Der Klinikarzt 2009; 38(12): 531
DOI: 10.1055/s-0029-1245051
Medizin & Management

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PKV spürt Aufwind - Mehr Patienten sichern sich wieder privat ab

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Publication Date:
07 January 2010 (online)

 
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Die Talfahrt im Neugeschäft der privaten Krankenversicherung ist gestoppt. Die Zahl der Voll- und Zusatzversicherungen ist 2008/2009 kräftig angestiegen. Dennoch geht die Kostensteigerung der privaten Krankenversicherung deutlich über die Entwicklung in der GKV hinaus. Die PKV bemüht sich daher weiterhin, mehr Einfluss auf Preise, Mengen und Qualität der Leistungen nehmen zu können.

Zum 31. Dezember 2008 stieg die Zahl der Vollversicherten auf 8,64 Millionen Menschen, meldet der aktuelle Zahlenbericht der PKV für 2008 und das erste Halbjahr 2009. Der Nettoneuzugang belief sich 2008 auf 90 300 Personen, damit erreichte das Neugeschäft über 150 % des Vorjahreswertes (2007: 59 900 Personen). In der Zahl sind allerdings 20 500 reine Anwartschaftsversicherungen enthalten. Sie wurden von gesetzlich Versicherten abgeschlossen, die sich für die Zukunft einen Tarif der "alten PKV-Welt" sichern wollten. Weitere 20 900 Personen waren unversichert und kamen im Vorgriff auf die gesetzliche Pflicht zur Versicherung. Bereinigt um beide Sondereffekte betrug der mit den Vorjahren vergleichbare Neuzugang 48 900 Personen. Noch immer wirkt sich die 2007 eingeführte 3-Jahres-Wartefrist für Arbeitnehmer oberhalb der Versicherungspflichtgrenze sehr negativ auf die Branche aus.

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Einführung des Gesundheitsfonds ursächlich für Wechsel in die PKV

Im ersten Halbjahr 2009 kamen weitere 98 800 Personen in die private Krankenversicherung (1. Halbjahr 2008: 23 400 Personen). Am 30. Juni waren somit 8,74 Millionen Menschen privat vollversichert. Auch dieser Anstieg beruht auf einmaligen Effekten: Neben der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Pflicht zur Versicherung haben die negativen Schlagzeilen vor Einführung des Gesundheitsfonds und die für viele gesetzlich Versicherte damit verbundenen Beitragserhöhungen Tausende zum Wechsel in die PKV bewegt. Mindestens 60 000 der Neuversicherten haben noch Tarife der "alten Welt" mit Versicherungsbeginn 2009 abgeschlossen. Im neuen Basistarif befanden sich Ende Juni insgtesamt 9 800 Versicherte.

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Basistarif als Bedrohung für private Krankheitsvollversicherung?

Der PKV-Verband sieht den Basistarif als latente Bedrohung für die Existenz der privaten Krankheitsvollversicherung. Er setzt darauf, dass der Gesetzgeber der vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenen Beobachtungspflicht nachkommt und bei einer Überforderung der Privatversicherten durch den Basistarif das Gesetz nachbessern wird.

Ende 2008 hatten mehr als 10,5 % der Menschen in Deutschland eine private Krankheitsvollversicherung bei einem der 46 Mitgliedsunternehmen des PKV-Verbands. Daneben gab es knapp 21 Millionen Zusatzversicherungen, fast eine Million mehr als im Vorjahr. PKV-Verbandsdirektor Dr. Volker Leienbach wertet es als wichtigen Schritt in die richtige Richtung eines fairen Wettbewerbs zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung, dass die neue Regierungskoalition wieder mehr Wettbewerb zulassen und die 3-Jahres-Frist abschaffen will.

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Interesse an privaten Zusatzversicherungen bleibt groß

Die Zahl der privaten Zusatzversicherungen stieg im Jahr 2008 um fast eine Million Versicherungen auf 20,98 Millionen. Von der Gesamtzahl der Ende 2008 vorhandenen Zusatzversicherungen boten 15,39 Millionen eine Ergänzung zum GKV-Schutz. Darunter werden 3 Tarifarten zusammengefasst, die in der Regel von gesetzlich Versicherten abgeschlossen werden: ambulante Tarife, Tarife für Wahlleistungen im Krankenhaus sowie Zahntarife. Die Zahl dieser Versicherungen nahm 2008 um über 7 % zu. Das Interesse daran bleibt groß, Begrenzungen und Einschnitte bei den Leistungen der gesetzlichen Kassen durch Abschluss einer privaten Zusatzversicherung zu kompensieren.

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Zwei Drittel der Arztrechnungen zum Regelhöchstsatz abgerechnet

Die Ausgaben je Versichertem stiegen 2008 mit 5,83 % ähnlich wie im Vorjahr (5,37 %). Im Bereich der ambulanten Pflege verringerte sich der Anstieg leicht, doch die Kosten für stationäre Leistungen stiegen stärker als im Vorjahr an. Dafür ist vor allem das Plus von 5,80 % bei den allgemeinen Krankenhausleistungen verantwortlich (2007: + 2,44 %). Die Wahlleistung Chefarzt stieg um 3,60 %, während die Wahlleistung Unterkunft mit - 3,80 % rückläufig war, ebenso wie das Ersatz-Krankenhaustagegeld (- 4,21 %).

Der PKV-Verband wertet jährlich eine Stichprobe von 40 000 der bei den Mitgliedsunternehmen eingereichten Arztrechnungen anonymisiert aus. Davon entfallen 10 000 auf den stationären Bereich. Die Auswertung zeigt, dass äußerst selten unter dem Regelhöchstsatz abgerechnet wird. Mehr als zwei Drittel der Rechnungen wurden 2007 genau zum Regelhöchstsatz erstellt. Bei den stationären Behandlungen griffen die Ärzte in etwa 30 % der Fälle auf den Höchstsatz zurück - im ambulanten Bereich waren es 7,5 %.

Klaus Schmidt, Planegg

 
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