Aktuelle Dermatologie 2010; 36(10): 377-384
DOI: 10.1055/s-0029-1244249
Tagungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

9. Leipziger Diagnostik-Tagung Dermatologie 2010: Dermatologische Laboratoriumsdiagnostik – wissenschaftlich begründet, Praxis-relevant und wirtschaftlich

9th Leipzig Diagnostics Congress Dermatology 2010 – Dermatological Laboratory Diagnostics – Scientifically Justified, Relevant for Practice, and EconomicallyP.  Nenoff1 , G.  Hamm2
  • 1Laboratorium für medizinische Mikrobiologie, Mölbis
  • 2Hautarztpraxis Halle (Saale)
Weitere Informationen

Prof. Dr. med. Pietro Nenoff

Haut- und Laborarzt/Allergologie, Andrologie
Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8
04579 Mölbis

eMail: nenoff@mykologie-experten.de

URL: http://www.mykologie-experten.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. Juni 2010 (online)

Inhaltsübersicht #

Einleitung

Am 16. Januar 2010 fand in Leipzig die inzwischen bereits 9. Leipziger Diagnostik-Tagung Dermatologie – „Laboratoriumsdiagnostik – wissenschaftlich begründet, Praxis-relevant und wirtschaftlich” (früher unter dem Namen Leipziger Labor-Workshop) als Veranstaltung des Berufsverbandes Deutscher Dermatologen statt. Herr Prof. Dr. Uwe-Frithjof Haustein, Leipzig, hat die Tagung wiederum erfrischend moderiert, es nahmen ca. 70 Hautärzte aus Sachsen und dem gesamten Bundesgebiet teil ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Moderator, Referenten und Organisatoren des Leipziger Labor-Workshops 2010 (von links nach rechts): Prof. Uwe-Frithjof Haustein (Leipzig), Dr. Gudrun Hamm (Halle/Saale), Prof. Pietro Nenoff (Mölbis), Priv.-Doz. Kirsten Jung (Erfurt) und Priv.-Doz. Jörg Kleine-Tebbe (Berlin).

Der Termin für die 10. Leipziger Diagnostik-Tagung Dermatologie im nächsten Jahr ist bereits festgelegt, sie wird am Samstag, dem 15. Januar 2011, wiederum in Leipzig stattfinden!

Am Anfang der diesjährigen Tagung standen Ausführungen von Dr. med. Bernhard Rochell, Kassenärztliche Bundesverwaltung (KBV) Berlin, Dezernat 3, zum Thema „Der aktuelle Stand der vertragsärztlichen Vergütung: EBM 2009 und Laborreform”. Es ging unter anderem um die für 2010 vorgesehene Änderung des EBM in Hinblick auf die sog. „ähnlichen Untersuchungen”/Anhang 4 EBM – Auswirkungen bestehen beispielsweise für die Durchführung der Testmethoden zur Syphilis-Diagnostik. Weitere Schwerpunkte des Vortrages von Dr. Rochell waren Anpassung Muster 10A, indikationsbezogene Pauschalierung und Stufendiagnostik in der Humangenetik, Entwicklung eines modularen Systems zur Kostenbewertung in der Humangenetik, Anpassungen aufgrund des Gendiagnostikgesetzes, verkürztes HTA-Verfahren sowie Selbstzuweiser.

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Allergiediagnostik 2010: Zwischen Richtlinien, Leitlinien und Innovationen

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J. Kleine-Tebbe

Allergie- und Asthma-Zentrum Westend, Berlin

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Mit der RiliBÄK mehr Qualität im Labor

Im April 2010 ist eine Richtlinie der Bundesärztekammer, kurz RiliBÄK, zur Labordiagnostik in Kraft getreten. Sämtliche Labore benötigen ab 1. 4. 2010 ein Qualitäts-Management-System (QMS), dessen Anforderungen im Teil A der RiliBÄK formuliert werden (Dtsch Ärztbl 2008; 105: 7, A341 – A355). Die Richtlinie gilt für alle labormedizinischen Untersuchungen, die in einzelnen Abschnitten (Teile B) beschrieben und definiert werden. Der Teil B1 für quantitative Untersuchungen ist bereits in Kraft getreten, während der Teil B2 für qualitative Methoden im Entwurf vorliegt und 2010 autorisiert werden soll.

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Interne und externe Qualitätskontrollen abhängig von der Ergebnisdarstellung

Bei quantitativen Methoden wird die Streuung der Werte mit Hilfe des „Quadratischen Mittelwertes der Messwertabweichungen” (QMDM) ermittelt (Dtsch Ärztbl 2008; 105: 7, A341 – A355). Bewertungskriterien der Kontrollprobeneinzelmessung und Vorgehen für quantitative Analyte, die nicht der sog. Tabelle 1 angehören, wurden definiert. Zu diesen gehören auch die Methoden der Allergie- und Autoimmundiagnostik, sofern die Ergebnisse als quantitative (skalierte) Werte angegeben werden. Ausnahmen entstehen, wenn eine Methode seltener als 15 × pro Quartal durchgeführt wird und dadurch die notwendige Statistik aufgrund einer zu kleinen Wertereihe entfällt.

Bisher sind spezifische IgE-Konzentrationen (sIgE) im Serum je nach Methode sowohl quantitativ (in kUA/l, siehe unten), semiquantitativ (in Klassen) als auch qualitativ (positiv vs. negativ) angegeben worden ([Abb. 2]). Zukünftig wird der Diagnostika-Hersteller vorschlagen bzw. das durchführende Labor entscheiden müssen, ob die ermittelten spezifischen Ergebnisse entweder quantitativ oder qualitativ angegeben werden. Eine semiquantitative Klasseneinteilung ist von der RiliBÄK nicht mehr vorgesehen und entspricht automatisch einer qualitativen Auswertung.

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Abb. 2 Quantitative, semiquantitative oder qualitative Angabe allergen-spezifischer IgE-Konzentrationen? – Konsequenzen für die interne und externe Qualitätskontrolle (siehe Text).

