andere Studien [20] zeigen, sind die Langzeitergebnisse nach Lungentransplantationen vergleichbar mit denen der nicht mit Alpha1-Antitrypsinmagel assoziierten Fälle.

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Spezielle Selektionskriterien

Screening-Kriterien für die Transplantationsevaluation im Kollektiv der Lungenemphysem-Patienten sind eine FEV1 von unter 30 % des Sollwerts und/oder das Vorhandensein einer respiratorischen Insuffizienz (respiratorische Partial- oder Globalinsuffizienz). Ohne Sauerstoffnotwendigkeit und bei einer FEV1 > 30 % des Solls ist – außer bei Kandidaten mit Alpha1-Antitrypsinmangel mit raschem FEV1-Abfall – ein Beginn der Evaluation und eine Vorstellung nicht sinnvoll. Aufgrund aktueller Registeranalysen ist eine Altersgrenze von 60 Jahren bei Emphysem-Kandidaten aufgrund des i. d. R. fehlenden Überlebensvorteils älterer Patienten angemessen [12] [19]. Im Kollektiv der MHH zwischen 2005 und 2009 (n = 140) lag das mediane Lebensalter zum Zeitpunkt der Transplantation bei 55 Jahren (25 + 75 %-Quartile 48 und 59 Jahre).

Im Falle der COPD-Patienten spielt vor allem das Thema Suchterkrankung eine wesentliche Rolle: Eine Rauchabstinenz von mindestens sechs Monaten ist Grundvoraussetzung für die Evaluation und Aufnahme auf die Warteliste. Es wird auch eine rauchfreie Umgebung erwartet. In den meisten Zentren wird dies laborchemisch (Cotinin) überprüft. Positive Befunde führen zum Abmelden des Patienten von der Warteliste!

Der BODE-Index soll eine Hilfestellung sein, Patienten zu erkennen, die eine eingeschränkte Lebenserwartung haben und bei denen Handlungsbedarf besteht [7]. Nach Ausschöpfen der konservativen Therapieformen bedeutet dies unter Umständen auch die Vorstellung in einem Transplantationszentrum. Als Kriterium zur Aufnahme auf die Warteliste für die Lungentransplantation ist der BODE-Index jedoch kaum geeignet. Eine aktuelle schweizerische Arbeit an 54 Patienten (63 % Männer, mittleres Alter 55 Jahre) propagiert einen „Überlebensvorteil” (im Vergleich zur Prognose anhand des Original BODE-Kollektivs) durch eine Lungentransplantation vor allem für Patienten mit einem BODE-Score > 7 [21]. Da der BODE-Index an einem Patientenkollektiv aus älteren, multimorbiden Patienten entwickelt wurde, das nicht die typischen Transplantationskandidaten widerspiegelt, und für die spezielle Fragestellung der Lungentransplantation nicht validiert wurde, ist er als Auswahlkriterium für eine Transplantation nicht akzeptiert. Interessanterweise ist auch keiner der Schweizer Patienten auf der Warteliste gestorben trotz eines mittleren BODE Index von 7. Es muss ausdrücklich betont werden, dass sich Krankheitsprognose von Transplantationskandidaten mit COPD vom Gesamtkollektiv der COPD-Patienten unterscheidet, da letztere im Mittel älter und häufig multimorbide sind.

Stattdessen schlagen die Autoren auf Basis der aktuellen Ergebnisse für die Kandidatenselektion des Emphysem-Patienten folgenden Algorithmus ([Abb. 3]) vor. Im Zweifel und bei individuellen Fällen sollte immer eine Anfrage im Transplantationszentrum erfolgen.

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Abb. 3 Algorithmus für die Kandidatenselektion von Emphysempatienten zur Vorstellung in einem Transplantationszentrum.

