physiopraxis 2010; 8(1): 19-20
DOI: 10.1055/s-0029-1246318
physiowissenschaft

Wissenschaft erklärt: Studien in PubMed suchen – Definieren, kombinieren, filtern

Roger Hilfiker
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Publication Date:
29 January 2010 (online)

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Sucht man in PubMed mit einem oder zwei Suchbegriffen nach Studien, findet man oft Tausende Ergebnisse. Wer in einem solchen Fall nicht ewig Überschriften lesen will, muss seine Suche präzisieren. Wie das geht, zeigt dieser Artikel. Probieren Sie es aus!

In der letzten Ausgabe von physiopraxis hat Physiotherapeutin Anna Informationen zur HWS-Distorsion gesucht und ein paar Studien zum Thema bestellt. Doch darin fand sie nichts darüber, ob bei einem Schleudertrauma Physiotherapie effektiver ist als Ruhe. Daher setzt sie sich erneut an ihren PC und sucht in PubMed spezifischer.

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Zuerst die Suchwörter überlegen

Bevor Anna mit der Suche beginnt, überlegt sie sich, welche Stichwörter ihr nützlich sein könnten. Sie benötigt jeweils Begriffe für das Krankheitsbild (Schleudertrauma) sowie für die beiden Interventionen (Physiotherapie und Ruhe). Die Begriffe muss sie so wählen, dass sie möglichst viele passende Studien findet. Daher entscheidet sie sich für „whiplash” (Schleudertrauma), „manual therapy”, „physiotherapy” und „physical therapy” sowie für „immobilization” und „rest” (Ruhe). Wenn sie wollte, könnte die Physiotherapeutin die Suche natürlich noch weiter spezifizieren, sie beispielsweise auf Ergebnisparameter wie Schmerzen oder Bewegungsausmaß ausdehnen. Bei der Übersetzung ins Englische hilft ihr ein Medizinwörterbuch (z. B. www.englischwoerterbuch-medizin.de).

Gäbe Anna jetzt einfach alle diese Suchwörter gemeinsam in die Suchzeile auf der PubMed-Startseite ein, würde sie eine einzige Studie finden, die genau zum Thema passt. Doch ihr Ziel ist es, mehrere relevante Arbeiten zu finden. Deswegen sucht sie mit einer anderen Methode.

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Mit MeSH die Suchwörter definieren

Durch frühere Literatursuchen weiß Anna, dass derselbe Suchbegriff je nach Kontext eine andere Bedeutung haben kann. Deshalb nutzt sie in PubMed zunächst die MeSH-Datenbank. Damit kann sie Suchwörter eindeutig definieren und einem übergeordneten Begriff zuordnen. Der Vorteil: Mithilfe des sogenannten MeSH-Terms sucht PubMed bei der Literatursuche auch nach Studien, in denen sinnverwandte Begriffe des einen Suchwortes vorkommen, die man möglicherweise beim Ausdenken der Suchbegriffe vergessen hat.

Die MeSH-Datenbank findet Anna auf der PubMed-Startseite (www.pubmed.org) unter „more resources”. Dort gibt sie das Suchwort „manual therapy” ein. In diesem Fall erscheint nur ein MeSH-Term, und zwar der Begriff „Musculoskeletal Manipulations”. Die Therapeutin sieht unten auf der Seite, dass dieser MeSH-Term neben „manual therapy” viele weitere, für sie passende Wörter umfasst (Abb. 1). Das ist nicht immer so. Als sie beispielsweise einmal nach „manipulation” gesucht hatte, fand Anna unzählige MeSH-Terms – unter anderem auch „nail biting”, also Nägelkauen. Solche Begriffe kann man dann bei der Suche ausklammern.

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Abb. 1 Der MeSH-Begriff „Musculoskeletal Manipulations” beinhaltet mehrere zur Fragestellung passende Begriffe. (Abb.: www.pubmed.org)

Nun scrollt sie wieder nach oben, setzt ein Häkchen vor „1: Musculoskeletal Manipulations” und klickt dann oben auf der Seite in der „send to”-Box auf „search box with OR”. In der Box erscheint „Musculoskeletal Manipulations” [Mesh]. Danach wählt sie den Button „search PubMed” und erhält 28.484 Treffer. PubMed speichert diesen Suchbegriff automatisch.

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Suchbegriffe auflisten unter „advanced search”

Der Nachteil der MeSH-Suche ist, dass PubMed damit bei manchen Suchwörtern weniger Ergebnisse findet, als wenn man direkt nach dem Begriff sucht. Aus früheren Suchen weiß Anna, dass sie am meisten physiotherapeutisch relevante Studien finden wird, wenn sie die beiden Begriffe „physiotherapy” und „physical therapy” ohne den Zusatz [Mesh] eingibt.

Daher wählt sie als Nächstes den Link „advanced search”, den sie oben auf der Seite findet. Diese Suchfunktion hat gegenüber der auf der PubMed-Startseite den Vorteil, dass Anna alle von ihr eingegebenen Suchwörter sieht und später auch miteinander verknüpfen kann. Ihr Suchbegriff „Musculoskeletal Manipulations” [Mesh] ist dort bereits gespeichert (Abb. 2). Im nächsten Schritt löscht die Physiotherapeutin das, was sich in der grau unterlegten Suchzeile „search: PubMed” befindet. Das muss sie übrigens auch nach jeder weiteren Suche tun.