Sofern das spezifische IgE qualitativ (bzw. als Klasse) angegeben wird, werden folgende Maßnahmen zur internen Qualitätssicherung erwartet: Wöchentliche Kontrollmessungen des allergenspezifischen IgE sowohl für Einzel- als auch für Mischallergentests. Zur externen Qualitätssicherung sind (bisher) Ringversuche im vierteljährlichen Abstand vorgesehen. Offen bleibt, wie viele und welche Allergen(-mischungen) zur Positiv- und Negativkontrolle eingesetzt werden sollen, da bei einer Palette von vielen Hundert angebotenen Reagenzien zur spezifischen IgE-Bestimmung nur eine „methodenspezifische” Kontrolle Sinn macht und durchgeführt werden sollte, aber keine „Reagenzien-spezifische” Kontrolle, die jeden vernünftigen Rahmen sprengen würde.

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Höhere Anforderungen bei qualitativer Auswertung spezifischer IgE-Werte?

Paradox ist die Tatsache, dass bisher gemäß RiliBÄK nur für die qualitativen IgE-Verfahren offenbar eine externe Qualitätskontrolle in Form von Ringversuchen vorgesehen ist und nicht für die quantitativen Verfahren. Somit sind beim derzeitigen Stand für die qualitativen Methoden höhere Erwartungen zum Qualitätsmanagement formuliert worden als für die quantitativen Methoden. Wünschenswert wären auch für die quantitativen Methoden zum sIgE regelmäßige, z. B. 2 × jährlich stattfindende Ringversuche.

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Eine Lanze für quantitative IgE-Angaben: Wünschenswert, aber anspruchsvoll!

Warum lohnt sich die Angabe von quantitativen Werten bei der allergenspezifischen IgE-Bestimmung? Das Verhältnis von intra-individuellen allergenspezifischen IgE- und Gesamt-IgE-Werten (sIgE/GIgE, [Abb. 3]) ist wahrscheinlich bedeutsam für die Interpretation des klinisch arbeitenden Allergologen, weil es

  • der zellulären sIgE-Dichte entspricht und das Maß der Mastzell-Aktivierung beeinflusst,

  • „immundominante” von „nebensächlichen” Sensibilisierungen zu unterscheiden hilft,

  • evtl. mit klinisch relevanten Symptomen (statt stummen Sensibilisierungen) assoziiert ist.

Voraussetzungen für eine „echte Quantifizierung” des spezifischen IgE sind allerdings,

  1. dass Allergen(-extrakt)e mit allen Komponenten enthalten sind,

  2. dass sämtliche Komponenten im Überschuss vorliegen,

  3. dass die Kinetik eine komplette IgE-Bindung erlaubt.

Zugegebenermaßen sind sowohl Punkt 1 als auch Punkt 2 nur für wenige, gut charakterisierte Allergenquellen erfolgreich gelöst; Punkt 3 kann mit vielen Festphasen, z. B. Papierscheiben, nur parziell erreicht werden. Somit ist eine „echte Quantifizierung” für spezifisches IgE wünschenswert und wird von der DGAKI als wissenschaftlicher Fachgesellschaft der Allergologen einhellig begrüßt.

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Abb. 3 Nicht nur die absoluten IgE-Konzentrationen, sondern auch das Verhältnis von allergenspezifischem zum Gesamt-IgE sollte bei der Interpretation individueller Werte durch den klinischen Allergologen berücksichtigt werden.

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Spezielle Aspekte der IgE-Bestimmung: Was der Laborprofi wissen sollte

Einige Besonderheiten kennzeichnen die quantitative IgE-Bestimmung:

  • Aufgrund ihrer logarithmischen Verteilung variieren die IgE-Konzentrationen im Serum sowohl intra- als auch interindividuell erheblich.

  • Da international keine verbindlichen Standards existieren, werden die Einheiten des allergenspezifischen IgE heterolog anhand von Standardkurven für Gesamt-IgE (angegeben in kU/l oder IU/ml) interpoliert und entsprechend gekennzeichnet (siehe A für allergenspezifisch in kUA/l). Diese heterologe Kalibrierung anhand eines WHO-Standards (für Gesamt-IgE) bedingt eine größere Streubreite der ermittelten allergenspezifischen IgE-Konzentrationen, die bei der internen und externen Qualitätssicherung berücksichtigt werden muss.

  • Zusätzliche Variablen für die allergenspezifische IgE-Bestimmung entstehen durch die Verwendung unterschiedlicher Festphasen, Kopplungsverfahren, Reagenzien und komplexer Allergenextrakte mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Aktivität der Proteinallergene. Letztere bedingen den größten Teil der Streuung, insbesondere beim Vergleich diverser IgE-Diagnostik-Methoden und verschiedener Hersteller und sind ebenfalls bei der internen und externen Qualitätssicherung zu berücksichtigen.

Insofern sind hier aus der Sicht der allergologischen Fachgesellschaften entsprechend weite Bereiche für die Qualitätsvorgaben (Variationskoeffizienten für Gesamt-IgE: 10 – 20 %; allergenspezifisches IgE: 20 – 30 %) zu berücksichtigen.

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Aktuelle Leitlinien zur Allergiediagnostik im Labor: Wertvolle Informationen

Mittlerweile wurde eine Reihe neuer Leitlinien formuliert, die sowohl technische als auch klinische Aspekte der allergenspezifischen Antikörperdiagnostik betrachten:

Ein Meilenstein für Diagnostika-Hersteller und Labore, die eigene Immunoassays zur Bestimmung von sIgE aufbauen, wurde Ende letzten Jahres in Form einer aktualisierten, internationalen, englischsprachigen Leitlinie vorgestellt. Die kostenpflichtige Leitlinie (100 US-Dollar) handelt sämtliche Aspekte der sIgE-Bestimmung systematisch ab und hat die Allergenbezeichnungen/-nummerierungen erfolgreich „harmonisiert”: Analytical performance characteristics and clinical utility of immunological assays for human immunoglobulin E (IgE) antibodies and defined allergen specificities. Approved Guideline – I/LA20-A2 – 2nd Edition 2009; Clinical and Laboratory Standards Institute (www.clsi.org).