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Transplantationsverfahren

Grundsätzlich kommen für Patienten mit Lungenemphysem die Einzel- (SLTx) und Doppellungentransplantation (DLTx) in Frage. Kombinierte Transplantationsverfahren wie z. B. Herz-/Lungentransplantationen werden in dieser Patientengruppe nicht durchgeführt, da extrapulmonale Organfunktionseinschränkungen fast immer Ausdruck von Komorbiditäten sind und damit meist zum Ausschluss für das Verfahren führen. Die erste erfolgreiche Lungentransplantation bei Lungenemphysem erfolgte 1986 in Form einer Doppellungentransplantation, 1989 wurde erstmals eine Einzellunge transplantiert. Durch beide Verfahren werden hinsichtlich der Lebensqualität ähnliche Ergebnisse erzielt. Für die Einzellungentransplantation sprechen der geringere operative Aufwand und der durch dieses Verfahren mögliche sparsamere Umgang mit Organen. Nachteile der Einzellungentransplantation sind vor allem auf Probleme der nativen Lunge zurückzuführen wie z. B. Pneumothorax, Tumore, Hyperinflation und Infektionen. Bei Bronchiektasen sollte keine Einzellungentransplantation durchgeführt werden.

Wiederholt fielen retrospektive Analysen der Ergebnisse nach Einzel- im Vergleich zu Doppellungentransplantationen zugunsten der Doppellungentransplantationen aus. Hier darf aber nicht vergessen werden, dass das Patientenkollektiv der Doppellungentransplantierten jünger war und mehr Patienten mit Alpha1-Antitrypsinmangel einschloss. Eine französische Arbeitsgruppe konnte durch multivariate retrospektive Überlebenszeitanalysen im internationalen Register (9883 transplantierte COPD-Patienten, davon 20 % mit alpha-1-AT-Defizienz) den Einfluss dieser Faktoren ausschließen und unabhängig von verschiedenen Variablen einen Überlebensvorteil für Doppellungentransplantationen zeigen [22]. Dieser Vorteil bezieht sich ausschließlich auf die Zeit nach dem ersten Jahr nach Transplantation, die 5 Jahres-Überlebensrate ist bei Doppellungentransplantierten um etwa 5 % (54 vs. 49 %) höher. Diese Daten treffen für Patienten zu, die vor dem 60. Lebensjahr transplantiert werden, bei Transplantationen im höheren Lebensalter kann kein Vorteil der Doppellungentransplantation mehr eruiert werden. Nach diesen Daten erscheint die DLTx beim Emphysem das überlegene Transplantationsverfahren.

Im Jahr 2005 wurden erstmals mehr Doppellungentransplantationen als Einzellungentransplantationen bei Empfängern mit Emphysem durchgeführt [22]. Um dem Mangel an Spenderorganen Rechnung zu tragen, wurden die Kriterien für den Spender ausgeweitet, so dass für spezielle Indikationen Organe auch von älteren Patienten oder auch von Rauchern akzeptiert werden[23]. Die Langzeitergebnisse für COPD-Patienten, die ein solches Organ erhalten haben, unterscheiden sich nicht von den Ergebnissen nach Transplantation eines „idealen” Organs [20].

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Transplantationsergebnisse beim Emphysem und krankheitsspezifische Probleme nach Transplantation

Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Transplantation beträgt bei COPD-Patienten rund 50 %. Die Mortalitätsrate innerhalb der ersten drei Monate nach Transplantation ist verglichen mit den anderen Indikationsgruppen gering (11 % versus 16 % im MHH-Gesamt-Kollektiv 2005 – 2010, n = 514), das Langzeitüberleben (10 Jahre) aber deutlich schlechter. Dies erklärt sich in erster Linie über das höhere Lebensalter und die größere Anzahl an Komorbiditäten. Vor allem über 65-jährige Patienten haben eine niedrigere Lebenserwartung, nur die Hälfte der Patienten überlebt mehr als drei Jahre nach Transplantation [11]. Stehen im ersten Jahr nach Transplantation akutes Transplantatversagen, Infektionen oder technische Probleme im Vordergrund der Todesursachen, ist im Verlauf die chronische Transplantatdysfunktion (Bronchiolitis obliterans-Syndrom) die Haupttodesursache. Fünf Jahre nach Transplantation sind dagegen kardiovaskuläre Erkrankungen und Malignome für bis zu 17 % der Todesfälle verantwortlich [11]. [Abb. 4] zeigt die signifikant schlechtere monozentrische 3-Jahres-Überlebensrate der über 60-jährigen lungentransplantierten Patienten mit Lungenemphysem in einem aktuellen Zeitraum. Haupttodesursachen in der hohen Altersgruppe waren primäres Transplantatversagen, Sepsis und Tumore.