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Abb. 2 So kann eine Suchkombination in PubMed aussehen: Hinter #14 bis #19 stehen die einzelnen Suchwörter mit der Zahl der Ergebnisse. Unter #20 und #21 findet man die Kombination der Interventionsgruppen und unter #22 die Kombination der Interventionsgruppen mit dem Krankheitsbild. #23 zeigt das Ergebnis nach dem Filtern mit den Clinical Queries. (Abb.: Screenshot von www.pubmed.org)

Nun gibt sie den Begriff „physiotherapy” in die Suchzeile ein und klickt dann auf „Preview”. Der Begriff erscheint ebenfalls in der Liste. Die Zahl 104.549 dahinter entspricht der Menge der gefundenen Suchergebnisse. Auf die gleiche Weise (Suchzeile löschen – Begriff eingeben – „Preview”) sucht Anna nacheinander auch mit den Begriffen „physical therapy” (166.710 Ergebnisse), „immobilization” (40.553 Ergebnisse), „rest” (94.124 Ergebnisse) und „whiplash” (2.753 Ergebnisse) (Abb. 2). Sollte sie sich bei einem Suchwort vertippt haben, kann sie es einfach löschen. Dazu klickt sie in der Suchliste auf die Zahl vor dem Begriff und wählt „delete”. Welche Zahl genau vor den jeweiligen Begriffen steht, ist übrigens nicht relevant. In der Reihenfolge können durch das Löschen eines Begriffs auch Lücken entstehen.

Nachdem sie die Suchbegriffe eingegeben hat, klickt die Therapeutin auf „more history” und sieht nun alle ihre Suchbegriffe aufgelistet untereinander stehen.

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Grüppchenbildung erwünscht

Annas bisheriges Ziel bei der Suche war es, möglichst viele Studien zu finden, die in irgendeinem Zusammenhang mit ihren Suchbegriffen stehen. Jetzt will sie die gefundenen Studien auf die für sie relevante Fragestellung eingrenzen. Dazu muss sie erst die verwandten Begriffe zu Gruppen bündeln und anschließend die gebildeten Gruppen miteinander verknüpfen.

In Annas Fragestellung gibt es drei Gruppen: das Krankheitsbild (Schleudertrauma), die erste Intervention (Physiotherapie) und die zweite Intervention (Ruhe). Um zunächst alle Studien zu eliminieren, die PubMed bei der Suche mit den einzelnen Begriffen mehrfach gefunden hat, kombiniert sie die verwandten Begriffe mit „OR” (Abb. 2): Anna beginnt mit der Intervention Physiotherapie. Sie löscht zunächst wieder die Suchzeile und klickt dann auf die Zahl vor „Musculoskeletal Manipulations [Mesh]” und in dem erscheinenden Kasten auf „OR”. Dasselbe macht sie mit „physiotherapy” und „physical therapy”. Anschließend geht sie wieder auf „preview”. Nun erscheint die Begriffkombination in der Suchliste. Nachdem sie die Suchzeile erneut gelöscht hat, verbindet die Physiotherapeutin die zwei Suchwörter der Intervention „Ruhe” („rest” und „immobilization”) ebenfalls mit „OR” und klickt wieder auf den Button „preview” (133.834 Ergebnisse).

Im nächsten Schritt möchte Anna die Suche noch weiter eingrenzen und verbindet deshalb die beiden neuen Kombinationen, die oben auf der Stichwortliste stehen, sowie das Suchwort „whiplash” mit „AND” (Abb. 2). Anschließend wählt sie erneut „preview”. Durch ihre Suche hat die Therapeutin nun 32 Artikel gefunden, die die Kombination der Suchwörter aller drei Gruppen beinhalten. Um sich einen Überblick über die Überschriften der Studien zu verschaffen, klickt Anna auf die Zahl „32” am Ende der letzten Begriffskomination.

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Clinical Queries: Filter für Therapiestudien

Die Therapeutin stellt fest, dass noch zu viele unrelevante Studien unter den gefundenen sind. Deshalb nutzt sie nun die „Clinical Queries” (klinische Abfragen). Dafür geht Anna zuerst wieder auf „advanced search” und merkt sich die Zahl, die ganz oben in der Liste vor dem letzten Ergebnis steht. Nun kommt sie über das PubMed-Icon links oben wieder auf die Startseite und wählt dort unter „PubMed Tools” „Clinical Queries” aus. Mit diesem Werkzeug kann Anna die Suchergebnisse filtern. Da sie nur Interesse an Therapiestudien hat und nicht an beispielsweise Diagnostikstudien, wählt Anna in den Clinical Queries unter „category” das Wort „therapy” aus. Außerdem möchte sie möglichst wenige und dafür genau passende Studien finden – und entscheidet sich darum unter „Scope” für „narrow”. Bei dieser spezifischen Suche filtert PubMed stärker. Dadurch bleiben weniger Studien übrig, doch eventuell fehlen ein paar wichtige. Hätte sie sich für „broad” entschieden, könnte Anna zwar mehr Treffer erzielen, allerdings wären darunter möglicherweise auch einige, die nicht relevant sind.

Nachdem sie „therapy” und „narrow” angeklickt hat, gibt die Therapeutin im Suchfeld die Zahl ein, die sie sich vorher gemerkt hat (z. B. „#22”), und klickt auf „go”. Übrig bleiben zehn Studien. Das Lesen der Abstracts bestätigt, dass Anna die für ihre Fragestellung passenden Artikel gefunden hat.

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Abb. 1 Der MeSH-Begriff „Musculoskeletal Manipulations” beinhaltet mehrere zur Fragestellung passende Begriffe. (Abb.: www.pubmed.org)

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Abb. 2 So kann eine Suchkombination in PubMed aussehen: Hinter #14 bis #19 stehen die einzelnen Suchwörter mit der Zahl der Ergebnisse. Unter #20 und #21 findet man die Kombination der Interventionsgruppen und unter #22 die Kombination der Interventionsgruppen mit dem Krankheitsbild. #23 zeigt das Ergebnis nach dem Filtern mit den Clinical Queries. (Abb.: Screenshot von www.pubmed.org)