Die Leitlinie zur In-vitro-Diagnostik der deutschen Allergieverbände und der DDG ist kürzlich aktualisiert worden und enthält Informationen zur IgE-Bestimmung und zu sämtlichen anderen gebräuchlichen Methoden im Allergielabor: Renz H et al. In-vitro-Allergiediagnostik. Allergo J 2010; 19: 110 – 128. Im Internet: www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/061-017.htm.

Die Labordiagnostik der Nahrungsmittelallergie und neue molekulare Erkenntnisse werden von einer Leitlinie thematisiert, die gemeinsam mit den österreichischen und Schweizer Allergologen erarbeitet wurde, und den klinischen Stellenwert der molekularen Diagnostik bei Verdacht auf IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergie erörtert: Kleine-Tebbe J et al. In-vitro-Diagnostik und molekulare Grundlagen von IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergien. Allergo J 2009; 132 – 146. Im Internet: www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/061-008.htm.

Da weiterhin auch untaugliche Verfahren für die Allergie-Diagnostik angeboten werden, haben die Allergieverbände erneut Stellung bezogen und verurteilen die IgG-Bestimmung mit Nahrungsmitteln. Mittlerweile unterstützen auch die Internisten, Labormediziner, Ernährungsmedizinier, Ernährungsberater, Ökotrophologen mit ihren Fachverbänden diese kritische Stellungnahme: Kleine-Tebbe J et al. Keine Empfehlung für IgG und IgG4-Bestimmungen gegen Nahrungsmittel. Leitlinie der deutschsprachigen Allergiegesellschaften DGAKI, ÄDA, GPA, ÖGAI und SGAI. Allergo Journal 2009; 18: 267 – 273. Im Internet: www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/061-028.htm.

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Innovationen durch „Molekulare Allergologie”: Die Zukunft bleibt spannend

Besondere Fortschritte sind von der molekularen Allergologie zu erwarten. Sie eröffnet neue Möglichkeiten, die sowohl für die gezielte Bestimmung von IgE-Antikörpern gegen einzelne (Singleplex) als auch eine Vielzahl von Allergenkomponenten in Form eines Massen-Screenings (Multiplex) eingesetzt werden können. Andererseits wird die Interpretation dadurch anspruchsvoller; manchmal ist sie (noch) nicht möglich, weil keine Daten zur klinischen Relevanz der betreffenden Einzelallergene vorliegen.

Da in der allergologischen Labordiagnostik deutliche Fortschritte zu erwarten sind, wäre es wünschenswert, dass die Bedingungen für die In-vitro-Diagnostik in Form von Richt- und Leitlinien genügend Spielraum für zukünftige Innovationen lassen.


Korrespondenzadresse:

Priv.-Doz. Dr. Jörg Kleine-Tebbe

Allergie- und Asthma-Zentrum Westend

Spandauer Damm 130, Haus 9

14050 Berlin

kleine-tebbe@allergie-experten.de

www.allergie-experten.de

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Berufspolitische Notwendigkeiten für die Allergologie

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K. Jung

Praxis für Dermatologie und Immunologie, Erfurt

Für das Querschnittsfach Allergologie bedeutete der EBM 2008 eine Verschärfung der Situation, da bereits seit langer Zeit eine Unterversorgung der Bevölkerung bestand. Im Gutachten des Sachverständigenrats der Bundesregierung für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen wurde hierauf bereits 2001 hingewiesen. Die Zahl der Anerkennungen für die Zusatzbezeichnung Allergologie nimmt seit mehreren Jahren stetig ab. Dies ist nicht nur auf die ungenügende Zahl von Weiterbildungsplätzen in den Kliniken zurückzuführen. Sondern die damit erwartete Honorierung einer ärztlichen allergologischen Tätigkeit geht gegen Null. Weiterbildungen in Praxen niedergelassener Allergologen sind aufgrund der Budgetzwänge kaum realisierbar. Der gravierendste strukturelle Mangel im ärztlichen Berufsrecht ergibt sich aus der Tatsache, dass ein dem Inhalt nach fachübergreifender Bereich wie die Allergologie in die Zwangsjacke einer Zusatzbezeichnung gesperrt ist. Nach der Musterweiterbildungsordnung kann eine Zusatzbezeichnung zwar den Erwerb sonstiger Kenntnisse (aus anderen Gebieten) vorschreiben, ausgeübt werden darf die ärztliche Tätigkeit allerdings nur in dem anerkannten Gebiet. Es ist ernsthaft zu diskutieren, ob nicht der „Gebietsarzt Allergologie” auf lange Sicht die einzige Möglichkeit für eine fachübergreifende allergologische Tätigkeit darstellt. Eine Variante könnte eine Regelung nach dem Vorbild der Schweiz sein: Die Weiterbildung Allergologie ist als zweite Gebietsarzt-Weiterbildung möglich, wobei ein erheblicher Teil der vorher absolvierten ersten Gebietsweiterbildung für den zweiten Facharzttitel anerkannt wird. Beispielsweise würde einem Dermatologen ein Zeitraum von zwei Jahren für die vierjährige Weiterbildung Allergologie anerkannt, sodass er für den zweiten Facharzttitel nur zwei zusätzliche Jahre zu investieren hätte. Anschließend wäre er zum Führen und zur Ankündigung beider Facharzttitel auf dem Arztschild berechtigt.

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Zuspitzung der Situation 2009

Die Situation der Versorgung Allergie-Kranker hat sich durch den EBM 2009 mit Einführung von Regelleistungsvolumina (RLVs) zur Behandlung von Patienten, die eine Leistungsverknappung zur Einsparung finanzieller Ressourcen zum Zweck hat, massiv verschlechtert.

  • Die RLV bildet kein Budget für Allergologie ab – warum? Allergologie ist kein Fachgebiet, sondern nur eine Zusatzbezeichnung. Die KBV meint, wenn ein Großteil einer Fachgruppe Allergologie macht, gehört es in das Regelleistungsvolumen (RLV) und man benötigt kein Zusatzbudget.

  • Es gibt KVen, bei denen der Ordinationskomplex bereits mehr als das zugestandene RLV beträgt (z. B. in Hessen 14,00 €). Hier entstand bereits massiver Widerstand der Kollegen, die Allergologie nur noch als PKV-Leistung anboten.