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Abb. 4 Altersbezogene Überlebensrate der über 60-jährigen lungentransplantierten Patienten mit Lungenemphysem in der Medizinischen Hochschule Hannover zwischen 2005 und 2009 (n = 140).

Probleme, die speziell bei Emphysematikern nach einer Transplantation auftreten, beinhalten die Überblähung der nativen Lunge nach Einzellungentransplantation. Bei 2 % der einzellungentransplantierten COPD-Empfänger kam es im weiteren Verlauf zu einem Bronchialkarzinom in der nativen Lunge [24].

Bronchusstenosen treten bei Emphysem-Patienten nach Transplantation häufiger auf (20 % der Fälle gegenüber 14 % in den anderen Indikationsgruppen im MHH-Kollektiv 2005 – 2010, n = 514). Dies wird durch Größenmissverhältnisse der zentralen Atemwege zwischen Spender und Empfänger erklärt. Die deswegen notwendige Teleskopierung der Anastomose stellt einen Risikofaktor für spätere obstruktive Atemwegskomplikationen dar [25] [26].

Ebenso spielt das Thema der Therapieadhärenz eine wichtige Rolle: Im Patientenkollektiv der Medizinischen Hochschule Hannover ist diese bei COPD-Patienten tendenziell schlechter gegenüber anderen Grunderkrankungen gemessen an den Kriterien Gesundheitsbewusstsein, Selbstmonitoring, Ernährung und Sport (157 Patienten). Rauchen ist bedauerlicherweise auch nach der Transplantation keine Seltenheit. Bei rund 10 % der lungentransplantierten Patienten wird wiederholt ein erhöhtes Kohlenmonoxid nachgewiesen, was fortgesetztes Rauchen nahelegt. Ergebnisse einer belgischen Arbeit zeigen, dass 9,8 % eines Kollektivs von 163 lungentransplantierten Patienten Nikotinabbauprodukte im Urin hatten [27]. Eine Raucherentwöhnungstherapie mit allen zur Verfügung stehenden supportiven Maßnahmen (Medikamente, Verhaltenstherapie, etc.) muss aufgrund der deletären Folgen für das Transplantat und Komorbiditäten auch nach Transplantation erfolgen.

Bezüglich der Lebensqualität (gemessen am SF 36 Fragebogen) hatten 31 transplantierte Emphysem-Empfänger gegenüber 60 transplantierten Nicht-COPD-Patienten, die vor Lungentransplantation in der MHH evaluiert und 5 Jahre nach dem Verfahren nachverfolgt wurden, eine signifikant niedrigere körperliche Funktionsfähigkeit bis 24 Monate nach Lungentransplantation. In der Subskala Vitalität schneiden COPD-Patienten bis 6 Monate nach der Operation signifikant schlechter ab, im weiteren postoperativen Verlauf wird eine vergleichbar gute Lebensqualität zu Transplantierten anderer Grunderkrankungen erreicht (Kugler C, persönliche Mitteilung).