  • RLVs, die um die 17,00 € pro Patient Dermatologie betragen, die bereits von einer Ordinationsziffer 10112 Rentner Fachgebiet Dermatologie mit 14,50 im EBM 2009 fast ausgefüllt sind, werden leicht mit anderen Leistungen (kleine OPs inkl. Kryotherapie 10340-10341-10342-10343-10344) aufgebraucht.

  • Es ergeben sich extreme Probleme für die Praxen, die viel Allergologie machen. Eine Sonderregelung mit RLV-Anhebung für diese Praxen können die KVen erst vornehmen, wenn die Allergologie-Leistungen mehr als 30 % über dem Fachgruppendurchschnitt betragen. Meist haben die Schwerpunktpraxen jedoch um die 25 % über dem Fachgruppendurchschnitt. Denn nur von Allergologie kann man nicht leben im System 2009. Man muss qualitätsgerecht ambulant operieren, um zu überleben. Das wird extrabudgetär bezahlt. Dies kostet aber Zeit und schränkt damit die allergologische Leistungsbereitschaft ein.

  • Befürchtungen des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen: Reduzierung der Leistungen Allergologie einschließlich der spezifischen Immuntherapie SCIT – Ersetzen durch IGeL-Modelle. Damit Abdriften der Allergologie in „Pseudomedizin”.

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Lösungsmöglichkeiten für den Erhalt der Allergologie

Sozialrecht – Honorierung

  • Schaffung eines „On Top”-Allergie-Budgets zur Stimulierung der allergologischen Versorgung.

  • Extrabudgetäre Vergütung spezifischer Immuntherapien (SIT) ähnlich den Impfungen bzw. dem ambulanten Operieren.

Berufsrecht

  • Schaffung des Facharztes für Allergologie statt Zusatzbezeichnung, um als Facharzt ein RLV zu erhalten und um die Lehre und Ausbildung einschließlich der hochwertigen klinischen Versorgung von Allergie-Patienten zu erhalten bzw. zu etablieren.

Aber Probleme bzw. zu erwartende Widerstände:

  1. Die Krankenkassen müssen endlich die epidemiologische Bedeutung der Allergien und die Präventionsleistung der SIT anerkennen, um o. g. kurzfristig mögliche Lösungsvorschläge der Honorierung im Bewertungsausschuss zu thematisieren und zuzustimmen. Bisher Verweigerung der Kassen – trotz Spezialbericht des Statistischen Bundesamtes zu Allergien 2000 (www.gbe-bund.de).

  2. Weiterbildungsordnung BÄK – Eröffnung einer erneuten Diskussion zur Einführung des Facharztes für Allergologie in Deutschland gemäß Art. 7 der EU-Richtlinie (mindestens in 2 Mitgliedsländern) wie in der Schweiz (Weiterbildungszeit in der Schweiz 3 Jahre, die nach einem Basisfacharzt Innere Medizin, Pädiatrie, Dermatologie aufgenommen wird) ohne derzeitig gültige Weiterbildungsinhalte der Dermatologie, HNO, Pneumologie und Pädiatrie zu verändern – also im Einklang mit den vier genannten Gebieten.

Der FA für Allergologie setzt auf die Inhalte der vier o. g. Gebiete auf: Zusätzliche Inhalte werden die Abschnitte sein, die im Fachgebiet nicht vermittelt wurden: so z. B. für den Dermatologen die HNO-Endoskopie, Spirometrie, Bodyplethysmografie, BG-Verfahren Lunge. Für den Internisten/Pädiater der ECT, Hautarztverfahren. Der Facharzt ermöglicht damit eine übergreifende Abrechnung im GKV-System. Weiterhin muss das allergologische Labor für den Facharzt für Allergologie unbedingt erhalten werden, ggf. mit 3 – 6 Monaten Präsenz in einem allergologisch tätigen Labor (analog zu den Rheumatologen und Endokrinologen).

Auf europäischer Ebene wird bei der Weiterbildung zum qualifizierten Allergologen durch die European Union of Medical Societies (EUMS, U.E.M.S.) die Etablierung eines europaweit akzeptierten allergologischen Facharztes vorbereitet (s. eaaci.net/media/PDF/C/338.pdf und Mailling HJ et al. Allergy 2004; 59: 579 – 588. Objectives of training and speciality training core curriculum in allergology and clinical immunology-News and commentaries). Als Common Trunk werden hierbei nur Innere Medizin und Pädiatrie zugelassen (s. eaaci.net/media/PDF/C/338.pdf). Diesen europäischen Prozess können trotz aller Bemühungen deutsche Dermatologen nicht aufhalten, indem sie ihn standhaft verweigern. Es gibt bereits in mehreren europäischen Ländern den FA für Allergologie (Spezialbericht Allergien Teil 13 des Statistischen Bundesamtes 2000; gbe-bund.de).

Die aktuellen Gegebenheiten – keine Vergütung der Allergologie im GKV-Bereich; europäische Entwicklung des FA für Allergologie – sollten zur Einführung eines FA für Allergologie in der BRD ähnlich dem Schweizer Modell führen, um Dermatologie- und HNO-Weiterbildungsinhalte bewahren zu können. Im Grunde muss man „nur” die Zusatzbezeichnung Allergologie in den Facharzt umwandeln durch Intensivierung der Ausbildung: statt derzeitige 18 Monate Zurückführung auf die bis 2005 geforderten 2 Jahre Ausbildung nach dem ersten Facharzt. In einer Übergangsphase könnten die heutigen Allergologen sich der Prüfung zum neuen FA für Allergologie stellen, ohne nochmalige Hospitationen nachweisen zu müssen (Bestandsschutz – ähnlich der Verfahrensweise wie nach Einführung Medikamentöse Tumortherapie). Der Nachweis der ausreichenden Diagnostik und Therapie von Patienten, die per Abrechnungsunterlagen nachprüfbar ist, würde für die Zulassung zur Prüfung reichen.

Mit diesem Modell könnte Deutschland aufgrund seiner europäischen Gewichtung helfen, diesen Facharzt, aufsetzend auf Innere Medizin, Pädiatrie, Dermatologie und HNO, europaweit einzuführen, und damit den Dermatologen und HNO-Ärzten die Tür zur Allergologie offen zu halten. Die kleinen Organfächer müssen erkennen, dass dieser Weg eingeschlagen werden sollte, um in Zukunft die Größe ihre Faches, die die Allergologie wie bisher enthält, erhalten zu können. Sie sollten die Bemühungen der Allergologenverbände um die Einführung des Gebietsarztes für Allergologie unterstützen und nicht torpedieren, aus Sorge um das eigene Organgebiet!


Korrespondenzadresse:

PD Dr. med. Kirsten Jung

Praxis für Dermatologie und Immunologie

Krämpferstr. 6

99084 Erfurt

kirstenjung@freenet.de

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Neisseria gonorrhoeae – ein Update zur Epidemiologie, Diagnostik und Resistenzsituation

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P. Nenoff1, A. Manos2, R. Hillert3

1 Laboratorium für medizinische Mikrobiologie, Mölbis
2 Gesundheitsamt der Stadt Leipzig, Abteilung Hygiene, Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten und AIDS
3 Medizinisches Labor Ostsachsen, Görlitz

Die Gonorrhoe als sexuell übertragbare Erkrankung betrifft vornehmlich die Schleimhaut des Urogenitaltraktes von Mann und Frau, es sind jedoch auch extragenitale Lokalisationen (u. a. Anorektalbereich, oropharyngeal) zu bedenken. Als unkomplizierte Gonorrhoe bleibt sie bei 80 – 90 % der Patienten auf den Bereich der Eintrittspforten beschränkt. Aufsteigende Infektionen haben entzündliche Verklebung sowie Vernarbung von Tuben, Samenstrang und Nebenhoden mit nachfolgender Sterilität zur Folge, selten treten systemische Infektionen auf (z. B. Arthritis, Endokarditis). Für Deutschland existieren aufgrund der fehlenden bundesweiten Meldepflicht keine aktuellen Daten zur Epidemiologie. Für Sachsen dagegen liegen wegen der nur dort geltenden erweiterten Meldepflicht entsprechend des Infektionsschutzgesetzes für die Gonorrhoe aktuelle epidemiologische Daten vor. Auffallend ist dabei ein seit 2003 zu beobachtender deutlicher Anstieg der Gonorrhoe, im Jahr 2009 lag die Inzidenz mit 12,6 Fällen/100 000 Einwohner, entsprechend einer absoluten Zahl von 530 gemeldeten Infektionen, auf dem bislang höchstem Niveau seit 2001 ([Abb. 4 a] und b).

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Abb. 4 Epidemiologische Situation der genitalen Neisseria gonorrhoeae-Infektionen in Sachsen 2001 – 2009. a Anzahl durch die Labore gemeldeter Infektionen durch Neisseria gonorrhoeae in Sachsen. b Inzidenz der Gonorrhoe in Sachsen (Anzahl der Infektionen pro 100 000 Einwohner).

Im Gram-Präparat finden sich bei Gonorrhoe gehäuft intraleukozytäre, gramnegative, kaffeebohnenförmige Diplokokken („Semmelform”). Bei Frauen gelingt der Nachweis der Gonokokken am häufigsten aus dem Zervikalsekret, bei Männern aus dem Urethralabstrich, außerdem sind – in Abhängigkeit von der Anamnese – Anal-, Mundschleimhaut- und Pharynxabstriche zu entnehmen. Der kulturelle Erregernachweis auf Kochblut- oder Levinthal-Agar („Schokoladen-Agar”) sowie dem Selektivmedium vom Typ Thayer-Martin sollte immer angestrebt werden, nicht zuletzt mit Blick auf die nur dadurch mögliche Empfindlichkeitstestung. Die Diagnosesicherung erfolgt heute in erster Linie jedoch mittels molekularbiologischer Methoden. Neben der Gensonde (Hybridisierung) kommen mehr und mehr moderne Amplifikationstechniken (PCR-Polymerasekettenreaktion) zum Einsatz. Folgende Testsysteme sind vorzugsweise im Einsatz: Gen-Probe Aptima Combo 2 transcription-mediated amplification assay (TMA), BD (Becton Dickinson) ProbeTec ET amplified DNA strand displacement assay (SDA) und der klassische Roche Cobas Amplicor PCR-Test. Die Empfindlichkeit der Methoden ist sehr hoch. In einer aktuellen Studie lag die diagnostische Sensitivität zum molekularbiologischen Nachweis von Neisseria gonorrhoeae aus von Patientinnen selbst entnommenen Vaginalabstrichen für die PCR-Roche und für den Test TMA-Gen-Probe bei jeweils 100 %, der SDA wies 80 % auf (Masek BJ, Arora N, Quinn N et al. Performance of three nucleic acid amplification tests for detection of Chlamydia trachomatis and Neisseria gonorrhoeae by use of self-collected vaginal swabs obtained via an Internet-based screening program. Clin Microbiol 2009; 47: 1663 – 1667). Problematisch ist der Nachweis einer pharyngealen Gonorrhoe, hierbei versagt die kulturelle Anzucht des Erregers in 50 % der Fälle, da diverse apathogene Neisseria-Arten und -Stämme stören. Die Amplifikationstechniken sind deutlich sensitiver (PCR-Roche 80,3 %, Gen-Probe TMA 83,6 % und BD ProbeTec 93,2 %), jedoch bei weitem nicht so empfindlich, wenn man mit urethralen, zervikalen oder vaginalen Abstrichen vergleicht (Bachmann LH, Johnson RE, Cheng H et al. Nucleic acid amplification tests for diagnosis of Neisseria gonorrhoeae oropharyngeal infections. J Clin Microbiol 2009; 47: 902 – 907).

Das Spektrum der Antibiotika zur Therapie der Gonorrhoe ist in Deutschland aktuell aufgrund von nicht mehr verfügbaren älteren Antibiotika und der stark zunehmenden Resistenzraten vor allem der Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin), jedoch auch von Azithromycin, eingeschränkt ([Abb. 5]). Mittel der Wahl für die Therapie der unkomplizierten Gonorrhoe ist das Oral-Cephalosporin Cefixim (einmalig 400 mg), für die parenterale Therapie kommt das parenteral applizierbare Cephalosporin Ceftriaxon (einmalig 0,25 g i. m.) zum Einsatz.