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Allokation

Die Zuteilung der Organe erfolgt in Deutschland über Eurotransplant (ET, Mitgliedsländer Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich, Slowenien und Luxemburg) neben regionalen Faktoren nach Dringlichkeit, Wartezeit, Blutgruppe und Körpergröße. Im früheren System einer rein wartezeitbasierten Allokation, wie es in Eurotransplant noch Mitte der 90er Jahre und in den USA noch bis 2005 existierte, lag die 2-Jahres-Sterblichkeit von COPD-Patienten bei etwa 15 % [17]. 1999 wurde zur Reduktion der Sterblichkeit auf der Warteliste in Eurotransplant ein dringlicher („U”, urgency) und hochdringlicher („HU”, high urgency) Status eingeführt. Für die Dringlichkeit gelten krankheitsspezifische Kriterien, die für Emphysempatienten dazu führen, dass nur ca. 20 % der Emphysempatienten von dringlichem Status transplantiert werden (MHH 2005 – 2010, verglichen mit 60 % im Gesamtkollektiv).

In den USA wird ein völlig neuartiges Verteilungssystem verfolgt. Seit Mai 2005 wird nach dem sogenannten lung allocation score (LAS) die Organverteilung durchgeführt. Hierbei wird anhand von präoperativen Parametern versucht, für den individuellen Patienten die Sterblichkeit auf der Warteliste und nach Transplantation abzuschätzen. Seitdem bekommen Patienten mit ausgesprochen schlechter Prognose auf der Warteliste (wie z. B. bei idiopathischer Lungenfibrose) bevorzugt Organangebote, während der Anteil von Emphysempatienten in einer Studie in 5 US-amerikanischen Zentren von 43 auf 34 % reduziert wurde [28].

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Zusammenfassung

Zusammenfassend ist nach aktuellen Daten die Indikation zur Lungentransplantation bei Emphysem-Patienten kritisch zu stellen. Retrospektiv wurde nur für etwa 30 % der in den USA bei Emphysem transplantierten Patienten ein Überlebensvorteil durch eine Transplantation erzielt. Der ideale Kandidat, für den der größte Überlebensvorteil durch eine Lungentransplantation zu erwarten ist, ist unter 60 Jahre alt, lungenfunktionell stark eingeschränkt mit einer FEV1 von kleiner als 20 % des Solls und respiratorisch insuffizient; Patienten mit pulmonaler Hypertonie und beginnender pulmonaler Kachexie haben eine schlechtere natürliche Prognose und profitieren auch eher von einer Transplantation. Komorbiditäten sollten bei Kandidaten mit Lungenemphysem nicht vorliegen. Der Kandidat muss in gutem muskulären Zustand sein, dieser ist vor der Indikationsstellung zur Transplantation durch eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu optimieren und während der Wartezeit durch regelmäßiges körperliches Training aufrechtzuerhalten. Die Doppellungentransplantation ist hinsichtlich des Langzeitergebnisses der Einzellungentransplantation überlegen. Mehr noch als der Zugewinn an Lebenszeit steht für die meisten Patienten jedoch die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund, die bei der COPD, verglichen mit Kandidaten anderer Erkrankungen, besonders beeinträchtigt zu sein scheint.

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Literatur

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Theresa Schreder

Abteilung Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Email: schreder.theresa@mh-hannover.de

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Theresa Schreder

Abteilung Pneumologie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover

Email: schreder.theresa@mh-hannover.de

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Abb. 1 Stufenplan für die Behandlung der COPD.

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Abb. 2 Variablen, die für (grün) und gegen (rot) einen Überlebensvorteil der Transplantation bei Emphysem sprachen (retrospektive Registeranalyse (n = 8182). FEV1: Forciertes exspiratorisches Volumen nach 1 Sekunde, alpha1ATD: Alpha-1-Antitrypsinmangel, BMI: Body mass index, PAPs: systolischer pulmonalarterieller Druck, LOT: Langzeitsauerstofftherapie, 6mW: 6-Minuten-Gehtest, DLTx: Doppellungentransplantationen.

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Abb. 3 Algorithmus für die Kandidatenselektion von Emphysempatienten zur Vorstellung in einem Transplantationszentrum.

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Abb. 4 Altersbezogene Überlebensrate der über 60-jährigen lungentransplantierten Patienten mit Lungenemphysem in der Medizinischen Hochschule Hannover zwischen 2005 und 2009 (n = 140).