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Abb. 5 In vitro-Empfindlichkeit von 9 Neisseria gonorrhoeae-Stämmen aus Ostsachsen. Resistenzraten von bis zu 60 % finden sich für die Gyrasehemmer, vor allem Ciprofloxacin, aber auch für Penicillin und Amoxicillin. Dagegen sind die Neisseria gonorrhoeae-Stämme gegenüber den Cephalosporinen weitgehend empfindlich.


Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Pietro Nenoff

Haut- und Laborarzt/Allergologie, Andrologie

Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8

04579 Mölbis

nenoff@mykologie-experten.de

www.mykologie-experten.de

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Fallbericht einer Infektion mit Microsporum fulvum bei einer Hobby-Gärtnerin

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Florian Seyfarth

Hautklinik der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Insgesamt sind 12 klinisch relevante Microsporum (M.)-Arten bekannt. Die am häufigsten nachgewiesenen Arten sind M. canis, M. audouinii und M. gypseum. Im Rahmen des Vortrages soll eine Infektion mit dem seltenen Erreger M. fulvum am rechten Unterarm einer Hobbygärtnerin vorgestellt werden. Aus Hautschuppen wurde das Nativpräparat mit Blankophor®-Färbung angefertigt. Die kulturelle Anzüchtung erfolgte auf Dermasel®-Agar über 4 Wochen. Neben morphologischen Kriterien wurden ITS-Sequenzierung und Massenspektrometrie (MALDI TOF) zur Artbestimmung herangezogen.

Das Nativpräparat war negativ, dennoch ließen sich nach 4 Wochen flache konzentrische Kolonien nachweisen, die makroskopisch durch radiäre Fältelung und flockige, bräunlich gelbe Oberfläche auffielen. Mikroskopisch imponierten unzählige, große und raue, dickwandige Makrokonidien. Eine Infektion mit einer Art des M. gypseum-Komplexes wurde vermutet.

Die ITS-Sequenzierung ergab dagegen M. fulvum, was massenspektrometrisch bestätigt werden konnte. Das Massenspektrum zeigte eine hohe Übereinstimmung mit den Referenzstämmen ATCC 16445, 16446 und 58591.

M. fulvum gehört dem sog. M. gypseum-Komplex an. Bei den hierin zusammengefassten Arten (M. fulvum und M. gypseum) handelt es sich um geophile Dermatophyten. Die Unterscheidung beider Arten ist schwierig und bedarf ausgefeilter diagnostischer Methoden wie der Sequenzanalyse oder der Massenspektrometrie.

Im vorgestellten Fall stimmten die morphologischen Kriterien nicht mit den in der Literatur aufgeführten Merkmalen von M. fulvum überein, was die Bedeutung moderner molekularer Methoden bei der Diagnostik seltener Dermatophyten-Arten unterstreicht.


Korrespondenzadresse:

Dr. med. Florian Seyfarth

Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Klinik für Dermatologie und dermatologische Allergologie

Erfurter Straße 35

07740 Jena

Florian.Seyfarth@derma.uni-jena.de

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Praktikable Tuberkulose-Ausschlussdiagnostik (Elispot) vor Behandlung mit Biologica

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Bernd-Michael Klapper

Labor Waldenburg

Die Tuberkulose gehört zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Man schätzt, dass rund ein Drittel der Bevölkerung der Welt mit Tuberkulose-Erregern infiziert ist. Dabei entwickeln ca. 5 – 10 % der infizierten immunkompetenten Erwachsenen im Laufe ihres Lebens eine behandlungsbedürftige Tuberkulose. Bei Infizierten mit einer eingeschränkten Immunabwehr liegt das Erkrankungsrisiko deutlich höher.

Vor therapeutischen Verfahren, die mit einer Immunsuppression einhergehen, wird in den Leitlinien oft der sichere Ausschluss einer Tuberkulose gefordert. Dazu sollten bisher meist eine Röntgen-Untersuchung des Thorax und ein Tuberkulin-Hauttest (THT) durchgeführt werden.

Die neuentwickelten modernen Interferon-γ-Release-Assays (IGRAs) sind In-vitro-Testsysteme, die ebenfalls zum Nachweis einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis verwendet werden können.

Viele nationale und internationale Empfehlungen und Leitlinien haben die neuen IGRAs in den letzten Jahren als Ergänzung bzw. Ersatz für den Tuberkulin-Hauttest integriert. Eingesetzt werden die IGRAs somit vor allem dort, wo bisher der THT verwendet wurde.

Das Prinzip der beiden IGRAs T-SPOT®.TB (Hersteller Oxford Immunotec, England; in Deutschland Vertrieb über BioMérieux) sowie QuantiFERON®-TB Gold In-Tube (Hersteller Cellestis, Australien) besteht in einer durch spezifische Antigene ausgelösten Stimulation der T-Lymphozyten, die zu einer Ausschüttung von Interferon-γ führt. Für die Stimulation der T-Lymphozyten werden die hochspezifischen Antigene ESAT-6 und CFP-10 (durch Tb 7.7 ergänzt beim QuantiFERON-TB Gold In-Tube) eingesetzt, die bei BCG-Impfstämmen und den meisten nicht-tuberkulösen Mykobakterien (MOTT) nicht vorkommen. Die beiden Verfahren unterscheiden sich im Prinzip des Nachweises der Interferon-γ-Freisetzung. QuantiFERON-TB Gold In-Tube arbeitet mit dem ELISA-Prinzip, während der T-SPOT.TB die aufwändigere ELISPOT-Technik verwendet. Beide Testsysteme sind in Europa (CE-Markierung) und den USA (FDA-approved) für die Diagnostik zugelassen.

IGRAs haben eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem THT:

  • keine Testung am Patienten notwendig

  • Postversand der Proben beim T-SPOT.TB-Test möglich

  • Vermeidung von Boostereffekten und überschießenden Hautreaktionen

  • gute Standardisierbarkeit

  • Verfügbarkeit des Testergebnisses schon nach einem Tag

  • höhere Spezifität, da keine Beeinflussung durch BCG-Impfung

  • nur geringe Kreuzreaktionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien (MOTT)

  • höhere Korrelation zum Grad der Tuberkulose-Exposition

  • bei latenter Infektion bessere Vorhersage der weiteren Entwicklung einer Tuberkulose möglich

Die beiden IGRAs unterscheiden sich in den diagnostischen Leistungsdaten nur gering. T-SPOT.TB besitzt eine etwas höhere Sensitivität und eine geringere Störanfälligkeit bei immunsupprimierten Patienten. QuantiFERON-TB Gold In-Tube ist wegen des ELISA-Nachweissystems technisch einfacher durchführbar.

Die IGRAs ersetzen nicht den Erregernachweis und sollten stets im klinischen Gesamtbild betrachtet werden. Bei einer aktiven Tuberkulose mit klinischen Symptomen ist die mikrobiologische und klinische Diagnostik weiterhin vorrangig gegenüber den IGRAs. Bei Vorliegen von klinischen Zeichen einer Tuberkulose sollte somit eine klassische Tuberkulose-Diagnostik veranlasst werden.

Mit der Entwicklung der IGRAs wurden neue Testsysteme zur Verfügung gestellt, welche durch ihre hohe Spezifität und Sensitivität bei hohem negativen Vorhersagewert eine wertvolle Bereicherung der diagnostischen Methoden beim Nachweis einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis darstellen.


Korrespondenzadresse:

Dr. med. Bernd-Michael Klapper

ADMEDIA MVZ GmbH

Medizinisch-diagnostisches Labor

Heinrich-Heine-Str. 6

08396 Waldenburg/Sachsen

info@labor-waldenburg.de

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Bedeutung von Laborparameterveränderungen in der Therapie mit Fumarsäureestern

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Marcus Neureither

Biogen Idec GmbH, Ismaning

Während der Induktions- und Langzeitbehandlung mit Fumarsäureestern (FAE) müssen Kontrollen von Blutbild (einschließlich Differenzialblutbild), γ-GT, ALT, AST, Serumkreatinin und Urinstatus in regelmäßigen Abständen erfolgen (im ersten Halbjahr monatlich, dann alle 2 Monate gemäß der deutschen und europäischen S3-Leitlinie). Mögliche Blutbildveränderungen sind aufgrund des postulierten Wirkmechanismus nachvollziehbar und umfassen Lymphopenie, Leukopenie oder Eosinophilie. Das allgemeine Infektionsrisiko wird dadurch nicht beeinflusst. Auch wenn die Blutbildveränderungen in den meisten Fällen ohne therapeutische Konsequenz sind, müssen bestimmte Grenzwerte beachtet werden: Bei einer absoluten Lymphozytenzahl von 700 – 1000/µl sollte diese alle 4 Wochen kontrolliert werden. Sinkt der Wert unter 700/µl, wird eine Halbierung der FAE-Dosierung empfohlen. Unter dieser Dosierung sollte die Lymphozytenzahl im Laufe der folgenden Wochen auf > 700/µl ansteigen. Ist dies nicht der Fall, sollte eine weitere Dosisreduktion um 50 % erfolgen. Fällt die absolute Lymphozytenzahl unter 500/µl, muss die FAE-Behandlung abgesetzt werden. Nach Absetzen erholen sich die Blutbildwerte in der Regel nach etwa 6 – 12 Wochen vollständig.

Eine Leukopenie basiert meist auf einer Lymphopenie. Als Grenzwert für die zumindest zeitweilige Therapieunterbrechung gilt eine Leukozytenzahl von 3000/µl. Eine eventuelle Eosinophilie ist meist transient und erreicht einen Gipfel in der sechsten Therapiewoche. Sie stellt in der Regel kein Kriterium für einen Therapieabbruch dar. Steigt der Anteil der Eosinophilen in seltenen Einzelfällen allerdings über 25 %, sollte die Dosis zunächst reduziert werden. Bleibt der Anteil trotzdem anhaltend > 25 %, ist eine Beendigung der Behandlung erforderlich.

In seltenen Fällen können unter FAE-Behandlung erhöhte Leberwerte auftreten. Sofern AST, ALT oder γ-GT nicht mehr als um das 2-Fache der Normwerte erhöht sind, hat dies keine Konsequenzen. Liegen die Leberwerte trotz Dosisreduktion anhaltend über dem 3-Fachen der oberen Norm, ist ein Therapieabbruch indiziert.

Sehr selten können im Rahmen einer FAE-Therapie Funktionsstörungen der Nieren auftreten. Steigt der Serumkreatininwert über 30 % des individuellen Ausgangswertes, so wird zunächst eine Reduktion der Dosis empfohlen. Bei Persistenz muss die FAE-Behandlung abgesetzt werden. Bei einer klinisch relevanten Proteinurie (Urinstatus) darf die FAE-Therapie nicht weitergeführt werden.

Die FUTURE-Datenerhebung evaluierte erstmals in einem größeren Kollektiv (n = 984) unter Praxisbedingungen die Langzeitwirksamkeit und Sicherheit einer FAE-Therapie. Dabei kam es bezogen auf die einzelnen Erhebungszeitpunkte bei maximal 41 % der Patienten zu einer Lymphopenie (nach 24 Monaten), bei maximal 12 % zu einer Leukopenie (nach 24 Monaten), bei maximal 13 % zu einer Erhöhung der Leberwerte und zu einer Erhöhung des Kreatinin-Wertes bei maximal 6 % (nach 24 Monaten). Bei 9 % bzw. 7 % der Patienten wurden schon vor Therapiebeginn auffällige Blutbild- bzw. Serumparameter dokumentiert. Bezogen auf alle Abweichungen der Blutbildparameter über den gesamten Beobachtungszeitraum waren bei 94 % der Patienten keine therapeutischen Maßnahmen (z. B. Dosisanpassung oder Therapieabbruch) erforderlich. Für Patienten mit veränderten Leber- oder Nierenwerten betrug dieser Wert 96 %.

Zusammenfassend kann die Laborwert-Kontrolle einer FAE-Therapie als relativ einfach bezeichnet werden. Eventuell veränderte Laborparameter bleiben in den meisten Fällen ohne therapeutische Konsequenz.


Korrespondenzadresse:

Dr. Marcus Neureither

Leiter Medizinische Abteilung Dermatologie, Biogen Idec GmbH

Carl-Zeiss-Ring 6

85 737 Ismaning

marcus.neureither@biogenidec.com

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Autoantikörper-assoziierte Vaskulitiden: Einteilung – Differenzialdiagnose – Fallbeispiele

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Gudrun Hamm

Hautarztpraxis, Halle/Saale

Vaskulitiden sind systemische Gefäßentzündungen, die alle lebenswichtigen Organe betreffen können. Es sind in der Regel schwere Erkrankungen, die bei foudroyantem Verlauf unter Umständen in kurzer Zeit zum Versagen lebenswichtiger Organe führen. Die Gruppe der Vaskulitiden umfasst ätiologisch allerdings sehr unterschiedliche Entitäten, die eine sofortige und genaue Zuordnung des Einzelfalls oft schwierig machen.

Viele Vaskulitiden gehen mit typischen Veränderungen am Hautorgan einher. Eine spezielle, allgemein anerkannte und gebräuchliche Nomenklatur von Vaskulitiden der Haut existiert aber nicht. Verschiedene Begriffe werden im dermatologischen Schrifttum oft synonym verwendet. Für den praktisch tätigen Dermatologen ist eine rasche Orientierung daher oft schwierig.

Die Einteilung der Vaskulitiden nach der Klassifikation von Chapel-Hill (1992, [Abb. 6]) ist einfach und praktikabel. Die Unterteilung in primäre Vaskulitiden (Vaskulitiden ohne bekannte Ursache) und sekundäre Vaskulitiden, bei denen die Gefäßentzündung Begleitsymptom einer definierten Grunderkrankung ist, sowie die Berücksichtigung der Anatomie (Befall der großen, mittleren und kleinen Blutgefäße) lässt sich auch bei den Vaskulitiden mit Hautbeteiligung gut einsetzen.

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Abb. 6 Organigramm der „Primären Vaskulitiden” (entsprechend der Chapel-Hill-Klassifikation).

Spezifische oder krankheitsassoziierte Autoantikörper treten sowohl bei primären Vaskulitiden der kleinen Gefäße (Bsp. pauci-immune Vaskulitiden/PR3/MPO-ANCA) als auch bei den sekundären Vaskulitiden, vor allem bei den sog. Kollagenosen, auf ([Abb. 7]). Ihr Nachweis erleichtert im negativen wie im positiven Fall die Zuordnung einer Vaskulitis und ist eine wichtige differenzialdiagnostische Untersuchung.

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Abb. 7 Einteilung der sekundären Vaskulitiden.

Die Diagnostik von Vaskulitiden sollte folgendermaßen gestaffelt ablaufen:

  1. Anamnese: gestörtes Allgemeinbefinden? und Hautbefund

  2. Laboruntersuchungen: Basislabor einschl. Urinanalyse, BSR, CrP, infektionsserologische Untersuchungen, Proteindiagnostik einschließlich Paraproteine

  3. Autoantikörper-Nachweis: ANA, SS-A/Ro, SS-B-La, anti-Phospholipid-Antikörper (ANCA)

  4. Histologie

  5. Bildgebende Verfahren (Duplexsonografie, MRT, endoskopische Untersuchungen)


Korrespondenzadresse:

Dr. med. Gudrun Hamm

Hautarztpraxis/Allergologie/Gebietsbezogene Labordiagnostik

Sonderreferentin für Laborfragen des BVDD

Kleinschmieden 6

06108 Halle

dr.hamm@t-online.de

Prof. Dr. med. Pietro Nenoff

Haut- und Laborarzt/Allergologie, Andrologie
Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8
04579 Mölbis

eMail: nenoff@mykologie-experten.de

URL: http://www.mykologie-experten.de

Prof. Dr. med. Pietro Nenoff

Haut- und Laborarzt/Allergologie, Andrologie
Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8
04579 Mölbis

eMail: nenoff@mykologie-experten.de

URL: http://www.mykologie-experten.de

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Abb. 1 Moderator, Referenten und Organisatoren des Leipziger Labor-Workshops 2010 (von links nach rechts): Prof. Uwe-Frithjof Haustein (Leipzig), Dr. Gudrun Hamm (Halle/Saale), Prof. Pietro Nenoff (Mölbis), Priv.-Doz. Kirsten Jung (Erfurt) und Priv.-Doz. Jörg Kleine-Tebbe (Berlin).

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Abb. 2 Quantitative, semiquantitative oder qualitative Angabe allergen-spezifischer IgE-Konzentrationen? – Konsequenzen für die interne und externe Qualitätskontrolle (siehe Text).

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Abb. 3 Nicht nur die absoluten IgE-Konzentrationen, sondern auch das Verhältnis von allergenspezifischem zum Gesamt-IgE sollte bei der Interpretation individueller Werte durch den klinischen Allergologen berücksichtigt werden.

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Abb. 4 Epidemiologische Situation der genitalen Neisseria gonorrhoeae-Infektionen in Sachsen 2001 – 2009. a Anzahl durch die Labore gemeldeter Infektionen durch Neisseria gonorrhoeae in Sachsen. b Inzidenz der Gonorrhoe in Sachsen (Anzahl der Infektionen pro 100 000 Einwohner).

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Abb. 5 In vitro-Empfindlichkeit von 9 Neisseria gonorrhoeae-Stämmen aus Ostsachsen. Resistenzraten von bis zu 60 % finden sich für die Gyrasehemmer, vor allem Ciprofloxacin, aber auch für Penicillin und Amoxicillin. Dagegen sind die Neisseria gonorrhoeae-Stämme gegenüber den Cephalosporinen weitgehend empfindlich.

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Abb. 6 Organigramm der „Primären Vaskulitiden” (entsprechend der Chapel-Hill-Klassifikation).

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Abb. 7 Einteilung der sekundären Vaskulitiden.